"
Star Trek: Discovery" ist gekommen, um zu bleiben.
Nachdem bereits bekannt wurde, dass die Serie bis mindestens 2027 fest
im CBS-Produktionsplan verankert ist, folgten dieser Absichtserklärung nun Taten: Während die dritte Staffel gerade einmal mit der Ausstrahlung begonnen hat, startet auch schon ganz
offiziell die Produktionsphase der vierten Season.
Dabei sind die Zeiten alles andere als günstig. Zwar sind
die Corona-Fallzahlen im kanadischen Drehort Toronto bedeutend niedriger als in den meisten deutschen Metropolen, aber dennoch müssen Autoren, Designer und Komponisten getrennt voneinander im Homeoffice an der kommenden Staffel feilen.
Sicherlich kommt ihnen zugute, dass sie mit diesen erschwerten Bedingungen bereits hinlänglich vertraut sind, aber dennoch wird das Abdrehen, das im letzten Jahr noch unmittelbar vor dem Ausbruch beendet werden konnte, völlig neue Herausforderungen mit sich bringen. Nicht nur, dass sich die Darsteller in Quarantäne begeben und mehrfach pro Woche Tests über sich ergehen lassen müssen; viele der Sets werden von nun an eher am Computer erzeugt werden, um das Risiko für alle Beteiligten möglichst gering zu halten.
Doch ist dieser Aufwand die Mühe wert?
Um an die verschütteten Erinnerungen des verstorbenen Admirals
Senna Tal zu gelangen, sieht
Adira nur eine Chance: Sie muss zum Planeten
Trill gelangen, um dort ihrem
Symbionten die Möglichkeit geben zu können, den gordischen Gedächtnisknoten platzen zu lassen.
Zu ihrem Glück kann sie dabei auf die Hilfe der Besatzung der
USS Discovery hoffen, deren
Sporenantrieb es ihr ermöglicht, die Grenzen der intergalaktischen Mobilität zu überwinden. So findet sie sich zusammen mit
Michael Burnham nur wenig später tatsächlich auf der Oberfläche des idyllischen Planeten wieder. Doch der offenherzige Empfang schlägt schnell in Ablehnung um: Als Mensch wird ihr weder das Recht gewährt, einen Trill-Symbionten zu tragen, noch eine der heiligen Brutstätten der Spezies aufzusuchen.
So werden sie zum Spielball unterschiedlicher Interessen und finden sich am Ende allen Widerständen zum Trotz in den
Höhlen von Mak'ala wieder, wo sich Adira ihrer eigenen, mit unangenehmen Erinnerungen verbundenen Vergangenheit stellen muss...
Lobenswerte Aspekte.
Folgenanlage. Zu meiner eigenen Überraschung starte ich diese Rezension mit diesem Abschnitt an genau dieser Stelle, was nicht zuletzt deshalb recht außergewöhnlich anmutet, weil dieser Punkt in vergangenen Rezensionen leider viel zu oft unter "
Kritikwürdige Aspekte" einsortiert werden musste.
Nun aber gibt es einen erstaunlichen Wechsel.
"
Vergiss mich nicht" verfügt über ein unbestreitbares Star-Trek-Feeling, transportiert offenkundig Hoffnung und zeigt sich trotz der düsteren Zukunft nur wenig dystopisch.
Doch damit nicht genug!
Sie nimmt sich ausgiebig Zeit ihre beiden Geschichten zu erzählen, trägt beinahe einen Einzelepisodencharakter und widmet sich in diesem Rahmen auch nur einem "
Planet der Woche". Und das ist einer, der für Star-Trek-Fans und Wellensittichhalter gleichermaßen einen ganz besonderen Klang hat: Trill!
Die paradiesische Welt ist zwar mit dem altbekannten
kanadischem Nadelbaumwald (
Island scheint aufgrund seines rauen Wetters eher die Kulisse für Orte außerhalb von Recht und Ordnung zu bieten), aber zeitgleich auch mit einer dezent aufpolierten Version der Höhlen von Mak'ala gesegnet. Im Gegensatz zum zurückliegenden Blitzbesuch auf Erden ist es der Handlung sogar vergönnt, sich zumindest teilweise auf der Oberfläche dieser Welt auszutoben.
Diese exotische Außenmission bleibt dabei allerdings nicht das einzige Thema der Folge. Auf der Suche nach der verlorenen
Föderation findet die Besatzung auch den verschollenen Teamgeist wieder, den sie zuvor bei der Reise durch das Wurmloch unachtsam in einer Schublade vergessen hatte und weckt mit nicht immer harmonischen, aber dafür stets eindringlichen Einblicken ins Besatzungsleben ein Wir-Gefühl, das es so selbst in der vorherigen Staffel in dieser Form nicht zu sehen gab.
Dieses Star-Trek-Grundrezept entfaltet unweigerlich seine volle Wirkung und findet in den Domänen anderer Schwesterserien weiteren Nährboden.
So verbindet "
Vergiss mich nicht" die Story bereits recht früh im Staffelverlauf mit der künstlichen Intelligenz namens "
Zora", die bereits im
Short Trek "
Calypso" ihren langen Schatten voraus geworfen hatte und früher oder später ohnehin Einzug ins Geschehen gehalten hätte. Die Verbindung mit der
Sphäre wahrt zudem die Tuchfühlung mit der letzten Staffel, die ansonsten nach nur vier Folgen bereits Jahrtausende entfernt scheint.
Dieser muntere Reigen an Querbezügen lässt sich problemlos weiterspinnen. Die gemeinsame
Filmnacht mit lizenzfreien Schwarz-Weiß-Klassikern gab es schon bei "
Star Trek: Enterprise", einen femininen
Schiffscomputer mit eigener Persönlichkeit oder grellbunte Kostüme von Eingeborenen sah man schon in der
Originalserie und die Idee, dass die Kombination von Außenweltlern mit Trill-Symbionten eine problematische Historie bietet, spielt der
TNG-Folge "
Odan, der Sonderbotschafter" (mit ihrem von den späteren
Trill abweichenden Makeup) in die Hände. Am offensichtlichsten aber kuschelt sich die Folge an "
Star Trek: Deep Space Nine" an. Nicht nur, dass man der Serie zunehmend den Status einer "
Weltraumseifenoper" streitig macht (ich möchte an dieser Stelle als Unterscheidungsmöglichkeit die Verwendung des ähnlichen Begriffes '
Weltraumtelenovela' für "
Discovery" empfehlen); sie bedient sich auch unverblümt an jener Trill-Darstellung, die dort im Lauf von sieben Staffeln Maßstäbe gesetzt hat.
Dass die Folge in diesem Zusammenhang viel Wert darauf legt, sich an Vorbildern zu orientieren, ohne sich wie in einer Second-Hand-Grabbelkiste zu bedienen, bestätigt einen weiteren Aufwärtstrend der letzten Folgen.
Zumal das beinahe gemächliche Erzähltempo oasenhaft eine Rast in dieser hektischen Zukunft ermöglicht und von den Autoren nicht mutwillig unterbrochen wird: Selbst als sich Michael Burnham die Möglichkeit bietet, ihre
Suus-Mahna-Fähigkeiten in einer aufwändigen Zweikampfchoreografie auch auf dem Planeten Trill unter Beweis zu stellen, wird der Prozess frei nach dem Motto "
Have Phaser, Will Travel" auf angenehme Weise abgekürzt.
Hinzu kommt, dass gesunder Menschenverstand ebenso Einzug in die Serie zu halten beginnt.
Sarus weitsichtige Idee etwa, eine Alternative zu
Stamets' Alleinvertretungsanspruch bei der Benutzung des Pilzantriebs zu finden, war seit zwei Staffeln überfällig (auch wenn '
dunkle Materie' als Zaubermittel mittlerweile einen Status übernommen zu haben scheint, der
Midi-Chlorianern in einer
anderen großen Science-Fiction-Franchise nahekommt).
Wirklich neu und bemerkenswert bleibt die Art und Weise, mit der "
Discovery" heiße Eisen händelt und dem Zuschauer nahebringt, was man hier am Beispiel des historischen Transgender-Einbezugs besonders gut sehen kann. Der kleine, aber feine Unterschied zu vorangegangenen 'Skandalfolgen' ist nämlich nahezu revolutionär: Während gesellschaftspolitische Themen wie der
erste Kuss zwischen Menschen mit schwarzer und weißer Hautfarbe ebenso wie der
Kuss zwischen zwei Frauen optisch und thematisch zu einem Höhepunkt stilisiert wurden, auf den die Episoden zugeschnitten wurden, erfolgt der - übrigens ebenfalls erstaunlich durchdachte - Einbezug von
Gray ohne Schlaglicht und Trommelwirbel, sondern wird als ganz normaler Teil des ganz normalen Lebens eingebunden. Es präsentiert sich als Aspekt des Alltags in einer lebenswerten Zukunft, ohne dass man den damit einhergehenden Ballast unserer Gegenwart (in Form von Hasskommentaren u.ä.) erahnen könnte.
Als wäre das noch nicht tagesaktuell genug, treibt der Isolationismus auch auf Trill sein Unwesen und hat die einst so liberale Spezies in Befürworter von Rassentrennung und religiösem Chauvinismus werden lassen. Die Bezüge auf die heutige Welt und vor allem die innere Zerrissenheit Amerikas sind dabei so deutlich, dass es schon einer aktiver Realitätsverweigerung bedarf, um diesen Seitenhieb nicht als Kritik an den Zuständen in den
USA zu interpretieren.
Sicherlich wäre auf erzählerischer Ebene eine andere Position reizvoller gewesen. Was etwa wäre geschehen, wenn sich am Ende mal nicht alle Beteiligten als so einsichtig und harmoniebereit entpuppen würden wie in bislang noch jeder Episode dieser recht jungen Staffel?
Was wäre, wenn ein planetarer Vertreter dem persönlichen Vorteil und dem eigenen Ego zuliebe der Discovery seine kalte Schulter zeigt?
Auf diesen Winkelzug wartet der Zuschauer noch vergebens, denn bis dato endet jede Folge mit neuen potentiellen Verbündeten, deren Idealismus trotz herber Rückschläge schnell wieder entflammt wird.
Ähnlich seicht fällt auch das recht Kitsch-beladene Teenager-Liebesdrama zwischen den Waisenkindern (!) Adira und Grey aus, das in einem Finale gipfelt, das griechische Tragödien im direkten Vergleich zu bloßem Hausflurtratsch degradiert. Aber auch wenn es für mein ganz persönliches Empfinden ziemlich dick aufgetragen war, hat es dennoch seine Daseinsberechtigung, denn am Ende des Tages bleibt sie im Vergleich zu
Kirks kurzlebiger Beziehung zu
Miramanee,
Datas Techtelmechtel mit
Tasha Yar oder
Deanna Trois folgenloser Affäre mit
Worf noch immer vergleichsweise glaubwürdig.
Besetzung.Nachdem die letzten paar Episoden in punkto Besetzung sehr unterschiedlich gewichtet waren, kehrt diese Folge zu einem altbekannten Mantra zurück. Es stellt abermals Michael Burnham (
Sonequa Martin-Green) mit aller Macht in den Mittelpunkt.
Das geschieht streckenweise jedoch unter Zuhilfenahme von äußerst fragwürdigen Mitteln: Zuerst wird ihr die Teilnahme an der Außenmission auf Trill übergestülpt und dann obliegt es ihr allein ins kalte Trill-Wasser zu springen und Adira zu retten - weil die Wächter der Höhlen von Mak'ala gerade ihren Rettungsschwimmernachweis zuhause vergessen haben oder der Praktikant die überstrapazierten Buttermilchfilter immer erst
Dienstags reinigt. Wieder einmal wird durch diesen ständigen Fokus auf Burnham die Idee, die gesamte Besatzung mit ins Serien-Boot zu holen
ad absurdum geführt, denn es hätte keinen großen Unterschied gemacht, wenn
Hugh Culber, Saru oder gar
Linus an ihrer statt auf die Planetenoberfläche gelangt wäre. Im Gegenteil - als Anfeindungsadressat hätte sich Burnham bei Sarus
Thanksgiving-Dinner deutlich besser geeignet als Stamets. Doch vielleicht wollte man auf diese Weise weitere Krokodilstränen verhindern, denn es bleibt bemerkenswert, wie sympathisch ihr Charakter wirkt, wenn sie häufiger lächelt und auf das Weinen verzichtet.
Während Burnham also ein weiteres Mal nicht von der Pole Position zu verdrängen ist, schicken sich gleich zwei Neueinsteiger an, die beiden Plätze kurz dahinter unter sich auszumachen.
Sowohl Adira (
Blu del Barrio) als auch Grey Tal (
Ian Alexander) verlieren sich vielleicht ein wenig zu sehr in einer erschreckend harmlosen Pubertäts-Romanze (Adira dürfte zu diesem Zeitpunkt vierzehn gewesen sein), aber beiden Darstellern gelingt es, ihre Rollen überzeugend umzusetzen. Beide meistern die Sprünge zwischen Realität und Erinnerung, ohne dass es zu nennenswerten Brüchen kommt. Die finale Idee, Adira als Crewmitglied mit einem heißen Draht zur Technologie von gestern als auch morgen einzuführen und ihr einen Vorwirt und Ex-Liebhaber beratend zur Seite zu stellen, ist im Hinblick auf Vorbilder wie
Ezri Dax und
Joran oder
Luke Skywalker und
Obi-Wan Kenobi durchaus nachvollziehbar und birgt auf jeden Fall einiges Potential für künftige Episoden.
Hinter diesen drei absoluten Gewinnern der Folge kommt abermals - in einem gebührenden Abstand - die Crew zu Wort.
Saru (
Doug Jones) spielt bestenfalls zweite Geige und misst sich noch immer mit
Christopher Pike - so sehr, dass sein eigener Führungsstil darunter zu leiden beginnt. Sein Plan zur Crewzusammenführung scheitert mit Bravour und ihm kommt in dieser Folge eine erstaunlich passive Rolle zu: Sowohl beim gemeinsamen Abendmahl, der Übernahme des Schiffscomputers durch die Sphäre und dem unautorisierten Filmabend im Shuttlehangar versäumt er es, aktiv einzugreifen. Die ihm von
Tilly angedichtete "
Führungsqualität" lässt in dieser Folge jedenfalls noch eine Menge Luft nach oben.
Sylvia Tilly (
May Wiseman) unterstreicht ihre Relevanz innerhalb des komplizierten Mannschaftskollektivs, indem sie eine neue Aufgabe erhält und die Moral in Burnhams Abwesenheit aufrecht erhält. Dafür rutscht sie aber auch wieder in die Fäkalsprache hinab und liefert den Startpunkt für den Moment, ab dem das gemeinschaftliche Fastenbrechen aus dem Ruder läuft.
Ähnlich zwiespältig verhält es sich mit Paul Stamets (
Anthony Rapp). Einerseits streitet er sich rücksichtslos, nur um sich wieder versöhnlich zu zeigen. Er gibt sich ablehnend, nur um wenig später erstaunlich offen für Neues zu sein. Und er wirkt egoistisch, ohne die Interessen der anderen aus den Augen zu verlieren.
Kurzum: Stamets ist wieder der alte ambivalente Charakter, auf den vor allem Tilly mäßigend einzuwirken versteht. Allerdings wäre es für seinen schweren Streit bedeutend günstiger gewesen, wenn man ihm und
Keyla Detmer (
Emily Coutts) zuvor ein wenig Grundlage oder zumindest irgendeine Form der vorherigen Interaktion geboten hätte, denn zwei Personen derart persönlich miteinander zanken zu sehen, ohne dass sie im Vorfeld von zwei Staffeln auch nur ein Wort gewechselt hätten, wirkte doch ein wenig weit hergeholt.
Auch
Philippa Georgiou (
Michelle Yeoh) ist ohne die Chance an Prügeleien teilzuhaben auf den Posten des bloßen Sprücheklopfers herabgesunken, während
Rachael Ancheril trotz ihrer Nennung im Vorspann mit ihrem Dialoganteil in einer Liga mit
Patrick Kwok-Choon,
Oyin Oladejo,
Ronnie Rowe jr.,
Sara Mitich,
Raven Dauda oder
David Benjamin Tomlinson spielt.
Tig Notaro taucht sogar überhaupt nicht auf.
Das einzige Crewmitglied der Discovery, dass es versteht, einige spektakuläre Ausrufezeichen zu setzen, bleibt Hugh Culber. So darf er mit seinem Logbuch gar die ganze Folge einführen, den Zuschauer unter seine Fittiche nehmen und bewegt sich endlich einmal wie ein echter Hauptcharakter durch die Episode. Er macht seine Sache ausgesprochen gut und besetzt ohne es zu ahnen die Rolle eines
Counselors.
Der Vollständigkeit halber gilt es ebenfalls, auch die Trill-Charaktere dieser Episode zu erwähnen. Allerdings bleiben sie durch die Bank weg merkwürdig eindimensional und werden von den Ereignissen der Episode förmlich überrumpelt. Zumeist sind sie Statisten, Modeopfer oder Sparingspartner mit ein wenig Text, die allesamt dazu dienen, die Hauptcharaktere in ein besseres Licht zu rücken. Das ist besonders im Hinblick auf die
Wächter bedauernswert, die in DS9 als verschrobene, aber hilfreiche Hüter der Symbionten inszeniert wurden und nun plötzlich tatenlos dabei zusehen, wie eine wildfremde Person mit dreckigen Schuhen in einen ihrer heiligen Tümpel springt. Dass der hadernde Höhlenhausmeister sogar darauf verzichtet, selbst miteinzutauchen, um der Außenstehenden die verwirrende Symbolik zu erklären, die ihm geläufiger sein dürfte als einer Frau aus dem dreiundzwanzigsten Jahrhundert, unterstreicht nur umso mehr, dass es sich bei Xi, Pav und Vos weniger um Rollen, als viel mehr um Staffage handelte.
Kritikwürdige Aspekte.Kanonbrüche und Logiklöcher. "
Discovery" wäre nicht "
Discovery", wenn es nicht das letzte Stück Sorgfalt vermissen lassen würde, was Kanontauglichkeit und interne Logik angeht.
Wobei ich an dieser Stelle den ein oder anderen eventuell unnötigen Vorwurf wenigstens ein wenig relativieren will:
Natürlich drängt sich der Verdacht auf, dass Adira und Burnham anstatt sich hinunterzubeamen vorrangig deshalb mit einem Shuttle geflogen sind, um den Drehbuchautoren die Möglichkeit zu bieten, einen Hinterhalt einbauen zu können. Tatsächlich aber wurden in "
Odan der Sonderbotschafter" schwerwiegende Probleme beschrieben, die Symbionten bei einem Transportereinsatz entstehen könnten. Da der Wirt in dieser Episode temporär auf
William Riker überging und auch
Odan und
Kareel selbst nicht unbedingt wie Trill aussahen, sind ähnliche Probleme vor allem bei Nicht-Trill durchaus denkbar. Insbesondere mit den veralteten Transportersystemen der USS Discovery könnte es zu Komplikationen kommen, die Culber bei der Vorbereitung der eigentlich ihm aufgetragenen Außenmission berücksichtigt haben könnte.
Aber Adira hat bereits in der letzten Episode keine Scheu gezeigt, die (ungleich moderneren) Transporter der Erde zu nutzen und es bleibt abzuwarten, ob dieser vermeintlich gute Ansatz im Verlauf der nächsten Episoden nicht doch als typische Gedankenlosigkeit der Autoren gewertet werden muss.
Ähnlich verhält es sich mit der Behauptung, dass es seit 2.000 Jahren keine erfolgreiche Verbindung mit einem Symbionten und einem Außenweltler gegeben hätte. Zwar sind die Ereignisse der eingangs erwähnten TNG-Episode erst achthundertzweiundzwanzig Jahre her, doch die dortigen Ereignisse als "
erfolgreiche Vereinigung" zu bezeichnen, wäre wohl in der Tat ein wenig weit hergeholt. Andererseits ähneln weder Odan noch Kareel (wie bereits angedeutet) jenen Trill, wie wir sie in dieser Episode zu Gesicht bekommen.
Aber es gibt auch weitere, schwerwiegendere Anzeichen, dass die Autoren ausgerechnet beim Herzstück der Episode - den Trill und ihrer Kultur - gleichermaßen Akribie und Schlendrian walten ließen.
So sieht man gegen Ende der Trillbadszene alle sechs vorherigen Wirte des
Tal-Symbionten einen spontanen Therapiekreis bilden. Unter ihnen ein Captain in der Uniform, die in "
Star Trek: Picard" (ab 2399) Verwendung findet. Rechnet man Grey Tal aufgrund seiner nur kurzen Amtszeit einmal heraus und berücksichtigt, dass Senna bereits zwei Jahren vor Folgenbeginn verstorben ist, so ergibt dies in den siebenhundertachtundachtzig Jahren dazwischen eine durchschnittliche Lebensdauer von etwa einhundertachtundfünfzig Jahren pro Symbiont. Das ist eine Menge
Holz, denn das hohe Alter Sennas suggeriert im Umkehrschluss, dass der Großteil der anderen Wirte recht jung aus dem Leben geschieden sein dürfte. Schade, denn mit ein oder zwei zusätzlichen Statisten hätte man diese Diskrepanz leichter überbrücken können.
Am meisten stört mich jedoch, wie sehr der "
Brand" so viele Trill auf dem kalten Fuß erwischt haben soll. Wie kann es sein, dass die Gesellschaft gar kurz vor dem '
Kollaps' steht?
Eine der Grunderkenntnisse der DS9-Episode "
Das Equilibrium" - die die Autoren definitiv gesehen haben müssen um sich auf diese Art mit Trill auseinanderzusetzen - ist, dass viel mehr Bewohner des Planeten in der Lage sind, Symbionten aufzunehmen als es Symbionten gibt. Die Aussage, dass es nicht genügend geeignete Wirte gäbe, ist also schlichtweg falsch und sollte den herrschenden Schichten des Planeten wenigstens dann wieder in den Sinn kommen, wenn ihre eigene Gesellschaftsordnung Auflösungserscheinungen zu zeigen beginnt.
Das Ärgerliche daran bleibt aber, dass man das mit einem Nebensatz hätte aufklären können. So wäre zum Beispiel ein Virus unter den Symbionten kurz nach dem "
Brand" für eine plötzlich isolierte Welt ohne die Möglichkeit Hilfe zu holen, in der Tat ein traumatisierendes, globales Ereignis gewesen und hätte den Handlungen der Willkommensdelegation sogar mehr Hintergrund, Tiefe und Dramatik verliehen.
So aber hinterlässt die Folge den Zuschauer mit dem etwas schalen Gefühl, dass man sich beim Umgang mit dem Kanon vorrangig die Rosinen herauspickt, ohne sonderlich darauf Acht zu geben, nicht weitere Widersprüche zu fabrizieren.
Wo Hugh Culber mehr Platz bekommt, kann man auch mehr von
Benjamin Stöwe hören. Obwohl ich normalerweise eher ein Anhänger der originalen Tonspur bin, war ich erstaunt, wie untrennbar beides mittlerweile miteinander verbunden ist und wie sehr Culber von Stöwes Stimme profitiert.
Daneben gibt es abermals einen gelungenen, situationsbedingten Wechsel zwischen Duzen und Siezen, auch wenn letztere Form an Bord des Schiffes stets die Oberhand zu behalten scheint und noch immer einige Situationen (wie z.B. den Streit) durch unangemessene Förmlichkeit ein wenig entrückt.
Auch einige andere Aspekte wie der wohlklingende britische Dialekt des veränderten Schiffscomputers geht leider verloren und die Übertragung der
Haiku-Reime ins Deutsche muss man gar als Ausfall werten.
"Vergiss mich nicht" ist der bisherige Höhepunkt der Staffel. Die Episode nimmt sich einfühlsam der Trill an, glänzt durch einen für Discovery-Verhältnisse bemerkenswert durchdachten Aufbau und spiegelt sogar ein Stückweit die Zeichen der Zeit wieder. Sie nimmt sich ausgiebig Zeit zum Erzählen, führt Star Treks ersten Transgender-Charakter ein und macht eindeutig Lust auf mehr.
Auf der anderen Seite krankt die Folge aber auch an altbekannten Makeln: Sie bietet nur schwache Antagonisten, lässt abermals die Gewissenhaftigkeit beim Umgang mit dem Kanon vermissen und ist so sehr auf Michael Burnham zugeschnitten, dass die Glaubwürdigkeit darunter zu leiden beginnt.
Bewertung.Eigentlich viereinhalb.
Schluss. Das Jahr 2020 mag ein denkbar schlechtes Jahr gewesen sein. Zwischen Corona, den Rassenunruhen in den USA oder dem Tod von Persönlichkeiten wie
Albert Uderzo,
Ennio Morricone oder
Sean Connery wird es den Zeitgenossen als eines der schrecklichsten Jahre ihres Lebens in Erinnerung bleiben.
Umso erstaunlicher, wie lohnenswert das Jahr für Star-Trek-Fans blieb, denn in diesen düsteren Zeitraum erschienen mit "
Star Trek: Picard" und "
Star Trek: Lower Decks" zwei sehenswerte neue Serien. Und als wäre das nicht bereits mehr als in den Dürrezeiten zuvor, krönt "
Star Trek: Discovery" dieses erste Jahr in der Geschichte der Franchise, in denen drei unterschiedliche Serien laufen.
Dabei kommt diesen Serien in diesem Jahr eine ganz besondere Bedeutung zu.
Denn während sich die Welt um uns herum am Abgrund dreht und sich auf schwindelerregende Weise mehr und mehr unserer Kontrolle entzieht, bietet Star Trek in mannigfaltiger Form ein vertrautes Rückzugsgebiet, in dessen Sphären man dem Alltag für ein paar Augenblicke entfliehen kann. Zweifelsfrei kann man darüber inhaltlich schimpfen und streiten, aber es bleibt wohl unbestritten, dass dieses schwierige Jahr noch unerträglicher wäre, wenn es gar kein Star Trek gäbe.
Denkwürdige Zitate."
Fünf Worte lassen alle weitermachen: 'Wenn wir die Föderation finden'."
Hugh Culber
"
Hören Sie zu: Hier geht es nicht darum, ob Wissenschaft 'cool' ist. Hier geht es um das Leben von jedem Wesen und jeder Person. Ich weiß, Sie meinen es gut, aber bitte verschwenden Sie nicht weiter meine Zeit."
Paul Stamets
"
Der Tiger in mir weiß Ihre Sorge zu schätzen, Doktor."
Saru
"
Profitieren würde die Crew von: Bewegung. Meditation. Weniger Pflichten..."
"
Abgesehen von den Standard-Parametern."
"
Yoga. Hyperbare Kammer. Therapeutische Malbücher. Interstellares Shopping."
der Schiffscomputer und Saru
"
Wenigstens war der Wein gut."
Philippa Georgiou
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