Während Star Trek hierzulande über eine große Fanbasis verfügt, muss man sich doch fragen, welchen Einfluss umgekehrt
Deutschland auf Star Trek gehabt hat. Wenn man mal ein wenig dazu recherchiert, fallen früher oder später bekannte Namen wie
Winrich Kolbe (als Regisseur),
Jesco von Putkamer (als Berater des
ersten Kinofilms) oder
Reiner Schöne (als Schauspieler), die immerhin entscheidend zum Gesamtbild der Serie beitrugen.
Oft aber wird ein Name dabei übersehen:
David Hurst.
Dabei bietet wohl keine zweite Biografie einen besseren Einblick in die jüngere Geschichte Deutschlands, Europas und die transatlantischen Beziehungen.
Als Heinrich Theodor Hirsch am 8. Mai 1926 in Berlin geboren, war der Sohn jüdischer Eltern bereits in jungen Jahren von zwei zentralen Ereignissen geprägt: Der Trennung seiner Eltern und dem Erstarken des Nationalsozialismus in der Hauptstadt der Weimarer Republik. Als seine Mutter mit den Kindern 1935 vor den zunehmenden Repressalien floh, fand die Familie ausgerechnet im österreichischen Wien eine neue Heimat, wo sie 1938 mit dem Anschluss des Landes an das Deutsche Reich vom Schrecken, dem sie eigentlich knapp entgangen waren, doch wieder eingeholt wurde. Erst als sich die Lage weiter zuspitzte, gelang es der Mutter, ihren Sohn über Kindertransporte nach Großbritannien zu verschicken. Die Familie hingegen entkam dem Nazi-Terror nicht; der größte Teil der Familie Hirsch fand in deutschen Konzentrationslagern den Tod.
Heinrich verschlug es ins rauhe Nordirland, wo er die englische Sprache erlernte und sich den für britische Ohren zugänglicheren Namen Hurst zulegte, als er begann, erstmals für kleinere Theaterstücke auf die Bühne zu steigen. Er meldete sich für den Kriegsdienst und fand in einer Einheit Aufnahme, die sich während des zweiten Weltkrieges vor allem um für die Truppenbetreuung kümmerte und ihn weiter mit dem Schauspielberuf in Berührung brachte. Nachdem ihn die Kriegshandlungen nach Hamburg und zurück in seine Geburtsstadt Berlin geführt hatten, setzte Hurst schließlich in London seine Schauspielkarriere fort. Nach einigen Erfolgen in Theaterstücken und Filmen beschloß er, seiner Karriere im Land der unbegrenzten Möglichkeiten neuen Schwung zu verleihen. In den USA war er aber nicht nur in TV-, Film- und Broadway-Produktionen zu sehen, sondern engagierte sich ebenfalls politisch in der Peace and Freedom Party.
In Los Angeles gelang es ihm schließlich, neben verschiedenen anderen Rollen in anderen Serien in "
Kobra, übernehmen Sie", "
Quincy" oder "
Drei Engel für Charlie" auch
eine Rolle in "Star Trek" zu erhalten. Darüber hinaus war er in Filmen wie "
Hello Dolly" oder "
Stoßtrupp Gold" zu sehen.
Zuhause war Hurst jedoch stets auf der ganzen Welt. Neben den USA, Großbritannien und Italien war er 1973 gar in der DDR zu Gast - eine Rückkehr in seine damals noch geteilte Geburtsstadt scheiterte allerdings am Argwohn der sozialistischen Machthaber. Erst später, nachdem Hurst ab 1990 am Burgtheater in Wien tätig war, kehrte er im Jahr 2000 ins mittlerweile wiedervereinigte Berlin zurück.
In seiner Geburtsstadt hatte Hurst einen seiner letzten großen Auftritte, als er im Dezember 2014 vor einer Gruppe Star-Trek-Fans
aus seinem reichhaltigen Leben erzählte.
Sichtlich berührt davon, dass sein verhältnismäßig überschaubarer Gastauftritt in den Sechzigern noch heute Menschen aller Altersschichten bewegt, blieb Hurst dennoch stets bescheiden und ohne Star-Allüren ein wacher Geist mit einem großartigen Talent, seine Zuhörer in den Bann zu schlagen.
Dabei blieb er stets ehrlich, aber nie verbittert; die mal heiteren, mal nachdenklichen Anekdoten aus seinem Leben sollten eher dazu dienen sicherzustellen, dass sich die Ungerechtigkeiten seines Lebens nicht noch einmal wiederholen würden.
Gerade in Zeiten, in denen ein amerikanischer Präsident einen Keil zwischen Amerika und Europa zu treiben versucht und auch die britische Regierung eine europäische Gemeinschaft verlassen will, die unverzichtbar für den andauernden Frieden auf dem Kontinent ist, braucht es Stimmen wie die Hursts, der anhand seiner eigenen Erfahrungen berichten konnte, wie wichtig eine Welt ohne Grenzen und ohne Kriege ist (ein Ideal, dass auch zu den Grundaussagen Star Treks gehört).
Doch diese Stimme ist nun für immer verstummt.
David Hurst verstarb am 15. September 2019 im Alter von 93 Jahren um 13.50Uhr in Berlin an den Folgen eines Schlaganfalls und einer Lungenentzündung.
Um an ihn als herausragende Persönlichkeit Star Treks in Berlin und Brandenburg zu erinnern, verleiht die Star Trek-Tafelrunde jährlich den
David-Hurst-Preis an verdiente Fans in Brandenburg, Berlin und Deutschland.
Hurst zeigte sich stolz, dass dieser Preis seinen Namen tragen würde.
Mit dem gleichen Stolz werden wir sein Andenken erhalten.