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Freitag, 9. Mai 2014

Star Trek Jumps the Shark 02: TOS



Einleitung
. Wenn man versucht, die Star-Trek-Originalserie mit der im Vorgängertext beschriebenen "Jumping the Shark"-Theorie zu diskutieren, stößt man meist auf die zwei üblichen Extreme:
Auf der einen Seite finden sich die Personen, die standhaft behaupten werden, dass es bei dem Ursprung für die diversen Filme und Nachfolgeserien niemals einen Punkt gab, ab dem die Serie in puncto Qualität und Kreativität nachließ ("Früher wusste man halt noch, wie man Anspruch in eine Fernsehserie einbaut!").
Auf der anderen Seite gibt es jene Stimmen, die mit ähnlicher Eloquenz darauf bestehen, dass TOS bereits mit seiner ersten Folge mit Anlauf weit über den Knorpelfisch hinausgeschossen wäre. Erst mit den späteren Serien sei Star Trek zu dem geworden, was es schließlich zu einem Kulturphänomen machte ("Diesen altmodischen Schrott kann doch heutzutage niemand mehr ansehen!").

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Fakt ist, dass die Serie nach lediglich drei Staffeln abgesetzt wurde und das es dafür tatsächlich gute Gründe gab. Ebenso Fakt ist allerdings auch, dass Kirk, Spock und Co. immerhin 78 Folgen vergönnt waren, die nicht nur eine ganze Generation von Fernsehzuschauern prägte, sondern auch von anerkannten Science-Fiction-Autoren mit prämierten Drehbüchern ausgestattet wurde.
Schon allein zur Lösung dieser "Gretchenfrage unter den Star-Trek-Fans" wollen wir im Folgenden einmal näher betrachten, welche Anzeichen des Niedergangs bei TOS sichtbar waren und zu welchem Punkt der berühmt-berüchtigte Sprung über den Hai tatsächlich stattfand. Diese Anzeichen sind an die Auflistung angelehnt, die im ersten Teil dieser Serie präsentiert wurde. Sie folgt den vier Themenfeldern "Besetzungswechsel", "Charakterentwicklung", "Handlungsentwicklung" und "Kunstgriffe"; allerdings kann die Reihenfolge der einzelnen Symptome variieren. Zudem entspricht die Zählung der Anzahl der tatsächlich beobachtbaren Haisichtungen bei TOS (so kann z.B. ein Punkt wie "Das zweite Gesicht" mehrere Schauspieler betreffen und dementsprechend auch mehrere Finnen beisteuern).

1. Besetzungswechsel


Das zweite Gesicht. Die Originalserie weist eine Besonderheit auf, die sie gleich zu Beginn vom Einheitsbrei anderer Sendungen abhob: Es gab insgesamt zwei Pilotfilme. In "Der Käfig" spielte der bereits verstorbene Jeffrey Hunter die Rolle des Captain Pike und bis auf Spock wichen auch die anderen Hauptcharaktere stark von dem ab, was man in "Die Spitze des Eisbergs" zu sehen bekam. Dennoch wurde dem geneigten Fan spätestens ab dem Zweiteiler "Talos IV – Tabu", in dem der Pilotfilm als Lückenfüller verbraten wurde, klar, dass in der Anlage des legendären Captain Kirks eigentlich eine unverhohlene Kopie Christopher Pikes steckte und auch das unschuldige Yeo-Woman Colt in Janice Rand eine nahtlose Fortführung fand. Da die besonderen Situation, für den Start der Serie gleich zwei Pilotfilme drehen zu dürfen, unvorhersehbare Wendungen begünstigte (wie etwa den Unwillen Hunters, die Serie fortzuführen), sollte man in diesem Punkt allerdings Nachsicht walten lassen.



Rauswurf eines Hauptcharakters. Wer glaubt, dass es in der ersten Star-Trek-Serie kein tragender Charakter dauerhaft entfernt wurde, hat sicherlich die ersten Folgen der ersten Staffel in einer verstaubte Ecke seines Unterbewusstseins geparkt, denn tatsächlich gab es gleich zwei Schauspieler, deren Arbeitszeiten ein jähes Ende fanden. Beim ersteren, Paul Fix, wird sich wohl vor allem deshalb niemand sonderlich lebhaft erinnern, weil sein Nachfolger DeForest Kelley dem Part des Schiffsdoktors einen stilprängenden Anstrich verpasste. Der Tausch von Dr. Mark Piper (der seinerseits den von John Hoyt verkörperten Phillip Boyce aus "Der Käfig" ersetzte) zu Leonard "Pille" McCoy mag zwar als Anzeichen für einen Haisprung interpretiert werden, doch tatsächlich erwies sich dieser Besetzungsumschwung als Glücksgriff für Star Trek.
Ein gänzlich anderes Bild zeichnet sich hingegen bei Grace Lee Whitney, die den Fans als Yeoman Janice Rand bekannt sein dürfte. Die Bedeutung ihrer Rolle schwand immer mehr, bis sie schließlich ab "Notlandung auf Galileo 7" gar nicht mehr auf der Lohnliste der Serie zu finden war. Die offizielle Begründung lautete übrigens, dass Whitney mit Alkohol- und Medikamentenmissbrauch zu kämpfen hatte; andere Erklärungen reichen von Budgetkürzungen bis hin zu sexueller Belästigung.


New Kid. Ab der zweiten Staffel mussten sich die Fans an ein neues Gesicht inmitten der altbekannten Enterprise-Crew gewöhnen: Der von Walter Koenig verkörperte Pavel Chekov stieß zur Besetzung. Allerdings lagen die Ursachen für diesen plötzlichen Zuwachs weniger in der von Gene Roddenberry (fälschlich) propagierten Beschwerde der damals sozialistisch-sowjetischen Tageszeitung Prawda begründet, sondern vielmehr darin, ein attraktives, männliches Besatzungsmitglied für das Zielpublikum junger Teenager-Zuschauerinnen zu gewinnen. Nicht von ungefähr wurde seine Frisur an die Mitglieder der Musik-Gruppe "The Monkees" angelegt, deren TV-Show damals erfolgreich Quoten einfuhr (vgl. Justman, Robert H.; Solow, Herbert F.: Star Trek – Die wahre Geschichte. München, 1998, S: 365ff.)


3. Charakterentwicklung


Schema F. Machen wir uns nichts vor: Einen Teil des Kults um die Originalserie macht vor allem seine Vorhersehbarkeit aus, die längst zu einem Bestandteil der allgemeinen Popkultur geworden sind, Egal, ob der absehbare Tod von Redshirts auf Außenmissionen, Phrasen wie "Er ist tot, Jim." oder "Ich bin Arzt, kein [hier bitte beliebigen Berufsstand einfügen]." oder die Tatsache, dass beinahe alle Planeten erdgleiche Bedingungen und humanoides Leben beherbergten – die beruhigende Regelmäßigkeit birgt noch immer einen gewissen Charme.



Daneben bediente sich die Serie aber auch anderer konstanter Wiederholungen. So war ein Ende, an dem jeder auf der Brücke außer Spock in spontanes Lachen ausbricht ebenso wenig eine Seltenheit wie Kirks triumphale Logiksiege gegen überforderte Computer oder die ständigen Brüche der Obersten Direktive.



Messlattenhoch. Wann immer es Erhebungen gibt, welche Folgen Star Treks zum allgemeinen Kanon aller Zuschauer gehört, führt "Griff in die Geschichte" die Trek-Delegation zumeist mit Abstand an. Nicht von ungefähr, hat doch diese Folge dem ursprünglichen Autor Harlan Ellison eine Auszeichnung der "Writers Guild of America" eingebracht (vgl. Justman, Solow: Ebd., S. 310f.). Auch unter Fans gilt die Episode bis heute als eine der besten, und auch wenn es auch danach einige außergewöhnliche Folgen gab, mussten sie sich an diesem Höhepunkt messen lassen, ohne jemals deren Qualität zu erreichen.


Jumping the Shark. "Unglaubwürdigkeit" innerhalb einer Science-Fiction-Serie ist eigentlich per se eine gewagte Begrifflichkeit. Doch wenn man sich als Fan auf die Rahmenbedingungen einer Weltraumerzählung einlässt, stoßen Ungereimtheiten abseits von Transporter, Warpantrieb oder Diliziumkristallen oft auf den Ärger der Fans.
Besondere Anfälligkeit für immer neue, überraschende Wendungen bot der Charakter Spock. Immer wieder rettete er durch neue abstruse – zuvor nie erwähnte - Fähigkeiten den Tag. Zwar sind Eigenarten wie die Gedankenverschmelzung, Pon Farr oder telepathische Suggestion längst Science-Fiction-Klassiker, doch warum Vulkanier zusätzlich zu diesen Übervorteilungen auch noch ein zweites Augelid besitzen ("Spock außer Kontrolle"), Wunden durch eine Heiltrance überwinden ("Der erste Krieg") oder durch ihr kupferhaltiges Blut unverhältnismäßige Immunkräfte entwickelten ("Implosion der Spirale") entzog sich spätestens ab der dritten Staffel dem Verständnis vieler Zuschauer.


Erhobener Zeigefinger. Star-Trek-Erfinder Gene Roddenberry nutzte seine Kreation nicht nur, um damit Geld zu verdienen, sondern auch, um seinen Vorstellungen einer positiven Zukunft Ausdruck zu verleihen. Daneben sind auch die Multiethnizität an Bord des Schiffes, der latent durchklingende Atheismus einiger Folgen sowie die offensichtliche Opposition zum damaligen Vietnamkrieg in "Der erste Krieg" deutliche Anzeichen dafür, inwiefern Roddenberry 'seine' Serie nutze, um auch seine politischen Ansichten unter das vor der Mattscheibe gebannte Volk zu mischen.

4. Kunstgriffe


Faule Eier. Bis heute können sich Star-Trek-Fans noch immer damit brüsten, dass unter den 724 Folgen nur eine einzige Clip-Show lief. Obgleich dieser Moment der Schande nicht TOS betraf, muss man bei aller Ehrlichkeit der Doppelfolge "Talos IV – Tabu" vorwerfen können, dass auch sie im Prinzip nichts anderes als Resteverwertung vorangegangener Inhalte bot. Immerhin gaben sich die Autoren Mühe, eine Rahmenhandlung um diesen Einschub zu stricken und wenn man bedenkt, dass "Der Käfig" erst 1988 in den USA und erst 1993 in Deutschland ausgestrahlt wurde, sollte man diesen Umstand vielleicht aufführen, aber als "nicht allzu ernsthaft" auch schnell wieder abtun.



Überstürzter Abschied. Nachdem "Der Käfig" vom Sender abgelehnt worden war, glich es beinahe einem Wunder, dass Star Trek in Form des zweiten Pilotfilmes "Die Spitze des Eisbergs" (siehe "Das zweite Gesicht") eine zweite Chance erhielt. Dennoch hätte die Serie ganz anders aussehen können, als wir sie heutzutage in Erinnerung haben, denn die schriftlich festgehaltenen Rückbesinnungen der Produktionsverantwortlichen Robert Justman und Herb Solow legen nahe, dass Hunters Weigerung, für einen zweiten Pilotfilm zur Verfügung zu stehen, in erster Linie in seiner damaligen Ehefrau Joan 'Sandy' Bartlett begründet lag (vgl. Justman, Solow: Ebd., S. 85). Nicht auszudenken, wie die Serie verlaufen wäre, wenn Hunter Entscheidungen für sich selbst getroffen hätte!


Vitamin B. Während Hunter sich von Star Trek abkehrte, blieb eine Person der Franchise bis zu deren Tod erhalten: Majel Barrett, "Star Treks First Lady". Böse Zungen behaupten bis heute, dass ihr Engagement im ursprünglichen Pilotfilm als "Nummer Eins" und ihre Rückkehr als "Christine Chapel" allen Widerständen des Fernsehsenders zum Trotz vor allem deshalb stattfand, weil sie zum damaligen Zeitpunkt das Bettlager mit einem anderweitig verheirateten Produzenten namens Gene Roddenberry teilte (vgl. Justman, Solow: Ebd., S. 179). Allerdings sollte an dieser Stelle ebenso erwähnt werden, dass ohne diese Günstlingswirtschaft die Computerstimme aller Star-Trek-Serien und der Charakter Lwaxana Trois niemals entstanden wären und damit ein echtes Erkennungsmerkmal fehlen würde.


Urlaub. In einigen Serien (z.B. "Alle lieben Raymond") kann sich auch ein Urlaub negativ auf den Serienverlauf auswirken. Tatsächlich ist die Episode "Land(e)urlaub", die bereits in der ersten Staffel untergebracht wurde, bis heute ein zweifelhafter Höhepunkt Star Treks. Zum Glück gelang es anderen Folgen, noch zweifelhaftere Inhalte zu bieten, weswegen dieser Urlaub zwar entnervtes Augenrollen auslösen kann, aber noch lange nicht zu den absoluten Tiefpunkten der Serie gezählt werden sollte.



Musikalischer Neustart. Vielen Menschen fällt es wahrscheinlich gar nicht mehr auf, doch der Wechsel von der ersten zur zweiten Staffel TOS markierte auch den Wechsel des Intros von einem rein instrumentalen Titel zu einem gesanglich unterstützen Einstieg, dessen Auführung der Sopranistin Loulie Jean Norman überlassen blieb. Tatsächlich hatte Gene Roddenberry übrigens sogar eine Text-Version des Titelsongs in petto, die zum Glück allerdings in einer dunklen Schublade verstaubte.




Augenwischerei. Seit Anbeginn der Serie spielte Sexismus eine gewichtige Rolle am Set. Egal, ob durch die Ergänzung der Brückenbesatzung um attraktive Schauspieler wie Nichelle Nichols oder Grace Lee Whitney – die weiblichen Crewmitglieder, bzw. deren äußerst knappe Bekleidung wurde zu einem zweifelhaften Markenzeichen der Serie. Roddenberry selbst hoffte, durch diesen Schachzug zusätzliche Zuschauerschichten akquirieren zu können und ging alsbald dazu über, auch Gaststars und Nebencharaktere durch den Kostümdesigner William 'Bill' Ware Theiss in auffallend reizvolle Kostüme zu stecken, was sogar in eine gängige Bezeichnung "Theiss Tilliation Theory" mündete.



Haarteil. Aber auch mit weniger Aufwand kann man die niederen Instinkte von Fernsehzuschauern ansprechen. Wie bereits unter "New Kid" angesprochen, trug auch Walter Koenig ein Haarteil, da seine Rolle innerhalb der Serie weniger von seinem mäßig treffenden russischen Akzent, sondern viel mehr von seiner an die "Monkees" erinnernden Perücke getragen wurde, die Sympathien vor allem aus den Reihen junger weiblicher Zuschauer einfahren sollte (davon ab trugen aber auch Schauspieler wie Nichelle Nichols, Grace Lee Whitney und vor allem William Shatner attraktivitätsunterstreichende Haarteile).


Schoßtierchen. Und wo wie gerade bei Haaren sind: Auch die Tribbles und ihr bis heute anhaltender Niedlichkeitsfaktor waren reines Kalkül, um der Serie weiteren Auftrieb zu verleihen. Kein Wunder also, dass die kleinen Tierchen auch in der TAS-Episode "Mehr Trouble mit Tribbles" einen weiteren Auftritt fanden.



Kreativer Burnout. Wie Justman und Solow in ihrem bereits erwähnten Buch beschrieben, erlag Roddenberry mit dem Drehstart für die dritte Staffel einer gewissen Amtsmüdigkeit und zog sich immer mehr aus der Verantwortung. Die Quittung kam in Form einer sinkenden Folgenqualität, da das wachsame Auge Roddenberrys vielen Episoden plötzlich nicht mehr zur Verfügung stand. Die Gründe für diesen Motivationsabfall waren vielfältig und reichten von einem absehbaren Ende der Serie bis hin zu einer allgemeinen Lustlosigkeit. (vgl. Justman, Solow: Ebd., S. 410ff.)


Abkehr von der Nischenunterhaltung. Mit dem Einstieg Fred Freibergers in den Produktionsstab verflog die anfängliche Euphorie weiter. Star Trek wandte sich von einem Programm ab, dass von namhaften Sci-Fi-Autoren begleitet wurde und beschränkte sich – auch aufgrund von massiven Budgetkürzungen – auf mittelmäßige Drehbücher, die einem vermeintlichen Massengeschmack genügen sollten.


Sendeunzeit. Von zentraler Bedeutung war allerdings auch, dass die Sendezeiten Star Treks von Staffel zu Staffel wechselten und die Serie zuletzt auf den undankbaren Sendeplatz im freitäglichen Spätabendprogramm endgelagert wurde. Diese undankbare Platzierung (u.a. geriet "V – Die außerirdischen Besucher kommen" beim gleichen Sender und auf dem gleichen Sendeplatz nach nur einer Staffel ebenfalls in den Strudel der vorzeitigen Absetzung). Allgemein wird dieser Verschiebung der Hauptgrund für die Absetzung Star Trek in die Schuhe geschoben.



Charlie-Sheen-Syndrom. Auch die kleinen Skandälchen taten zu diesem Zeitpunkt der Serie nicht unbedingt gut. Der legendäre erste Kuss zwischen schwarz und weiß innerhalb der US-amerikanischen Fernsehgeschichte, den es in der Star-Trek-Episode "Platons Stiefkinder" zu bewundern gibt, führte eher dazu, dass vor allem im konservativen Süden der USA die Fernsehstationen bis hin zu einem Boykott gingen, um die Ausstrahlung dieser vermeintlich anstößigen Szene zu verhindern. Dass der ohnehin kränkelnden Serie trotz des moralischen Sieges damit nicht unbedingt ein Gefallen getan wurde, zeigte die endgültige Absetzung der Serie nur zwölf Folgen später.




Endstand. Gesamtanzahl der Haisichtungen: 

Zusammenfassend bleibt anzumerken, dass innerhalb der Originalserie keinerlei Anzeichen für eine Haisichtung bei der Charakterentwicklung auszumachen waren. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Erklärungen und Abmilderungen bei verschiedenen Punkten, weswegen das endgültige Urteil in meinen Augen vergleichsweise eindeutig ausfällt.

Der Moment des Hai-Sprungs: Staffel 3, Episode 01 "Spocks Gehirn"





Nicht von ungefähr wird die erste Episode der dritten Staffel als die allgemein schlechteste Star-Trek-Folge überhaupt angesehen. Die hanebüchene Story bot einen denkbar unwürdigen Startpunkt für das letzte TOS-Ausstrahlungsjahr und nebenbei fielen auf die Folge gleich mehrere schlechte Vorzeichen. Mit Fred Freibergers Engagement ab dieser Episode verlor die Serie einiges an ihrer ursprünglichen Ausrichtung ("Abkehr von der Nischenunterhaltung"), Gene Roddenberry ließ mit Beginn dieser Season sein anfängliches Engagement spürbar vermissen ("Kreativer Burnout") und zu allem Überfluss war dies die erste Folge, die auf dem undankbaren Sendeplatz am Freitag um 22Uhr ausgestrahlt wurde ("Sendeunzeit"). Doch damit nicht genug: Dass der Vulkanier Spock die Entfernung seines Gehirns über einen so langen Zeitraum so schadlos überstand, strapazierte ebenfalls die Gutgläubigkeit der Fans ("Jumping the Shark"). Mit "Spocks Gehirn" war somit bereits zu erahnen, dass die Serie nicht mehr in die Verlängerung gehen würde.


Alternative Haisprünge. Natürlich sind auch andere Auslegungen denkbar. Allerdings lassen sich auch die Alternativen in unmittelbarer Umgebung von "Spocks Gehirn" verorten.


"Ein Planet genannt Erde". Die letzte Folge der zweiten Staffel kann ebenfalls als Anhaltspunkt für den beginnenden Abstieg Star Treks herhalten, denn es handelte sich dabei weniger um eine Star-Trek-Episode im klassischen Sinne, als viel eher um einen missglückten Spin-Off-Versuch für eine potentielle Ableger-Serie, in dem unter anderem auch Crew-Mitglieder der USS Enterprise anhielten, um dem aussichtsarmen Projekt Starthilfe zu geben. Die Episode wurde inhaltlich und qualitativ zu einem Fiasko und es verwundert nicht weiter, dass keine Fernsehstation bereit war, diesem absehbaren Flop Unterstützung in Form von Interesse zukommen zu lassen. Die Tatsache, dass "Ein Planet genannt Erde" unmittelbar vor "Spocks Gehirn" angesiedelt ist, bildet einen triftigen Grund, den Moment des Haisprungs direkt hier anzusetzen.


"Die Reise nach Eden". Die zwanzigste Episode scheint beinahe etwas spät, um noch als geeigneter Ansatzpunkt geltend gemacht zu werden. Tatsächlich waren die Messen zum Zeitpunkt der Ausstrahlung längst gelesen und die Absetzung der Serie bereits beschlossene Sache. Die Folge verdient dennoch Erwähnung, weil Jon Hein, der Miterfinder der "Jumping the Shark"-Theorie, seinerseits diese Folge für den Moment hält, an dem Star Trek seinen Zenit überschritt. Als Hauptgrund benannte Hein den Umstand, dass Spock zusammen mit den Weltraum-Hippies musiziert.
Wie man an der doch recht einseitigen Begründung sehen kann, war Heins Verortung vorrangig auf eingängige Bilder in "Die Reise nach Eden" ausgelegt und weniger auf die tatsächlichen Begleitumstände der Serie.

Soviel zu meinen Ansichten zum Thema, die ich nach bestem Wissen und Gewissen dargeboten habe. Doch bevor wir in der kommenden Woche die Frage erörtern werden, wann bzw. ob die Erfolgsserie TNG jemals den legendären Hai übersprang, will ich von Euch wissen, was Ihr für den Moment haltet, an dem TOS sich selbst überholte. Vielleicht fällt Euch ja auch noch etwas ein, was ich vergessen haben könnte oder ihr findet den ein oder anderen Punkt weniger treffend als ich. Lasst es mich wissen!

Weiterführende Leseliste:

Star Trek Jumps the Shark 01: Star Trek 
Star Trek Jumps the Shark 02: TOS 
Star Trek Jumps the Shark 03: TNG
Star Trek Jumps the Shark 04: DS9
Star Trek Jumps the Shark 05: Voyager
Star Trek Jumps the Shark 06: Enterprise

Montag, 3. März 2014

"Der Film als Element vergangener Zeiten ist eine extrem ergiebige historische Fundgrube"

Mit der Rubrik "Star Trek in Berlin und Brandenburg" möchte die Star Trek Tafelrunde "Hermann Darnell" in Potsdam-Babelsberg zeigen, dass die Hauptstadt mit ihrer unmittelbaren Umgebung noch immer ein Zentrum für Star Trek in ganz Deutschland ist. An Havel, Spree und Finow tummeln sich nämlich Spieleentwickler, Sammler, Verkleidungsexperten, Origami-Künstler, Webseitenbetreiber, Fan-Fiction-Autoren, Hörspielproduzenten, Rollenspieler, Leseratten, Ladenbesitzer und Trekdinner, die im Zusammenspiel einen einzigartigen, kreativen und spannenden Schmelztiegel ergeben, der landesweit seinesgleichen sucht. Dieser besonderen Vielfalt zollt die Tafelrunde daher mit einer Interview-Reihe Tribut, in der die spannendsten Projekte, Personen oder Gemeinschaften vorgestellt werden.


Professor Dr. Pröve unterrichtet an der Universität Potsdam das Fach Geschichte im Bereich Militärgeschichte/Kulturgeschichte der Gewalt. Dabei handelt es sich um den Zeitraum des 15. Jahrhunderts, also der beginnenden Frühen Neuzeit bis zum Zweiten Weltkrieg. Untersucht werden hierbei 
Wechselwirkungen zu Staat, Gesellschaft, Kultur und Ökonomie. Herr Pröve ist ein Star Trek-Fan der ersten Stunde. Das war für uns Grund genug ein Interview mit ihm im April 2013, vor Veröffentlichung von Star Trek: Into Darkness, zu führen. Die Themen waren dabei breit gefächert. Lwaxana, Baldavez und Strifes redeten mit ihm über seine ersten visuellen Begegnungen mit dem Phänomen Star Trek, über den Regisseur J.J. Abrams und über Star Trek als Quelle für zukünftige Historiker.





Wo wohnen Sie?
Ich wohne in Berlin.

Welchen Beruf üben sie aus?
Ich bin Historiker und Hochschullehrer an der Universität Potsdam.

Welchen Hobbies gehen Sie neben Star Trek nach?
Kann man da überhaupt noch andere Hobbies haben? Aber im Ernst: Kulturelle Ausdrucksformen wie Filme, Musik, Literatur und Theater interessieren mich sehr, da diese jeweils aufschlussreiche Spiegelbilder der Zeit darstellen und es somit erlauben, die Wandlungen von Erzählmustern präziser zu verfolgen. Zudem schätze ich Sport im allgemeinen, Fußball im besonderen, als Spieler wie als Zuschauer.

War Star Trek Ihre erste Berührung mit Science-Fiction? 
Ich war ein großer Fan von Isaac Asimov und Stanislaw Lem. Ich mochte diese seichten amerikanischen Geschichten, die zum Teil stark von der PopArt geprägt waren und sich herrlich kreativ-abstrus und spielerisch gestalteten. Bei Lem hingegen überwogen, weitaus ernster, die philosophischen und technischen Fragen seiner Zeit. Beide Perspektiven haben sich wunderbar ergänzt. Science-Fiction war damals, in den neunzehnsiebziger Jahren nicht so beliebt. Dies hat sehr viel mit dem damaligen Zeitgeist zu tun; die politischen Bewegungen der späten Sechziger und der frühen Siebziger Jahren waren wenig spaßorientiert und auf die politischen Veränderungen der gesellschaftlichen und politischen Strukturen fokussiert. Erzeugnisse, die phantasievoll andere Welten kreierten, galten als nicht zielführend. Das Genre galt somit als „uncool“. Entsprechend gab es im Vergleich zu heute viel weniger Kinofilme. SciFi war in der Öffentlichkeit kein anerkanntes Gebiet. Wahrscheinlich bestand die Schwierigkeit in der Massenkompatibilität dieser Art von Film auch darin, dass diese letztlich auf Computer-Spezialeffekte angewiesen waren. Mit dem ersten „Star Wars“-Film im Jahr 1978 begann sich dann vieles zu ändern.
Auf Star Trek (TOS) bin ich in den frühen Siebziger Jahren im deutschen Fernsehen gestoßen. Das kam auf dem Zweiten samstags im Vorabendprogramm. Es wurden nicht alle Folgen ausgestrahlt und die Serie teilweise auch sehr abenteuerlich synchronisiert. Insofern hielt sich mein Interesse in Grenzen. Nach nur wenigen Monaten, es gab ja lediglich 50-60 Folgen, endete vorläufig meine Begegnung mit der Saga.
Deutlich mehr Aufmerksamkeit widmete ich dann der neuen Serie „The Next Generation“ (TNG). Die Erstausstrahlung begann 1987 ebenfalls im ZDF, bevor dann einige Jahre später die privaten Sender die Serie in ihr Programm aufnahmen. Das war dann auch der Zeitpunkt, an dem ich feststellte, dass es Kinofilme zur Serie gab. Die waren an mir zuvor komplett vorbei gegangen. Ich mochte die Ernsthaftigkeit bei TNG, während ich hingegen bei TOS manche Sachen als zu salopp, zu oberflächlich empfand. Bei TNG hatte ich eher den Eindruck, dass man versucht, sich um Wissenschaftlichkeit und eine gewisse Stringenz in der Handlung zu bemühen. Auch Lebensphilosophie und Vorstellungen gesellschaftlicher Ordnung traten hier stärker in den Vordergrund, wohl am deutlichsten ausgedrückt durch die Oberste Direktive. Die Schauspieler waren deutlich engagierter; zum Teil hatte man Charakterdarsteller wie Patrick Stewart und Brent Spiner verpflichten können.



Warum sind sie dann trotzdem in den 70ern bei TOS geblieben? Was hat sie bei der Serie gehalten?
Wie gesagt, zunächst war ich von TOS nur mäßig begeistert; überzeugt hat mich aber die Grundidee, die Gesamtsaga. Letztere konnte ich natürlich erst Jahre später, ab TNG erfassen. Zudem hatte sich ein grundsätzlicher Umschwung abgezeichnet. Anfang der Achtzier wurde eine Reihe sehr guter Science-Fiction-Filme (u.a. Blade Runner) in die Kinos gebracht und das Genre wurde populär. Als dann TNG kam, und bald darauf die beiden weiteren Ableger Deep Space Nine und Voyager hinzustießen, erhielten diese zu Recht breite Aufmerksamkeit.

Welche Reihe ist Ihre Lieblings-Star Trek-Serie? Welche ihre Lieblingsfigur innerhalb des Franchises? Welche Figuren fanden Sie unangenehm?
Ich fand Star Trek: Enterprise recht überzeugend. Auch Voyager hatte seine Spitzenmomente als die Figur Seven of Nine in die Crew integriert wurde. Bei Deep Space Nine fand ich besonders die letzten zwei bis drei Staffeln interessant, als versucht wurde, den Bogen zu Benjamin Sisko als Abgesandten der Propheten zu spannen und damit eine Metaerzählung zu konstruieren. Ich bin mir unsicher, welche ich davon jetzt genau favorisiere, aber ich tendiere zu ENT.
Ich finde jene Figuren interessant, die ihre Identitäts-Konflikte austragen müssen, weil sie sich verschiedenen Kulturen zugehörig fühlen. T'Pol halte ich für eine faszinierende Idee, an der man die Reflexion menschlicher Handlungsweisen sehr gut festmachen kann. Auch die Gespräche mit Dr. Phlox entstammen einem weitsichtigen Konzept. In jeder Serie ist mindestens eine derartige Figur angelegt: In Voyager ist es Seven of Nine, die mit ihrer Vergangenheit als Drohne im Borgkollektiv hadert und sich gleichzeitig versucht, an Bord des Schiffes zu integrieren. Bei DS9 wird ebenfalls immer wieder mit der Idee von Identität und Selbstreflexion gespielt.
Die Figuren, die ich unangenehm fand, waren zu eindimensional gezeichnete Charaktere wie etwa William Riker, der allerdings gegen Ende der Serie einige tiefere Facetten erhielt. Zudem fand ich einige Nebenfiguren wie Wesley Crusher nervig; offenbar hatten die Drehbuchautoren hier den Versuch unternommen, gezielt jüngeres Publikum zu gewinnen.

Wer war der beste Star Trek-Bösewicht? 
Mich hat immer wieder die Einfallslosigkeit gestört, dass nämlich viele negative Gegenspieler fast durchgängig Männer waren. In den ersten Star Trek-Episoden waren es Figuren wie Khan, die das Bild entscheidend prägten und die eben nur auf martialische Art und Weise ihre Rache verübten und das nervt irgendwann. Zu viel Klischee. Die Geschlechterpolarität wurde hier zunächst gar nicht aufgebrochen; erst später sollte sich daran etwas ändern.
Deswegen sage ich jetzt einfach mal Lursa und B'Etor aus Star Trek VII: Treffen der Generationen. Die Borg-Königin, gespielt von Alice Krige, fand ich ebenfalls faszinierend; „First Contact“ zähle ich zu den gelungensten Kinofilmen. Stark war auch die Figur der Seska, die ziemlich viele Facetten allein durch ihren kulturellen Hintergrund im Kontext der Cardassianer, dem Maquis und den Kazon aufweist.



Haben Sie einen Lieblingsaußerirdischen im Franchise?
Die vielschichtig gezeichneten Ethnien, wie Klingonen, Vulkanier und Ferengi rangieren bei mir ganz oben, zumal deutlich wird, dass die Autoren mehr Zeit in deren Entwicklung gesteckt haben. Es gibt eine TNG-Folge, die ich von der Sprachphilosophie her sehr interessant finde, und dass ist "Die Kinder von Tama". Das ist eine dieser Folgen, die vom Zuschauer eine Menge abverlangen und die bei Star Trek den Unterschied zu Star Wars ausmachen, dem man anmerkt, dass es sehr auf den Mainstream ausgerichtet ist. Die Kinder von Tama sprechen in historischen und mythischen Bezügen und das Gesagte ist meist eine Referenz auf zurückliegende Ereignisse, weswegen der Schiffscomputer das nicht adäquat übersetzen kann. Den Drehbuchautor würde ich gern fragen, wie er auf die Idee für diese Folge kam.

Gibt es Ihrerseits eine Lieblingsepisode?
Ich mochte die TNG-Episode "Ich bin Hugh". Das war einer der Episoden wo meiner Meinung nach alles gestimmt hat, vom Drehbuch bis zu den Darstellern.

Wie haben Sie den Wandel der Klassik-Serie hin zur The Next Generation erlebt und wie sehr den Bruch zwischen den eher utopischen Settings hin zur ENT-Serie? Wie bewerten sie den Austausch einiger Darsteller (Bsp. Kes und Seven of Nine)
Ich kann am wenigsten mit der Originalserie anfangen. Es gibt da sicher auch Glanzlichter, aber die begrenzte Logik der Sechziger Jahre lässt sich doch deutlich in dieser Serie erkennen. Die simplen Muster, wie das Sterben eines Redshirts bei einer Außenmission haben dazu geführt, dass ich mit der Serie nicht richtig warm wurde. Von daher gab es da für mich wohl keinen Bruch.

Was halten sie von der Darstellung des Themas „Tod“ in Star Trek?
Wenn wir vom Thema 'Tod in Star Trek' sprechen, muss ich auf eine Voyager-Folge verweisen, die ich für das Thema sehr treffend fand. Sie heißt „Asche zu Asche“ und es geht um ein Volk (die Kobali), das sich durch Wiederbelebung anderer Spezies reproduziert. In anderen Folgen wird die Frage nach den jeweils kulturell codierten Vorstellungen vom Jenseits aufgearbeitet - und damit viele gängige religiöse Muster relativiert. Erstaunlich, dass die strengen puritanischen Religionswächter in den USA derartigen Perspektiven keinen Riegel vorgeschoben hatten. Solche Drehbuchideen sind vielversprechend. Der Tod gehört bei Star Trek dazu, um die Gefahr zu vergegenwärtigen, in der man sich auf einer solchen Reise im Weltall, in einer extrem lebensfeindlichen Umgebung, befindet. Vielleicht hätte man sogar noch offensiver vorgehen und häufiger eine wichtige Figur sterben lassen sollen.

Was denken Sie über das Reboot von J.J. Abrams?
Er hat ja mehrfach betont, dass er die Serie gar nicht gesehen hat und eher eine Mischung aus Star Trek und Star Wars favorisiert. Wenigstens ist er ehrlich; aber das hätte ich ihm auch vorher im Hinblick auf den elften Film attestieren können. Jüngere Leute zu verpflichten und einen Schnitt mit dem alten Franchise zu machen, ist grundsätzlich nicht das Problem. Aber mit allem dagewesenen zu brechen und dann wirklich auch schwache Stories zu liefern, die letztlich nur auf Action beruhen, ist eine Konterkarierung des Fundaments von Star Trek. Natürlich sind die Effekte toll, aber damit spricht man nur den Sehnerv an, das Großhirn bleibt außen vor. Er wildert ja regelrecht mit ein paar Charakteren und zerstört damit den Mythos.

Finden Sie, dass die Charaktere der alten Serie im Film von 2009 getroffen wurden?
Ich verstehe die Wandlung der Figur Kirk nicht. Er ist ein 17-jähriger Spätpubertist aus Idaho [sic!], der sich grad noch in der Kneipe geprügelt hat und dann nach drei Jahren Kapitän eines Mega-Raumschiffs mit einer Besatzung von mehreren hundert Menschen wird. Das wirkt auf mich sehr gestellt und es stößt mir auch sauer auf, dass bis auf die Vulkanier keine anderen bekannteren Ethnien im elften Film auftauchen. Die kärglichen Romulaner im Film kann man getrost außer Acht lassen. Die Verständigung innerhalb der Föderation, das Philosophische und Moralische ist in diesem Film schlichtweg nicht vorhanden.

Nicht mal Pille und Spock haben sie überzeugt?
Pille hat ja zu diesem Zeitpunkt schon eine Geschichte (Scheidung) hinter sich und dem Schauspieler nimmt man seine Rolle auch ab. Erzähltechnisch kommt Spock leider ebenso wie Kirk sehr verknappt weg. Die Story finde ich hanebüchen.

Werden sie sich „Into Darkness“ trotzdem ansehen?
Muss ich ja, sonst gibt es ja nichts mehr über das man schimpfen könnte. Nein, im Ernst, ich werde „Into Darkness“ allein aufgrund des grandiosen Schauspielers Benedict Cumberbatch angucken. Den kennt man als Sherlock Holmes in der neuen BBC-Reihe „Sherlock“.

Was halten sie generell von der Tendenz zu Reboots?
Darin drückt sich die große Unsicherheit unserer Zeit aus. Man wagt nichts mehr, wählt den scheinbar sicheren Weg alter Erfolgstitel und verlässt sich eher auf Vergangenes anstatt das Wagnis des Neuen einzugehen. Das fängt beim Drehbuchautor an und geht bis über den Produzenten hin zum Direktor des Senders. Denen fehlt die Risikobereitschaft. Es ist derzeit ein grundsätzliches Problem unserer Gesellschaft, das sich hier konkret am Star Trek-Reboot zeigt.




Wird sich daran in naher Zukunft irgendetwas ändern?
Dazu müsste ich einen Zeitreisenden befragen. Ich kann es nicht sagen. In der Regel verändert sich das sicher noch mal, aber die Frage ist eben: Wann?

Was macht für Sie die Faszination an Star Trek aus?
Die Grundidee der Völkerverständigung und allgemein die positive Zukunftserwartung, die in der Serie gezeichnet wurde. Es gibt immer wieder Bezüge zu Star Trek auch in anderen Serien oder im Kino oder auch der Literatur. Ich habe erst neulich „Die Nacht der lebenden Trekkies“ gelesen und musste herzhaft lachen. Ebenso ist die Persiflage in „Galaxy Quest“ wunderbar gelungen. Die Übertragung in Buchform und die Beschäftigung mit dem Thema "Star Trek" zeigt seine besondere Wirksamkeit. Ich finde es bemerkenswert, dass Physiker versuchen, etliche Ideen aus der Serie umzusetzen. Der Einfluss, den die Star Trek Saga auf unsere Lebenswirklichkeit, auf unsere Alltagskultur hat, ist erstaunlich ausgeprägt. „Beamen“ etwa gehört zum sprachlichen Standardrepertoire.
Manches haben wir auch schon ‚überholt‘: mittlerweile gibt es ja nicht wenige Gegenstände oder Errungenschaften aus der alten Serie, die bereits umgesetzt worden sind (Kommunikator vs. Handy).
Und zum Schluss: Es ist natürlich grundsätzlich und letztendlich sehr gut gemachte Unterhaltung.

Lesen Sie die Star Trek Romane? Oder vielleicht sogar Fan-fiction?
Gelesen habe ich vor vielen Jahren mal zwei Star Trek-Romane aus der DS9-Reihe. Welche das jetzt genau waren, weiß ich nicht mehr. Sie haben mir aber nicht gefallen. Ich sehe Star Trek lieber im bewegten Bild. Interessant wäre es vermutlich, wenn die Drehbuchautoren ihre nicht umsetzbaren Ideen in Buchform herausbringen würden. Meistens sind es ja ganze Teams von Drehbuchautoren, die für eine Serie arbeiten. Die Bücher konzentrieren sich auf einen Spannungsbogen, weswegen gewisse Sachen einfach raus fallen. Fan-Fiction habe ich noch nicht gelesen.

Betrachten Sie sich als Fan des Technogebabbels?
Ich finde, die Technik-Mensch-Interaktion gehört dazu. Natürlich kann man kritisieren, dass dieses stilistische Mittel ein recht simples Tool ist, um über Schwächen in der Handlung hinwegzuhelfen, um Alternativen für die Figuren aufzuzeigen, bzw. diese zu begrenzen. Wenn der Konflikt technischer Natur ist und nicht auf zwischenmenschlichen Handlungen basiert, kann das die Zuschauer vor Verständnisprobleme stellen. Ich finde dennoch, dass es den Drehbuchautoren durchaus gelingt, einzelnen zentralen Schlüsseltechnologien den Charakter eines Akteurs zuzubilligen und somit ihren ganzen Erzählschemata eine zwischenmenschliche Note zu verpassen, die aktuelle Bezüge aufweist.

Wie bewerten Sie den Umgang der Serie/ der Filme mit dem Thema Geschichte?
Ich antworte mal auf zwei Ebenen; einmal die Ebene des Betrachtenden und dann die des Betrachteten. Geschichte wird, wenig verwunderlich, nicht als akademische Disziplin, sondern als Geschichtskunde aufgefasst. Immerhin wird in einer TNG-Episode dezidiert ein Historiker eingesetzt („Der große Abschied“), der zu einem Ausflug in das Holodeckprogramm einer Story aus dem frühen 20. Jahrhundert mit genommen wird.
Interessant ist der Umgang mit der Erzählung „Zeit“, die in Star Trek nicht als kontinuierliche Fortführung gesehen wird, sondern eher als Kreis. Zeitreisen sind in Star Trek sehr populär, wenn man sich Episoden wie "Carbon Creek" (ENT), "Zeitschiff Relativity" (VOY) oder in "Gestern, Heute, Morgen" (TNG) ansieht.
Es werden immer wieder parallele Zeitlinien eingefügt und anschaulich mögliche Handlungs-Alternativen aufgezeigt. Damit wird ein Thema angeschnitten, dass uns alle bewegt. Hätte man anders entscheiden können? Gibt es einen freien Willen oder sind wir von unsichtbaren Gesetzmäßigkeiten umgeben? Damit werden letztlich auch Argumente geliefert, wie wir heute vergangene Zeiten beschreiben, erzählen, ob wir beispielsweise uns für einen Strukturzugriff oder ein kulturelles Konzept entschieden haben.

Mir persönlich fällt es schwer Zeitreise-Episoden nachzuvollziehen. Geht es Ihnen da ähnlich?
Das Thema der Zeitparadoxien ist recht verbreitet und schon vielfältig künstlerisch umgesetzt worden. Vor kurzem wurde die Idee in dem Film „Looper“ mit Bruce Willis in der Hauptrolle umgesetzt. Wenn also jemand in der Vergangenheit stirbt, erlischt natürlich auch das Licht des zukünftigen Ichs. Das ist nachvollziehbar umgesetzt. In "Zersplittert" (VOY) muss die Figur Chakotay durch die verschiedenen Zeitzonen innerhalb der USS Voyager eilen, um die Crew zu retten. Eine andere Voyager-Folge, "Endstation – Vergessenheit", beschäftigt sich wiederum mit einer Art alternativen Zeitlinie. Die Frage nach dem subjektiven und dem objektiven Realitätsbegriff steht bei diesen Episoden ganz weit vorn.

Ist Star Trek als Kulturgut eine lohnende Quelle für Historiker späterer Zeiten?
Der Film als Element vergangener Zeiten ist eine extrem ergiebige historische Fundgrube. Dabei ist es allerdings herausfordernd, die inhaltliche von der sachlichen Ebene zu trennen. Filmquellen sind für Historiker in erster Linie ein Spiegel, weil wir als Menschen zunächst einmal nur uns sehen können. Wir setzen Vergangenheit immer in Bezug zur Gegenwart, vergangene Handlungen immer in Bezug auf eigene Verhaltensweisen usw. Wir konstruieren also eine Form von Wirklichkeit für die damalige Zeit, die dieser vermutlich gar nicht gerecht wird.
Ich kann die Quelle Star Trek wie bei einer Zwiebel in mehreren Schichten untersuchen. Zunächst könnte man die Politik und Perspektive von Paramount und den Drehbuchautoren ausleuchten; ebenso die Eigengesetzlichkeiten des Genres SciFi, die Gattungsspezifika einer Fernsehserie und die Marktbedingungen von Film und Fernsehen. Dann gibt es die ganze Bandbreite der bewussten und unbewussten künstlerischen Umsetzung, also die Beleuchtung im Film, die Sicht des Kameramannes, Einstellungen, Schnitte, Einsatz der Darsteller, Kostüme, Requisiten usw.; um diese Kontexte sichtbar zu machen, müsste man eigene Sequenzprotokolle erstellen. Daher ist jeder Film eine einzigartige und vor allem sehr komplexe Quelle.
Hinzu kommt, dass wir aufgrund der über vierzigjährigen Geschichte der Saga immanent vorgehen und die einzelnen Episoden und Großerzählungen miteinander in Bezug setzen können. Nicht umsonst werden ja immer wieder von den Verantwortlichen mit viel Lust und Freude diverse Selbstverweise vorgenommen und auch einzelne Handlungsstränge miteinander verknüpft.

Haben sie die storytechnische Wandlung des Franchises in DS9 verfolgt? Von „ Der Preis der Freiheit ist ewige Wachsamkeit“ hin zu „Paranoia“?
Es war kein plötzlicher Umbruch innerhalb der Serie, sondern die Veränderung erfolgte wesentlich feingliedriger und schleichender. Und dieser Prozess der Umwandlung ist wesentlich spannender zu beobachten, als ein plötzlicher Wechsel.

Gleiche Frage auch für ENT und den Nine-Eleven-Vergleich (Angriff auf Florida; Krieg gegen den Terror weit weg vom eigenen Land) ?
Es fällt schon auf, dass in „First Contact“ die Geschichte wesentlich düsterer gezeichnet wurde und in ENT scheint sich das auch zu bestätigen. Es ist mir schon fast zu offensichtlich zu sagen, es hat mit der Tagespolitik zu tun. Allerdings habe ich meinen Fokus bei Star Trek eher auf Themen wie kulturelle Alterität, Identität und Toleranz gelegt.



Halten sie Roddenberrys Vision für eine sozialistische Sichtweise?
Nicht unbedingt. Zu Beginn, in der Perspektive von Roddenberry, geht es eher um die Anbetung der Technik. Die Technik wird alles richten. Sobald die Technik zur richtigen Zeit vorhanden ist, können wir Umweltverschmutzung, Hungersnöte und Ressourcenarmut bekämpfen. Des Öfteren werden aber auch Kulturen in Star Trek entworfen, die genau das konterkarieren, und der Fortschritt eben nicht das entscheidende Kriterium für den Fortbestand darstellt.
Diese Sichtweisen hatten sich in den letzten Jahren der Saga verstärkt und es finden sich immer wieder Bemerkungen über eine Gesellschaft, die deutlich weniger kapitalistisch angehaucht ist.
In „First Contact“ fallen meiner Meinung nach die entscheidenden Sätze, in denen Picard über die Wirtschaft des 24. Jahrhunderts spricht. Geld spielt als treibende Kraft hinter allem keine Rolle mehr. Man strebt danach sich selbst und den Rest der Menschheit zu verbessern.
Abrams Filme legen auf diesen eminent wichtigen und zentralen Hintergrund keinen Wert. Es gibt einen festgelegten Bösewicht und die Handlung dreht sich darum, dass dieser zur Strecke gebracht wird. Das hat mit Roddenberrys Vision nichts mehr zu tun. Aber warten wir den nächsten Film ab, denn bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt.

Glauben Sie, dass man von der Utopie einen moralischen Transfer auf gegenwärtige Positionen/Situationen machen kann? Als Beispiel hierfür dient die TNG-Folge "Wem gehört Data"?
Das ist eine ganz starke Folge, in der es um eine Gerichtsverhandlung geht und diese Folge kommt komplett ohne Action aus und dabei ist sie äußerst sehenswert. Riker hat hier einen sehr starken Moment, als er Data für einen kurzen Augenblick abschaltet, um zu verdeutlichen, dass der Android eben doch nur eine Maschine ist. Ich halte das für eine überaus intelligente Reflexion unserer aktuellen Moralvorstellung, die stets auf das Moment der Selbstbestimmung und Individualität hinausläuft.
Wie gesagt, die Serie wird als Spiegel genutzt, um heutige Probleme in andere Kontexte zu stellen, wie hier, in der Zukunft. Mit dieser Verfremdungstechnik gelingt es beim Publikum, viel gezielter und nachhaltiger Kritik an unseren aktuellen Verhältnissen zu üben.

Halten Sie Star Trek eher für eine Dystopie oder eine Utopie? Blade Runner wäre z.B. eine klassische Dystopie.
Blade Runner habe ich seinerzeit im Kino gesehen und halte es für fraglich, ob es sich dabei wirklich um eine Dystopie handelt. Das Setting des Films wirkt natürlich auf den ersten Blick dystopisch. Es bleibt aber offen, wie der Gesellschaftzustand im Film beschaffen ist. Die Replikanten ermöglichen den Menschen die Eroberung des Weltraums, man ist technisch schon bis zum Jupitermond Titan vorgedrungen. Ich bin skeptisch, ob das Setting und der Film wirklich so düster sind, wie es immer dargestellt wird, zumal der Ausgang der Handlung ja als positiv gewertet werden kann: Der Blade Runner fliegt mit dem geretteten Replikanten ins Grüne. Vielleicht ist ein Film wie "World War Z" als apokalyptisches Szenario eher eine Dystopie. Die Frage steht jetzt im Raum: Was ist demnach eine Dystopie?
Baldavez: Die klassische Dystopie wäre die „The Walking Dead“-Reihe, in der die Zombies die Hintergrundbedrohung darstellen und das eigentliche Augenmerk auf dem Zusammenspiel der noch verbleibenden Menschen liegt. Die Entwicklung der Handlung vor dem Spiegel der eigenen Angst und der allgegenwärtigen Bedrohung wird ja durchaus negativ postuliert.
Eine Dystopie wäre für mich z.B. „Waterworld“ oder „Postman“, gern auch „Mad Max“. Das sind Filme, die ganz bewusst mit Dystopien spielen.
Strifes: Da könnte man aber einwenden, dass auch diese Filme mit einem positiven Ende versehen sind.
Das sind aber fast alle Hollywood-Streifen.
Strifes: Also gibt es keine klassische Dystopie.
Das wäre dann wohl eine würdige Diskussion für ihre Internetseite.



Wie bewerten sie die Abhandlung des militärischen Komplexes in Star Trek? Wie wird ihrer Meinung nach das Thema Militär in Star Trek verhandelt? 
Gene Roddenberry war Pilot beim amerikanischen Militär. Das Militär in Star Trek spielt angesichts dieser Ausgangslage eine erstaunlich geringe Rolle. Selbst als in ENT Militär an Bord stationiert wird, um einer massiven Bedrohung der Erde zu begegnen, bleibt es beim Spannungsverhältnis zwischen der zivilen, forschenden Besatzung auf der einen und dem Militär auf der anderen Seite. Aber am Ende einigt man sich in Gegenwart der Bedrohung auf ein gemeinsames Ziel. Wieder ist also Kommunikation der Schlüssel. Selbst im Hinblick auf den Hintergrund vom Nine-Eleven-Anschlag ist die Lösung, die man letztendlich findet, ein diplomatischer Weg.

Baldavez: Dann nehmen wir einfach mal die Folge in der Deanna Troi ihre (militärische) Qualifikation zum Brückenoffizier machen möchte ("Radioaktiv"). Wo sehen sie da die Grenzen zwischen Militär und Zivilisten?
Es handelt sich um ein friedliches Forschungsschiff mit entsprechendem Auftrag, auch wenn ein gewisser unterschwelliger militärischer Ton durch die „Sternenflotte“ (Uniform, Dienstränge) stets gegeben ist. Allerdings trifft dieser Umstand beispielweise auch auf die heutige zivile Handelsmarine zu.
Es geht lange Zeit nicht um Krieg. Erst gegen Ende der Serie und kurz zwischendurch spielt das Thema eine Rolle. Die militärische Struktur bei Star Trek im Allgemeinen finde ich erstaunlich und erfreulich unterrepräsentiert. Es gibt wenig gewalttätige Auseinandersetzungen und die Waffen, die verwendet werden, sind oft bewusst nicht tödlich, nur betäubend. Das war bei TOS leider viel häufiger der Fall; den klassischen Anfangstoten, den namenlosen Crewman im roten Gewand, hatten wir ja schon angesprochen. Als Kontrast werden in einzelnen Episoden immer wieder Falken-Figuren kreiert, die nichts von Frieden und Verständigung halten und lieber kämpfen wollen. Und mit ihrem aggressiven Konzept stets scheitern.

Wie sehen sie die Rolle von Zivilisten im Star Trek-Universum? Beispiele wären hier Siskos Vater Joseph, Quark auf DS9 oder eben Guinan auf der Enterprise-D.
An diesen Personen merkt man z.B. bei TNG den Forschungsaspekt deutlich. O'Briens Frau ist Lehrerin auf DS9, vorher Botanikerin auf der Enterprise-D. Der Forschungsauftrag wird in der Serie sehr deutlich betont.

Lwaxana: Bevor ich die Frage jetzt gänzlich aufschiebe, stelle ich sie jetzt einfach mal. Was halten sie von Star Wars? Sie hatten ja mehrfach betont, dass die Reihe für sie nur ein riesiges Märchen sei.
Ich habe die Reihe natürlich gesehen. Ich fand das damals 1978 (Krieg der Sterne, heute offiziell als Vierter Teil bekannt) durchaus faszinierend, gerade aufgrund der Tricktechnik. Der Film war optisches Popcorn, die Reihe von vornherein als Unterhaltung ohne tieferes metaphysisches Gedankengut gekennzeichnet. Es ist auch weniger Science-Fiction, sondern eher Fantasy. Die Technik spielt letztendlich kaum eine Rolle. Es gibt geheime Kräfte und telepathische Überredungskünste. Es wirkt zum Teil sehr klamottig. Ich habe zuweilen im Kino herzlich gelacht, wenn es allzu holzschnittartig wurde. Die Geschichte von Gut und Böse und wie beides miteinander zusammenhängt, will ich gar nicht schlecht reden, aber es ist eben ein Märchen.
Lwaxana: Das würde bedeuten, sie mögen auch „Herr der Ringe“ nicht, weil es eben ein Märchen ist? 
Ich war immer ein Fan von Tolkien, noch mehr vom Buch als vom Film. Aber auch bei Tolkien geht es um die Verständigung zwischen den Völkern, um andere Kulturen. In einem Star Wars-Roman würde man sicher keine 100-seitige vergleichbare Beschreibung der Hobbits finden können.
Lwaxana: Glauben sie, dass Abrams Star Wars völlig verhunzen wird?
Ja.
Strifes: Aber das ist doch genau sein Metier. Da kann er dann abliefern, was er auch schon bei Star Trek gemacht hat. Action am Fließband. 
Baldavez: Oder zumindest ein durchstrukturiertes Gut gegen Böse.
Gut, da haben sie wohl recht. Er muss sich da kaum verstellen, sondern kann seine Linie durchziehen.
Lwaxana: Was halten sie davon, dass er dann beides machen wird, also Star Trek und Star Wars?
Ich halte es für ein Armutszeugnis. Man müsste mal jemanden wie die Coen-Brüder („True Grit“, „No Country for Old Men", „Fargo“) dazu bringen, einen Star Trek-Kinofilm zu drehen. Wenn man sich Abrams Star Trek ansieht, dann, so finde ich, hätte das selbst Peter Jackson („Herr der Ringe“-Trilogie) besser hinbekommen.
Baldavez: Das stelle ich mir auch interessant vor.
Der hätte die Ferengi geliebt. (schmunzelt)
Baldavez: Er hätte es vielleicht auch geschafft, Star Trek die würdige Langsamkeit zurückzugeben. Nicht unbedingt jene aus "Star Trek: Der Film", aber zumindest wäre es nicht die Hektik aus Star Trek XI geworden. 

Wenn Sie bei einer Zeitreise die zeitliche und örtliche Wahl hätten, wo bzw. wann würde es hingehen?
Wenn man konsequent genug ist, müsste man sich eigentlich selbst in der Zeit besuchen. Von der Geburt bis ins hohe Alter würde ich mein Leben mit genügend Abstand zu meinem früheren Ich begleiten. Es wäre für mich das größte Abenteuer überhaupt, das Ganze nochmal erleben zu dürfen.

Gibt es Momente in ihrem Leben, in denen Star Trek einen Einfluss auf ihr Handeln hat?
Ich setze in der Lehre gerne Zitate und Analogien aus alltagstauglichen kulturellen Genres ein. Manchmal aus der Literatur, häufig aus Filmen. Und eben auch aus Star Trek. Mit diesem Kunstgriff sorge ich nicht nur für eine gewisse Auflockerung, gute Stimmung, sondern auch dafür, keine künstliche Trennung von Elfenbeinturm und dem Leben ‚da draußen‘ entstehen zu lassen. Eine solche isolierte Betrachtung könnte nämlich dazu führen, dass wir nur in ritualisierten Bahnen denken. Es hängt aber alles zusammen, unsere Alltagskultur, unser Freizeitverhalten, die Untersuchung historischer Epochen und die Beschreibung fremdartig anmutender Kulturen in Vergangenheit und Gegenwart. Erst wenn wir lernen, weiter zu denken, offen zu sein, erschließen sich Kontexte und Wirkmechanismen nachhaltig.

Strifes: Wie reagieren die Studenten im Regelfall?
Ich habe gewisse Rezitationen derartiger Passagen schon in den Protokollen der Studierenden wiedergefunden. Die Reaktionen reichen von verhaltenem Lachen bis zum Outing der Seminarteilnehmer als Trekkies. Mit Filmen verbinden wir Emotionen, die einen Teil unserer Gedankenwelt ausmachen. Und in der Lehre kann das immer wieder abgerufen, thematisiert werden, sozusagen als verfremdeter „Verstehensschlüssel“. Etwa in dem Film „Hänsel und Gretel – Hexenjäger“: Hänsel ist zuckerkrank, weil er bei der Hexe so viel Süßes essen musste; er bricht das Ganze dann im Laufe des Films auf einen einfachen Satz herunter: "Dont eat the fucking candy". Der Film ist unfreiwillig komisch. Da wird ein Nürnberg im Mittelalter präsentiert, dass aus nicht viel mehr als ein paar zusammengenagelten Brettern besteht. Und als dann die Kinder entführt werden, zeigen sie deren Fahndungsfotos auf einer Milchflasche aus reinstem Industrieglas. Das war einfach nur großartig. Erzählung bricht sich mit Erzählung. Und wie viel sagt uns das über das bewusste und unbewusste Mittelalterbild aus?

Strifes: Da fällt mir spontan Starship Troopers ein. Ich weiß auch nicht, ob der Film ernst genommen werden möchte oder nur lustiger Trash ist. 
Diesen Film finde ich schon hart an der Kante.

Was würden Sie machen, wenn Sie einen Tag lang Zeit hätten, um das Holodeck auszuprobieren?
Wir würden das Holodeck nur mit Informationen beliefern, die wir bereits haben. Es wäre nur wieder ein Spiegel unseres eigenen Ichs. Ich würde mir diverse berühmte Fußballspiele gern nochmal ansehen. Vielleicht sogar das große Turnier, das Deutschland nach einem Nicht-Tor im Finale verloren hat (gemeint ist das berühmt-berüchtigte WM-Finale zwischen Deutschland und England von 1966 im Wembley-Stadion in London).



Wenn es eine neue Serie geben sollte, wann, wie, wo sollte diese spielen? Was erhoffen Sie sich von der Zukunft in Star Trek?
Ich hätte gern eine Serie, die 2063 direkt nach dem Start der Phoenix angesiedelt ist. Ich fände es spannend zu sehen, wie sich ausgehend vom Start der Phoenix und der entsprechenden Folgen die Menschheit bis zum Start der Archer-Enterprise entwickelt. Ich hoffe natürlich, das Star Trek weitergeführt wird, aber es kann natürlich auch sein, dass die Verantwortlichen jetzt einen Schlussstrich ziehen. Lassen wir uns überraschen.

Werden Sie sich den neuen Star Trek-Film Star Trek: Into Darkness ansehen?
Ja.

Ein Schlußwort, dass sie den Trekkies gern mit auf den Weg geben wollen?
Bleibt euch treu!

Freitag, 14. Februar 2014

Star Trek Continues - Lolani

Nachdem das im Oktober beworbene Kickstarter-Projekt auch mit Unterstützung von Tafelrundenmitgliedern erfolgreich war, hielt die Crew um Vic Mignogna Wort und machte sich sofort an die Dreharbeiten für die zweite Folge ihrer Serie Star Trek Continues. Unter dem Namen "Lolani" geht die Reise der Enterprise weiter und das Erste, was die Fans - vor allen Anderen die Unterstützer der Spendenaktion - vom neu entstehenden Werk sehen durften, war dieses Poster:

STC: Lolani

Offensichtlich ist, es wird grün. Was natürlich bedeutet, dass die berühmt-berüchtigen Bewohner des Planeten Orion im Mittelpunkt stehen und eine spannende zweite Folge versprechen. Unter ihnen jemand, der bereits einmal grün war, und sich jetzt die Ehre einer tragenden Rolle gibt: Lou Ferrigno. Ohne zu viel zu spoilern, kann ich verraten, dass es aber nicht nur um Festgelage und tanzende, halbnackte Damen geht, auch wenn das vielleicht ein bedauerndes Murren auslösen mag.
Etwas Anderes verrät das Plakat bereits auf den ersten Blick und dafür muss ich die Gestalter wahrlich loben. Es ist eine Ernsthaftigkeit zu erkennen, deren Hintergrund und Schwere einem erst nach Betrachten der Episode wirklich bewusst wird. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass es den Machern nicht ausschließlich um lockere Weltraumabenteuer mit einem Kirk geht, der auf wundersame Weise sein Oberteil verliert, scharenweise Frauen anzieht und nebenbei die Welt rettet, ohne je Konsequenzen fürchten zu müssen.

Bevor ich jetzt allerdings weiter um den heißen Brei herum rede, hier das Video:

STC E02 "Lolani" von Star Trek Continues


Erst schauen, dann weiterlesen, ich verrate jetzt Details!


Es gibt einige Dinge, die mir gefallen haben oder die ich im wahrsten Sinne bemerkenswert finde, sowohl vom bildlichen als auch vom inhaltlichen Standpunkt aus betrachtet:
  • Kirk liest Bücher. Echte Bücher zum Anfassen, dran schnuppern, darin schmökern, trotz all der Pads und Computer.

  • Gleichberechtigung. Nein, ich meine nicht das Offensichtliche, was einem quasi mit der Keule übergeholfen sowie wörtlich mitgeteilt wird, sondern die subtile Variante, die aus der Handlung und der Besetzung der Charaktere spricht. So gibt es einen weiblichen Sicherheitsoffizier in einer Schlüsselposition und eine handfeste Diskussion zwischen Kirk und McKennah. Expertise bestimmt die Position, nicht das Geschlecht. Vielleicht bin ich verwöhnt, dies in meinem täglichen Umfeld vorzufinden, doch ich denke - gerade auch in Hinblick auf die Zukunft -, es sollte selbstverständlich sein. Ebenso wie die Tatsache, dass es keine Übervorteilung durch Emanzipation geben sollte.

  • Die Uniformen laufen ein, wie es in TOS der Fall ist. Auffällig ist dies bei Dr. McKennah und einem unbenannten weiblichen Crewmitglied, welches einmal durch die Gänge eilt. Außerdem wechselt der ein oder andere Reißverschluss die Seite. Lustig finde ich zudem, dass sogar die Frisur von Uhura innerhalb einer Szene wechselt.

  • Obwohl er sich im Endeffekt richtig entscheidet, ist es dieses Mal zu spät. Kirk geht nicht als Sieger aus der Situation hervor und zeigt wunderbar das Dilemma zwischen (militärischer) Hierarchie und persönlicher Moral, die eigentlich nur eine menschlich korrekte Handlung zulässt.

  • Spock führt eine Gedankenverschmelzung durch, um die grausame Wahrheit herauszufinden. Dabei schafft Todd Haberkorn meiner Meinung nach erstaunlich gut die Gratwanderung zwischen vulkanischer Selbstkontrolle und den Auswirkungen, die die Emotionen der traumatisierten Lolani mit sich bringen.

Fazit für mich ist, ich fiebere der dritten Folge freudig entgegen. Ganz im Geiste von Star Trek schrecken die Produzenten auch vor eindringlichen Themen nicht zurück und halten ein hohes Niveau. Und ich hege die Hoffnung, dass die Handlungsdichte wieder ein wenig zunehmen wird. Hübsche Orionerinnen erfüllen nämlich leider meine Unterhaltungsansprüche nicht völlig ;)