Eigentlich hat ja niemand mehr damit gerechnet, dass das nicht mehr all zu ferne Star-Trek-Jubiläumsjahr 2016 für den gemeinen Fan allzu viel zu bieten haben würde. Gut, Paramount wirft natürlich den dritten Reboot-Kinofilm "Star Trek Beyond" (ohne J.J. Abrams, aber von Simon Pegg geschrieben) ins Rennen, der die Scharen von Trekkies in die Kinos locken soll (die Tafelrunde berichtete). Erst im November erhielt die Anhängerschaft aber zusätzlich die längst überfällige Nachricht, dass auch der andere Rechteinhaber CBS die Franchise wieder in Serienform (unter der Oberaufsicht Alex Kurtzmans) auf die Mattscheibe zurückbringen würde (die Tafelrunde berichtete ebenfalls).
Und doch gab es nicht wenige Fans, die sich auf keines der beiden angekündigten Ereignisse sonderlich freuten. Zu tief saß die Enttäuschung, die der philosophisch und intellektuell auf Sparflamme gehaltene Reboot in der Seele vieler eingefleischter Anhänger hinterlassen hatte. Nicht wenige von ihnen suchten Trost in 'inoffiziellen' Produktionen wie "Renegades", "New Voyages" oder heimischen Produktionen wie die der USS K'Ehleyr, um ihre Vision Star Treks zu sehen. Nicht ganz von ungefähr schrieb das Internetportal io9 unlängst vom "Goldenen Zeitalter der Star-Trek-Fanfilmproduktionen", da sich – im Gegensatz etwa zu Star Wars – in den letzten zehn Jahren eine breite, vielfältige und spannende Landschaft entwickelt hat, in der jeder Fananspruch problemlos 'seine' Nische finden konnte.
Doch nun, kurz nach Weihnachten, holen die eigentlich heillos verstrittenen Copyright-Eigentümer Paramount (für Filme) und CBS (für Serien) zu einem erschreckend einträchtigen, gemeinsamen Schlag aus, um dem vielversprechendsten Projekt juristisch den Garaus zu machen:
Wie konnte das geschehen?
Das Problem an Axanar ist wohl vor allem seine Professionalität: Angefangen über die Darstellerriege aus verdienten Franchise-Veteranen wie Tony Todd, J.G. Hertzler oder Gary Graham bis hin zu einer Optik, die diesen Fan-Film kaum noch von einem High-Budget-Film unterscheiden lässt, verdiente sich 'Axanar' das Interesse redlich, das ihm über Star-Trek-Fankreise hinaus zugute kam. Wie man bereits in seinem Opener "Prelude to Axanar" erahnen konnte, bot er gepaart mit dem Versprechen einer anspruchsvollen Prequel-Erzählung vielen Fans mehr als die 'offiziellen' Produktionen einen Grund, sich auf das Jubiläumsjahr zu freuen.
Genau dort liegt aber der Haken, denn mit diesem Qualitätsanspruch gefährden die Fanfilmer die Star-Trek-Jubiläums-Projekte von Paramount und CBS, die in der massiv von Fans unterstützten und sogar finanzierten Produktion einen gemeinsamen Feind ausmachen. Wahrscheinlich wähnten sich die Verantwortlichen in der Pflicht, einen lästigen Konkurrenten auszuschalten, der durch die eigenen Pläne zu einem kostenlos abrufbaren Youtube-Video in einem Gegensatz zu den Plänen steht, Kinogänger zu Erwerb einer Eintrittskarte zu bewegen oder Serienjunkies zur Anmeldung in einem neu begründeten Online-Bezahl-Fernsehdienst zu drängen.
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Auf solche Weise mögen sich die Beweggründe der Verantwortlichen zwar interpretieren lassen, doch letztendlich liest es sich völlig anders. Den beiden rechtsstreitsüchtigen Unternehmen droht ein unnötiger Streit mit den eigenen Fans, der sich auch nachteilig auf die eigenen Einspielergebnisse auswirken dürfte. Um der einseitigen Sichtweise von CBS und Paramount einmal etwas entgegenzusetzen, hat die Star-Trek-Tafelrunde "Hermann Darnell" Potsdam-Babelsberg fünf gute Gründe zusammengetragen, warum es ein Fehler ist, "Axanar" den Boden unter den Füßen fortzureißen.
#1. Paramount und CBS stoßen einer Menge Fans vor den Kopf. Die große Aufmerksamkeit, die "Axanar" zuteil wurde und schließlich auch zum Gerichtsstreit führte, zeigt vor allem, dass seitens der Fangemeinschaft ein großes Interesse an das Projekt gekoppelt ist. Schon allein all jenen Spendern in die Suppe zu spucken, die so sehr vom Konzept überzeugt waren, dass sie gemeinsam über eine Million Dollar zusammentrugen, dürfte sich nicht unbedingt positiv auf die Verkaufzahlen für Online-TV-Abos oder Kinokarten auswirken. Doch nicht nur die werden sich verraten fühlen: Auch viele Sympathisanten, Fanfilmanhänger und alteingesessenen Fans wird dieser Schritt nicht gefallen, der darüber hinaus auch unangenehme Erinnerungen ans George Lucas' Umgang mit Star-Wars-Fan-Publikationen wachruft.
#2. Absage an die eigene Qualität. Wenn man einen qualitativ vergleichsweise hochwertigen Konkurrenten ausradiert, um die eigenen Produktionen zu schützen, so erscheint dies immer auch wie eine Absage an jene Qualitätsvorstellungen, die mit dieser Konkurrenz verbunden sind. Wollen uns CBS und Paramount mit ihrem juristischen Winkelzug etwa zu verstehen geben, dass es um ihre eigenen Unternehmungen in puncto Niveau so schlecht bestellt ist, dass sie den direkten Vergleich scheuen und den einzigen Ausweg in der Eliminierung eines Fanfilms suchen müssen?
#3. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. Nachdem die bislang letzte Star-Trek-Serie "Enterprise" so gnadenlos nach vier Staffeln floppte und weder Paramount noch CBS den Mut aufbrachten, die am Boden liegende Franchise mit neuem Leben zu erfüllen, waren es Fanfilme, die die Anhängerschaft über die Durststrecke verhalfen und damit das Interesse am Leben hielten. Dem früheren Zugpferd nach jahrelangem Dienst nun so unbarmherzig den Kopf abzuschlagen, wirkt nicht von ungefähr recht undankbar.
#4. Wo hört das auf? Vor allem senden CBS und Paramount ein ungünstiges Signal an andere Fanfilm-Produktionen die nach diesem Schritt nicht ganz zu Unrecht um ihre eigene Existenz fürchten müssen. Es mutet nicht nur wie die Absage an eine vielfältige Fanfilm-Landschaft an, sondern auch wie eine Negation des Engagements der Fans, des toleranten Grundgedankens einer ganzen Franchise und die Eingenverantwortlichkeit der Zuschauer, die mit ihrer sechsstelligen Spende deutlich zum Ausdruck gebracht haben, was ihnen an Star Trek so unterstützenswert erscheint.
#5. Fanproteste sind eine Star-Trek-Tradition! Durch Fan-Proteste gelang es bereits der Originalserie, eine zweite und schließlich sogar dritte Staffel zu erhalten. Durch Fan-Aktionen erhielt das Space-Shuttle Enterprise seinen schillernden Namen. Und es waren die über das Internet getragenen Missmutsäußerungen der Fans, die das Ende für die bislang letzte Star-Trek-Serie "Enterprise" miteinläuteten.
Trekkies gehören zu den am besten organisierten Fans des Planeten und haben es wie keine andere Gemeinschaft verstanden, eine unbarmherzige Beschwerde-Kultur zu entwickeln. Wenn es gelingt, diesen Fokus auf die juristischen Bemühungen Paramounts und CBS' zu richten, kann auch deren unsinnigen Feldzug gegen "Axanar" ein Ende gesetzt werden; von Fans, für Fans.
Es ist daher an der Zeit, CBS und Paramount wissen zu lassen, was die Fans von ihren Markenschutzbemühungen halten. Doch es geht um noch viel mehr als das.
Es geht auch darum, ihnen zu zeigen, was Star Trek wirklich ausmacht:
Der Einbezug von Philosophie, Science und Anspruch in Film und Serie, den Erhalt der Vielfalt und das Engagement seiner Fans und die Macht jener, die das 'Produkt' dieser Firmen letztendlich erwerben. Im Endeffekt sind schließlich wir es, die ebenso kostenlose Youtube-Videos schauen wie teuer Kinokarten und Online-Abonnement kaufen und vielleicht sollte man die beiden Unternehmen dieser Tage einmal deutlich an diese Tatsache deutlich erinnern.