Mittwoch, 9. Oktober 2019

Eaglemoss Nr.117: Ferengi-Piratenschiff

 

Einleitung

Im 22. Jahrhundert ist das Volk der profitgierigen Ferengi noch nicht so stark in der Galaxie präsent, wie es in zweihundert Jahren der Fall sein wird. Einige Vertreter dieser Spezies wagen sich aber weit in den ihnen unbekannten Weltraum hinaus, weil diese als Piraten ihr Geld verdienen. Zu diesen Gruppierungen gehört auch Ulis, seine Bande und das ihm gehörende Raumschiff, das an einen Käfer erinnert. Bei diesem Schiff scheint es sich um einen Frachter zu handeln, da sein Inneres fast nur aus Lager und Frachträumen zu bestehen scheint. Das kleine Raumschiff scheint auch über keinerlei Waffen zu verfügen und falls doch, scheinen diese keine Bedrohung für größere Schiffe darzustellen. Das hält die Piratenbande allerdings nicht davon ab, große Schiffe zu überfallen. Im Jahr 2151 gerät die Enterprise NX-01 in den Fokus von Ulis und um das Schiff zu kapern, lässt sich dieser eine List einfallen. Er deponiert ein Gerät auf der Oberfläche eines Mondes in einem Sternensystem, das die Enterprise gerade erforscht und in ihrer Neugier nimmt die Crew das Gerät mit auf ihr Schiff, wo es im Maschinenraum untersucht werden soll. Dort aktiviert es sich plötzlich und setzt ein extrem starkes Betäubungsgas frei, das sich durch die Lüftung über das ganze Schiff verteilt und jedes Besatzungsmitglied ins Reich der Träume schickt. 
Der kleine Frachter dockt daraufhin an dem NX-Klasse Schiff an und die vier Ferengi fangen an, alles was als wertvoll erscheint und nicht niet- und nagelfest ist auf ihr Schiff zu packen. Doch Ulis ist zu gierig und weckt Captain Archer auf, da er von ihm wissen will, ob die Enterprise über einen Tresor mit weiteren Wertgegenständen verfügt. Alles Gutzureden hilft nicht, denn Ulis will die Enterprise erst wieder verlassen, wenn er diesen Tresor gefunden hat und schließlich nutzt Archer die Gier der Ferengi gegen sie. In einem geeigneten Moment weckt er T'Pol auf und zusammen mit dem der Betäubung entgangenen Commander Tucker organisiert sie eine Phasenpistole und versteckt sich in einem Wartungstunnel. Tucker führt währenddessen die vier Piraten in die Falle, wo sie erfolgreich außer Gefecht gesetzt werden. Nachdem die Enterprise-Crew ihre Sachen wieder zurückbekommen hat, lässt man das Schiff abfliegen, mit der Warnung sich nie wieder einem Erdenschiff zu nähern. 


Der kleine Frachter, angedockt an der Enterprise. (Bild: Memory Alpha)
Da die Crew sich im Reich der Träume befindet, können die Piraten in Ruhe das Schiff erkunden. (Bilder: Memory Alpha)

Das Modell

Wohl weniger spektakulär als andere Modelle, so zeigt doch dieses alle Details des Computermodells. Die erhabenen Rumpfplattierungen sind zu erkennen, die auf der Oberseite angesetzten Warpgondeln und am Bug hat man auch diesen roten Streifen nicht vergessen, der wahrscheinlich die Deflektorscheibe des Schiffes darstellen soll. An beiden Seiten des Schiffes wurden auch die Luftschleusen detailliert nachgebildet und wenn man das Modell umdreht, erkennt man auch hoer, dass sämtliche Details von Eaglemoss bedacht wurden. Einziger Kritikpunkt ist der Antrieb am Heck und wenn auch dieser vorbildgerecht nachgebildet wurde, wäre es dort ungleich besser gewesen, gelbe Klarteile zu verwenden.
Das Model wurde vorbildgerecht gestaltet.

Das Gleiche gilt auch für die Luftschleusen an den Seiten.

Auch die Unterseite wurde vorbildgerecht wiedergegeben.

Zwar sehr detailliert, aber Klarteile für den Antrieb währen nicht verkehrt gewesen.

Die Halterung


 

Begleitheft

Etwas dünn die Lektüre, den nach der üblichen Einleitung folgt auf nur zwei Seiten die kurze Entstehungsgeschichte des Raumschiffes, das auch aus der Feder des Designers John Eaves stammt. Man erfährt, dass der kreative Zeichner nur drei Entwürfe brauchte, um das Schiff zu konzipieren. Auf den restlichen sechs Seiten erzählen die vier Schauspieler, die die Ferengi in "Raumpiraten" gespielt haben, von ihrer Rolle und welchen Spaß sie seinerzeit damit hatten.

Spezifikationen

 

Daten zum Modell

 

Länge x Breite: ca. 105 mm x 60 mm
Höhe mit Stand: ca. 91 mm
Material: Kunststoff und Metall
Hersteller: Eaglemoss Collections 2019


Bewertung und Fazit

Das Modell ist sehr gut umgesetzt worden. Alle Details wurden bedacht, aber nach wie vor finde ich, dass dem Antrieb gelbe Klarteile besser gestanden hätten. Eaglemoss macht es sich manchmal echt zu einfach.


Sonntag, 6. Oktober 2019

Turons Senf zum Short Trek "Q&A"


Einleitung
.
Kann sich noch irgendjemand daran erinnern, wie wichtig letzten Endes die Short Treks für den Handlungsverlauf der zweiten Staffel Discovery waren?
Ein geschicktes Verbundspiel aus Lückenfüller, Vorgeschichte und Etablierung zentraler Story-Elemente, bei dem man sich – abgesehen von der eher humoristischen Mudd-Episode - nur schwerlichst erlauben konnte, sie verpasst zu haben. Schon im vergangenen Jahr zog sich CBS den massiven Unmut der Fans aus Übersee zu, als die Miniepisoden erst unmittelbar vor dem Start der zweiten Staffel auf dem Streaming-Dienst Netflix landeten, das die Rechte an der Serie jenseits des Atlantiks innehat.
Doch nun, wo mit der von Fans herbeigesehnten Picard-Serie ein neuer hauseigener Konkurrent droht, dass spärlich gesäte Gras der Fanlandschaft beim Konkurrenten Amazon abzugrasen, hatten CBS und Netflix doch sicherlich ein Einsehen und begriffen, dass nicht nur der außer-amerikanische Markt von immenser Bedeutung ist, sondern ein Entzug der kleinen Short Treks wie ein Schuss ins eigene Bein ist, der darüber hinaus nur den Umlauf von Raubkopien befeuern würde.
Das habt ihr doch eingesehen, oder CBS?
Nicht wahr, Netflix??



Story.
Fähnrich Spock tritt seinen Dienst auf einem der berühmtesten Schiffe der Sternenflotte an: Der USS Enterprise NCC-1701. Sichtlich stolz lässt er sich auf des Schiff des legendären Captain Christopher Pike beamen, wo er von dessen ersten Offizier Nummer Eins in Empfang genommen wird.
Doch als die schlagfertige Frau den Novizen auf eine Brückentour einlädt, passiert der Super-GAU: Der Turbolift bleibt stecken und Spock ist gezwungen, für die Dauer ihres unfreiwilligen Zwischenhaltes Konversation mit seiner angehenden Vorgesetzten zu betreiben. Es entspinnt sich ein munteres Frage und Antwortspiel, bis Nummer Eins schließlich auf die Idee kommt, selbst an den elektronischen Eingeweiden des Schiffes Hand anzulegen…


Lobenswerte Aspekte.

Setting.
Dass Bottleshows funktionieren können haben bereits andere Star-Trek-Episoden wie "Das Standgericht", "Der undurchschaubare Marritza" oder "Gewalt" lebhaft unter Beweis gestellt und spätestens seit Tarentinos "Reservoir Dogs" wissen wir endgültig, dass die Qualität eines Filmes nicht abhängig von der Menge seiner Handlungsort ist.
Und lassen wir die Kirche einmal im Dorf: Ein Short Trek braucht auch nicht den starren Vorgaben einer Folge entsprechen. Dieser kleine Einblick in eine Vergangenheit vor "Der Käfig" schafft sich seine eigene Nische und startet vielversprechend mit den sanften Klängen der Originalserien-Musik und einem Set, dass dem von TOS zumindest nahe genug für mein persönliches Wohlfühlgefühl kommt (von der Brücke über die Uniformen bis hin zu den Korridoren), ohne dabei angestaubt zu wirken.
Die Mini-Folge gibt sich wahrlich größte Mühe, eine Brücke zwischen Discovery, der Originalserie und dem Abramsverse zu schlagen – letzteres vor allem musikalisch, wo Michael Giacchino als Mitverantwortlicher für die Untermalung der Folge tongewaltig die Rückkehr von Alex Kurtzman mit einem Ausrufezeichen versieht.
Vor allem aber wird dieses wohlige Gefühl von den Schauspielern weitergetragen, die es mühelos vermögen, den etablierten altehrwürdigen Charakteren der ersten Stunde neues Leben einzuhauchen. Von Ethan Peck zum Beispiel, der als Spock bereits in Discoverys zweiter Staffel einer der überschaubaren Lichtblicke bot und vor allem durch Rebecca Romjin, bei der nun besonders klar wird, welches Potential durch ihre nur sporadische Berücksichtigung als Nummer Eins sträflichst verschenkt wurde. Spätestens als Anson Mount als Christopher Pike auf dem Kommandosessel der Enterprise thront wünscht sich schließlich ein nicht sehr kleiner Teil von mir, eher die Abenteuer dieser Crew in der Vorvergangenheit weiterverfolgen zu wollen, als die der Discovery-Besatzung in einer weit entfernten Zukunft.



Background, Baby!
Der Wert dieses Short Treks liegt nicht in einer rasanten Handlung oder einer schockierenden Enthüllung, sondern darin, dass zwei beliebte Charaktere näher ausgeleuchtet werden und Befreiung von der Holzigkeit erfahren, die der damalige Pilotfilm seinen Protagonisten aufzwang.
Obgleich in Wirklichkeit die kühle Logik der Nummer Eins von Gene Roddenberry im Zuge des zweiten Pilotfilms pragmatischerweise auf die emotionale Fremdheit Spocks übertragen wurde, können wir mitansehen, wie dieser Short Trek diesen Bruch auf interessante Art und Weise zu erklären versucht, in dem er einen Pakt zwischen den beiden mehr als nur im Geiste verwandten Offizieren etabliert und den offiziellen Kanon liebevoll um zuvor nie gekannte Nähe erweitert.
"Q&A" erzählt schlichtweg eine Geschichte, für die es keinen Platz in der Hektik moderner Handlungen gibt und führt dabei quasi im Vorbeigehen die nie näher bestimmte Beziehung zweier Charaktere in neue Welten, in die nie zuvor ein Fan gewesen ist.



Kanonfutter.
Wo es primär um die Interaktion zweier Charaktere geht, da bleibt eine Menge Platz, der großzügig mit Kanon-Sägespänen ausgefüllt werden kann. Michael Chabon, der Kopf hinter dieser Mini-Episode nutzt diesen Raum auf geniale Weise (und widmet sie seinem verstorbenen Vater).
Das bereits angesprochene Sujet um den Wechsel der Eigenschaften der abgeklärten Nummer Eins auf den sentimentalen Spock greift er nur allzu geschickt auf, um daraus eine Liebeserklärung an die Frühzeit der Originalserie zu zimmern.
Während spätere Folgen die Tatsache, dass Spock im Pilotfilm lacht, noch zu einem Widerspruch machten, verdreht Chabon dieses Thema stattdessen zum Gegenstand der gesamten Handlung und zur Frage um Leben und Tod eines Führungsoffizier. Er strickt zarte Hinweise auf eine Zuneigung Nummer Eins' zu ihrem Captain genauso wie er mit dem Mysterium ihres Namens spielt.
Darüber hinaus hören wir seine korrekte Dienstnummer, von Pikes übertriebener Leidenschaft für Pferde und erfahren den Gründ für Spocks geringen Widerstand gegenüber Kirks widerholten Brüchen der Obersten Direktive. Wir erfahren von Spock, dass er keine Kommandolaufbahn anstrebt, vom Leid seine Gefühle vor anderen permanent verstecken zu müssen und dass Vulkanier verschweigen, wenn sie sich überwältigt fühlen.
Ferner sollte auch Lieutenant Amin Erwähnung finden, die ebenfalls im Staffelfinale von Discovery eigenführt wurde.
Und auch wenn ich normalerweise kein allzu großer Freund davon bin, wenn Charaktere in spontanes Singen ausbrechen, mache ich gern eine Ausnahme, wenn es sich dabei um die verdienten Erdenkomponisten Gilbert und Sullivan handelt.
Einzig jene Ingenieurin mit dem massiven schottischen Akzent, die lediglich über Intercom zu hören ist, erscheint am Ende vielleicht etwas zu dick aufgetragen.



Kritikwürdige Aspekte.

Logiklöcher und Kanonbrüche.
Wo nicht viel Platz zum Laufen ist, bleibt auch nicht viel Platz für Fehler.
Zugegeben, diese Kategorie existiert an dieser Stelle vor allem, obwohl es nicht viel zu meckern gibt, aber nach zwei Staffeln Discovery und einer Reihe dazugehöriger Short Treks längst ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zwischen Serie und Logiklöchern entstanden ist.
Dem zum Trotz bleibt am Ende aber höchstens anzumerken, dass es mal wieder eine Menge Platz für Turbolifts auf einem doch vergleichsweise engen Raumschiff zu geben scheint. Oder dass Nummer Eins wenigstens den Intercom-Schalter benutzen sollte, wenn sie mit ihren Reparaturen am defekten Turbolift beginnt und vom Maschinenraum verstanden werden will. Außerdem verstehe ich nicht so ganz, wo Lieutenant Amin eigentlich hinabgeklettert ist, wenn ich mir die CGIs vom Turbolift ansehe. Aber dies bleiben vergleichsweise unscheinbare Makel an einem ansonsten runden Short Trek.



Fazit.
"Q&A" ist kein Action-Feuerwerk, das sich mit einer ganzen Folge messen könnte. Es ist kein Moment, der sich ins kollektive Star-Trek-Gedächtnis einbrennen wird. Und es ist ganz sicher nicht geeignet, um den Abschied der Discovery aus ihrer eigentlichen Epoche zu rechtfertigen.
Dafür ist "Q&A" ein einfühlsamer Abschied von Darstellern und Charakteren, die die zweite Staffel Discovery zeitweise zu etwas Besonderem gemacht haben. Es ist der Beweis, dass man auch heute noch tolle Geschichten im TOS-Gewand erzählen kann und ein Plädoyer für eine Captain-Pike-Serie, die es trotz dieser Mini-Episode wohl niemals geben wird.

Bewertung.
Im Rahmen der Short Treks einer der Besten bislang.






Schluss
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Ich gestehe.
Um mir diesen Short Trek ansehen zu können, musste ich in die dunkelsten Ecken des Internets kriechen. Ich musste mich durch fragwürdige Seiten klicken, jede Mausbewegung zweimal überdenken und vielen beinahe ausweglosen Sackgassen entkommen. Dort konnte ich dann endlichen einen kurzen Blick auf das werfen, was mir eigentlich verwehrt war. Aber noch Stunden später habe ich aus Angst vor Infektionen meinen Rechner von innen und außen gereinigt und desinfiziert, um einem vermeintlichen Virenbefall Einhalt zu gebieten.
Warum muss ich das tun?
Ich will es doch gar nicht!
Ich bezahle schließlich gutes Geld sowohl für Netflix, als auch für Amazon Prime. Es gibt absolut keinen Grund dafür, zahlenden Fans wie mir etwas vorzuenthalten, das in Amerika zum Gesamtpaket dazugehört. Stattdessen werden auf dem Rücken der Fans Machtspielchen und Geldgier ausgetragen, für das mir jegliches Verständnis fehlt.
Gerade CBS, dass seit Anbeginn der Star-Trek-Fanszene vor mehr als fünfzig Jahren bereits am eigenen Leib die ersten Erfahrungen mit den Anhängern ihres stiefmütterlich behandelten Serienjuwels sammelte, macht nahtlos dort weiter, wo man bereits anno dazumal gehörig gegen die Wand gefahren war.
Scheinbar fehlt den verantwortlichen Strategen und Vertriebsplanern ein Grundverständnis dafür, was 'Fansein' eigentlich bedeutet. Darunter versteht man nämlich eine aufopferungsbereite Personengruppe, die für das Objekt ihrer Fantums bereit ist, jeden Weg zu gehen, selbst wenn der in die gruseligsten Abgründe des Internets führt.
Weniger bereit ist es hingegen, sich zurücklehnen und zu warten – geschweige denn sich auf die Machenschaften von Personen zu verlassen, die keine Ahnung davon haben, welche Qual es ist, auf unbestimmte Zeit in der zweiten Reihe warten zu müssen, während man anderen dabei zusieht, wie sie bekommen, was man sich selbst so sehr wünscht.
Das Internet hat die Welt zusammenwachsen lassen. Aber in der Chefetage von CBS sitzen noch immer ein paar ewig gestrige Entscheidungsträger, die dieses Konzept nicht begreifen und ihren Streamingdienst wie einen Fernsehsender in den Sechzigern betreiben.
Wenn CBS als Streamingdienst wirklich konkurrenzfähig sein will, muss es an der Einstellung dieser aus der Zeit gefallenen Personen feilen.



Denkwürdige Zitate.


"What is your name, Sir?"
"Just call me Number One."
Spock und Nummer Eins

"People don't talk in elevators…"
"I observed that, Sir…"
Nummer Eins und Spock

"Have you ever considered that the Prime Directive is not only unethical but also illogical and perhaps morally indefensible?"
"No Spock, I have not and fort he sake of your own sanity might I suggest that you cease doing so immediately."
Spock und Nummer Eins

"On your knees, Spock…"
Nummer Eins

"Do Vulcans ever feel awe, Spock?"
"They do, Captain, but they tend to keep it to themselves."
Christopher Pike und Spock

Samstag, 5. Oktober 2019

Star Trek, Deine Deutschen, Teil 02: Walter Gotell

Einleitung.
In Deutschland werden 2019 dreißig Jahre Mauerfall gefeiert und auch die Star Trek Tafelrunde "Hermann Darnell" aus Potsdam Babelsberg möchte diesem Ereignis mit einer ganz besonderen Reihe Tribut zollen, in der - inspieriert vom Leben des kürzlich verstorbenen David Hurst - Deutsche bei Star Trek näher beleuchtet werden. Dabei geht es weniger um Personen wie Levar Burton oder Jeri Ryan, die im Zuge von Militärstationierungen im amerikanischen Sektor Deutschlands das Licht der Welt erblickten. Oder Schauspieler wie Mark Allen Shephard oder Nancy Kovack, die mittlerweile in Deutschland eine neue Heimat gefunden haben. Selbst deutsche Charaktere wie Keyla Detmer oder Carl Jaeger finden hier keine Erwähnung.
Stattdessen erzählen wir zwischen dem 3. Oktober und dem 9. November 2019 zwölf Geschichten über zu Unrecht hierzulande weniger bekannte Darsteller, Regisseure und anderweitig mit Film und Fernsehen verbundene Personen und deren Beziehung zu Deutschland und Star Trek. Dabei wollen wir zeigen, dass Deutsche stets entscheidend dabei halfen, Star Trek zu dem Kultobjekt zu formen, das es heute ist.




Walter Gotell.
Es gibt wohl nur wenige Folgen der ersten Staffel TNG, die man guten Gewissens als 'Höhepunkt' bezeichnen könnte. "Ein Planet wehrt sich" gehört ganz sicherlich nicht in diesen erlauchten Kreis. Im Gegenteil; die Kritik ist sich einig: Ein unausgewogenes, weil zu oft bearbeitetes Drehbuch, dessen Thema sowohl im TNG-Pilotfilm als auch in der TOS-Episode "Horta rettet ihre Kinder" besser behandelt wurde.
Der Wert dieser Episode liegt daher heute eher im thematischen Rahmen des Terraformings und im Umstand, dass irgendjemand in der Casting-Abteilung die Gelegenheit beim Schopfe gepackt hat, die Figur des Kurt Mandl mit dem Deutschen Walter Gotell zu besetzen.

Walter Gotell im A-Team, Knight Rider und MacGyver
Andererseits ist das auch nicht so ungewöhnlich, denn zum einen beschrieb das Drehbuch mit Mandl explizit einen Deutschen und zum anderen empfahl es auch, zu diesem Anlass einen Darsteller aus dem Land der Dichter und Denker zu verpflichten.
Ferner war der Gedanke, eine schlechte oder mittelmäßige Folge dadurch aufzuwerten, Gotell als Gaststar zu verpflichten, keineswegs neu. Bereits in anderen klassischen Serien der Achtziger Jahre wie "Das A-Team", "Knight Rider" oder "MacGyver" (unvergessen dort seine Rolle als russisches 'übersinnliches Medium' in der DDR) schmückte man sich mit dem charismatischen Schauspieler aus Deutschland.

Gotell bei MacGyver in der DDR
Dabei fängt da bereits der Verpackungssschwindel an, der Gotell sein Leben lang begleiten sollte. Zwar wurde Walter Jack Gotell tatsächlich am 15. März 1924 in Bonn geboren, das damals jedoch kaum mehr als eine preußische Provinzstadt am Rhein war (im Gegensatz zu späteren Jahren, als die Stadt zur Hauptstadt Westdeutschlands aufstieg und Austragungsort der FedCon wurde), doch wie sein Zweitname bereits vermuten lässt, war er das Kind britischer Staatsbürger und seine deutsche Staatsangehörigkeit spätestens ab der Machtergreifung der Nationalsozialisten kein Argument mehr für den Verbleib der Familie in der fremdenfeindlichen Diktatur. Die Eltern kehrten nach Großbritannien zurück wo Gotell schließlich den größten Teil seiner Jugend verbrachte.
Was ihm von seinem Geburtsort in die Wiege gelegt wurde blieb aber seine linguistische Begabung. Insgesamt sprach er fünf verschiedene Sprachen was ihm besonders half, als er sich mit achtzehn Jahren – entgegen der Vorstellungen seiner Eltern, die ihn am liebsten ein Medizinstudium antreten gesehen hätten – der Schauspielerei zuwandte.


Der Moment war günstig gewählt, denn während des zweiten Weltkrieges waren nicht nur viele britische Schauspieler in den Armeedienst übergetreten, sondern auch ein großer Bedarf an Darstellern mit Deutschkenntnissen entstanden, die den Kriegsgegner verkörpern konnten. Genau in dieser Mangelsituation betrat Gotell in London die Bretter die die Welt bedeuten – vor allem als böser deutscher Nazi. Dieses Image verfolgte ihn hartnäckig, so dass man ausgerechnet jenen Mann, dessen Familie einst vor den Nazis aus Deutschland floh, in zahlreichen Filmen wie "Eiskalt in Alexandrien" (1958), "Die letzte Fahrt der Bismarck" (1960) oder "Die Kanonen von Navarone" (1961) in der Uniform des Hitlerreiches bewundern kann.
So gesehen war es schon etwas Besonderes, dass Gotell in Star Trek einen Deutschen spielen konnte, der von jeglichem nationalen Ballast befreit war – was bei genauerer Betrachtung keineswegs der Normalfall in seiner Karriere war.

Walter Gotell als Anatol Gogol und Lawerent Berija
Seine Beschränkung auf vorrangig deutsche Rollen lockerte sich erst, als er 1963 die Rolle seines Lebens ergattern konnte: Im zweiten James Bond-Film "Liebesgrüße aus Moskau" besetzte er die kleine Rolle des SPECTRE-Direktors Morzeny. Auch wenn die Rolle überschaubar war, öffnete sie ihm doch die Tür ins James-Bond-Universum, dem er die nächsten vierundzwanzig Jahre treu bleiben sollte.
Es war vor allem seine Ähnlichkeit mit dem ehemaligen sowjetischen Geheimdienstchef Lawrenti Berija, die ihm zu einer neuen Rolle verhalf, die er in sechs Bond-Filmen einnahm: die des KGB-Leiters Anatol Gogol. Walter Gotell ist bis heute der einzige Schauspieler, der zusammen mit drei verschiedenen Bond-Darstellern (Sean Connery, Roger Moore und Timothy Dalton) arbeitete.
Zwar erhöhte diese Rolle einerseits seine Bekanntheit als Schauspieler immens, führte aber andererseits auch dazu, dass er nun in Produktionen wie "Der Spion" (1982), "Robert Kennedy and His Times" (1985) oder "Bombenstimmung im Hauptquartier" (1985) vorranging sowjetische Spione oder russische Würdenträger verkörperte.

Walter Gotell mit Roger Moore (zweiter und dritter von rechts)
Gotell selbst dürfte dies allerdings vergleichsweise wenig beeindruckt haben. Der spätere Ingenieur und Automationsexperte reinvestierte das Geld, das er durch seine schauspielerische Tätigkeit eingenommen hatte entweder in eine seiner drei Firmen oder in den Bauernhof, den er in Irland betrieb. Auf der grünen Insel verbrachte er schließlich seinen kurzen Lebensabend, bevor er am 5. Mai 1997 in London an Krebs verstarb.

Gotell als Gogol
Sieht man sich "Ein Planet wehrt sich" heute noch einmal an, fallen einige Dinge ganz besonders auf. Zum einen ist deutlich zu merken, wie sehr die Präsenz Gotells diese Folge aufwertet. Vor allem im englischen Original bildet im Hinblick auf seine eingangs beschriebene schillernde Karriere sein ungewohnter deutsch-britischer Akzentmix eine von jenen Auffälligkeiten, bei denen man sich ständig selbst fragt, warum einem das nicht schon viel früher aufgefallen ist.
Aber auch die deutsche Synchronisation dieser Episode erzählt eine ganz eigene Geschichte. Seine deutsche Stimme wurde ihm nämlich von Klaus Miedel verliehen, deren Klang man vielleicht als den der deutschen Stimme des Fürsorgers aus dem Voyager-Pilotfilm kennen könnte. Das ist zumindest für deutschsprachige Bond-Fans verwirrend, denn hier wurde der Schauspieler von einem ganz anderen Synchronschauspieler eingesprochen, der hier wohl mit Absicht nicht verpflichtet wurde. Schließlich handelte es sich dabei um Herbert Weicker – der deutschen Stimme Spocks.


Vorschau.
In der nächsten Folge berichten wir von einem adeligen Wissenschaftler aus Leipzig, der seinen Spitznamen von DeForrest Kelley erhielt und für einen Kinofilm die Grundlagen des Warpantriebs etablierte. Ein Mann, der nicht nur für die NASA arbeitete, sondern ganz nebenbei auch Star-Trek-Fan-Fiction schrieb...

Quellen.
Altman, Mark A.; Gross, Edward: Captain's Logbuch. Königswinter, 1994, S. 198.
DeMichael, Tom: James Bond FAQ. All That's Left to Know About Everyone's Favorite Superspy. New York, 2012. GoogleBooks-Seite hier. [4. Oktober 2019]
Hepple, Peter: Walter Gotell. In: The Stage, 03. Juli 1997, Website hier. [4. Oktober 2019]
Vallance, Tom: Obituary Walter Gotell in: The Independent, 20. Juni 1997, Website hier. [4. Oktober 2019]

Weiterführende Leseliste.

Star Trek, Deine Deutschen, Teil 00: David Hurst.
Star Trek, Deine Deutschen, Teil 01: Franz Bachelin.
Star Trek, Deine Deutschen, Teil 02: Walter Gotell.
Star Trek, Deine Deutschen, Teil 03: Jesco von Putkamer.
Star Trek, Deine Deutschen, Teil 04: Barbara Bouchet.
Star Trek, Deine Deutschen, Teil 05: Winrich Kolbe.
Star Trek, Deine Deutschen, Teil 06: Reiner Schöne.
Star Trek, Deine Deutschen, Teil 07: Gerd Oswald.
Star Trek, Deine Deutschen, Teil 08: Harry Groener.
Star Trek, Deine Deutschen, Teil 09: Shimon Wincelberg.