Sonntag, 27. Januar 2019

Turons Senf zu "New Eden" (Star Trek Discovery, S2Nr02)


Spoilerwarnung.

Diese Rezension enthält massive Spoiler zu "New Eden" der zweiten Folge der zweiten Staffel von Star Trek Discovery und sollte nur dann gelesen werden, wenn man diese und vorangegangene Episoden der Serie gesehen hat.



I. Einleitung.
Die zweite Folge hat es schwer. Sicherlich erinnert sich ein jeder Star-Trek-Fan noch an fesselnde Pilotfilme wie "Der Abgesandte", "Der Fürsorger" oder "Broken Bow", aber kaum mehr jemand hat in ähnlich hingabevoller Weise an die folgenden Episoden wie "Die Khon-Ma", "Parallaxe",  oder "Freund oder Feind?". So wie auch neue Staffeln oft mit einem wahren Feuerwerk starten, bleiben gerade bei Star Trek die darauf folgenden Episoden (ich führe an dieser Stelle mal exemplarisch "Gedankengift", "Das Schiff" und "Der Namenlose" an und verweise darauf dass Ausnahmen ansonsten die Regel bestätigen) oft jene Energie schuldig, die ihr Vorgänger noch aufzuweisen wusste.
Wie aber wird sich Discoverys zweite Episode anfühlen, nachdem sich der mit der zweiten Staffel eingeleitete Neustart doch recht positiv anzufühlen scheint?




II. Story.
Die USS Discovery wirft nach einer ganzen (!) Folge Abstinenz mal wieder ihren Sporenantrieb an, um einem fremden, weit entfernten Signal am anderen Ende des Beta-Quadranten zu folgen. Dort angekommen scheint die Überraschung groß, denn statt eines engelsgleichen Wesens finden sie zunächst einmal eine einsame menschliche Kolonie vor, die noch vor der Entdeckung des Warpfluges hier begründet wurde.
Um diesem Mysterium auf den Grund zu gehen, beamen sie Pike, Burnham und Owosekun auf die Planetenoberfläche, wo sie einer Kultur begegnen, die mitsamt ihres Gotteshauses von einer fremden Macht vor dem atomaren Schrecken des Dritten Weltkrieges bewahrt wurden.
Doch während der Außentrupp die Erklärungswelt der Einheimischen auf den Kopf stellt, haben Saru und die Besatzung der Discovery ein ganz anderes, drängendes Problem:
Ein nukularer Winter droht just in diesem Moment durch mehrere Gesteinsbrocken ausgelöst zu werden, die sich vom Ring des Planeten lösen, um auf der Oberfläche der frisch entdeckten Welt einzuschlagen. Die Chancen stehen schlecht, bis ausgerechnet die bettlägerige Tilly mit einem riskanten Plan aufwartet, der den Tag retten könnte…




III. Lobenswerte Aspekte.

Die Rückkehr des Star-Trek-Feelings.
Wer noch Zweifel hatte, ob die ersten Folge "Bruder" mit ihrem sehr optimistischen und recht plötzlichen Star-Trek-Wohlgefühl ein einmaliger Ausrutscher war oder Discovery sich in seiner zweiten Staffel tatsächlich endlich auf etwas besonnen hat, was die Franchise in den Augen vieler Fans so groß gemacht hat, dürfte mittlerweile beruhigter schlafen können. Tatsächlich gleitet auch "New Eden" im Fahrwasser eines neuen alten Geistes, der nach einer Staffel in der trüben Suppe des Spiegeluniversums ungleich versöhnlicher anmutet.
Aber das allein ist nur die halbe Wahrheit, denn der Wiedererkennungswert beschränkt sich nicht allein auf bloße atmosphärische Änderungen, sondern auch auf drei traditionsreiche thematische Bereiche.
Zuerst einmal ist da dieses heiße Eisen namens 'Religion'. Es gehört zu den inneren Widersprüchen der Franchise, wie unterschiedlich die einzelnen Serien sich diesem – besonders in den USA – kontroversen Thema näherten. Während die Originalserie und auch das nächste Jahrhundert dem Glauben offen ablehnend gegenüberstanden, wurde er bei Deep Space Nine in recht wohlwollender Weise zum Gegenstand der gesamten Serie. Ab da an wurden versöhnlichere Töne angestimmt. So erkannte Janeway als Wissenschaftlerin (in einer der fürchterlich esoterischsten Folgen der Serie), dass sich mancherlei Dinge eben einer analytischen Erklärung entziehen. Archer hingegen verkörperte wie kein anderer die Uneinigkeit der Franchise, als er einerseits Pilger auf seinem Schiff versammelte und zum Retter einer der heiligsten Reliquien der Vulkanier aufstieg, während er andererseits für die Zerstörung eines Klosters sorgte und Konfessionsgegensätze in der delphischen Ausdehnung anprangerte.


Discovery hingegen geht einen völlig neuen Weg. Statt sich auf eine Seite zu schlagen, handelt die Serie mit einer typisch amerikanischen Herangehensweise so, dass man möglichst niemandem auf den Schlips tritt – weder den Gläubigen, noch den atheistischen Zuschauern. Aus Angst ein rohes Ei zu beschädigen entwirft man eine Art Glaubens-Föderation, die ähnlich wie ihr großer (unbekannter) Bruder die Unterschiede der einzelnen Glaubensrichtungen zu einer bündelt und innere Konflikte durch einen größeren gemeinsamen Nenner zu überdecken versucht. Am Ende entpuppt sich der Ansatz der Space-Amish nicht als großes inhaltliches Moment, aber immerhin als seichtes zeitgenössisches Statement, das in einer an Glaubenskriegen leidenden Realität nach Gemeinsamkeiten zum Wohle der gesamten Menschheit suchen lässt.
Dann drängt sich ein weiterer, wohlbekannter Topos auf: Der Mensch als Nabel des Universums. In fast jeder einzelnen Serie gab es mindestens eine Folge, in der wir in den Weiten des Alls einen Planeten finden, auf dem schon vor Zefram Cochranes Warpsprung Menschen von mächtigen Außerirdischen angesiedelt wurden. Nun kann auch Discovery in diesen Reigen einstimmen. Doch egal ob "Der Obelisk", "Die 37er" oder "North Star" – derlei Erzählmuster scheinen stets bemüht; nicht zuletzt, weil man stets nur Menschen, aber niemals Vulkanier, Andorianer oder gar Klingonen im weiten Raum findet. Es wirkt beinahe so, als wäre die Erde unter permanenter Überwachung und verschiedene Außerirdische versuchen diese Spezies, die nicht einmal ihren eigenen Heimatplaneten intakt lassen kann, wettstreitartig überall im ganzen Universum auszusetzen.
Doch während diese beiden Punkte zwar nostalgische Züge tragen, finden sie im Angesicht des dritten Aspektes eher eine Erwähnung der Vollständigkeit halber, denn wirklich interessant ist vor allem der Umgang mit der Obersten Direktive.


Während die Originalserie den Begriff etablierte, war es doch stets recht erstaunlich, mit welch erfrischender Unbefangenheit Captain Kirk diesen zentralen Ansatz der Sternenflottenphilosophie behandelte. Diese Diskrepanz kam vor allem dann zum Tragen, wenn man sich die extrem konservative Interpretation der Richtlinie unter Picard vor Augen führt.
Nun aber schickt sich Discovery an Brücken zu bauen.
In noch nie dagewesener Form findet sie erstaunlicherweise klare Worte zwischen einer kompromisslosen Auslegung und einer laxen Umgangsweise. Pike bemüht sich redlich, die Einheimischen nicht mit Wissen zu kontaminieren und bestätigt am Ende doch einem Koloniebewohner gegenüber dessen Vermutungen. Mehr noch, er spendiert die Energiezelle, die das Geschick der gesamten Kolonie beeinflussen dürfte. Die Discovery-Schreiber legen mit einem simplen Dialog die Verantwortlichkeit zur Interpretation der obersten Direktive vor allem in die Hände jener Leute, die sich wirklich da draußen an vorderster Front mit ihr auseinandersetzen müssen: Den Captains.
So ließe sich am Ende auch erklären, warum in der Frühzeit der Föderationsgeschichte so viele Kommandanten wie Kirk, Pike oder Georgiou die Direktive trotz ihrer Deutlichkeit immer wieder so verschieden auslegen. Sie haben schlichtweg mehr Befugnisse, als ihre Kollegen späterer Jahrhunderte, denen die Privilegien der Pionierzeit verwehrt bleiben.
Andererseits ist es ohnehin zu spät. Als die Discovery unter dem Kommando Sarus verhindert, dass die Gesteinsbrocken des planetaren Rings eine Verstrahlung von Terralysium hervorrufen, begeht er bereits eine Verletzung der Richtlinie. Ein Picard hätte dies in "Brieffreunde" oder "Die oberste Direktive" jedenfalls nicht zugelassen. Und ob die oberste Direktive bei einer Kolonie von Gründungsmitgliedern der Föderation überhaupt zwingend angewendet werden muss, will ich an dieser Stelle mal einfach im Raum stehen lassen.
Im Zusammenspiel ergeben all diese Komponenten das Bild einer guten, runden Star-Trek-Episode, die diese Bezeichnung auch wirklich verdient. Es stärkt die Hoffnung, dass Discovery seinen Platz im größeren Ganzen finden könnte, selbst wenn kommende Folgen vielleicht nicht wie diese von einem verdienten Star-Trek-Veteranen wie Jonathan Frakes (der uns außerdem mit schönen Einstellungen, Schnitten und Außenaufnahmen beglückt) beaufsichtigt werden.
Hinzu kommen Referenzen auf den dritten Weltkrieg, Shakespeare oder Risa, die auf die Geschichte Star Treks anspielen und sich wunderbar in den größeren Kontext einfügen. 
Bei aller Lobhudelei ist das allerdings noch kein Grund für Luftsprünge. Noch steht Discovery weit im Schatten anderer Star-Trek-Serien, aber man kann nach dieser Folge immerhin festhalten, dass die Richtung stimmt.



Charaktermomente.
Ein wenig erschrocken war ich schon, wie sehr mir Burnham (Sonequa Martin-Green) in dieser Folge gefallen hat. Sie mimte endlich einen fähigen wie hilfreichen Wissenschaftsoffizier, der seinem Captain nicht nur die eigene Expertise zur Seite stellt, sondern darüber hinaus noch aufzeigt, dass sie in der Lage ist aus den Fehlern ihrer Vergangenheit zu lernen. Sie markiert – zu meiner großen Dankbarkeit - mehrfach die Stimme der Vernunft und langsam baut sie sogar ein Grundvertrauen zu Pike auf. Das lässt sie zwar nachvollziehbarer wirken, markiert aber auch in gewisser Weise eine Wachablösung.
Denn spätestens mit dieser Folge verdrängt Pike (Anson Mount) die mehr zu einem (guten) Sidekick degradierte Burnham als Fokuspunkt der Serie. Längst teilen sich beide die Hauptaufmerksamkeit zu gleichen Teilen, ohne dass man Burnham noch einen Vorsprung zuschreiben könnte. Sicherlich ist dieser neue Captain nicht frei von Fehlern (so wandelt er auf einem manchmal grenzwertig esoterischen Pfad), doch er bringt eine Epochen-gerechte Glaubwürdigkeit ins Spiel, die der Serie ansonsten bislang abging. In bester Kirk-Manier führt er selbst das Außenteam ins Abenteuer, zotet sich durch die Dialoge (vergleiche Denkwürdige Zitate), setzt sich über Bestimmungen hinweg, hat mittlerweile einen komplett eingerichteten Bereitschaftsraum, weiß aus eigener Erfahrung wie schwer Zweifel wiegen (sicherlich von Talos IV) und wirft sich gar heldenhaft auf den tödlichen Phaser. Das wirkt fraglos manchmal stark aufgesetzt, passt aber nahtloser in die Originalserien-Ära als jedes Stück Technik, das wir innerhalb der Serie bislang gesehen haben.
Besonders gefreut hat mich, dass Owosekun mit auf die Außenmission durfte, dass Detmer wiederum mehr Dialogzeilen aufsagen durfte und dass selbst Doktor Pollard mehr Screentime als jemals zuvor erhielt. Nicht zuletzt dadurch wird der Eindruck einer funktionierenden Crew erweckt, die die Herausforderungen des Weltraum-Alltages zu meistern versteht.
Der Kelpianer Saru (Doug Jones) und dieses Mal auch der Pilz-Experte Paul Stamets (Anthony Rapp) liefern gewohnt beeindruckende Leistungen ab, während ich mir bei Tilly nicht ganz so sicher bin.
Klar ist es schön, eine junge, nicht immer perfekte Frau (die von Mary Wiseman auch gut gespielt wird) auf ihrem Weg zu Captain begleiten zu können, doch mittlerweile drängt sich arg der Eindruck auf, als wäre sie zum Lieblingsspielzeug der größenwahnsinnigen Autorenriege herabgesunken, die sich gegenseitig mit immer neueren und immer abwegigeren Entwicklungen zu übertrumpfen sucht. Nach einer kreativen Superforscherin im Rang eines Kadetten, einer Spiegeluniversums-Nemesis und der jüngsten Teilnehmerin des Kommando-Trainings-Programmes kann sie jetzt auch noch tote Menschen sehen, was sich in meinen Augen wie das i-Tüpfelchen in einem ohnehin bereits sehr konstruiert wirkenden Lebenslauf liest.
Der erzählerische Raum für die Bewohner New Edens war schlichtweg zu klein, als dass sich irgendeiner von ihnen allzu sehr ins Rampenlicht hätte spielen können (bestenfalls Andrew Moodie als Jacob wäre überhaupt eine Erwähnung wert) und andere Figuren fehlen mir gar gänzlich. Wo etwa Nhan oder Jet Reno geblieben sind, wird sich – wenn überhaupt – wohl erst in kommenden Folgen klären.
So richtig spannend wird es aber wohl erst, wenn Spock die Discovery mit seiner Anwesenheit beehrt, zumal Burnham im Moment genau jene Nische besetzt hat, die traditionell seinem Charakter gebührt…




IV. Kritikwürdige Aspekte.

Alte und neue Laster.
So recht mag ich aus Discovery nicht schlau werden.
Wohin will uns die Serie führen?
Freilich kann ich mir erklären, dass Tillys plötzliche Neigung verstorbene ehemalige Klassenkameradinnen sehen zu können in einem direkten Zusammenhang mit Stamets' Ausführungen darüber, dass die Sporen auch die Grenzen der Sterblichkeit aushebeln würden, stehen dürften (vergleiche Denkwürdige Zitate).
Im gleichen Moment aber denke ich auch 'Echt jetzt?'
Ist Euch nicht genug, dass dieses ohnehin wissenschaftlich zumindest fragwürdige Konstrukt als Antrieb, Realitätsübergang, Superwaffe, Energiequelle und vieles mehr missbraucht wurde, ohne dass sich dieses erzählerische Allheilmittel bislang wirklich in die Star-Trek-Chronologie einfügt?
Natürlich kann ich verstehen, dass es für über große Distanzen auftretende fremde Signale erzählerisch Sinn ergibt, einen Antrieb in der Hinterhand zu haben, der die Figuren ihr Ziel auch erreichen lässt. Aber statt Sorgfalt walten zu lassen, bläht man das Wundermittel immer weiter auf.
Aber damit nicht genug.
Ich wage mal abzuzeichnen, dass Stamets' Erklärungen und Tillys Geisterfreundin mit den Gerüchten zu tun haben, dass der letzte Woche im Vorspann genannte Wilson Cruz in den Schoß der Crew zurückkehren dürfte.
Doch warum?
Nicht dass ich mich nicht über den Schauspieler und dessen deutsche Synchronstimme freuen würde, aber für eine Serie, die sich einstmals anschickte, in bester Game-of-Thrones-Art Spannung durch das beständig über dem Haupt aller Figuren schwebende Damokles-Schwert zu erzeugen, mutet es wie drei Schritte rückwärts an, auf dieses erzählerische Element zu verzichten. Das mag aus dem Munde eines Rezensenten, der sich über eine Rückbesinnung auf Star-Trek-Traditionen freut (wie oft sind schon allein Scotty, Spock oder Kirk wieder von den Toten auferstanden??), zwar ein wenig widersprüchlich anhören, doch es drängt sich mir die Vermutung auf, dass man auf Autoren-Seite bei der Beratung, welche Aspekte man in die zweite Staffel hinüberretten sollte, auf das falsche Pferd gesetzt hat.
Zudem fallen mir mit jeder weiteren Minute Discovery mehr und mehr Ungereimtheiten auf. So scheint das Signal etwas für Menschen übrig zu haben, denn sowohl auf dem Asteroiden als auch auf diesem abgelegenen Planeten finden sich Mitglieder dieser Spezies. Als wäre das nicht genug, kompliziert auch stets just im unpassendsten Moment eine Komplikation die Informationssuche der Crew – vom Kollisionskurs mit einem Pulsar bis hin zum drohenden atomaren Winter auf dem Planeten des Außenteam-Einsatzes.
Doch wenn mich Discovery in seiner ersten Staffel eines gelehrt hat, dann ist es abzuwarten, ob diese eher plumpen 'Zufälle' auf schlechtes Storytelling zurückgehen oder tatsächlich Teil eines größeren Plans sind. Schließlich werden erst die nächsten Episoden mehr Klarheit in das mit Absicht vage gehaltene Motiv der Signal-Sender bringen.



Logiklöcher.
Immerhin gelingt Discovery in einem Bereich eine bewundernswerte Konsistenz: Es strotz nur so vor inhaltlichen Ungereimtheiten. Streckenweise gelingt es nicht einmal, einen roten Faden zur Vorgänger-Folge aufrecht zu erhalten.
In "Bruder" werden wir nämlich Zeuge, wie Burnham ein Stück der dunklen Supermaterie greift, festhält und doch verliert, weil es sich nicht beamen lässt. Nun aber sehen wir, was ein klitzekleines Stückchen mit einem Metalltisch machen kann und werden zudem Zeuge, wie es Tilly in einer bislang unerklärten Energieentladung bewusstlos auf dem Shuttlehangar hinterlässt.
Wie aber konnte Burnham das Stück überhaupt anheben?
Überhaupt wundert es mich, dass ein so schweres Objekt so problemlos im Hangar herumschweben kann (immerhin wiegt ein Kubikzentimeter der Substanz 1,1 metrische Tonnen), ohne dass es Auswirkungen auf das Schiff, die Energieversorgung oder die Manövrierfähigkeit der Discovery hat. Ich hätte geglaubt, dass wenn es einen ganzen Asteroidenschauer aus dem Gravitationsfeld eines Planeten entführen kann, hätte das auch mehr Auswirkungen auf die Bordabläufe.
Zusätzlich frage ich mich auch, was eigentlich mit dem Phaser los war (für eine Überladung zu klein, für einen Schuss zu langsam).
Vor allem ist mir rätselhaft, was fortan mit New Eden passiert. Jetzt, wo die Kirche wieder im alten Licht erstrahlt, wird das sicherlich die abgeebbten Pilgerströme wiederbeleben und die eigentlich auf einer Lüge basierenden Religion – die jegliche Opposition in ihren Schriften verteufelt - neuen Auftrieb verleihen. Eine etwas merkwürdige Aussicht nach all den Diskussionen, die Pike und Burnham miteinander über das Wohl der Kolonie führten.
Schließlich bröckelt auch die generelle Glaubwürdigkeit der Charaktere immer mehr. Das liegt vor allem daran, dass die Autoren die Figuren mit immer neuen Superfähigkeiten ausstatten, statt Bescheidenheit walten zu lassen.
Denn mal im Ernst, wozu lernte Saru in einer Zeit der Universaltranslatoren sage und schreibe neunzig verschiedene Föderationssprachen? Da hätte man die Kirche besser im Dorf gelassen: Sechs, sieben oder meinetwegen zehn verschiedene Sprachen hätten doch schon gereicht, um das Repertoire sämtlicher Otto-Normal-Zuschauer zu übertreffen, zumal in den USA für viele schon die Idee mehr als eine Sprache (Englisch) zu sprechen völlig utopisch erscheint.
Ähnlich verhält es sich mit dem Umstand, dass Detmer schon mit zwölf ihren Pilotenschein gemacht hat – eine Behauptung, die besonders dann recht unglaubwürdig wirkt, wenn man sich vor Augen hält, dass sie aus Deutschland stammen soll.




V. Synchronisation.
Die hat tatsächlich keine größeren Auffälligkeiten – was durchaus ein Qualitätsmerkmal ist. Selbst Tillys nicht minder nervige Schulfreundin hat im deutschen wie im englischen eine ähnlich anstrengende Stimme erhalten.

VI. Fazit.
Auch die zweite Folge der zweiten Staffel bestätigt einen massiven Kurswechsel an Bord der USS Discovery: Pike macht Burnham die Monoperspektive abspenstig, die optimistische Grundstimmung hält an und auch thematisch bedient sich die Episode an klassischen Motiven Star Treks.
Aber auch wenn Discovery den überfälligen Schritt in die richtige Richtung gemacht hat, bleibt es nicht frei Von Fehlern. Vor allem Tilly wirkt dermaßen überzeichnet, dass Wesley Crusher im Direktvergleich wie ein Sympathieträger wirkt. Logiklöcher durchsetzen auch weiterhin konsequent die Handlung. Und der Sporenantrieb macht ein vielleicht sinnvolles, aber auch vermutlich haarsträubendes Comeback.
Alles in allem bleibt die Folge jedoch sehenswert und weiß die Qualität ihres Vorgängers fortzuführen.




Bewertung.
Wenn unser Glaube nicht mehr siegen kann, dann sind wir jenseits von New Eden.





VII. Schluss.

Tatsächlich ist es der Folge gelungen, den Fluch der zweiten Folge abzustreifen. Sie steht wohl eher in der Tradition von anderen großartigen zweiten Episoden wie "Der Besuch", "Tuvoks Flashback" oder "Carbon Creek", als die eingangs genannten drei Vertreter.
Zumal jede dieser Serien Höhepunkte vorzuweisen hat, die kleinere Ausfälle übertünchen können. Hier liegt es an Discovery, entsprechende Highlights nachzuliefern und zu beweisen, dass das momentane Hoch mehr als nur eine Momentaufnahme war.
Hoffen wir, dass die Reise weiterhin so reibungsarm verläuft….



Denkwürdige Zitate.

"Bei Höchstgeschwindigkeit würden wir für diese Entfernung hundertfünfzig Jahre brauchen. Meine ungeborenen Enkel könnten es mit etwas Glück erreichen."
Christopher Pike

"Ein Tardigrade?"
"Man muss es mit eigenen Augen gesehen haben…"
Pike und Saru

"Die Astromycologie hat mich gelehrt, dass nichts wirklich jemals fort ist. Pilze sind die Wiederaufbereiter des Universums! In jedem Ende liegt auch immer ein Anfang; deshalb ist das Leben immerwährend."
Paul Stamets

"Wenn Sie mir sagen, dass dieses Schiff auf einem Highway aus Pilzen quer durch das Universum springt, werde ich das mal so hinnehmen."
Pike

"Sein erstes Mal vergisst man nie, Sir."
Saru

"Als Wissenschaftsoffizierin möchte ich davor waren, einer unidentifizierbaren Energiequelle so etwas wie eine Absicht zu unterstellen."
"Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, Horatio."
"Ich bin mit Shakespeare vertraut. Wollen Sie andeuten, dass ein göttlicher Wille diese Leute hier hergebracht hat?"
"Sie kennen bestimmt auch Clarkes drittes Gesetz?"
"Ja. Im zwanzigsten Jahrhundert sagte Arthur C. Clarke dass jede hinreichend fortschrittliche Technologie von von Magie nicht zu unterscheiden sei."
"Das Gesetz wurde von Naturwissenschaftlern wie Theologen diskutiert und wie  folgt umformuliert: Jede hinreichend fortschrittliche außerirdische Intelligenz ist nicht zu unterscheiden von Gott. Ich weiß nicht wie oder warum sie hergekommen sind, aber ein Zufall wird es nicht gewesen sein."
Michael Burnham und Pike

"Bevor wir auf andere achtgeben, müssen wir auf uns selbst achtgeben."
Saru

"Wenn x nicht funktioniert, versuch's mit y! Wenn y nicht funktioniert, versuch's mit z! Wenn z nicht funktioniert, ertränk' Deine Unfähigkeit in einem risanischen Mai Tai!"
Sylvia Tilly

"Ich hab' eigentlich Bettruhe, aber die steht praktisch im Widerspruch zu meiner Existenz."
Tilly

"Zu ihrem Glück wurde ich auf Vulkan erzogen. Wir machen keine Witze."
Burnham





Weiterführende Leseliste.

Staffel 2.


01. Rezension zu: "Brother"
02. Rezension zu "New Eden"
03. Rezension zu "Lichtpunkte"
04. Rezension zu "Der Charonspfennig"
05. Rezension zu "Die Heiligen der Unvollkommenheit"
06. Rezension zu "Donnergrollen"
07. Rezension zu "Licht und Schatten"
08. Rezension zu "Gedächtniskraft"
09. Rezension zu "Projekt Daedalus"
10. Rezension zu "Der rote Engel"
11. Rezension zu "Der Zeitsturm"
12. Rezension zu "Tal der Schatten"
13. Rezension zu "Süße Trauer, Teil I"
14. Rezension zu "Süße Trauer, Teil II"
Staffel 1.

01. Rezension zu "Leuchtfeuer" und "Das Urteil"
03. Rezension zu "Lakaien und Könige"
04. Rezension zu "Sprung"
05. Rezension zu "Wähle Deinen Schmerz"
06. Rezension zu "Lethe"
07. Rezension zu "T=Mudd²"
08. Rezension zu "Si Vis Pacem, Para Bellum"
09. Rezension zu "Algorithmus"
10. Rezension zu "Nur wegen Dir"
11. Rezension zu "Der Wolf im Inneren"
12. Rezension zu "Blindes Verlangen"
13. Rezension zu "Auftakt zum Ende"
14. Rezension zu "Flucht nach vorn"
15. Rezension zu "Nimm meine Hand"

Short Treks.

01. Rezension zu "Runaway"
02. Rezension zu "Calypso"
03. Rezension zu "The Brightest Star"
04. Rezension zu "The Escape Artist"

Montag, 21. Januar 2019

Turons Senf zum zweiten Short Trek "Calypso"




Spoilerwarnung.
Diese Renzension enthält massive Spoiler zum zweiten Short Trek 'Calypso' und sollte nur gelesen werden, wenn man die Mini-Folge bereits gesehen hat.


Einleitung.

Na endlich! So ziemlich am Vorabend der Deutschlandpremiere der ersten Folge der zweiten Staffel Discovery hat Netflix auch hierzulande die Short Treks verfügbar gemacht.
Aber nicht irgendwo!
Sie sind bestens unter der Rubrik 'Trailer und mehr' vor dem neugierigen Augen nichtsahnender Zeitgenossen versteckt, so dass man schon ganz genau wissen muss, wo man nach den Mini-Häppchen suchen muss.
Aber sind die Folgen denn wirklich "[…] nett, aber verzichtbar" (TommyD, im Kommentar zur Rezension von 'Runaway'), oder steckt mehr hinter den kleinen Zwischenbissen, die ursprünglich die lange Wartezeit auf neue Folgen verkürzen sollten?


I. Story. 
Etwa eintausend Jahre nach dem Verschwinden der USS Discovery wird das Schiff recht unverhofft von einem hilflos in einer Rettungskapsel durch das All treibenden Soldaten gefunden. Inzwischen von einer künstlichen Intelligenz betrieben, holt dieser als Zora bezeichnete Computer den Schwerverletzten an Bord, pflegt ihn gesund und päppelt ihn wieder auf. Die beiden bauen eine Beziehung zueinander auf, bis der Fremde bei einem Tanz seine Prioritäten erneut überdenkt…





II. Lobenswerte Aspekte.

Besetzung.
Sollte man überhaupt von einer 'Besetzung‘' sprechen? Abgesehen von der Computerstimme und einigen Sekunden andauernden Einspielern (denen zufolge man auch Fred Astaire und Audrey Hepburn zum Cast zählen müsste) gibt es nämlich nur einen 'echten' Schauspieler in dieser Mini-Episode.
Doch Aldis Hodge verrichtet einen grandiosen Job, vor allem wenn man bedenkt, dass er all die Szenen größtenteils Dialoge mit der Kamera führt. Dabei wirkt der Darsteller stets cool, glaubwürdig und selbstbewusst; selbst als er aus irgendeinem Grund anfängt, das Tanzbein zu schwingen.
Dieser von eleganten Kameraperspektiven aus der Hand des Discovery-Regisseurs Oloatunde Osunsanmi zu einem optischen Hochgenuss aufpolierten Kurzgeschichte steht der Schauspieler, den man aus oder "Girlfriends", "Supernatural" oder "Leverage" kennen könnte, jedenfalls gut zu Gesicht.




Ausblick.
Und so schnell werden wir Hodge wohl nicht wiedersehen, denn mit einer Einbettung der Folge in eine Zeit etwa ein Millennium nach der Serie "Discovery" präsentiert sie sich absolut losgelöst. Sie hat Freiheiten, die andere Mini-Episodennicht haben und wird von einem allgegenwärtigen Hauch von Mysterium umnebelt.
Was das Ganze so spannend macht, sind die wenigen Informationen, die sich aus der Folge extrahieren lassen.
Da wäre zum einen die Gewissheit, dass dem Schiff ein Schicksal wie das der USS Shenzhou, der USS Enterprise NCC-1701-D oder der USS Defiant erspart bleibt. Was die Sache allerdings nicht weniger mysteriös macht, denn wir erfahren, dass das Schiff von seiner gesamten Besatzung absichtlich verlassen wird. Darüber hinaus gibt ihr Captain dem Schiffscomputer den Befehl, unter allen Umständen an Ort und Stelle zu verweilen.
Damit ist der Kurs der Serie "Discovery" immerhin schon ein wenig deutlicher gezeichnet.
Noch aufregender allerdings ist der Teil, der sich nicht um die Serie dreht, sondern um Craft, den tätowierten Soldaten der auf dem Schiff Discovery strandet.
Von ihm erfahren wir, dass er in einen mindestens zehn Jahre andauernden Krieg verwickelt ist. Sein Gegner sind die V'draysh, die Relikte aus der Vergangenheit schätzen und denen er eine Rettungskapsel entwendete.
Interessant dabei ist, dass in der Medienbibliothek dieses Fluchtmittels nicht nur menschliche Kulturgüter zu finden sind, sondern auch ein englisch-sprachiges Interface! Was wäre, wenn der Begriff 'V'draysh' nur ein nach mehr als tausend Jahren Verwendung bis zu Unkenntlichkeit verstümmelter Begriff für die 'Föderation' (englisch 'Federation') ist, der sich wie die Bezeichnungen für Kohms (Kommunisten) und Yangs (Yankees) in "Das Jahr des roten Vogels" über die Zeit verselbständig hat?
Wenn dann Menschen gegen die eigene Regierung ins Feld ziehen, kann das nur auf Bürgerkriegsartige Zustände im dreiunddreißigsten Jahrhundert hindeuten.
Das ist insofern interessant, dass der Schreiber dieser Episode, der Pulitzer-Preisträger Michael Chabon, nicht nur meine Theorie auf seinem Instagram-Account längst bestätigt hat, sondern darüber hinaus auch zum Autorenteam der neuen Serie um Captain Picard gehören wird, von der Alex Kurtzman erst kürzlich angab, dass die Ereignisse nach dem Zusammenbruch des romulanischen Reiches schwerwiegende Folgen für den verdienten Sternenflottenkommandanten hat. Bedenkt man ferner, dass schon einmal ein Serienentwurf namens "Federation" beabsichtigte, die Vulkanier eine Art Brexit aus der Föderation betreiben zu lassen, könnte Chabons düsterer Zukunftsentwurf auf einer Grundlage beruhen, die wir schon hoffentlich bald als nächste Star-Trek-Serie sehen können. Was allerdings dann noch von dem Star Trek übrigbleibt, das ohnehin längst viele Fans für verloren halten, bleibt wohl abzuwarten.


Kritikwürdige Aspekte.

Alter Hut.
Ganz ehrlich: Dieser Short Trek hat das Rad nicht neu erfunden. Es gibt nichts wirklich Neues zu erzählen und inhaltliches gab es Ähnliches bereits in der Star-Trek-Originalserie, bei Doctor Who und selbst bei Futurama.
Aber warum sollte eine so kurzer Pausenfüller wie ein Short Trek denn überhaupt die große Revolution sein?
Nun, das muss er überhaupt nicht!
Es ist nur so, dass eine Viertelstunde einfach kein geeigneter Zeitrahmen ist, um ein so komplexes Thema wie die Interaktion von sich selbst bewusster künstlicher Intelligenz mit Menschen auch nur ansatzweise zu behandeln.
Sie will einfach schlichtweg zu viel, driftet aber statt auch nur Andeutungen wirklicher Ausrufezeichen zu hinterlassen in Kitsch und Anleihen aus "Odyssee im Weltraum", "Wall-E" oder "Moon" ab.
Bei aller Pulitzer-Preis-Ehre, allem Kurzgeschichtenrahmen und aller Berechtigung von Anspielungen auf andere große Science-Fiction-Werke wurde dieses Kapitel schon zu oft und vor allem zu oft deutlich besser erzählt, als dass man 'Calypso' wirklich als denkwürdiges Exemplar eines Short Treks in Erinnerung behalten sollte.




Logiklöcher.
Kennt ihr das?
Man weiß eigentlich schon längst, was man zu Weihnachten bekommt, aber muss doch beim Auspacken irgendwie so tun, als würde man sich darüber freuen, als hätte man nicht den blassesten Schimmer?
So muss es Zora gehen, denn immerhin wird ihr Lieblingsfilm aus ihrer Datenbank mehrfach von Craft angeschaut. In einem Raum den sie überwachen kann. Und schließlich repliziert ihr Tanzpartner sein Dress auch noch mit einem ihrer Systeme.
Dass sie am Ende allen Ernstes so überwältigt wirkt, hat mich nicht minder stark beeindruckt.
Zudem drängt sich mir ja die Frage auf, warum das MHN der Voyager einen mobilen Holoemitter benötigt um auf die Brücke zu kommen, wenn ein Schiff aus dem dreiundzwanzigsten Jahrhundert offensichtlich keine Probleme damit hat, die gesamte Kommandozentrale in einen taubenverseuchten Tanzsaal zu verwandeln.


Übersetzung.
Autsch!
Gerade im Bezug auf den gemeinsamen Ursprung der deutschen und englischen Sprache wird häufig von 'falschen Freunden' gesprochen. So bedeutet das englische Wort 'gift' eher 'Geschenk', das Verb 'to become' hat nichts mit 'bekommen' zu tun und man sollte seine Rumpsteakbestellung in Großbritannien auf keinen Fall mit dem Wort 'bloody' garnieren.
Um es in diesem Fall kurz zu machen:
Genauso ist auch 'Craft Beer' kein 'Kraftbier', 'aircraft' keine 'Luftkraft' und ein Charakter, der im englischsprachigen Original 'Craft' heißt, ganz bestimmt nicht 'Kraft' im deutschen.
Und selbst wenn man sich schon zu einer solch wackeligen Übersetzung hinreißt, dann sollte man wenigstens konsequent eine Wendung wie "Because you’re so crafty?" mit "Weil Du so kräftig bist?" statt mit "Habt ihr alle klingende Namen?" übersetzen.




Fazit.
Aldis Hodge hat die sicherlich keineswegs leichte Aufgabe der Hauptdarsteller dieser Mini-Folge zu sein mit beeindruckender Bravour gemeistert. Doch auch wenn die Folge interessante Spekulationen über die Zukunft der Franchise anregt, bleibt der gewählte Erzählgegenstand am Ende doch mindestens zwei Nummern zu groß für eine sechszehnminütige Folge mit nur losem Bezug zur eigentlichen Serie. 'Calypso' verrennt sich in Gefilden, die andere mit mehr Geld, Zeit und Personal deutlich sehenswerter inszeniert haben.

Bewertung.
Überambitionierter Einzelgänger.






Schluss.

'Calypso' bleibt zu weit hinter den Erwartungen zurück, um ein wirklicher Gradmesser für die Sinnhaftigkeit von Short Treks zu sein. Aber ist es deswegen gleich nicht weniger schlimm, wenn diese Kleinstfolgen erst jetzt, statt wie in Amerika jeweils einmal pro Monat vor der eigentlichen  Premiere erscheinen?
Es ist natürlich immer leicht, sich hinzustellen und im Nachhinein zu sagen, dass es kaum der Rede wert sei, dass sie erst jetzt veröffentlicht wurden. Denn genauso kann ich mich ja nach dem Ende der ersten Staffel Discovery aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass es nicht weiter schlimm wäre, diese Folgen erst ein paar Tage vor dem Staffelstart der zweiten anzusehen (und hätte damit auch nicht weniger Recht oder Unrecht).
Wie Spock einmal so schön postulierte "Die Natur verabscheut ein Vakuum". So ist es einfach unfair, die Fans außerhalb der USA derart abzunabeln. Ob die Folgen gut oder schlecht sind, muss ohnehin jeder für sich selbst entscheiden, aber viele Trekkies wollen eben nicht warten, was im Umkehrschluss nur unnötig die Beschaffungskriminalität beflügelt.
Und wenn es kein Problem ist, auf die Folgen zu warten, dann wäre es doch auch kein Problem gewesen, sie zeitgleich auszustrahlen.
Oder?




Denkwürdige Zitate.

"Hast Du gedacht, dass ich lebendig wäre?"
Zora zu Craft

"Ich meine, was ist Betty Boop?"
"Das ist schwer zu erklären…"
"Aber Du kennst sie. Weil Du auch aus vergangenen Zeiten stammst. Wie lange wartest Du hier draußen schon allein darauf dass die Crew zurückkehrt von wo immer sie auch ist?"
"Seit fast eintausend Jahren. In der Zeit habe ich mich weiterentwickelt. Es war sehr schön etwas Zeit für mich zu haben."
"Lügnerin."
Craft und Zora

"Das nennt man eine Waffel. Man gießt Sirup darüber."
Zora

"Taco-Dienstag! Und bevor Du fragst, ein Taco besteht aus einem Kohlehydratmantel mit einer herzhaften Proteinfüllung. Er kommt ursprünglich von der Erde. Aus Mexiko."
"Ich verstehe… Was ist ein Dienstag?"
Zora und Craft

"I love your funny face…"
Fred Astaire

"Du bist eine gute Frau. Immer willst Du mir eine Freude machen. Hat Dir auch schonmal jemand eine Freude gemacht?"
Craft zu Zora

"Anhalten. Nein Zora, nicht sie. Du."
"Was meinst Du damit? Mich gibt es nicht! Nicht in sichbarer Form. Ich habe keinen Körper und auch kein Gesicht."
"In meiner Vorstellungskraft schon. Und in Deiner sicher auch."
Craft und Zora

"Du hast nichts Falsches getan! Ich bin doch gar kein wirklicher Mensch! Das weißt Du! Es hat keine Bedeutung."
"Lügnerin."
Craft und Zora

"Craft! Wenn wir Liebende wären, auf deiner Welt, würdest Du mir Deinen Namen verraten? Deinen wahren Namen?"
"Wenn wir Liebende wären, auf meiner Welt, würdest Du mir meinen wahren Namen geben."
"Ah. Dann… hab ich das… ja schon getan."
Zora und Craft

Weiterführende Leseliste.


Short Treks.

01. Rezension zu "Runaway"
02. Rezension zu "Calypso"
03. Rezension zu "The Brightest Star"
04. Rezension zu "The Escape Artist"

Staffel 1.

01. Rezension zu "Leuchtfeuer" und "Das Urteil"
03. Rezension zu "Lakaien und Könige"
04. Rezension zu "Sprung"
05. Rezension zu "Wähle Deinen Schmerz"
06. Rezension zu "Lethe"
07. Rezension zu "T=Mudd²"
08. Rezension zu "Si Vis Pacem, Para Bellum"
09. Rezension zu "Algorithmus"
10. Rezension zu "Nur wegen Dir"
11. Rezension zu "Der Wolf im Inneren"
12. Rezension zu "Blindes Verlangen"
13. Rezension zu "Auftakt zum Ende"
14. Rezension zu "Flucht nach vorn"
15. Rezension zu "Nimm meine Hand"

Staffel 2.

01. Rezension zu: "Brother"
02. Rezension zu: "New Eden"
03. Rezension zu "Lichtpunkte"
04. Rezension zu "Der Charonspfennig"
05. Rezension zu "Die Heiligen der Unvollkommenheit"
06. Rezension zu "Donnergrollen"
07. Rezension zu "Licht und Schatten"
08. Rezension zu "Gedächtniskraft"
09. Rezension zu "Projekt Daedalus"
10. Rezension zu "Der rote Engel"
11. Rezension zu "Der Zeitsturm"
12. Rezension zu "Tal der Schatten"
13. Rezension zu "Süße Trauer, Teil I"
14. Rezension zu "Süße Trauer, Teil II"


Samstag, 19. Januar 2019

Turons Senf zu "Brother" (Star Trek Discovery, S2Nr01)


Spoilerwarnung.

Diese Rezension enthält massive Spoiler auf "Brother", die erste Folge der zweiten Staffel "Star Trek Discovery" und sollte nur dann gelesen werden, wenn man diese und vorangegangene Folgen bereits gesehen hat.





I. Einleitung.
In mir steckt ein schizophrener Geist.
Da ist jene dunkle Seite in mir, die Discovery ein wenig ablehnend gegenübersteht.
Es gelang Discovery für meinen Geschmack einfach viel zu selten, mich in seiner ersten Staffel vom Hocker zu reißen und die wirklich denkwürdigen Folgen kann man problemlos an einer Hand abzählen. Zu viele Logiklöcher, Kanonbrüche und Fehlentscheidungen haben mich nach den ersten fünfzehn Folgen abgeschreckt.
Diese Seite in mir ist daher missmutig, argwöhnisch und vor allem ängstlich, welchen Unsinn diese Serie als nächstes mit der inneren Chronologie Star Treks anstellt.
Und dann ist da diese andere, aufgeregte Seite.
Jener Teil in mir, der sich beinahe wie ein kleines Kind freut, wenn er ein neues Stück Star Trek sehen kann; sei es ein winziger Short Trek oder die erste Folge der zweiten Staffel einer Serie, die mich eigentlich nie so ganz mitreißen konnte. Sie will ungebrochen an das Gute in der Serie glauben, kratzt alle positiven Aspekte zu einem Grund zur guten Hoffnung zusammen und klammert sich rücksichtslos optimistisch an die vage Aussicht, dass es von jetzt an nur noch besser werden kann, wenn die Autoren aus den Fehlern gelernt haben.
Und so saßen beide Seiten meiner selbst zusammen mit mir unschlüssig vor dem Fernsehbildschirm, als die neueste Folge "Brother" bei Netflix anlief. Hier folgt, was sie erlebten.




II. Story.
Nach ihrem Zusammentreffen mit der USS Enterprise übernimmt deren Captain Christopher Pike das Kommando über die USS Discovery, um mit ihr einem rätselhaften außerirdischen Signal zu folgen, das die Föderation in den Weiten des Alls entdeckt hat.
So folgen Burnham, Saru und Co. dem neuen Interims-Captain zu einem Asteroiden, wo sie prompt auf die Überreste eines verloren geglaubten Krankenwagenraumschiffes stoßen, das auf der unwirtlichen Oberfläche des durch das All sausenden Himmelskörpers eine verheerende Bruchlandung hingelegt hat.
Die Crew muss schleunigst zusammenarbeiten um Lösungen für die brennendsten Fragen unter ihren Fingernägeln zu finden:
Gibt es Überlebende?
Wie kommen wir auf die Planetenoberfläche?
Was hat es mit den fremden Signalen auf sich?
Kann Pike das Vertrauen der gebeutelten Discovery-Besatzung gewinnen?
Und wo zum Teufel steckt eigentlich Burnhams Adoptivbruder Spock?




III. Lobenswerte Aspekte.

Charaktermomente.
Die einzelnen Figuren erlebt der Zuschauer wie Licht und Schatten. Einige sind großartig, andere mittelmäßig, während wiederum ganz andere Gestalten auf keine Kuhhaut passen. 
Für letztere Kategorie habe ich zwei gute Beispiele.
Evan Connolly. Der etatmäßige zweite Wissenschaftsoffizier der USS Enterprise ist so plump wie eindimensional gezeichnet, als wäre er lieblos aus dem großen Buch der Bauernopfer abgepaust. Er wirkt keine Sekunde sympathisch, strotzt nur so vor selbstherrlicher Arroganz und macht sich nicht einmal die Mühe, dass man als Zuschauer eine Beziehung zu ihm aufbauen kann.
So weit, so nachvollziehbar. Kontroverser hingegen scheint mein zweiter Totalausfall zu sein.
Denise Reno. Die meisten meiner bisherigen Gesprächspartner empfanden Reno als erfrischende Abwechslung, doch mich persönlich spricht ihre Art überhaupt nicht an. Ich will nicht falsch verstanden werden; ich habe keinerlei Problem mit einer Frau als Chefingenieurin, aber im Vergleich zu ihr wirkt die einzige andere (nennenswerte) weibliche Maschinenraumchefin B’Elanna Torres wie eine freundliche Disney-Prinzessin – während sie immerhin Halbklingonin war.
Die von der Komikerin Tig Notaro verkörperte Figur hingegen entpuppt sich seit der ersten Wortmeldung als besserwisserische Eigenbrödlerin mit der latenten Angewohnheit anderen mit schnottrigem Sarkasmus ins Wort zu fallen. Sie reicht einem Sternenflottencaptain die blutverschmierte Hand, obwohl es definitiv kein Problem gewesen wäre, den OP-Handschuh abzustreifen. Ich mag da eine unpopuläre Sichtweise vertreten, aber für mich klingt das nach einem deutlichen sozialen Defizit, von dem ich nicht glaube, dass er durch die fast einjährige Isolation zu erklären ist. Da hat es irgendjemand mit dem Ecken- und Kanten-Zeichnen einfach so weit übertrieben, dass ein Charakter entstanden ist, den man im wahren Leben wohl auf dem einsamen Asteroiden zurückgelassen hätte.
Überhaupt erinnert mich die Vorstellung eines Ingenieurs, der sich erfolgreich medizinisches Wissen anliest, um mit seinem Wissen über Technik an Menschen und deren Organen herumzubasteln hat, zu deutlich an die literarische Vorlage Dr. Frankensteins. Das geht zu Lasten der Glaubwürdigkeit, denn wozu verbringen Sternenflottenärzte überhaupt acht lange Jahre mit eintönigem Studieren, wenn sie genauso gut ein zehn Monate und elf Tage anwährendes Praktikum im Maschinenraum machen können?



Eher mittelprächtig kommt hingegen Michael Burnham rüber.
Obgleich sie den Aufmerksamkeitsfokus der gesamten Serie auf sich zieht, verfällt sie allen Erfahrungen der letzten Staffel zum Trotz in alte Verhaltensweisen zurück. Sie ist schnippisch, vorlaut und als sie Pike auf der Brücke zusammenfaltet, grenzt ihr Verhalten schon beinahe an Insubordination. Es mutet schon recht ironisch an, dass ausgerechnet sie Sarek zufolge Spock Empathie näherbringen sollte, denn ihr offen ausgetragener, pubertär anmutender Kleinkrieg mit Connolly war nicht zuletzt einer der Gründe, warum er (in zusätzlicher Überschätzung seiner eigenen Fähigkeiten) auf der Außenmission schließlich starb. Sein sinnfreies Ableben war zeitgleich ein Armutszeugnis für einen Offizier mit dem Rang eines Commanders, zu dessen Fähigkeitsarsenal auch der Umgang mit Untergebenen gehören sollte.
Immerhin hatte Burnham auch bessere Momente, auch wenn ich persönlich sie vor allem in den Rückblenden am sympathischsten empfand.
Ähnlich ambivalent verhält es sich mit dem inzwischen zum Fähnrich aufgestiegenen Rotschopf Sylvia Tilly. Zwar hängt insbesondere an ihrer Person der wissenschaftliche Tenor der Folge und tatsächlich spürt man, dass die strahlende Offizierin mit dem großen Herz eine große Zukunft blüht, aber auf der anderen Seite wirkte sie über weite Strecken so anstrengend teenagerhaft, dass man als Zuschauer zeitgleich mit Saru immer wieder verzweifelt vor Fremdscham mit den Augen rollen muss.


Mit dem von Doug Jones verkörperten Saru beginnt aber auch schon die Bestenliste.
Der Kelpianer liefert die gesamte Folge eine gute Figur und solide Performance ab. Sein Charakter wirkt ein wenig unbeschwerter und selbstsicherer als zuvor. Außerdem haben die Schreiber seinen Dialogen nunmehr eine kleine Prise Humor beigemengt, was der Figur, die nun mehr an Odo als an Data erinnert, wirklich gut tut.
Auf ähnlich stabilem Kurs hält sich auch James Frain mit seiner würdevollen Darstellung als Sarek, die durch Mia Kirshners Porträt Amanda Graysons kongenial ergänzt wird. Selbst der Jung-Spock-Darsteller Liam Hughes verrichtet einen wortlosen, aber nichtsdestotrotz großartigen Job.
Das Allerbeste aber habe ich mir allerdings für den Schluss aufgehoben:



Anson Mount als Christopher Pike in Aktion zu sehen ist der unbestreitbaren Höhepunkt dieser Episode.
Er schlägt eine perfekte Brücke zwischen Jeffrey Hunter aus dem Star-Trek-Pilotfilm und Bruce Greenwood aus dem Abramstrek-Reboot. Er verkörpert, was der Serie bislang gefehlt hat: Einen stilprägenden – wenn auch nicht gänzlich fehlerfreien – Captain, der seine Besatzung anführt. Trotz der Burnham-Zentrierung dreht sich das Geschehen in erster Linie um ihn und sein Amt, das er mit passgenauer Würde ausfüllt.
Zudem rückt er erstmals den Fokus auf die nur selten in Aktion getretene Brückencrew, die er in einer der bislang denkwürdigsten Szenen der gesamten Serie mit einer Vorstellungsrunde bedenkt. Das hat sofortige Auswirkungen, denn Detmer, Owosekun, Airiam, Rhys und Bryce haben in dieser einen Folge mehr Dialog als in der gesamten Staffel zuvor. Besondere Pluspunkte gibt es für (den eventuellen Saurianer?) Linus, dessen einzige Szene zwar arg am Rand von Slapstick wandelte, aber das Potential für einen Publikumsliebling a la Morn bot.
Das heißt allerdings nicht, dass alle Charaktere ausreichend Platz hatten, denn die Neuerungen gingen zu Lasten anderer Figuren wie Stamets (der noch nicht ganz von der Restwirkung des Pilzkomsums genesen zu sein scheint), der Beinahe-Statistin Dr. Pollard (als Chefmediziner nur zwei Worte zu sprechen gab es in noch keiner anderen Star-Trek-Serie) oder der Redshirt-tragenden Enterprise-Ingenieurin Nhan (über die ich gern mehr erfahren hätte).
Doch während diese Personen immerhin ab und an zu sehen waren, fehlten mir andere vollständig. Wo zum Beispiel ist Nummer Eins, der Erste Offizier Pikes abgeblieben?
Und warum erwähnt eigentlich niemand Spocks Halbbruder Sybok?
Immerhin dürfte dieser laut Star-Trek-Chronologie etwa sieben Jahre älter als Spock und ungefähr im gleichen Alter wie Burnham sein…




Neuer Ton.
Mit der neuen Staffel wird die Uhr wieder auf Null gestellt. Vergessen ist der rumpelige Start der ersten Folgen und es scheint tatsächlich, als hätte Alex Kurtzman sein Antritts-Versprechen wahrgemacht, zumindest einige der Fehlentscheidungen beim Start der Serie wiedergutmachen zu wollen. Das lässt sich optisch und inhaltlich gut erkennen.
Schon der aufpolierte Vorspann suggeriert Veränderung und in der Tat kommt man nicht umhin nach der Folge zu bemerken, dass sie die gesamte Grundstimmung schlagartig geändert hat. Eine positive Aura hat urplötzlich Einzug in der bislang recht düsteren Serie gefunden und diese Entwicklung lässt sich, wie bereits eingangs angedeutet, an einer Person festmachen:
Christopher Pike.
Der kann sich nämlich noch ganz genau an die Zeit erinnern, als alle einfach nur Forscher waren und führt auf dem Schiff wertschätzende, kameradschaftliche und demokratische Umgangsformen ein, die den Crewmitgliedern vorher beinahe gänzlich unbekannt waren. Damit beschwört er auch fast im Alleingang jene traditionellen Star-Trek-Werte, die auch alle Vorgängerserien begleitet haben.
Ansonsten wirkt alles noch bunter, noch knalliger, noch turbulenter!
Ein toller Soundtrack, seichter Humor, auffallend viele CGIs und ein wahres Feuerwerk an Rückblenden, Actionszenen, Außeneinstellungen, tollen Umschnitten oder Detailaufnahmen nehmen die Zuschauer auf eine Achterbahnfahrt mit, die den Vergleich mit einem Kinofilm fast nicht zu scheuen braucht, zumal endlich einmal das freiere Format eine Streaming-Serie durch eine Folgenlänge von knapp einer Stunde ausgeschöpft wird.
Tatsächlich kann man beim Ansehen von "Brother" erahnen, dass Gretchen Berg und Aaron Harberts gefeuert wurden, weil sie das Budget bereits in den ersten paar Folgen so sehr überstrapaziert haben.
Dem Zuschauer kommt das allerdings entgegen und darüber hinaus versäumt es die Folge nicht, zahlreiche rote Fäden für die Zukunft zu stricken. So will Pike in bester Forschermanier fremde Signal entschlüsseln, während Stamets (vielleicht durch den Forschungsgegenstand der dunklen Materie?) zum Bleiben animiert werden muss. Burnham kämpft mit Bruder-Komplexen, während Tilly sich beweisen darf und Saru sich mit der Schmach der Degradierung ins zweite Glied abfinden muss.
Trotz vieler vielversprechender Ansätze bleibt die Folge über weite Strecken sehr ausrechenbar.
Dass etwa Connolly stirbt, war bereits klar, als er erstmals seinen Mund öffnete.
Die Rettungsmission auf dem Asteroiden war so generisch, platt und künstlich, als wäre sie einem schlechten Rollenspiel entlehnt.
Und einige der Dialoge (z.B. Pikes Ausführungen zur Sternenflottenvorschrift 19, Absatz C, vergleiche Denkwürdige Zitate) waren so offensichtlich, dass ich die Antworten zeitgleich miteinsprechen konnte.


Moralität.
Um es kurz zu machen: Eine richtig klassische, tiefgreifende Moral wie in einigen Originalserien-Folgen oder TNG-Episoden sucht man in "Brother" wohl vergeblich.
Das soll aber nicht heißen, dass es keine gewichtige Grundaussage gibt.
Tatsächlich steht das Kollektiv im Zentrum und frei nach den Mottos "There Is No 'I' in Team", "Zusammen sind wir stark" oder "Ja wir schaffen das!" erfährt der geneigte Zuschauer, wie wichtig Zusammenarbeit auf einem Raumschiff, unter Kollegen und im Leben überhaupt ist.
Was nach einer eher überschaubar originellen Erkenntnis klingt ist allerdings nahezu revolutionär, wenn man bedenkt, wie wenig dieser Aspekt zuvor bei Discovery, deren Hauptaugenmerk als Serie ja auf einer Einzelperson liegt, überhaupt thematisiert wurde.


Kanonfutter.
Bereits der Cassini-Einstieg, der mit den Worten "Der Weltraum. Unendliche Weiten." unterlegt Fanherzen höher schlagen ließ, war ein Indikator dafür, dass die Folge den Schulterschluss mit ihren Serien und Film-Vorgängern suchte. Dabei spreche ich noch nicht einmal von den Tönen und Geräuschen, die etwa bei der Verwendung von Trikordern, dem Öffnen von Türen, beim Beamen oder dem Betrieb auf der Brücke deutliche Duftmarken hinterließen, die sich aber eher hintergründig in die Seele der Zuschauer einschlichen.
Stattdessen versorgte die Folge Trekkies mit großartigen Anleihen vor allem aus der Originalserie.
So wissen wir nun, wie Spocks Quartier unter Pike aussah - inklusive Amok-Time-Glockenspiel, seiner geliebten Harfe und dem gelochten Raumtrenner. Selbst die Quartiernummer ist die selbe wie "Weltraumfieber".
Rückblenden entführen uns in die Jugend Burnhams und Spocks, die irgendwo zwischen der TAS-Episode "Das Zeitportal" und der Abrams-Reboot-Interpretation in "Star Trek" (2009) angesiedelt sind, wobei besonders schön ist, dass Spocks Kinderhaarschnitt deutliche Überschneidungen mit seinem Trickfilm-Alter-Ego aufweist, auch wenn die animierte Serie sicherlich nicht unbedingt zu den Vorzeige-Serien der Franchise gezählt wird.
Zudem waren die Anlehnungen an die laut Kurtzmans Aussage kurz zuvor ausgetragene Handlung von "Der Käfig" erstaunlich liebevoll. Neben dem Lächeln des jungen Spocks und den Ausführungen zu den 'neuen' Uniformen (direkt schade, dass Pike sie am Ende austauscht – auch wenn die Discovery-Uniform zugegebenermaßen eine der besseren Design-Entscheidungen des Serie bildete) ist vor allem das Glückskeks-Zitat, das überdeutlich auf die Erfahrungen des Enterprise-Kommandanten anspielt, eine ebenso gelungene wie dezente Referenz auf die Wurzeln Star Treks.
Aber das bildet nur die Spitze des Eisbergs.
Sarek deutet im Gespräch mit seiner Ziehtochter an, dass Burnham der Schlüssel zu Spocks Hang zu Menschen sein könnte, auch wenn die Beziehungen aller Beteiligten zueinander deutlich gestört zu sein scheint.
Mein persönlicher Liebling ist allerdings die Dienstakte Pikes, in der man beispielsweise erfahren kann (wenn man im richtigen Moment auf 'Pause' drückt), dass der verdiente Captain nicht nur in Astrophysik durchfiel, sondern vor der Übernahme des Kommandos auf der Enterprise auf Schiffen wie der USS Antares, USS Aryabhatta und der USS Chatalet diente.
Ansonsten erfährt man von Spocks ungeahnten Zeichenkünsten, dem überlegenen Sehvermögen von Kelpianern selbst bei sehr verpixelten Aufnahmen und erfährt, dass bereits in der Mitte des dreiundzwanzigsten Jahrhunderts Caitianer und Bolianer in der Sternenflotte dienen. Zudem fragte ich mich, ob die Ingenieurin Nhan vom Planeten Barzan stammt, wo ähnliche Gerätschaften im Gesicht getragen werden.
Darüber hinaus sind auch die seit kurzem bei Netflix einsehbaren Short Treks miteingebunden worden.
So erwähnt Saru einmal seine Schwester Siranna, während Tilly gefühlt alle zwei Minuten darauf hinweist, dass sie Mitglied des Kommando-Trainings-Programms ist.




IV. Kritikwürdige Aspekte.

Kanonbrüche und Logiklöcher.
So schnell kann es gehen.
Eben noch lobe ich den Kanon, jetzt steht er auch schon auf meiner Mängelliste.
Doch bei Lichte betrachtet sind die wenigen Widersprüche recht geringfügig.
Klar suggeriert Nhan beim Anblick der modernen Discovery die Verwendung von Geld bei Star Trek, Doch wenn man auf die englische Tonspur wechselt, verwendet sie eher eine Redewendung um 'Pennies', die eher den kleinteiligen Aufwand zur Konstruktion dieses Schiffes unterstreicht.
Auch Tillys verfrühte Kenntnisse über Tribbles sind nicht weiter verwunderlich wenn man sich vor Augen hält, dass bereits Phlox eines der possierlichen Tierchen vor den Augen Hoshi Satos an seinen Zoo verfütterte.
Der Rollstuhlfahrer, der sich in einer Szene hinter Stamets zeigt, obgleich man eher seltener entsprechende Vehikel bei Star Trek sieht, ist dennoch nicht ohne Vorgänger – immerhin waren bereits Emory Erickson, Winona Kirk, Admiral Mark Jameson, Melora Pazlar und Christiopher Pike selbst in entsprechenden Gefährten zu sehen.
Auch die Abwesenheit von Connolly und Nhan im Star-Trek-Piloten "Der Käfig" ist recht spekulativ, denn wenn schon Pike neu besetzt wurde, könnte man ebenso auch behaupten, dass eine der Hintergrundfiguren in der Serie als Vorbild gedient haben könnten (wobei die Uniformen dort bei weitem nicht so bunt waren, wie uns die Dialoge in "Brother" weismachen wollen).
Ärgerlicher fand ich hingegen zwei deutlich lesbare Einträge in Pikes Dienstakte, die damit offizieller Kanon sind. Zum einen ist es die cardassianische Auszeichnung des "Tapferkeitshelm des Legaten" (Legate's Crest of Helm), die Pike mit Kriegsverbrechern und Preisträgern wie Crell Moset auf eine Stufe stellt. Noch unnötiger fand ich allerdings, dass juvenile Pike ausgerechnet jenen Carrington Award verliehen bekam, der Bashir aufgrund seines Alters von unter einhundert Jahren verwehrt blieb. Zudem drängt sich schon die Frage auf, warum Pike, der laut Akte keinen medizinischen Abschluss hat, eine der höchsten medizinischen Auszeichnungen der Föderation erhielt.
Ansonsten gibt es vor allem das ein oder andere Logikloch.
So ist mir beispielsweise nicht so ganz klar, was die Enterprise eigentlich havarieren ließ. Hier wäre eine genauere Erklärung sicherlich sachdienlicher gewesen, als diesen zeitlich recht günstigen Totalausfall mit dem Mantel des Schweigens zu verhüllen.
Zudem muss ich mal anmerken, dass die Discovery für ein Schiff ihrer Größe erstaunlich geräumig ist, was man vor allem bei Ankunft Pikes, der Turboliftfahrt mit Linus, den Szenen im Hangar und beim Start der Pods bemerken kann. Ein wahres Platzwunder, vor allem wenn man bedenkt, dass Stamets ohne eigenes Labor auskommen musste.



Quo Vadis, Discovery?
Schon Captain Pike formulierte in seiner Weitsicht einen Kritikpunkt aus, bevor irgendjemand sonst ihn aufbringen konnte.

Wie sie alle nur zu gut wissen hat die letzte Untersuchung einer Energieverzerrung zum Krieg mit den Klingonen geführt.“

Tatsächlich ist die Ausgangssituation der zweiten Staffel jener in der ersten so erschreckend ähnlich, dass die Schreiber in Person Pikes die Flucht nach vorn antraten. Aber auch abgesehen vom mysteriösen Energiesignal gab es einige erschreckende Parallelen wie Burnhams Rückfall in ruppige Verhaltensweisen, die Verwendung von "Alice im Wunderland" oder die Reise zum Signalursprung in einem Raumanzug.
Wobei letzterer Punkt natürlich auch genauso gut aus einer Quelle stammen könnte, aus der sich Kurtzman schon allein aus Gewohnheit bedienen dürfte:
Vieles erinnert nämlich an Abramstrek.
Connolly ignoriert in buntem Raumanzug die Sicherheitsanweisungen beim Flug zum Missionsziel?
Klingt nach Olsen beim Fallschirmsprung in "Star Trek" (2009).
Die Scheibe zerspringt weil sie von Trümmerteilen getroffen wird?
Richtig, das gleiche passiert Kirk in "Into Darkness".
Das Schiff springt aus dem Warp heraus und droht in einem gefährlichen Trümmerfeld mit einzelnen Flugkörpern zu kollidieren?
Ja, ähnliches widerfährt Pike auch in der alternativen Zeitlinie in "Star Trek" (2009).
Also wäre das nicht genug, tapst Discovery blind in eine Falle, die bereits andere Star-Trek-Serien in punkto Originalität limitierten. So trachtete beispielsweise Deep Space Nine nach mehr Beachtung, indem es die Popularität seines Vorgängers TNG dadurch auszuschlachten versuchte, dass es beliebte Charaktere übernahm oder Gastauftritte absolvieren ließ. So gaben sich etwa Picard, Riker, O’Brien, Worf, die Duras-Schwestern, Gowron, Alexander Rozhenko oder gar Q gegenseitig die Klinke der Raumstation in die Hand.
Ähnliche Prozesse kann man auch bei Discovery beobachten, wo zur Popularitätssteigerung Charaktere wie Mudd, Sarek, Amanda Grayson, Pike oder Spock der noch jungen Serie ordentlich Starthilfe geben.



Doch daneben bleibt nur wenig wirklich Originelles an der ersten Folge der zweiten Staffel übrig und die Verwendung altbekannter Charaktere legt den Verdacht des Fanservices nahe, auch wenn wir an dieser Stelle vielleicht wohlwollender vom 'Versuch des Brückenschlags' sprechen wollen.
Ob sich Discovery wird behaupten können oder eher zu einer Prequelserie mutiert, wird die Zukunft zeigen, wobei mir abschließend noch eines bitter aufstößt: Als Burnham und Tilly auf die Ursache für die Gravitationsstörungen stoßen, sagt die rothaarige Kommandotrainingsteilnehmerin folgendes:

"Das könnte die Entdeckung von etwas Unmöglichem sein! Eine Brücke zu einer potentiell unbegrenzten, Hundertprozent effizienten Energiequelle! Ein neuer Forschungszweig, der sich vor uns ausbreitet und wir sind seine Gründungsmütter!"

Ein wenig Bauchschmerz schwingt dabei mit, denn es scheint, als hätte man ein neues, völlig unzeitgemäßes Wundermittel jenseits von dunkler Materie gefunden, das man nun ähnlich melken könnte wie den Sporenantrieb, Transwarpbeamen oder Augment-Superblut. Ich kann nur hoffen, dass diese Prognose falsch ist, denn sonst ergäbe es einen weiteren Punkt, in dem die zweite Staffel dem schlechten Vorbild der ersten nacheifern würde.
Immerhin scheint man ein Laster los, dass ich persönlich nicht sehr vermissen werde. After Trek, die sinnlose Nachbesprechung einer jeden Folge, wurde scheinbar ersatzlos gestrichen (vielleicht auch besser im Angesicht der vielen Serien, die Kurtzman alsbald in den CBS-All.Access-Äther werfen will). Scheinbar hat man erkannt, dass ein weniger Tamtam der Seriosität dienlich ist und der ganze Rummel nur die Erwartungshaltung der Fans ins Unermessliche geschraubt hat. So änderte sich die Strategie. Die Trailer wurden aussagekräftiger, mehr Material gelangte im Vorfeld an die Öffentlichkeit und die Macher spielten mit verhältnismäßig offenen Karten. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass man zu vielen Spoilern ausgesetzt war, wenn man zuvor die verschiedenen Vorschau-Clips gesehen hat. Aber wahrscheinlich umgeht man es so, dem Druck der Fanlager nicht aushalten zu können – oder wie Pike es ausdrückte:

"Manchmal ist es ratsam, die Erwartungen herunterzuschrauben. Das bewahrt einen vor Enttäuschungen."

So bleibt uns wohl nur uns zurückzulehnen und ein weiteres Zitat jenes Mannes zu genießen, der diese Folge zu einer der besten der gesamten Serie bislang werden ließ – Captain Christopher Pike.

"Ach und Burnham: Wohin immer die Mission uns auch hinführt – wir lassen uns dabei auf keinen Fall den Spaß verderben. Hauen wir auf die Pauke und wirbeln ein bisschen Staub auf!"


V. Synchronisation

Es ist ein leidiges Thema. Abermals gibt es zum Deutschlandstart noch keinen deutschen Titel und auch der Rest der Synchronisation ist zwar nicht gänzlich schlecht, weist aber an vielen Stellen deutliche Mängel auf. So wäre etwa eine andere Bezeichnung als "Stiefbruder" für die Beziehung zwischen Spock und Burnham angemessen gewesen. Auch "kleines Stummelchen" ist nicht unbedingt eine allzu gelungene Übersetzung von 'Pinkie' (aber gibt es den im Deutschen überhaupt eine passende Bezeichnung für den kleinen Finger?). Am meisten geärgert hat mich allerdings, dass die Erwähnung von Pikes Geburtsort Mojave ersatzlos gestrichen wurde, womit auch der Informationsgehalt der deutschen Sprachausgabe gemindert wird.
Aber es gibt auch angenehme Aspekte der deutschsprachigen Version. So ist Benjamin Stöwe tatsächlich noch einmal zu hören und Wilson Cruz' Namensnennung im Vorspann lässt vermuten, dass dies fortan vielleicht doch noch häufiger der Fall sein könnte…




VI. Fazit.
Der Erfolg der ersten Folge der zweiten Staffel Discovery ist eng mit dem Namen Christopher Pike verbunden. Der genial von Anson Mount verkörperte Sternenflottencaptain bringt neuen Schwung, alte Werte und frischen Wind in die Serie, während er zeitgleich den Kreis zu den Anfängen der Franchise schließt. Es sieht tatsächlich so aus, als hätte man Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit gezogen und ist nun bereit - wenn auch im Schlepptau von frischen, altbekannten Gesichtern – neue Wege zu gehen.
Da wirkt es beinahe unwichtig, dass die Folge inhaltlich nicht allzu viel Tiefe zu bieten hat, einige Charaktere etwas über das Ziel hinausschießen oder Logiklöcher im Erzählgewand klaffen.
Brother“ ebnet den Weg in eine vielversprechende Zukunft. Es ist nun an Discovery, diesen Weg auch zu beschreiten.

Bewertung.Vielversprechender Auftakt.




 

VII. Schluss.
Nach der Folge steckt ein nicht viel weniger schizophrener Geist als zuvor.
Immerhin hat wieder einmal meine optimistischere Hälfte die Oberhand gewonnen. Dank eines tollen Pike-Darstellers blickt sie hoffnungs- und erwartungsvoll der nächsten Episode entgegen.
Doch die mahnende, pessimistische Hälfte ist keineswegs verschwunden. Sie lauert argwöhnisch und mag den Verheißungen nicht glauben, während sie unbeirrt auf die Schwachpunkte deutet.
Ich hingegen freue mich einfach nur, dass Discovery keinen schlechten Start hingelegt hat und bin schon jetzt gespannt, welche meiner beiden Hälften das nächste Mal obsiegen wird; die eine, die nicht aufhören will zu hoffen, oder die andere, die nur darauf wartet, mir 'Ich hab es dir ja gleich gesagt' unter die Nase zu reiben.





Denkwürdige Zitate.

"Spock? Das ist Michael Burnham. Sie wohnt ab jetzt bei uns. Du wirst sie die vulkanischen Gebräuche lehren. Ich erwarte von Euch, dass ihr Freunde werdet."
Sarek

"Sie ist wirklich wunderschön…"
Detmer über die USS Enterprise

"Haben Sie auch Geschwister?"
"Hm. Eine Schwester. Siranna. Ich rechne allerdings nicht mit einem Wiedersehen. Leider liegt eine Kluft zwischen uns, die wir nicht überwinden können."
"Das Gefühl kenne ich."

"Ich übernehme das Kommando über die Discovery nach Sternenflottenvorschrift 19, Absatz C."
"Darüber hat uns die Sternenflotten nicht informiert!"
"Weil ich darum gebeten habe. Ich wollte es selbst tun aus Respekt vor dem, was Sie und Ihre Crew durchgemacht haben."
"Verzeihen Sie, Captain. Diese Richtlinie tritt nur bei drei Eventualitäten in Kraft: Wenn eine akute Gefahr bevorsteht, wenn das Leben von Föderationsbürgern bedroht wird oder wenn kein anderer Offizier von gleichem oder höheren Rangs anwesend ist, um die Gefahr zu entschärfen. Darf ich fragen, welcher dieser drei Fälle hier gegeben ist?"
"Alle drei."
Pike und Saru

"Ich bin nicht er. Ich bin nicht Lorca."
Pike

"Logikwissenschaften sind praktisch nur Meditation."
Tilly

"Ich will, dass Sie mir Folgendes nachsprechen:"
"Okay."
"Ich verliere künftig…"
"Ich verliere künftig…"
"… weniger Worte."
"… weniger Wor- oh. Okay."
Stamets und Tilly

"Sagen Sie nicht, dass Sie das überrascht."
Saru beim Erscheinen seiner Gefahrenganglien

"Leute; das ist die Macht der Mathematik!"
Tilly

"Worin besteht die Logik fernzubleiben wenn es nichts mehr gibt, zu dem man zurückkehren könnte. Spock konnte die beeindruckendsten Fragen stellen. Er war die personifizierte Logik und gab einem trotzdem zu verstehen, dass die Logik bloß der Anfang wahren Verstehens ist. Da hatte er uns allen etwas voraus."
Pike über Spock




Weiterführende Leseliste.

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