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Samstag, 28. November 2020

Turons Senf zu "Wiedervereinigung, Teil III" [DIS, S3Nr07]


Spoilerwarnung.
Diese Rezension enthält massive Spoiler auf "Wiedervereinigung, Teil III", die siebente Folge der dritten Staffel von "Star Trek: Discovery" und sollte erst gelesen werden, wenn man diese und weitere Episoden bereits gesehen hat.


Einleitung.
Seit seiner Erstausstrahlung in Deutschland zählt der TNG-Zweiteiler "Wiedervereinigung" für mich persönlich zu den besten Folgen der Serie. Dabei bleibt bemerkenswert, wie sehr sich meine Rezeption dieser Folge über die Jahre verändert hat, ohne dass die Episode selbst an Qualität eingebüßt hätte.
In meinen Kindertagen ging der Hauptteil der Faszination für die Folge vor allem auf die Anwesenheit Leonard Nimoys zurück. Dass der zentrale Originalseriencharakter hier einen Auftritt in der 'nächsten Generation' absolvierte verband beide Universen zu einem stimmigen Ganzen und half dabei, meine Faszination für den verbindenden Kanon zu begründen, auf dem beide Serien gemeinsam fußten.
In späteren Wiederholungen war ich eher von der Kultur der Romulaner beeindruckt, denen niemals zuvor und nur bedingt danach so viel Aufmerksamkeit verliehen wurde. Vor allem deren innere Ambivalenz und reichhaltige Historie hat mich seitdem nicht wieder losgelassen und die Folge verlieh der gesamten Spezies eine nie gekannte Tiefe, von der spätere Inkarnationen noch bis heute zehren.  
Erst viele Jahre später war ich auch in der Lage, dem Begriff der "Wiedervereinigung" auch eine tagesaktuelle Bedeutung abzuringen. Die Geschichte eines Volkes, das sich aufgrund von ideologischen Differenzen in zwei unterschiedliche Welten auseinanderlebte, war als Metapher für die deutsch-deutsche Geschichte zwar nicht unbedingt gut verschleiert, aber als Wendekind mit ganz eigenen Erfahrungen zur Materie auch nicht auf Anhieb zu entschlüsseln. Zumal es in der Folge ja nicht um die Wiedervereinigung als solche ging, sondern um die Macht dieser Idee. Schon allein deshalb rechne ich der deutschen Synchronisation bis heute hoch an, dass im Gegensatz zum englischen Original ein Fragezeichen hinter dem Titel zu finden war, wodurch die Folge im Deutschen Spocks missionarischer Expedition ins Romulanerreich inhaltlich deutlich näher kam als dem englischsprachigen Vorbild.
Als sich nun "Star Trek: Discovery" anschickte, den Titel einer ihrer Episoden an diese legendäre Folge anzulehnen, schossen die Erwartungen schlagartig in die Höhe. Befeuert von Posts in sozialen Medien wie diesem stellt sich allerdings die Frage, ob "Wiedervereinigung, Teil III" diesen Erwartungen auch gerecht werden kann…


Story.
Michael Burnhams Suche nach dem Ursprung des großen Dilitihiumbrandes erhält zusätzlichen Auftrieb, als sie von einem weit verteilten Sensornetzwerk erfährt, dass zeitgleich zur Katastrophe von den Vulkaniern betrieben wurde. Natürlich brennt sie darauf, die Informationen von ihrer Adoptiv-Spezies zu erhalten und endlich das ultimative galaktische Rätsel zu lösen.
Doch Vulkan ist nicht mehr die Welt, die sie als junge Frau verlassen hat. Nachdem die Wiedervereinigung mit den Romulanern nach einer verheerenden Supernova Wirklichkeit wurde, bildeten sich unterschiedliche Fraktionen aus, die nach zunehmendem Misstrauen den Föderationsaustritt beschlossen und den Namen des Planeten gar in Ni'var änderten.
Um an die Daten zu gelangen, muss Burnham nun ein altes vulkanisches Ritual heraufbeschwören, um überhaupt eine Chance zu erhalten, doch die Angelegenheit wird weiter verkompliziert, als sie erfährt, wer die Position ihres Rechtsbeistands in dieser heiklen Situation einnimmt…


Lobenswerter Aspekt.

Besetzung.
Wieder einmal glänzt "Star Trek: Discovery" durch großartige schauspielerische Leistungen, auch wenn anzumerken bleibt, dass einige Darsteller wie Wilson Cruz, Michelle Yeoh, Tig Notaro, Blu del Barrio, Ian Alexander oder David Benjamin Tomlinson überhaupt nicht zu sehen sind. Positiv zu bewerten bleibt allerdings, dass die Schauspieler dadurch auch nicht zu gezwungenen Dialogen, aufgesetzten Slapstick-Auftritten oder unnötigen Showeinlagen herangezogen wurden und dieser Mut zur Lücke sich schon allein durch das Fehlen entsprechender Sequenzen bezahlt gemacht hat.
Die überschaubaren Szenen mit Nebendarstellern wie Emily Coutts, Oyin Oladejo, Sara Mitich, Patrick Kwok-Choon oder Ronnie Rowe junior ließen allerdings auch nicht sonderlich viel Platz zur Entfaltung und der Ehrlichkeit halber muss man gestehen, dass selbst Anthony Rapp als Paul Stamets trotz seiner Namensnennung im Vorspann dem Arbeitspensum dieser Kollegen nur wenig entgegenzusetzen hatte.
Immerhin war es Douglas Jones aufgrund des Kapitänsrangs seiner Rolle Saru vergönnt, etwas mehr Anteil am Geschehen zu haben. Doch abseits seiner zaghaften diplomatischen Ausführungen bleibt er in dieser Episode vorrangig aufgrund einer fragwürdigen Personalentscheidung in Erinnerung (vgl. Kanonbrüche und Logiklöcher).
Das wiederum ruft Sylvia Tilly auf dem Plan. Mary Wiseman wirkt ein wenig gesetzter als in vorangegangenen Folgen, als hätte der neue Posten bereits Auswirkungen auf ihre Darstellung, aber ein wenig mehr Screentime (z.B. durch ein Gespräch mit Hugh Culber) hätte der Figur in Anbetracht der Tragweite der Entscheidung sicherlich gut getan.
David Ajala bleibt als Cleveland Booker hinter seinen Möglichkeiten zurück und wirkt ein wenig so, als würde er vor allem in Lohn und Brot gehalten werden, bis in kommenden Folgen ein wenig mehr Action mehr Einsatz von ihm verlangen würde. Auch das mysteriöse orangene Glühen seines Kopfes, das man in dieser Episode abermals sehen kann, bedarf noch immer der Auflösung. Immerhin bietet er einen emotionalen Anker für Burnham und ermöglicht uns einen Blick auf seine Katze.


Eigentlich wollte ich ja kein Wort mehr zur Monoperspektive auf Michael Burnham [Sonequa Martin-Green] verlieren, weil es als Stilmittel der Serie kaum einer Änderung unterliegen dürfte. Die Schauspielerin kann zudem nichts dafür und in den letzten paar Folgen blieb es sogar anderen Figuren vergönnt, Burnham dabei helfen zu können, den Tag zu retten. Beinahe hätte man glauben können, dass dies eine positive Tendenz der neu ausgerichteten dritten Staffel sei, aber mit "Wiedervereinigung, Teil III" fällt Michael Burnham nicht nur in alte Verhaltensmuster zurück, sondern potenziert diesen unpopulären Charakterzug auch noch um mehr, als noch gerade so auf eine Kuhhaut ginge. Sie dominiert die Handlung (vgl. Der lange Schatten Vulkans), die Auftritte ihrer Kollegen (ein weiterer Burnham-Moment gipfelt selbst jene Szene, in der Tilly den Zuspruch ihrer Mannschaftskameraden erhält) und erhält auch noch personelle Unterstützung ausgerechnet in der Person ihrer Mutter.
Diesem Motiv entsprechend rangiert Sonja Sohns Auftritt nach dem ihrer Serientochter vom Dialogumfang her an zweiter Stelle. Dabei kann sie allerdings mehr als Mutter und weniger als Qowat-Milat-Schwester überzeugen – nicht zuletzt, weil diese Entwicklung arg bemüht wirkt. Denn auch wenn ihre Wiederkehr früher oder später abzusehen war, bleibt ihre Mitgliedschaft in einem romulanischen Samurai-Orden ein sinnfreier Winkelzug in der fragwürdigen Tradition der ersten und zweiten Staffel.
Die übrigen Darsteller haben zwar mehr Platz als so manches Crewmitglied, lassen sich aber dennoch schnell abhaken:
Die romulo-vulkanischen Gegenspieler Oliver Becker [N'Raj], Stephanie Belding [She-Ra], Emmanuel Kabongo [V'Kir] und Tara Rosling [T'Rina] bieten dem Setting einen würdevollen Rahmen ohne die ganz großen Ausrufezeichen zu setzen und allein dem Badmiral Charles Vance [Oded Fehr] war es abermals nicht vergönnt, über den Status einen Schlagwortgebers hinauszukommen.



Kritikwürdige Aspekte.

Folgenanlage.
Nach einer Laufzeit von fünfzig Minuten bleibt der Zuschauer am Ende von Erstaunen gezeichnet zurück.
Erstaunt zum Beispiel davon, wie wenig nennenswerten Inhalt diese Folge zu bieten hat, deren aufgeblähte Handlung man bequem in einem Halbsatz zusammenfassen könnte.
Oder erstaunt davon, wie wenig Tempo dieser Folge innewohnte. Nachdem in der letzten Woche die Balance zwischen den langsamen Szenen an Bord und den Action-geladenen Einstellungen auf Hunhau nicht gelingen mochte, wird man nun unfreiwillig Zeuge davon, wie eine ganze Episode völlig ohne nennenswerte Spannung auskommen kann. Die größte 'Actionszene' blieb gar jener Moment, in dem eine planetare Verteidigungsplattform sich für ein paar Millisekunden in Richtung Discovery drehte. Nicht dass ich falsch verstanden werde; ich mag bedeutungsschwangere Star-Trek-Dialoge wie die in "Wem gehört Data?", "Das Standgericht" oder "Todessehnsucht" sehr (und diese Folge spielt definitiv nicht in einer Liga mit diesen Beispielen)! Aber für eine Folge, in der ein schwertkämpfender Ninja-Nonnen-Orden auf das Schiff mit der karate-affinen Spiegeluniversumsimperatorin trifft, kann man dieses seichte Plätschern als sträfliche Vernachlässigung von Potential werten, zumal sich über die Qualität der Dialoge trefflichst streiten ließe.
Oder man zeigt sich über den wuchtvollen Tritt in die Tränendrüse erstaunt, denn die Folge gibt sich so viel verzweifelte Mühe, auf kitschüberfrachtete Weise Gefühle beim Publikum zu erzeugen, dass reine Fremdscham beim Ansehen der ganzen Gefühlsduselei überhandnimmt. Letzten Endes werden alle Register der Gefühlsklischees bedient, die sonst schon gereicht hätten um nur eine Folge allein zu ruinieren. Hier aber bombardiert man den Zuschauer gleichzeitig mit schmierigen Explosivsprengstoffen wie Beziehungsherzschmerz, Mutterliebe, Heimatverlust, Unterstützungsbeifall, Selbstfindungsschwierigkeiten, Lobhudeleien oder Familiendrama und es drängt sich der Eindruck auf, als würde man in Erwartung von gekünstelten Tränen aus dem Fernseher heraus beständig mit Papiertaschentuchpackungen beworfen werden.
Aber wahrscheinlich merkt man das ja auch gar nicht mehr, denn nachdem die Hälfte der dritten Staffel ausgestrahlt ist, hat man sich bereits an derlei Unstimmigkeiten und andere Begleiterscheinungen wie Wackelkamera, Lens Flares oder die obligatorischen Krokodilstränen (diesmal sogar im preiswerteren Familienpacken!) gewöhnt.
So bleibt der Reingewinn am Ende etwas, das die Vorgänger dieser Folge bereits eindrucksvoller etabliert haben: Es wurde ein weiterer Baustein zur unausweichlichen Renaissance der Föderation gesetzt und Burnham weiß mal wieder, wo sie hingehört - zumindest bis es sich die Autoren kommender Episoden anders überlegen.


Der lange Schatten Vulkans.
Die 'Kanonfee' Kirsten Beyer ist zurück bei "Discovery" um eine ganz besondere Folge zusammenzuköcheln. Dafür hat sie ganz viele Drehbuchhappen aus dem Resteeimer von "Picard" mitgebracht, die nun noch einmal zum Verzehr in einer achthundert Jahre späteren Zukunft aufgewärmt werden!
Bereits der Folgentitel leitet Fans in die Irre, denn mit dem gleichnamigen TNG-Vorbild "Wiedervereinigung" hat dieser als dritte Teil angepriesene Discovery-Ableger inhaltlich bestenfalls eine periphere Schnittmenge. Es ist vielmehr eine nahtlose Fortführung dessen, was in der vierten "Picard"-Episode "Unbedingte Offenheit" etabliert wurde: Die romulanische Diaspora, die Qowat Milat und das Misstrauen den Motiven der Föderation gegenüber.
Natürlich wird durch einen schönen Einstieg mittels eines Ausschnitts aus dem Original-TNG-Zweiteilers eine inhaltliche Nähe suggeriert, aber dass dieser Etikettenschwindel kaum mehr als Fanservice bleibt wird spätestens dann klar, wenn man sich vor Augen führt, dass die Kombination von Vulkaniern und Romulanern zu Ni'Var nicht etwa umgesetzt wurde, weil Spock dafür so geflissentlich wie erfolglos über Jahrzehnte hinweg Propagandaarbeit betrieben hat, sondern weil eine Supernova der Romulus-Sonne in "Picard" für vollendete Tatsachen gesorgt hat.
Dieses explosive Gemisch aus Halbwahrheiten, gefühlten Kanonzusammenhängen und kontextfreien Schlagworten zieht sich aber wie ein roter Faden weiter durch die Episode. So wird der sinnstiftende, utilitaristische Ansatz der Vulkanier ("Das Wohl der vielen ist wichtiger als das Wohl der vielen.") ins komplette Gegenteil verkehrt, ein Forum zum Austausch von Logik, Fakten und wissenschaftlichen Werten zur Bühne einer emotionalen Selbsterkenntnis uminterpretiert und am Ende bleibt das T'Kal-in-ket nicht zuletzt deshalb bedeutungslos, weil die Präsidentin T'Rina die SB-19-Daten unabhängig von der Entscheidung des Quorums sowieso an Michael Burnham übergibt. Dass die Ereignisse der Folge als Bottle Show allein auf der Discovery konzentriert bleiben, ohne auch nur einmal die Oberfläche des wichtigsten Planeten der Franchise zu zeigen, trägt zusätzlich dazu bei, an der fragilen Glaubwürdigkeit dieser Episode zu zerren.
Dabei ist es beileibe nicht so, dass alle Ideen Vulkan betreffend vergebener Liebesmühe gleichen würden.
Einige der zuvor genannten Punkte wären nämlich (mit viel Wohlwollen) auch als Ergebnis einer jahrhundertelangen Entwicklung der wiedervereinigten Gesellschaft interpretierbar.
Die Idee, die Expertise Burnhams den Planeten betreffend auszunutzen ist ebenso schlüssig, wie die verschiedenen Fraktionen, die nunmehr die Geschicke der Welt lenken. Ihr bewusster (aber folgenloser Verzicht) auf die Daten ist gleichzeitig logisch-vulkanisch, als auch von besten Sternenflottenidealen geprägt. Ebenso ist es nur folgerichtig, den Vulkaniern den schwarzen Peter einer Antriebsalternative jenseits von Dilithium zuzuschieben, zumal die moralischen Spätfolgen (die ja im Föderationsaustritt gipfelten) für die pazifistische Spezies nicht minder nachvollziehbar wirken. Und selbst das Konzept des T'Kal-in-ket ist ein pfiffiger Einfall, der gut in die vulkanische Gesellschaft passt, die sich wie in "Enterprise" abermals in der ungewohnten Position des Gegenspielers wiederfindet.
Ja sogar die Idee, ausgerechnet die Krieger-Nonnen des Qowat Milat aufgrund ihrer Wahrheitsliebe zu Rechtssprechern zu erklären, hat durchaus ihren Reiz, zumal der Brückenschlag zu "Picard" einen überfälligen Schulterschluss mit einer anderen Serie der dritten Star-Trek-Welle bedeutete.


Doch Kirsten Beyer bleibt ihrer Philosophie treu, den Kanon immer dann auszuklammern, wenn er droht, ihren Handlungsentwürfen ein Veto entgegenzusetzen, denn die Autorin hat mittlerweile mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie nur allzu schnell bereit ist, allen Widerständen zum Trotz ihre eigenen Dickkopf durchzusetzen (vgl. dazu unser Kurzinterview im Rahmen der Picard-Premiere).
Sie nimmt sich Freiheiten heraus, die zulasten des erzählerischen Rahmens gehen, von denen drei schwerwiegende Entwicklungen an dieser Stelle noch einmal ganz besondere Erwähnung finden müssen.
Als erstes muss die fragwürdige Entscheidung ins Feld geführt werden, ausgerechnet Michael Burnhams Mutter Gabrielle als Mitglied des Qowat-Milat-Ordens auftreten zu lassen und damit auch das T'Kal-in-ket zu einer öffentlichen Familientherapiesitzung des Burnham-Clans zu degradieren. Der mäßig konstruierte und emotionsgeladene Gastauftritt trug maßgeblich die Hauptschuld daran, dass der Rest der Folge den vorherigen Besuchen auf der Erde oder Trill qualitativ hinterherhinkte.
Im Zusammenhang damit steht auch der zweite Punkt: Sämtliche sorgsam inszenierten Kanonbezüge sind einzig und allein Staffage für die moralische Integrität Michael Burnhams. Die "Wiedervereinigung" dient nämlich nicht als eigenständige Handlung, bietet kein moralisches Dilemma und steht auch nicht im Vordergrund dieser Episode. Alles, was man über die aktuelle romulanisch-vulkanische Gesellschaft erfährt lässt sich auf bloßes Hintergrundtheater für den Selbstfindungsprozess der Hauptfigur reduzieren; auf schmückendes Beiwerk, dem jegliche Tragweite fehlt.
Der dritte Punkt jedoch wiegt am schwersten. In Burnhams schon beinahe manisch anmutenden Vergleichen mit ihrem (über die Grenzen Star Treks hinaus bekannten) Bruder lag schon vom Beginn der Serie an eine unnötige Rivalität, die mit dem Ende der zweiten Staffel eigentlich einen verhältnismäßig würdevollen Abschluss erhalten hatte. Doch nun schmückt sich Burnham nicht nur mit den fremden Federn ihres Bruders und beansprucht dessen Erfolge für sich, sondern versucht sich auch über seine Leistungen zu erheben. Der "kleine Bruder" wird als Person sogar auf die Beeinflussung seiner Adoptivschwester zurückgeführt (vgl. Denkwürdige Zitate), was inzwischen jegliche Relation zu den mehr als fünfzig Jahren Star-Trek-Geschichte vor "Discovery" vermissen lässt. Diese Megalomanie einer Serie, die sich auch in ihrer dritten Staffel erst beweisen muss, erscheint nicht nur arg deplatziert, sondern auch reichlich arrogant.


Kanonbrüche und Logiklöcher.
Bei so wenig Substanz ist es immerhin möglich, auch weniger Kanonbrüche und Logiklöcher zu fabrizieren. Frei nach dem Motto "Wo wenig Inhalt herrscht, kann man über weniger Fallstricke stolpern." lassen sich nur wenige Widersprüche ausmachen, während der Bezug auf Vulkan sogar einige besonders clevere Querbezüge ermöglicht.
Der schönste von ihnen ist sicherlich die neue Bezeichnung "Ni'Var" für Vulkan, die auf eine Star-Trek-Kurzgeschichtenreihe der siebziger Jahre zurückgeht und den vulkanischen Begriff für "Zwiegestalt" beschreibt. Zusammen mit dem chimären IDIC-Warbird-Logo und der Erwähnung der Wissenschaftsakademie von Ni'Var trugen sie mit dazu bei, dem Hintergrundflair der Folge den passenden Anstrich zu verleihen.
Auch die Erwähnung einer USS Yelchin war eine nette Hommage an den Schauspieler, selbst wenn der Umstand, dass es sich um ein zerstörtes Schiff handelte, einen etwas bitteren Nachgeschmack im Hinblick auf das tragische Ableben des Darstellers hinterlässt.
Ansonsten gibt es die für Discovery üblichen Unstimmigkeiten.  
Die Aufzeichnungen über die Discovery und ihre Crew sind seit mehr als neunhundert Jahren Verschlusssache, aber Michael Burnham ist auf Vulkan bekannt wie ein bunter Hund?
Blockiert Books Schiff nicht die Shuttlehangareinfahrt der Discovery?
Widerspricht die Union Ni'vars nicht den Umsiedlungsproblemen, denen sich Jean-Luc Picard vor seinem Rückzug aus der Sternenflotte stellen musste? Und wie hat er die Aufnahmen Spocks auf Romulus machen können?
Inwiefern sind andere Romulaner wie die auf Vashti von der Wiedervereinigung betroffen oder bleibt dieses Motiv auf die Bewohner Vulkans beschränkt? Gibt es den romulanischen Freistaat noch?
Warum besinnen sich die Romulo-Vulkanier nicht auf die Idee, statt eines so gefährlichen Projektes wie SB-19 einfach die künstliche Quantensingularität der Warbirds wiederaufleben zu lassen?


Der folgenreichste Kanonbruch dieser Folge bleibt allerdings die ausstehende Beförderung Sylvia Tillys auf den Posten des ersten Offiziers.
Dabei will ich die Gelegenheit nutzen darauf zu verweisen, dass ich nicht der Meinung bin, dass Tilly als Person eine schlechte Wahl wäre. Zum einen gehört sie zu den wenigen Charakteren der Serie, denen neben Michael Burnham genügend Aufmerksamkeit zuteilwurde, um überhaupt so etwas wie eine nennenswerte Persönlichkeit zu entwickeln. Zum anderen wurde diese Entwicklung in den zurückliegenden Folgen für Discovery-Verhältnisse behutsam vorbereitet und entbehrt auf einer rein persönlichen Ebene noch nicht einmal einer gewissen Nachvollziehbarkeit.
Das Problem liegt eher in den fehlenden Dienstjahren. Erst in der letzten Staffel stieg Tilly vom Kadett zum Fähnrich auf, womit sie noch immer zu den Junioroffizieren an Bord des Schiffes zählt, die durch ihre jahrelange Arbeit an Erfahrung gewinnen, die sie für höhere Kommandoposten qualifiziert, indem sie ihre Fähigkeiten im Vorfeld z.B. die Leitung einer Abteilung unter Beweis stellen. Dass Tilly jedoch noch nicht einmal das Kommandotrainingsprogramm abgeschlossen hat, beseitigt den Widerspruch zwischen den niederen und höheren Rängen der Sternenflottenhierarchie, dem mit "Lower Decks" ja thematisch immerhin eine ganze Serie gewidmet ist. Saru führt mit seiner Entscheidung - die nebenbei auch noch qualifizierteren Offizieren wie Paul Stamets, Hugh Culber oder Jett Reno vor den Kopf stößt - die gesamte Kommandostruktur der Sternenflotte ad absurdum (man stelle sich ferner vor, Captain Picard hätte Wesley Crusher, Janeway Harry Kim oder Archer Travis Mayweather zum ersten Offizier gemacht!). Selbst die Ernennung eines ersten Offiziers aus dieser Zukunft, der dieser Crew bei ihren Eingewöhnungsschwierigkeiten hilft und sicherstellt, dass dieser Trumpf im Ärmel Admiral Vances auf einer Linie mit den Entscheidungen des Oberkommandos bleibt, wäre eine sinnvollere Entscheidung gewesen. Vor allem aber wird eine Beförderungsmethode salonfähig gemacht, die zuvor allein auf das Abramsverse beschränkt geblieben war und nicht unbedingt zu den Sternstunden der Franchise zählte.
Natürlich ist der Versuch, in diesem Fall Rang und Position zu trennen an sich löblich und in der siebenten Folge von "Lower Decks" war Beckett Mariner ebenfalls als Fähnrich kurzzeitig in die Position eines ersten Offiziers aufgerückt. Allerdings war diese Entwicklung von Anfang an als temporäre Maßnahme gedacht und selbst wenn es ähnliche Beteuerungen auch auf Seiten Sarus gibt, darf im Hinblick auf die bisherige Geschichte von "Discovery" wohl eher bezweifelt werden, dass dies nur einen Übergangscharakter hat. Es unterstreicht nur ein weiteres Mal, wie wenig Verständnis die Autoren für eine Organisation wie die Sternenflotte aufbringen und wie egal ihnen die innere Glaubwürdigkeit im Hinblick auf ihre eigene, aber auch auf andere Serien ist.


Synchronisation.
Wie eingangs bereits erwähnt, war der deutsche Titel der Vorbild-gebenden TNG-Episode seinem englischsprachigen Pendant gegenüber ungleich besser gewählt, weswegen es schade ist, dass das auch in diesem Fall angebrachte Fragezeichen aus irgendeinem Grund (ich vermute an dieser Stelle frecherweise einmal Recherche-Faulheit) entfallen ist. Immerhin müssen die Verantwortlichen die Folge noch einmal in der Hand gehabt haben, denn auch die deutsche Tonspur des damaligen Leonard-Nimoy-Auftrittes wurde übernommen.
Ansonsten ist abermals anzumerken, dass das Duzen und Siezen gleichermaßen sinnvollen wie wechselnden Einsatz findet und die deutsche Übersetzung recht gelungen ausgefallen ist.


Fazit.
Michael Burnhams Rückkehr nach Vulkan ist nicht das Bravourstück, das der ebenso ambitionierte, wie unzutreffende Titel vermuten ließe. Die "Wiedervereinigung" , der "Vulxit" aus der Föderation oder die Probleme des Planeten sind zwar schlüssig erzählt, dienen aber eher als blasse Staffage für die persönlichen Probleme Burnhams, die in einem besonders schweren Rückfall in die Monoperspektive ohne Rücksicht auf Verluste, Freunde oder Adoptivgeschwister zu Tage treten. Zusammen mit einer fragwürdigen Personalentscheidung Sarus, eklatanten Spannungsdefiziten und einer gezwungen wirkenden Emotionalität beschließt es eine Folge, die letztendlich weit hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Bewertung.
Schwache Kür.







Schluss.
Am Ende des Tages ist die Bezeichnung der Folge als dritter Teil einer TNG-Episode nichts weiter als eine billige Werbemasche, die mit dem tatsächlichen Inhalt des Vorbilds nur wenig gemein hat.  
Doch bei Lichte besehen war der erste und zweite Teil von "Wiedervereinigung" thematisch auch nur eine Wiederaufnahme der in der TOS-Episode "Spock unter Verdacht" etablierten Geschichte der Romulaner, die seither mit Folgen und Filmen wie "Das Gesicht des Feindes", "Unter den Waffen schweigen die Gesetze", "Star Trek Nemesis" oder eben "Unbedingte Offenheit" beständigen Ausbau erfahren haben.
So mag "Wiedervereinigung, Teil III" vielleicht einen unpassenden Titel tragen, inhaltliche Mängel aufweisen oder sträflichst den Planeten Vulkan auslassen, aber der Episode gebührt der Verdienst, ebenfalls sein Scherflein zum Gesamtbild der romulanischen Spezies beizutragen.
Und das ist nicht das einzige, was es mit dem namensgebenden Vorbild gemein hat.
So überschaubar Spocks Video-Auftritt auch gewesen sein mag, schlägt er dennoch eine Brücke zu TOS und TNG und hilft dabei, "Discovery" mit dem größeren Kanon zu verbinden.
Und dem Thema der "Wiedervereinigung" bleibt es trotz aller tagesaktueller Brisanz (man denke nur an Nord- und Südkorea) ebenfalls nicht vergönnt, eine ähnliche Rolle zu spielen. Zwar gibt es de facto eine Reunion beider Völker, doch diese ist nicht das Ergebnis von mutigen Massenprotesten, diplomatischen Verhandlungen oder komplizierter Großmachtpolitik, sondern einem Naturereignis (?) geschuldet. Es ist fast ein wenig so, als wäre die deutsche Wiedervereinigung passiert, weil alle Atomkraftwerke der Sowjetunion explodiert sind und die Bewohner der DDR in den Nachwehen des atomaren Fallouts massenhaft in den Westen flohen, um dort überleben zu können.
Somit markiert die Folge eher eine Absage an die Idee, die deutsche Wende in eine geistige Nähe zur romulo-vulkanischen Wiedervereinigung stellen zu können, denn hinter den streitenden Fraktion auf dem Planeten steckt mittlerweile eher ein Sinnbild des ideologischen Risses, der sich quer durch die amerikanische Gesellschaft zieht. Aus deutscher Sicht ist das vielleicht ein wenig schade, aber einen vielversprechenden Erzählgegenstand mit einem deutlichen Bezug auf die Probleme unserer Zeit bietet es in bester Star-Trek-Manier auf jeden Fall.


Denkwürdige Zitate.

"Die denken sie hätten den Brand verursacht?"
"Nein, sie denken wir hätten sie dazu getrieben den Brand zu verursachen."
Michael Burnham und Charles Vance

"Ich möchte Sie bitten als mein erster Offizier einzuspringen bis ich einen permanenten Ersatz gefunden habe."
"Was? Sir, was? Äh, ich, ich habe das Kommandotrainingsprogramm nie abgeschlossen!"
Saru und Sylvia Tilly

"Sir, fragen Sie mich wegen meiner Folgsamkeit oder wegen meiner Qualifikation?"
Tilly

"Selbst die Wissenschaft lässt sich nicht von Kultur und Politik trennen. Es gibt immer Wechselwirkungen, auch Spock musste das lernen."
T'Rina

"Es ist das alte Lied, nicht wahr? Dass das Schicksal zweier Völker so eng verflochten ist, dass sie sich ähneln aber einander dennoch vertrauen."
T'Rina

"Man wird sich an Spocks Schwester immer als Heuchlerin erinnern, wenn Sie sich als unglaubwürdig erweisen und das hätte schwere Konsequenzen."
T'Rina

"Meiner Lebenserfahrung nach lernen wir die größten Lektionen dann, wenn wir einen hohen Preis dafür bezahlen."
Saru

"Sie führt ihren Bruder in den offensichtlichen Bemühen ins Feld, uns emotional zu bewegen. Doch dies ist ein Forum für Logik, Commander Burnham."
V'Kir

"Drei Quorumsmitglieder, drei Meinungen, kein Konsens."
Gabrielle Burnham

"Ganz ehrlich, die Vorstellung von Ihnen Befehle anzunehmen fühlt sich ziemlich, ziemlich schräg an. Man könnte sagen fast schon verstörend."
Paul Stamets

"Du bist eine Qowat Milat und Du bist meine Mutter."
Burnham

"Wir mögen unvollkommen und voller Fehler sein und stecken uns trotzdem hohe Ziele."
Burnham

"Sie hat außerdem gesagt sie frage sich wie viel von dem Mann zu dem Spock geworden ist eigentlich auf seine Schwester zurückgeht."
Gabrielle Burnham

"Meine Toilette müsste repariert werden. Da läuft das Wasser nach."
Keyla Detmer


Weiterführende Leseliste.

01. Rezension zu "Ein Zeichen der Hoffnung, Teil I"
02. Rezension zu "Fern der Heimat"
03. Rezension zu "Bewohner der Erde"
04. Rezension zu "Vergiss mich nicht"
05. Rezension zu "Bewährungsprobe"
06. Rezension zu "Aasgeier"
07. Rezension zu "Wiedervereinigung, Teil III"
08. Rezension zu "Das Schutzgebiet"
09. Rezension zu "Terra Firma, Teil I"
10. Rezension zu "Terra Firma, Teil II"
11. Rezension zu "Sukal"
12. Rezension zu "Es gibt Gezeiten..."
13. Rezension zu "Ein Zeichen der Hoffnung, Teil II"

Staffel 2.

01. Rezension zu "Brother"
02. Rezension zu "New Eden"
03. Rezension zu "Lichtpunkte"
04. Rezension zu "Der Charonspfennig"
05. Rezension zu "Die Heiligen der Unvollkommenheit"
06. Rezension zu "Donnergrollen"
07. Rezension zu "Licht und Schatten"
08. Rezension zu "Gedächtniskraft"
09. Rezension zu "Projekt Daedalus"
10. Rezension zu "Der rote Engel"
11. Rezension zu "Der Zeitstrom"
12. Rezension zu "Tal der Schatten"
13. Rezension zu "Süße Trauer, Teil I"
14. Rezension zu "Süße Trauer, Teil II"

Staffel 1.

01. Rezension zu "Leuchtfeuer" und "Das Urteil"
03. Rezension zu "Lakaien und Könige"
04. Rezension zu "Sprung"
05. Rezension zu "Wähle Deinen Schmerz"
06. Rezension zu "Lethe"
07. Rezension zu "T=Mudd²"
08. Rezension zu "Si Vis Pacem, Para Bellum"
09. Rezension zu "Algorithmus"
10. Rezension zu "Nur wegen Dir"
11. Rezension zu "Der Wolf im Inneren"
12. Rezension zu "Blindes Verlangen"
13. Rezension zu "Auftakt zum Ende"
14. Rezension zu "Flucht nach vorn"
15. Rezension zu "Nimm meine Hand"

Mittwoch, 3. April 2013

Dem Grünen Mai entgegen - Das Erbe von Romulus

Der Grüne Mai wird lila*. Nachdem Cryptic für sein Online-Rollenspiel Star Trek Online das erste Addon: Legacy Of Romulus für den 21. Mai angekündigt hat, gibt es nun erste Informationen zu Hintergrundstory. Diese kann man auf Englisch unter folgenden Link nachlesen. Ich habe daher die Gelegeneheit genutzt und diesen etwas frei übersetzt und mit ein paar eigenen Ideen angereichert.
Quelle: http://sto.perfectworld.com/blog/?p=856971
Ein gespaltenes Imperium

Nach der Zerstörung der Romulanischen und Remanischen Heimatwelt haben sich drei Lager bzw. Gruppen mit jeweils eigenen Interessen und Werten gebildet.
Die erstes Gruppe sind die militanten und autoriären Tal Shiar, angeführt von Kaiserin Sela, die immer noch den alten Rollen verfallen sind und Remaner als Arbeiter und Rasse zweiter Klasse sehen; bestrebt das Romulanische Imperium wieder als feste Größe in der Galaxie zu etablieren. Der ehemalige Geheimdienst des Romulanischen Sternenimperiums ist dabei versucht durch Kontrolle und Unterdrückung ein neues altes Imperium aufzubauen. Dabei sammeln und implementieren sie Borg-Technologie und streben danach mit einem alten und mysteriösen Feind zu paktieren, den sie glauben kontrollieren zu können.
Quelle: www.startrekonline.de
Doch Kaiserin Sela arbeitet dabei nicht ohne Widerstand in den eigenen Reihen. Ihre Macht könnte bröckeln. Denn unter ihren Gefolgsleuten, tief im Romulanischen Sternenimperium, gibt es einen Gegenspieler, der ihr gefährlich werden könnte. Dieser jemand ist ein ehemaliger Wissenschaftler von Preator Taris, Commander Hakeev. Man sagt sich, er ist der Grund, warum sich Sela mit dunklen Kräften verbündet; aber Beweise gibt es nicht.
Quelle: http://sto.perfectworld.com/blog/?p=856971
Die zweite Gruppe der Romulaner und Remaner wird angeführt von D’Tan, der den Werten Spocks folgt und die verlorengegangene Kraft des Romulanischen Imperiums wieder herstellen möchte. Dafür will er aber die alten Wege, wie Sela sie bevorzugt, verlassen. Seine Vision ist, dass alle überlebenden Romulaner, wie auch Remaner gleichberechtig zusammenfinden und zusammen an einem neuen Imperium arbeiten. Diese neue Bewegung, weitaus liberaler und nicht so autoritär, nennt sich die "Romulanische Republik".
Quelle: http://sto.perfectworld.com/blog/?p=856971
Die dritte Gruppe macht die der heimatlosen Überlebenden aus. Diese sind Romulaner und Remaner verstreut in den Weiten der Galaxies, die im Schatten der Zerstörung ihrer Heimatwelt das Beste aus ihrem Leben zu machen versuchen und sich der stählenden Faust Selas entgegenlehnen, aber auch D’Tans Idealen entsagen, da sie denken, dass sein Einfluss zu schwach sei, um seine hochgesteckten Ziele zu verwirklichen.
Wir als Spieler starten dabei als Mitglied dieser dritten Gruppe und versuchen, das Beste aus unserem Schicksal zu machen; weit weg von Sela und dem Tal Shiar, wie auch D’Tan und der Romulanischen Republik. Wir starten daher auf einer Farm und nehmen unser Schicksal in die Hand, einer lila Zukunft entgegen… zumindest dem Grünen Mai entgegen.
Quelle: www.startrekonline.com
*Episch*

Sela, Tasha und das Alternative Universum

Ein sehr schönes Video zeige ich Euch noch am Ende. Der Kampf bei Narendra III. Hier begann die Geschichte Selas: Die Enterprise C kehrt aus einer temporalen Anomalie in ihre Zeit zurück. Dabei wird die Enterprise C zerstört und jene Zeitlinie, die sie durch ihren Flug durch die Anomalie verändert hat, wieder hergestellt. Bei dieser Schlacht überleben einige Crewmitglieder, darunter auch Natasha Yar. Sie entgeht aber der Hinrichtung, da ein romulanischer General sich in sie verliebt. Aus dieser Verbindung geht Sela, ihre Tochter hervor. Da Tasha einen Fluchtversuch unternimmt und ihre Tochter mitnehmen möchte, wird sie von Sela verraten und daraufhin exekutiert.
I
*Ikonisch

Dienstag, 20. Oktober 2020

Turons Senf zu "Envoy" [LD, S1Nr02]


Widmung.

Ich will diese Rezension an dieser Stelle jenem namenlosen Kommentator widmen, der in den Kommentaren zu "Second Contact" so lobende Worte zum ersten Senf der "Lower Decks" ausgegeben hat.
Danke! Solche Kommentare von Dir und von allen anderen treuen Leser sind der Grund, der diese Kolumne antreibt.


Spoilerwarnung.

Dieser Artikel enthält massive Spoiler auf "Envoy", die zweite Folge der ersten Staffel "Lower Decks" und sollte erst gelesen werden, wenn man diese und weitere Folgen bereits gesehen hat.



Einleitung.

Eine der unsinnigsten Diskussionen die man mit anderen Star-Trek-Fans dieser Tage führen kann ist jene, ob denn die Trickfilmserie "Lower Decks" offizieller Kanon sei. Interessanterweise gab es ähnliche Bedenken bereits von Beginn an mit der 'anderen' Zeichentrickserie "TAS", obwohl durch diese Serie Spocks Geburtsort ShiKahr, das kahs-wan-Ritual, Kirks Mittelname Tiberius, der Mädchenname der Mutter Spocks, Kors Schiff IKS Klothos, die Kzinti oder die Holodecktechnologie etabliert wurden, die dem unsicheren Status der Serie zum Trotz längst zum Kanon zählen.
Dennoch scheinen einige Fans zwar kein Problem zu haben, einer Serie zu folgen, die in einer fiktiven Zukunft mit fiktiver Technologie und fiktiven Personen spielt, aber andererseits ihre Fantasie zu verlieren, sobald eine Serie animiert wird.
Andere hingegen verweisen auf die fehlende Ernsthaftigkeit, die drastische Realitätsferne oder den verspielten Charakter. Wieder anderen sind die Stimmen zu hoch oder zu schnell, während die Handlung unnachvollziehbare Purzelbäume schlägt, ohne einen Sinn zu ergeben.
Daher drängt sich ein weiterer Blick auf diese Serie förmlich auf um zu überprüfen, was von diesen Vorwürfen berechtigt ist.



Story.

Bradward Boimler hat einen ganz besonderen Auftrag ergattern können: Er ist für den Transport des hochdekorierten klingonischen Generals K'orin zu Verhandlungen auf Tulgana IV eingeteilt worden. Doch zu seiner Überraschung findet er schon bald heraus, dass sich seine Kollegin Beckett Mariner nicht nur zu seiner Vorgesetzten auf dieser Mission aufgeschwungen hat, sondern auch eine ebenso langjährige wie chaotische Freundschaft zu dem trinkfreudigen Haudegen pflegt, den er transportieren soll. Dem jungen Fähnrich entgleitet die Mission Stück für Stück, was schließlich seinen Höhepunkt im Umstand findet, dass K'orin das Shuttle bei einem von Boimler ursprünglich abgelehnten Besuch des klingonischen Distrikts auf dem Planeten stiehlt und verschwindet. Es beginnt eine verzweifelte Suche nach dem Botschafter und dem Shuttle, bei der die Ansichten Boimlers und Mariners was Sternenflottenprotokolle angeht auf eine harte Probe gestellt wird…


Lobenswerte Aspekte.

Folgenanlage.

"Envoy" ist keine 'normale' Episode im herkömmlichen Sinn. Die zweite Folge der Serie greift das in "Second Contact" vorgegebene Tempo auf und erhöht es sogar, um einen Mini-Road-Movie im TNG-Gewand in vierundzwanzig Minuten unterzubringen. In einer erschreckend effizienten Nutzung der zur Verfügung stehenden Zeit erzählt sie gleich zwei gleichermaßen mitreißende wie unterhaltsame Geschichten, die inhaltlich ertragreicher als so manche klassische Episode, Discovery-Folge oder Abramstrek-Inkarnation ausfällt.
Ziel der Handlung ist ganz offensichtlich, die noch zarten Bande zwischen den Hauptcharakteren zu stärken und die Crew der USS Cerritos näher zu beleuchten. Als Zugabe gibt es eine rasante Außenmission, die den Vergleich mit anderen legendären Planetenbesuchen der Star-Trek-Geschichte nicht zu scheuen braucht.
Das alles schafft die Serie mit einem stringenten Humor, der zwar nicht immer das Zwerchfell zum Bersten zwingt, aber doch an mehreren Stellen zielgenau ins Schwarze trifft. In diesem Zusammenhang gaben sich die Autoren auch erkennbar Mühe, die Serie durch nicht immer jugendfreie Ausführungen vom Anschein einer Produktion für ein jüngeres Publikum zu befreien.
Vor allem aber mag ich die Moral der Geschichte, die trotz der begrenzten Zeit deutlich zutage tritt: Mariner stellt sich in bester Star-Trek-Manier absichtlich zurück, um den Enthusiasmus ihres blauäugigen Freundes nicht zu brechen, auch wenn diese gute Tat mit öffentlicher Erniedrigung gepaart und mit Witzen auf ihre Kosten gedankt wird – schließlich wiegt das Wohl des Einzelnen weniger als das Wohl der gesamten Sternenflotte, wenn ein Hansdampf-in-allen-Gassen wie Boimler der Organisation erhalten bleibt. Es ist genau diese Art der unaufgeregten persönlichen Selbstlosigkeit, die ich seit Enterprise so sehr vermisst habe. Zumal die Idee, dass man alles richtig macht und trotzdem verlieren kann (frei nach Jean-Luc Picard in "Galavorstellung") ebenfalls eine zeitlose Lektion ist, die Star Trek seinen Zuschauern mehr als einmal zu vermitteln versuchte.
Doch auch wenn das jetzt ein ideales Schlusswort wäre, muss an dieser Stelle doch ergänzt werden, dass der B-Plot von "Envoy" nicht minder reizvoll ausfällt. In einer ähnlich turbulenten Reise quer durch die Divisionen des Schiffes lernt Rutherford die einzelnen Aufgabenbereiche in einer Art 'Probetraining' genau kennen.
Und warum?
Weil er als Sternenflottenoffizier zu seinem Wort stehen will. Dass er am Ende aber doch dem Ruf seines Herzens folgt, stellt gleichermaßen ein Kernprinzip Star Treks dar. Das Großartige daran bleibt allerdings der erstaunliche Rückhalt, den er bei seiner Suche von allen einzelnen Abteilungsleitern erhält, die ihn sogar ermutigen, sich auszuprobieren beziehungsweise seinen eigenen Weg zu gehen. Die Charaktere mögen zwar auf dem "Unterdeck" ihren Dienst abseits der Laufrouten der Brückenbesatzung verrichten, aber der Geist der Sternenflotte vereint am Ende des Tages doch alle Besatzungsmitglieder zu einer geschlossenen Einheit.


Kanonfutter.

Es gibt und gab keine andere Star-Trek-Serie, die so sehr darauf bedacht ist, den offiziellen Kanon einer Richtschnur gleich aufzunehmen wie "Lower Decks".
Auf der einen Seite findet man natürlich die vielen Anlehnungen an all die anderen Serien und Filme, die sich wie ein roter Faden durch die Folgen ziehen. In "Envoy" sieht man missmutige Kaelonianer, Boimler kurz vor dem Jamaharon, einen gelungenen Auftritt der blauhäutigen Föderationsgründungsmitglieder, einen stark an "Der Wächter" erinnernden Ferengi, eine Borg-Simulation in bestem Kobayashi-Maru-Stil und eine Föderations-Botschaft, die in ihrem brutalistischen Baustil an die Enterprise-Episode "Der Anschlag" zurückdenken lässt.
Dabei lohnt es sich stets und ständig mit Adleraugen auf den Hintergrund zu achten. Vor allem bei den zahlreichen Draufsichten der Planetenoberfläche, die so detailreich ausfallen wie die aufwändig gestalteten Doppelseiten im Mosaik: Hier kann man Arkonianer, Evora, Ariolo, Lurianer, einen Außenposten im Farpoint-Design, klingonische Disruptoren in Schaufenster, ein ushaan-tor in Action, Vasquez-Rocks-ähnliche Felsformationen, die romulanische Vertretung und die Ferengi-Botschaft entdecken.

Ergänzt wird das Gesamtbild schließlich noch mit dem vollen klingonischen Programm: Von der General-Chang-Augenklappe über ein passendes Trinklied bis hin zum Klein-Qo'noS-Distrikt wurde an alles gedacht! Der Blutwein wird im passenden Trinkbecher serviert und der Gagh-Marktstand hat sogar die blaue Variation aus dem sechsten Kinofilm im Angebot.
Auf der anderen Seite steht dem ein erfrischend ironischer Umgang mit diesem Kanon entgegen, der sich in Gänze wohl nur langjährigen Fans erschließt und sich einmal quer durch alle 'alten' Star-Trek-Serien zieht. So gibt es gleich zu Beginn eine Begegnung der etwas anderen Art mit einem übermächtigen transdimensionalen Wesen, während der Captain der USS Cerritos nach einer identitätsstiftenden Catchphrase á la "make it so" sucht. Augenzwinkernd nimmt die Folge ferner den Hang der Drehbuchautoren für Apostrophe auf die Schippe (und legt dies auch noch in den Mund eines Charakters, dessen Name ein solches Zeichen enthält), lässt Beckett Mariner in 'großartigen' Khan-Träumereien schwelgen, spielt mit der Bekanntheit der ach so geheimnisumwitterten Sektion 31 und nennt endlich einmal das "Janeway-Protokoll" beim Namen - ohne dabei dem Zuschauer zu verraten, worum es sich dabei handelt.
Es ist diese Art der Selbstironie, die "Lower Decks" so sehenswert macht, zumal den Autoren die Problematik um den Vergleich mit der umstrittenen Vorgänger-Trickfilmserie so bewusst ist, dass sie ganz offensichtlich damit spielen. Nach dem ersten Auftritt einer Caitianerin im Pilotfilm regnet es gleich die nächsten TAS-Referenzen, als man einerseits einen gut versteckten Aurelianer ins Szenenbild schmuggelt und dann auch noch einem Vendorianer einen denkwürdigen Gastauftritt verschafft.
Genau diese bereitwillige und clevere Nutzung des Kanons als Hilfsmittel ist etwas, was die Serie ihren Geschwistern "Star Trek: Discovery" (wo Kanonreferenzen deutlich spärlicher gesät sind) und "Star Trek: Picard" (wo Nostalgie zu oft als Kanon missverstanden wird) deutlich voraus hat.
Wer aber glaubt, dass sie sich ausschließlich auf die Wiederholung althergebrachter Inhalte reduzieren lässt, sieht sich getäuscht, denn in "Envoy" dient der Kanon eher dazu, die rasante Handlung auszuschmücken, nicht aber dem Zweck, sie zu bestimmen. Im Gegenteil, das immer reichhaltigere Informationsgerüst wird mit neuen, kreativen Bestandteilen ergänzt. So mischt es neue Spezies wie Anabaj oder Taxor in die Vielzahl bekannter Weltraumwesen, bietet nie dagewesene Einblicke in den Alltag der einzelnen Abteilungen und erfreut den Zuschauer mit Nahaufnahmen einer neutralen Welt, wie sie bisher noch nie zuvor zu sehen waren.


Kritikwürdiger Aspekt.


Kanonbrüche und Logiklöcher.
Bei so viel Feingefühl für den Kanon bleiben ein oder zwei flapsige Einwürfe nicht aus, die den Kritikern der Serie durchaus in die Hände spielen könnten. Ich taufe diese Art künstlerische Freiheit an dieser Stelle einmal den "Cartoon-Effekt", weil es die Tendenz beschreibt, die Realitätsnähe in bester Tom-und-Jerry-Manier zugunsten der Komik zu beugen. Wo aber beispielsweise der Koyote bei Roadrunner multiple Stürze in einen Canyon schadlos übersteht, bleiben derlei Anwandlungen hier in ihrem Umfang vergleichsweise gering.
Dass Samanthan Rutherford etwa eine ganze Woche in den Jefferiesröhren zugebracht haben soll, klingt recht unwahrscheinlich, obwohl es andererseits auf der Hand liegen dürfte, dass es sich um eine rein figurativ gemeinte Bemerkung gehandelt hat.
Eher würdig unter "Cartoon Effekt" verbucht zu werden sind in diesem Zusammenhang die Parktickets, die K'orin durch seine Landung direkt vor der Föderationsbotschaft erhält. Die sind zwar für den ein oder anderen Lacher gut, aber ohne Frage etwas deplatziert in einer sehr digitalen Zukunft – zumal ein Nummernschild am Shuttle fehlt. Dass die Tickets darüber hinaus auch noch aus Papier sind, weckt Erinnerungen an den schlecht gealterten TOS-Pilotfilm "Der Käfig", als Papierdruck noch state of the arts war.
Dennoch bleibt dieser Punkt bestenfalls ein Minimalmakel, denn er wiegt deutlich weniger schwer als eine Gedankenverschmelzung durch eine Androidin, Gott im Zentrum der Milchstraße zu finden oder die Besatzung eines Shuttles nach dem Durchbrechen der Warpmauer in lustgetriebene Lurche zu verwandeln.


Fazit.
"Envoy" ist eine überaus gelungene zweite Folge voller Witz, Tempo und Kanonreferenzen. Sie setzt den Trend der ersten Folge fort, eine schlüssige Geschichte innerhalb des Star-Trek-Universums zu erzählen, ohne dem Bierernst zu verfallen, der damit normalerweise im Zusammenhang steht. Vor allem die 'sternen-flotte' Moral und der überraschend stringente Inhalt lassen "Envoy" zu einer der besten zweiten Star-Trek-Folgen überhaupt aufsteigen.

Bewertung.
Rasantes Abenteuer mit allen Extras.







Schluss.

"Lower Decks" ist Kanon!
Die Trickfilmserie bemüht sich deutlich mehr Anschluss an die Parameter des Star-Trek-Universums zu halten als etwa "Discovery". Dass sie dabei ab und an auf ironische Seitenhiebe oder gezielter Übertreibung als Stilmittel setzt ist legitim und in einer Tradition, die nicht zuletzt "The Orville" zu einem so erfolgreichen Konzept gemacht hat.
Natürlich lässt sich in der Serie bei angemessener Suche auch der "Cartoon-Effekt" ausfindig machen, doch es bleibt festzuhalten, dass sich dieser bis hier her noch in Grenzen hält, die eine Erwähnung kaum rechtfertigen.
Und wenn wir alle mal ehrlich sind hatte bislang noch jede Star-Trek-Serie Momente zu bieten, die man am liebsten wieder aus dem offiziellen Kanon streichen würde und bislang hat "Lower Decks" zwar einige weniger glaubwürdige Szenen, aber noch nichts in einem Kaliber zu bieten, was dazu verleiten könnte, ihm den Status des offiziellen Kanons abzustreiten. Dahingehend haben sich andere Serien (übrigens auch schon lange bevor "Discovery" dazu Gelegenheit erhalten hatte) deutlich schuldiger gemacht, selbst wenn es sich dabei um nicht um Trickfilmserien handelte…
Von daher gilt es, der Serie die gleiche Chance zu geben wie jedem anderem Star-Trek-Ableger auch, denn dass an diesem Projekt Fans arbeiten, die wissen was sie tun, kann man anhand der ersten beiden Folgen  deutlich sehen.


Denkwürdige Zitate.

"Where ist the Power cell, dude?"
"What, really?"
"Like I was going to ask for something that didn't come with batteries!"
Beckett Mariner und das transdimensionale Wesen

"K'orin… How do I know that name?"
"Maybe because he's like one of the most decorated, battle-hardened Klingon warriors in history?!"
"Or maybe it's just because all Klingon names sound the same, like they all have an apostrophe for some reason?"
"Yes, that's it!"
D'Vana Tendi, Bradford Boimler und Beckett

"Well, don't worry. Some people agree to do stuff, when they don't actually mean they're going to do it…"
"No, no, no, no! Im Starfleet – I never go back on my word."
Tendi und Samanthan Rutherford

"Buried alive… Marooned for eternity… Moons of Nibia… ahhh! Oh sorry, I keep having this awesome dream!"
Beckett

"I must update you on my many sexual conquests, Mariner!"
"What, both of them?"
K'orin und Beckett

"Okay, that was a rough start! FYI in situations like that, try employing the 'Janeway Protocol'."
"Got it! And what's that?"
"Hah! Good one…"
Jack Ransom und Rutherford

"I've never even heard about an Anabaj… How did you know?"
"Affinity for red, drawn to the weak minded, plus I kind of dated one once – but only to make my mom mad!"
Boimler an Beckett

"Computer, initiate combat simulation 'Smorgasborg'!"
Shaxs

"Starfleet doesn't just need badass cool people like me – they need, like booksmart people kike you, too!"
Beckett

"Rutherford… That is… Outstanding!! Gotta be true to yourself!"
Shaxs


Weiterführende Leseliste.

Staffel 1.

01. Rezension zu "Second Contact"
02. Rezension zu "Envoy"
03. Rezension zu "Temporal Edict"
04. Rezension zu "Moist Vessel"
05. Rezension zu "Cupid's Errant Arrow"
06. Rezension zu "Terminal Provocations"
07. Rezension zu "Much Ado About Boimler"
08. Rezension zu "Veritas"
09. Rezension zu "Crisis Point"
10. Rezension zu "No Small Parts"

Staffel 2.

01. Rezension zu "Seltsame Energien"

Samstag, 25. Januar 2020

Turons Senf zur ersten "Star Trek: Picard" -Folge "Gedenken"



Spoilerwarnung.
Dieser Artikel enthält massive Spoiler zur ersten "Star Trek: Picard" -Episode "Gedenken" und sollte erst gelesen werden, wann man die Folge bereits gesehen hat.

Einleitung.
Die Neunziger waren eine schlimme Zeit.
Alte Feindbilder wie die Sowjetunion mit ihren bolschewistischen Horden hörten über Nacht auf zu existieren, Neonfarben begannen massentauglich in die Alltagsmode einzuziehen und aus den Lautsprecherboxen lokaler Tanzlokale dröhnte "No Limits" von 2 Unlimited als Soundtrack einer Zeit, die auch ohne ihn schon verstörend genug gewesen wäre.
Und doch waren die Neunziger auch eine großartige Zeit.
Nirvana begannen die alternative Musikszene zu revolutionieren (bevor Kurt Cobain diesem Trend mit eigener Hand ein jähes Ende setzte), das Internet begann langsam in das Leben normaler Menschen einzusickern und eine ganze Generation strömte unmittelbar nach der Schule vor den Fernseher, um dort beglückt "Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert" sehen zu können.
Nun schickt sich - zwanzig Jahre nachdem der letzte Kinofilm zu dieser Crew in die Kinos kam - eine neue Serie namens "Star Trek: Picard" an, an die positiven Erinnerungen einer ganzen Generation anzuknüpfen.
Doch kann das in einer Welt, in der Donald Trump, der Brexit oder Flüchtlingskrisen die Gesellschaft spalten, das Fernsehen sich zu einem völlig anderen Medium entwickelt hat und jemand wie Cardi B trotz ihrer Songs die Hitparaden stürmt überhaupt noch funktionieren?




Story 
Ein von der Welt enttäuschter Jean-Luc Picard hat sich auf seine alten Tage auf sein Weingut in Frankreich zurückgezogen. Hier lebt er ein ruhiges Leben fernab vom Trubel jener Abenteuer, die ihn zwanzig Jahre zuvor an Bord der Enterprise zu einer galaxisweiten Berühmtheit werden ließen, auch wenn er in seinen Träumen allabendlich von den Geistern der Vergangenheit eingeholt wird. Nachdem aber eines seiner seltenen Interviews über seine Rolle bei der Evakuierung des romulanischen Sternenimperiums vor den Auswirkungen einer Supernova völlig aus dem Ruder läuft, beginnt sich sein bequemes Altersdasein schlagartig zu ändern.
Grund dafür ist eine junge Frau namens Dahj, die in ihm jenes Gesicht wiedererkennt, dass ihr nach einem brutalen Überfall vor dem inneren Auge erscheint. Picard beginnt intensive Nachforschungen zu seiner jungen, mysteriösen Besucherin und es gelingt ihm, einem größeren Geheimnis auf die Spur zu kommen: Dahj scheint die Tochter seines ehemaligen zweiten Offiziers Data zu sein, was vor allem deswegen problematisch ist, weil künstliches Leben in der Föderation nach einem tragischen Amoklauf anderer Androiden verboten worden ist.
Doch gerade als Picard die Möglichkeit sieht, seine Schuld gegenüber jenem Mann, der ihm einst das Leben gerettet hatte abarbeiten zu können, wird er Zeuge eines weiteren Überfalls unbekannter Angreifer auf seine verzweifelte Begleiterin und muss hilflos mitansehen, wie sie bei der Überladung eines Disruptor getötet wird…



Lobenswerte Aspekte.

Zwischen Nostalgie und Fanservice.
Schon wenn in der Eingangssequenz dieser brandneuen Serie die bedeutungsschweren Klänge von "Blue Skies" erklingen und die Kamera auf die USS Enterprise NCC 1701-D zuschwebt, kommt man vor allem als langjähriger Star-Trek-Anhänger nicht umhin, sentimental zu werden; egal wie intensiv man anno dazumal "The Next Generation" und deren Filme verfolgt hat. Die Serie startet mit einem Moment für Fans, den man ohne Frage als Versprechen für die gesamte Staffel verstehen kann.
Und die erste Folge der Serie macht auch gleich an dieser Stelle weiter: Sie führt uns zu altbekannten Kultstätten wie dem Sternenflottenhauptquartier oder dem Weingut Picards, öffnet hinlänglich bekannten Charakteren wie Data, B-4 und Bruce Maddox Tür wie Tor ins Geschehen und in einem grandiosen Schlussakkord wird der Zuschauer auch noch mit dem großartigsten aller Gegner konfrontiert, den TNG jemals hervorgebracht hat: den Borg.



Doch während das vielleicht noch als bloße Nostalgie durchgeht, die einer größeren Handlung dient, bleiben andere Elemente schlichtweg reiner Fanservice. Die Ausstattung des Privatarchivs Picards im Sternenflottenmuseum etwa, in dem neben dem Banner des Captain-Picard-Tages auch sein kurlanischer Naiskos und Modelle der Stargazer, USS Enterprise E sowie der Costeau zu finden sind.
Es muss natürlich schwer sein, bei dieser schmalen Gratwanderung eine klare Trennlinie aufrechtzuerhalten, doch die vielen stilvollen wie sorgsam ausgearbeiteten Rückbezüge ziehen eine klare Trennlinie zu Discovery, die damit nicht nur inhaltlicher, sondern auch qualitativer Natur ist.
Aber auch wenn es nur allzu leicht ist, hier als alter Star-Trek-Hase der 'anderen' aktuellen Serie zu unterstellen, dass sie im direkten Vergleich den Kürzeren ziehen würde, entspricht das am Ende des Tages nur bedingt der Wahrheit.
Viel eher entpuppt sich in der Anlage der Serie die größere Langzeit-Strategie CBS' im Umgang mit ihren hauseigenen Kronjuwelen: Während Picard darauf ausgerichtet ist, den vielen, gut situierten Altfans eine neue Serie nach ihrem Gusto (Kanon-Treue, hochkarätige Gastauftritte, Handlung im Rahmen altbewährter Motive etc.)  zu bieten, bleibt Discovery das Zugpferd für Neu-Fans, die man versucht ohne Ballast (kreativer Umgang mit dem Kanon, neue Designsprache, völlig neue Charaktere, Flucht in eine balastfreiere Zukunft, etc.) eine neue Heimat zu bieten. So hat jede Gruppierung ihren ganz eigenes Stück Kuchen, ohne gierig zum Sitznachbar schielen zu müssen um sich zu vergewissern, dass sein Teller nicht viel schmackhafter angerichtet ist. Ganz persönlich kann ich mit dieser Aufteilung gut leben und auch weiterhin Discovery schauen - wenn auch unter einer neuen Prämisse.
Doch zurück zur Nostalgie.
"Star Trek: Picard" unterscheidet sich bereits in einem so kleinen wie aussagekräftigen Detail von Discovery. Nach dem Vorspann erfahren wir nämlich, dass sich die Serie als "'based upon Star Trek: The Next Generation" created by Gene Roddenberry" versteht und nicht als "Based Upon "Star Trek" created by Gene Roddenberry", wie Discovery zuvor.
Diese scheinbar kleine Bedeutungsnuance entpuppt sich rasch als programmatisch, denn es geht vor allem um die Entwicklungen, die in TNG und den dazugehörigen Kinofilmen angestoßen wurden. Es ist kein Prequel und kein Reboot, sondern sucht seinen Platz im Star Trek Universum in direkter Anknüpfung an einen der erfolgreichsten Ableger Star Treks.
In einer Zeit, die zwanzig Jahre nach "Star Trek Nemesis" angesiedelt wurde, lässt sich auch besser erzählen, ohne dabei den starren Designregeln der anderer Serien genügen zu müssen. Endlich ergeben die technischen Spielereien, die erstmals bei Discovery zu sehen waren, einen stilistischen Sinn und so gesehen kann man der Schwesterproduktion zumindest zugutehalten, den Zuschauer mit seinen Ideen auf die Verwendung einer solchen Technologie vorbereitet zu haben.
Der Kanon wird behutsam miteinbezogen. So kann man erstmals das häufig erwähnte Daystrom-Institut bewundern (das wie wir jetzt wissen in Okinawa seinen Sitz hat), lernt mehr über die Pressearbeit in der Föderation kennen und kann - sofern man schnell genug hinschaut - erkennen, dass der Tal Shiar die gleichen Messer wie Shinzon selbst verwendete.




Mehr als alles andere dreht sich das Geschehen und damit auch die Ausschmückung der Serie um die Figur Jean-Luc Picards.
Er bildet den zentralen Fixpunkt der Serie wird liebevoll mit allen Attributen des Serienvorbilds umgeben. So kann der geneigte Zuschauer munter Folgen aufzählen, in denen Picard sich "[…] wie ein Fremder vorgekommen" sein muss (z.B. "Die geheimnisvolle Kraft", "Die Zukunft schweigt", "Sarek", "In den Händen der Borg", "Angriffsziel Erde", "Mission ohne Gedächtnis", "Das zweite Leben", "Gestern, Heute, Morgen") und den längsten rein französischsprachigen Dialog der Star-Trek-Geschichte miterleben, auch wenn hier abermals der Widerspruch zwischen Picards französischer (Weingut, Sprache, Name) und Patrick Stewarts britischer Herkunft (Uhr mit Glockenspiel des Big Ben im Arbeitsraum, mehrere Shakespeare-Referenzen, Leidenschaft für Tee) mehr als einmal deutlich wird. Zudem gelang es Stewart auch persönliche Elemente, wie etwa seinen Enthusiasmus für Pitbulls stilvoll in seiner Serie unterzubringen.
Was allem Fanservice und aller Nostalgie jedoch entgegenwirkt bleibt der Umstand, dass Jean-Luc Picard alt geworden ist.
Er ist keineswegs mehr der energische Captain, der mal eben selbst im Alleingang eine Bande von Terroristen auf seinem Schiff ausschaltet ("In der Hand von Terroristen"), sondern ist ein gebrechlicher alter Mann, der Probleme hat Treppen zu laufen und seinen Earl Grey inzwischen entkoffeiniert trinkt.
Darin liegt aber auch der wahre nostalgische Wert der Serie: Picard mag in die Jahre gekommen sein, aber er hat sich in einer Welt, die sich radikal verändert hat, seine Ideale und Werte bewahren können, die ihn schon in TNG zu einer Lichtgestalt Star Treks gemacht hatten. Von der ungebrochenen schauspielerischen Präsenz Stewarts getragen bleibt er weiterhin ein Fels in der Brandung und moralischer Anker, auch wenn um ihn herum die Welt aus den Fugen geraten ist. Es ist ein Musterbeispiel für Science Fiction, dass die aktuelle Tagesrealität wiederspiegelt und in die Zukunft transportiert, wobei das Geniestück bleibt, dass die von den Fans in TNG liebgewonnenen und beinahe verloren geglaubten Werte der Vergangenheit in der Person Jean-Luc Picards zurück in den Fokus geholt werden, um in einer weit entfernten Zukunft längst bekannte Antworten auf die Entwicklungen unserer Tage zu geben.
Das ist ungleich mehr als Nostalgie, sondern der beste Grund diese Serie zu sehen.




Besetzung.
Nachdem die Star-Trek-Tafelrunde "Hermann Darnell" bereits im Zuge der Berlin-Premiere von "Star Trek: Picard" die Gelegenheit hatte, mit der Hauptdarstellerriege persönlich in Berührung zu kommen, mag der unverstellte Blick auf die Serie weitaus schwieriger sein. Doch man kommt nicht umhin, den Darstellern für ihre Arbeit Bestnoten zu verteilen.
Allen voran natürlich Patrick Stewart, der die Serie trotz seines stolzen Alters so gut wie allein auf seinen Schultern trägt. Gleich vom ersten Moment an dominiert er in gewohnter Manier die Mattscheibe und schlägt den Zuschauer mit seiner einzigartigen Präsenz in den Bann. Sein Alter spielt eine gewichtige Rolle innerhalb der Handlung und doch gelingt es ihm, darstellerisch einen Bruch zu TNG zu verhindern. Er mimt den legendären Star-Trek-Helden mit ungebrochener Leidenschaft, die sich über die Kamera hinaus überträgt.
Der zweite große Clou ist in meinen Augen Isa Briones. Die Darstellerin ist geschickt gecastet und schafft es, gleichermaßen jung und frisch zu wirken, als auch Erinnerungen an Datas Tochter Lal zu wecken. Die Verzweiflung Dahjs wirkt genauso überzeugend wie die Naivität ihrer Zwillingsschwester Soji und bietet somit einen Einblick in die Bandbreite der Schauspielerin.
Brent Spiners Auftritte hingegen beschränken sich eher auf Traumsequenzen, in denen Alter, schlechtsitzende Uniform und leicht befremdliche Frisuren wohl mehr Aufmerksamkeit erregen als Spiners schauspielerische Arbeit in den recht überschaubaren Szenen.
Orla Brady als Laris und Jamie McShane als Zhaban erweitern mit ihrer Darstellung das Chateau Picard um einen weiteren Behaglichkeitsmoment, während Harry Treadaway als Narek wohl vor allem dadurch auffiel, dass er mit Bart erschreckend stark an Ethan Pecks Spock in der zweiten Staffel Discovery erinnerte und mit einem für romulanische Verhältnisse zumindest recht ungewöhnlich starken britschen Akzent sprach.
Zudem gelang auch Alison Pill als nerdige Wissenschaftlerin Doktor Agnes Jurati erste Ausrufezeichen zu setzen. Vor allem ihre Mimik und die Begeisterung ihres Charakters für deren Forschungsrichtung wurden von ihr eindrucksvoll vermittelt.
Während weitere Darsteller wie die Föderationsnachrichtenreporterin Richter (Merrin Dungey) oder Dahjs kurzlebiger Freund (David Carzell) kaum genug Zeit hatten, große Ausrufezeichen zu setzen, sollte an dieser Stelle zumindest die stabile Leistung des Nummer-Eins-Pitbulls Dinero gewürdigt werden, der dafür hoffentlich den ein oder anderen Hundekuchen zugesteckt bekommen hat.





Kritikwürdige Aspekte.

Feinschliff.
Jean-Luc Picard ist zurück!
Schon allein diese Nachricht und die Menge an Nostalgiemomenten können leicht darüber hinwegtäuschen, dass handlungstechnisch noch nichts großartiges passiert ist. Es wäre in der Tat besser gewesen, die Folge zusammen mit der zweiten auszustrahlen, mit der die Vielzahl an Ereignissen der dazwischenliegenden Jahre ungleich besser verständlich gewesen wären. Hier haben aber wohl Marketing-Interessen Vorzug gegenüber dem Einfühlungsvermögen erhalten.
Die größere Rahmenhandlung der Serie ist auch keineswegs eine großartig originelle Story, sondern plätschert zunächst irgendwo zwischen River Tam (Firefly), Jason Bourne und "Blade Runner" dahin, ohne dabei gleich bahnbrechende Entwicklungen zu bieten, die den Zuschauer vom Hocker reißen würden.
Andererseits bleibt dieser erzählerische Ansatz völlig legitim, denn mit einem der bekanntesten Androiden der Filmgeschichte als Zugpferd ist es völlig nachvollziehbar, auch an ihm dieses klassische Sujet der Science-Fiction-Literatur zu bedienen, dass spätestens seit Asimov zu einer ganzen Reihe von Geschichten geführt hat, die dem Thema eine neue Facette hinzufügen konnten (z.B. "Odyssee im Weltraum", "Terminator", "A.I. - künstliche Intelligenz" oder "Ghost in the Shell").
"Picard" bleibt in diesem Zusammenhang zudem TNG treu, da die Serie redlich versucht, die Handlung in erster Linie über Dialoge voranzutreiben. Daraus ergibt sich allerdings auch, dass das Erzähltempo mitunter etwas leidet, was wiederum eher ein sehr angenehmes Gefühl vermittelt, weil es zum einen an TNG erinnert und zum anderen eine Pause von den vielen schnellen Schnitten erlaubt, die irgendwann als 'State of the Arts' für zeitgemäße Fernsehserien etabliert wurden.
Wenn dann mal die Fäuste zum Kampf erhoben werden, wirkt es allerdings stets ein wenig wie ein Fremdkörper, insbesondere, wenn diese Kampfchoreografien durch einen Dreißig-Meter-Sprung von Dahj ergänzt werden, der ein wenig zu dick aufgetragen wirkt.
Und natürlich ist die Handlung nicht frei von Aussetzern.
So mag das Interview am Anfang (so eine Art intellektuelle Version der Trappatoni-Brandrede) der Geschichte sicherlich einen Einstieg á la "Was bisher geschah" bieten können, doch die gesamte Szene wirkt inhaltlich eher plump und wenig elegant.



Aber es bleibt einer der wenigen Abstriche in der von Hanelle Culpepper ansonsten glänzend orchestrierten Episode. Sie bleibt im Grundton erstaunlich bescheiden, beweist ein Auge für besondere Einstellungen, verzichtet auf spektakuläre Effekthascherei und vor allem auch auf ungeliebte Lens Flares. Selbst die Wackelkamera - sonst eher ein bei Zuschauern unpopuläres Stilmittel - findet etwa bei Dahjs abendlicher Unterhaltung eine angemessene Anwendung.
Während der clevere Soundtrack, der die gesamte Folge stilvoll umrahmt durchaus zu überzeugen weiß, bleibt das belanglose Intro aus der Feder Jeff Russos hinter den Erwartungen weit zurück. Es weiß eher optisch zu überzeugen, als durch die etwas müde Komposition.
Als wirkliche Kritikpunkte gereichen die bislang aufgezählten Aspekte allerdings nicht, weswegen an dieser Stelle eine ganz andere Frage gestellt werden muss:
Kann man als Neueinsteiger Picard wirklich genießen?
Schließlich bleibt die Serie mit ihrer Vielzahl an zentralen Anknüpfungspunkte zu TNG, seiner sehr auf Data ausgerichteten Handlung und nicht zuletzt durch die Zentrierung auf Jean-Luc Picard wohl nur sehr schwer zu erfassen, wenn man die zweite Star-Trek-Serie und ihre Kinofilme nicht gesehen hat. "Picard" ist in vielen Aspekten vorrangig ein Geschenk für langjährige Wegbegleiter Star Treks und es wird sich zeigen müssen, ob dieses Konzept in der Lage ist, auch andere Zuschauerschichten ansprechen zu können.




Kanonbrüche und Logiklöcher.
Auch wenn Picard den Discovery-Schatten schnell abschütteln kann, bleibt der lange Arm des Vorgängers doch gegenwärtig. Während aber die Einbeziehung von Xaheanern völlig okay ist, bleibt die kontinuierliche Verwendung von Shuttles aus dem 23. Jahrhundert dann doch etwas bemüht.
Fraglos dürften Budgetentscheidungen dafür maßgeblich gewesen sein (wie auch für die Motorradhelme, die von den Tal-Shiar-Angreifern getragen werden?), aber wenn man bedenkt, dass die Einzelfolgen um ein Vielfaches teurer waren als jede Episode TNG, wünscht man sich schon irgendwie die Zeit zurück, als man zwar kostengünstigere Modelle verwendete statt moderner CGI, dafür aber auch mit einer großen Bandbreite unterschiedlicher Raumschiff-Designs belohnt wurde.
So sah die Enterprise in den späten Staffeln TNG für mich persönlich realer aus als die CGI-Version der Anfangssequenz, auch wenn mit der so einiges im Argen lag. Sah man von außen etwa drei beleuchtete Fenster, so konnte man innerhalb von Zehn Vorne ungleich mehr Fenster erblicken. Data trug eine Uniform, die eigentlich erst nach der Zerstörung dieses Schiffes Verwendung fand und Picard begann erst dann mit Besatzungsmitgliedern Poker zu spielen, als die Serie beendet wurde.
Natürlich lassen sich alle diese Umstände damit erklären, dass es sich lediglich um einen Traum Picards handelte.
So gibt es eine Vielzahl von vermeintlichen Widersprüchen, die sich am Ende doch recht gut erklären lassen.
Woher etwa Bruce Maddox von Datas Gemälde wissen konnte, kann man in "Datas Tag" erfahren, wo etabliert wird, dass der Androide in einem regen persönlichen Austausch mit dem Wissenschaftler steht.
Warum nennt der Index des Sternenflottenmuseums den Titel des Bildes erst auf Nachfrage?
Ob der Dramatik willen, natürlich.
Andere Details lassen sich jedoch weniger leicht erschließen.
Warum schleppt Dahj den armen, alten Picard ausgerechnet auf ein Dach, wo potentielle Angreifer nicht nur leichteres Spiel, sondern auch weniger Zeugen haben?
Vielleicht weil die Androidin den Gesetzen der Robotik gehorcht und so wenig Menschen wie möglich gefährden will?
Warum aber werden die Bösewichte portionsweise runtergebeamt?
Und wie kommt Picard bereits in Bedrängnis, wenn er mehrere Treppen laufen soll, nur um Augenblicke später eine Explosion  aus nächster Nähe zu überleben?
Und wo wir schon bei der Frage des Alterns sind: War nicht Admiral Leonard McCoy beim Jungfernflug der USS Enterprise-D mit 137 Jahren ähnlich fit wie sein vierzig Jahre jüngerer Kollege?
Doch all diese Kritikpunkte sind kaum ernst zu nehmende Makel.
Nur eine Frage beschäftigt mich.
Wie ist die Existenz von synthetischen Lebensformen wie jenen, die für die Auslöschung allen Lebens auf dem Mars verantwortlich waren, überhaupt möglich gewesen?
Denn erinnern wir uns; Picard gewann in "Wem gehört Data?" einen Gerichtsprozess für Data, indem er ein Horror-Zukunftsszenario entwarf, in welchem synthetische Lebensformen als Heer von Sklaven eingesetzt würde. Wie kann eine solche Zukunft doch noch eingetreten sein?
Ich hoffe inständig, dass es zu dieser Frage noch eine Auflösung geben wird.
Abseits des Kanons bedeutet die neue Serie vor allem den Tod für eine ganz andere Welt: Die der Bücher und Romane.
Großartige Reihen wie David Macks Destiny-Trilogie oder die Titan-Romane stehen mit der Aufnahme einer Handlung zwanzig Jahre nach den Ereignissen um Nemesis plötzlich vor dem Aus. Comics, in denen etwa Data im Körper B-4s wieder aufersteht, sind nun widerlegt. Ein ganzes Universum ist seit der Erstausstrahlung dieser Folge redundant geworden.
Natürlich ist es das Recht einer Serie, eine eigene Geschichte ohne Rücksicht auf die Ideen von Buchautoren zu verwirklichen und wir wissen seit TNG, dass eine solche Entwicklung nicht immer zum Nnegativen ausfallen muss.
Viele der Ideen aber hatten durchaus ihren Reiz und hätten es verdient, wenigstens durch eine Nebenerwähnung einen Anstrich von  Relevanz zu erhalten.
Aber das ist schon Meckern auf besonders hohem Niveau.




Synchronisation.
Die deutsche Fassung der Serie fühlt sich eigentlich recht gut an. Wohl vor allem, weil darauf geachtet wurde, mit Ernst Meincke und Michael Pan zwei zentrale Stimmen der Originalversion zu verpflichten und damit das Gefühl der Vertrautheit auch in die Übersetzung zu retten.
Damit gelangten aber auch altbekannte Störfaktoren zurück ins Gedächtnis, denn insbesondere das Beharren auf das Siezen stößt immer wieder negativ auf.
Ansonsten aber bietet sich der Wechsel der Tonspur durchaus an, wenn man mal von etwas sperrigen Übertragung von 'Assassine' für 'Killer' absieht.



Fazit.
Der Wert der ersten Folge von "Star Trek: Picard" mag sich weniger inhaltlich, als viel mehr emotional erschließen. Die Star-Trek-Legende Jean-Luc Picard ist wieder da und lässt die Herzen treuer Wegbegleiter mit sorgfältig inszenierten Nostalgiemomenten höher schlagen. Die Figur des Picard ist dabei nicht neu erfunden, aber der verdiente Sternenflottenadmiral im Ruhestand muss sich in einer Welt zurechtfinden, die deutlich rauer geworden ist und doch mehr denn je auf die Werte und Ideale angewiesen scheint. Ein spannender Ausgangspunkt, der optimistisch in eine ungewisse Zukunft blicken lässt.

Bewertung.
Ein vielversprechender Start.






Tafelrundenstimmungsbild.

Im Zuge unseres freitäglichen Treffens konnte ich die Meinungen von fünfundzwanzig Star-Trek-Fans einholen, die die erste Episode ebenfalls gesehen haben. Die Grundstimmung war erstaunlich positiv; niemand vergab null, einen, zwei oder drei Punkte für diese Folge. Während drei Personen vier Punkte vergaben, entschieden sich elf Personen für fünf und weitere elf sogar für sechs Punkte.




Schluss.
"Star Trek: Picard" ist ein Ausdruck einer sich wandelnden Welt, die nach Antworten auf drängende soziale Fragen sucht. Es ist dabei die Person des Jean -Luc Picard, an dem sich zeigt, dass seine Art, ein Schiff zu führen, Ereignisse zu bewerten und mit anderen Kulturen zu interagieren, von zeitloser Relevanz ist. Nicht zuletzt weil man, wenn man die Geschichte ignoriert, dazu verdammt ist, ihre Fehler zu wiederholen (z.B. dass "No Limit" noch einmal in die Charts gerät).
Das ist natürlich ohne eine gehörige TNG-Nostalgie nicht möglich.
Die Neunziger mögen vorbei sein, aber all jene, die damals sorgenfrei von der Schule nach Hause geeilt sind, um die Abenteuer Picards und seiner Crew zu verfolgen, leben mittlerweile in einer Zeit, die sich rasant gewandelt hat. Probleme wie Flüchtlingsboote im Mittelmeer, offene rassistische Ressentiments in Medien oder die weitreichenden Folgen von Terrorangriffen lassen viele Menschen ratlos zurück.
Doch die Antworten auf viele dieser Fragen hat es schon damals gegeben und sie haben nichts von ihrer Aktualität eingebüßt.


Denkwürdige Zitate.

"Wieso schinden Sie Zeit, Captain?"
"Weil ich nicht will, dass das Spiel endet."
Data und Jean-Luc Picard

"Haben Sie Albträume?"
"Nein, ich habe schöne Träume. Es ist das Aufwachen, das mir zunehmend schwer fällt."
Laris und Picard

"Seien Sie der Captain, wie wir ihn kennen."
Zhaban

"Nun ich war wohl schon immer recht überzeugend und der Föderation war klar, dass Millionen von Leben auf dem Spiel standen."
"...Romulanische Leben..."
"Nein! Leben."
Picard und seine Interviewpartnerin

"Und Sie meine Teure wissen nicht einmal, was Dünkirchen ist, nicht wahr? Geschichte ist Ihnen fremd. Der Krieg ist Ihnen fremd. Sie machen nur eine Handbewegung und schon ist es weg! Aber für jene, die gestorben sind, ist es nicht so einfach. Und für jene, die zurückgelassen wurden, war es das auch nicht. Wir sind hier fertig."
Picard

"Aber wäre es nicht möglich einen Androiden zu entwickeln, der vollständig menschlich wirkt?"
"Die Kurzfassung lautet: Nein."
"Ich höre mir gern die lange an..."
"Die wär trotzdem 'nein'."
Picard und Dr. Agnes Jurati

Weiterführende Leseliste.

01. Rezension zu "Gedenken"
02. Rezension zu "Karten und Legenden"
03. Rezension zu "Das Ende ist der Anfang"
04. Rezension zu "Unbedingte Offenheit"
05. Rezension zu "Keine Gnade"
06. Rezension zu "Die geheimnisvolle Box"
07. Rezension zu "Nepenthe"
08. Rezension zu "Bruchstücke"
09. Rezension zu "Et in Arcadia Ego, Teil Eins"
10. Rezension zu "Et In Arcadia Ego, Teil Zwei"