Spoilerwarnung.
Dieser Artikel enthält massive Spoiler auf "
Nepenthe", die siebente Folge der
ersten Staffel von "
Star Trek: Picard" und sollte erst gelesen werden, wenn man diese und weitere Folgen bereits gesehen hat.
Einleitung.
Von all den Gastauftritten, die im Vorfeld durch Tweets, Trailereinblicke oder Online-Eilmeldungen zu "
Star Trek: Picard" angekündigt wurden, war für mich persönlich der von
Marina Sirtis und
Jonathan Frakes derjenige, dem ich am meisten entgegengefiebert haben.
Nicht, dass ich viel erwartet hätte.
Ein zwei nette Szenen und ein wenig
TNG-Feeling vielleicht und den ein oder anderen Einblick, was das in "
Nemesis" frisch getraute Paar denn in der Zwischenzeit so getrieben hätte. Schließlich waren die einzigen Einblicke in das Leben der beiden früheren Enterprise-Führungsoffziere auf eingie Bücher beschränkt, die versuchten, ihren gemeinsamen Dienst auf der
USS Titan näher zu beleuchten...
Story.
Nachdem
Soji und Jean-Luc Picard dem Artefakt und dem
Tal Shiar entkommen sind, finden sie sich auf einem idyllischen Planeten wieder, der wie der absolute Kontrast zum Schrecken der zurückliegenden Tage wirkt. Beide werden mit offenen Armen von der Familie um Deanna Troi und William T. Riker begrüßt und in ihrem Zuhause aufgenommen. Vor allem
Kestra, die Tochter der ehemaligen Offiziere Picards, baut schnell eine Beziehung zu Soji auf.
Doch die sich mittlerweile ihrer künstlichen Existenz bewusst gewordene Androidin hat Schwierigkeiten in diesem neuen Umfeld.
Schwierigkeiten mit ihrer neuen Existenzform.
Schwierigkeiten mit ihrer traumatischen Vergangenheit.
Und Schwierigkeiten, dem Mann zu vertrauen, der gerade erst ihr Leben gerettet hat...
Lobenswerte Aspekte.
Besetzung.
In "
Nepenthe" wächst Jean-Luc Picards neue Crew zusammen, während er sich von alten Weggefährten verabschiedet.
Patrick Stewart hält sich (trotz einer omnipräsenten Präsenz) dabei erstaunlich bedeckt und überlässt anderen Darstellern den Platz in der ersten Reihe.
Zum Beispiel
Isa Briones, die zwar einige Data-Anleihen zum Besten gibt und in ihren Interaktionen mit dem jüngsten Sprößling der Familie Riker stark an
Data in "
Der Aufstand" erinnert, aber dennoch eine starke eigene Note in die ansonsten von Altstars dominierte Szenerie bringen kann. Ihre (nachvollziehbare) Weigerung bedingungsloses Vertrauen zu Picard aufzubauen mag vielleicht ihrer Notfall-Programmierung wiedersprechen, aber haucht der Figur eine eigene Note ein, die sie auch entscheidend von ihrer Zwillingsschwester
Dahj abhebt.
Nicht minder beeindruckt bin ich von
Allison Pill.
Dr. Agnes Jurati mag zuweilen die Grenzen zwischen Glaubwürdigkeit, Sympathie und
Tilly-Anleihen sprengen, doch die Gewissensbisse, Verzweiflung und innere Zerrissenheit in solch einer Form zu spielen, verlangt einem Darsteller einiges ab. Pill gelingt diese heikle Aufgabe mit Bravour und selbst wenn der ein oder andere sie nicht mögen mag, bleibt ihre schauspielerische Leistung über jeden Zweifel erhaben.
Weniger stark in Szene gesetzt blieben in dieser Folge eine Reihe von anderen Charakteren.
Oder
Michelle Hurd, die als
Raffi Musiker zwar deren verschüttet geglaubten mütterlichen Instinkte wiederfindet, aber darüber hinaus nicht allzu viel zu Handlung beizutragen vermag.
Harry Treadaways Auftritt als
Narek geht gar nur mit äußerstem Wohlwollen überhaupt als Sprechrolle durch.
Der freigewordene Raum wird von altbekannten Gesichtern mit zielsicherer Einfühlsamkeit ausgefüllt. Jonathan Frakes etwa mag alt geworden sein, aber er strahlt noch viel vom früheren Commander Will Riker aus, ohne dabei Stillstand zu suggerieren. Im Gegenteil; seiner Beziehung zu Picard gelingt das Kunststück, gleichzeitig altbekannten Respekt als auch weiterentwickelte Freundschaft zu transportieren. Und er lässt bei seinen Vier-Augen-Gesprächen mit Picard ganz unauffällig auch ein Hintertürchen für eine mögliche Rückkehr offen (vergleiche Denkwürdige Zitate).
Marina Sirtis steht dem in Nichts nach ("
Wir bleiben Troi!"). Es fällt schwer, in der Art und Weise, in der Deanna Troi noch immer semi-erfolgreich den Tod ihres Sohnes verarbeitet, auch ein Stück weit an den Tod von Marina Sirtis' Ehemann
Michael Lamper denken zu müssen. Vor allem aber bildet ihr Auftritt einen der am besten eingesetzten Auftritte eines
Counselors in Star Trek – einer Rolle, die selbst in TNG oft genug nicht einmal von den eigenen Autoren verstanden wurde. Hier aber nutzt sie der allgemeinen Handlung und der Vermittlung des Traumas, das Soji in den letzten Tagen erfahren haben muss.
Doch auch wenn Picard, Riker, Troi und auch Soji lange Schatten werfen mögen, so werden sie doch allesamt von der wunderbaren
Lulu Wilson an die Wand gespielt. Kestra mag ein wenig auf den Spuren
Wesley Crushers wandeln und ihre Augen ziemlich weit aufreißen können, aber sie bringt nicht nur fast so etwas wie den verloren geglaubten Familien-Show-Charakter Star Treks wieder, sondern schafft es getreu dem Motto "
Kindermund tut Wahrheit kund" auf spielerische Weise Soji aus ihrer Lethargie zu befreien. Direkt schade, dass von ihr so schnell nichts mehr zu sehen sein dürfte, auch wenn sie das vor dem Wesley-Fluch bewahren könnte.
Evan Evagora hat - obwohl
Elnor mittlerweile allein sein Unwesen auf dem Artefakt treiben darf – noch immer keine wirklich großen Möglichkeiten, sich zu präsentieren und muss gar die erste Niederlage seiner noch jungen Ninja-Nonnen-Karriere einstecken.
Tatsächlich blieb eine seiner denkwürdigeren Szenen vor allem deshalb in Erinnerung, weil sie ausgerechnet der bislang recht eindimensionalen
Narissa Rizzo etwas mehr Möglichkeiten zu Entfaltung bot. In der Tat hilft
Peyton List die Darstellung expliziter Gewalt, ruchloser Hinrichtungen und tückischer Hinterlist, ihrer vormals eher belanglosen Rolle etwas mehr Glamour zu verleihen. Sie beendet gar das Leben des Publikumslieblings Hugh und schafft es auf diese Weise, weitere Antipathien beim Zuschauer hervorzurufen (was für einen guten Darsteller einem Ritterschlag gleichkommt). Andererseits bleibt festzuhalten, dass die Autoren es bislang ohnehin versäumt haben, für
Jonathan Del Arcos Rolle große Entwicklungen herbeizurufen, seine Position an Bord des
Kubus' mit viel Inhalt zu füllen oder Hugh abseits von einem Zugang Picards zum Artefakt mit sonderlich viel Nutzen für die Handlung zu versehen. Es mutete beinahe logisch an, ihn als Bauernopfer zum Wohle des Schockmoments zu opfern.
Dennoch bleibt mein persönlicher Lieblingscharakter ein anderer.
Kritikwürdige Aspekte.
Uneinheitliches Strickmuster.
"
Star Trek: Picard" steht dem mittlerweile in nichts mehr nach und hat sogar mehr Hochkaräter auf seiner Abschussliste zu bieten als sein Vorgänger. Auf der Mattscheibe konnte man in den bisherigen sieben Folgen bereits Dahj,
Maddox, Icheb und nun auch Hugh bei ihren zum Teil recht drastisch inszenierten Toden zusehen. Von einigen Nebencharakteren (z.B.
Dahjs xaheanischem Freund,
Bjayzl,
Mr. Vup oder dem
romulanischen Senator Tenqem Adrev) und gesichtslosen Opfern wie den 90.000 Opfern des
Angriffs auf den Mars, dem früheren Captain der
ibn Majid oder mit der aktuellen Folge auch dem
Sohn der Rikers sei an dieser nur am Rande und der Vollständigkeit halber die Rede.
Abermals galt es, eine ungewöhnlich lange Folge zusammenzuschustern, die – um die Sache weiter zu verkomplizieren - auf drei verschiedene Handlungsorte verteilt wurde: dem Borg-Kubus, der
La Sirena und dem Planeten
Nepenthe.
Herausgekommen ist am Ende eine eher unausgewogene Folge in drei sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten, drei unabhängigen Handlungen und drei in ihrer Erzähltiefe qualitativ sehr voneinander abweichenden Einzelteilen, die nicht unbedingt miteinander harmonieren.
Als wäre das nicht schon Makel genug, wird sich ihr Wert vor allem Neu-Fans, Seiteneinsteigern und mit der Materie nur oberflächlich vertrauten Zuschauern nicht unbedingt erschließen.
Während die Handlungsstränge auf dem Borgkubus und der La Sirena nicht völlig ohne Reiz sind, fehlt ihnen dennoch die inhaltliche Dimension jener Szenen, die auf Nepenthe spielen. Ganz generell bleibt vorab vielleicht festzuhalten, dass man sich ihrem Zauber als alter Star-Trek-Hase, der mit TNG aufgewachsen ist, ohnehin nicht entziehen kann, während einem unbescholtenen Neuling die gesamte Anlage dieser Einstellungen fraglos zumindest eine Reihe von Fragezeichen in die Gesichtszüge treiben dürfte. Aber abseits der bislang ausgedehntesten Wanderung auf dem Nostalgie-Pfad wartet wieder einmal ein dichter Urwald aus besonders symbolhaften Motiven auf den Zuschauer. Das geschickte Spiel mit Begriffen wie "Realitäten", "Heimat" und "Vertrauen" erinnert in bester Weise an TNG, auch wenn die Zeiten sich für altgediente Charaktere wie Picard, Riker und für moderne Fernsehserien drastisch geändert haben, was die beiden bei einem ausgedehnten Spaziergang im Unterholz der Metaebene für den Zuschauer leicht abstrahierbar feststellen:
Riker: "
Und, wie ist sie so, ihre neue Crew?"
Picard: "
Also, ich würde sagen sie sind wild zusammengewürfelt. Seit wir den Orbit der Erde verlassen haben, war ununterbrochen Drama und soweit ich weiß, hat sich das in den letzten Tagen nicht geändert. Die schleppen deutlich mehr Probleme mit sich herum als ich das von Ihnen früher gewohnt war. Aber na ja, ich hab gut reden..."
Doch neben derlei cleveren Seitenhieben bleibt schlichtweg festzuhalten, wie geschickt der Auftritt der Familie Troi-Riker in das allgemeine Geschehen eingebettet wurde. Nicht nur, dass sie die Handlung mit einem improvisierten Bereitschaftsraum-Meeting bei Hornhasenwurst-Pizza vorantreiben; sie bieten darüber hinaus auch eine erstaunlich detaillierte Hintergrundgeschichte, die nicht nur anrührend ist, sondern auch sie zu Opfern des Banns auf synthetische Lebensformen macht. Sie zeigen mit ihrer Familienbiografie einen weiteren Schatten im vermeintlichen
Föderations-Paradies auf, der die Familie zwar in Mark und Bein trifft, aber wie Picard auch nicht ihre Werte verlieren lässt.
Abseits der eher bedächtigen Entwicklungen auf Nepenthe überschlagen sich die Ereignisse nahezu auf dem Artefakt und der La Sirena.
Hier bleibt die vielleicht wichtigste Entwicklung, dass die hastig zusammengewürfelte Crew endlich zusammenwächst.
Doch nach den so haarklein ausgefeilten Konflikten, Dramen und Antipathien wirkt dies – vor allem in Hinblick auf das Staffelfinale in unmittelbarer Sichtweite – etwas arg überhastet. Als hätte jemand einen Knopf gedrückt ringen sich alle Beteiligten so etwas wie Respekt voreinander ab, obwohl sie noch in den letzten beiden Episoden ihre Wehwehchen, Eitelkeiten und persönlichen Abgründe ausgiebig vor den neugierigen Augen der Zuschauer spazieren geführt haben. Nun aber essen sie plötzlich
Red-Velvet-Cake miteinander, wollen nicht, dass sich jemand verletzt und sind sogar bereit, ihr Leben für Leute zu opfern, die sie erst vor knapp drei Wochen kennengelernt haben.
Da hilft es nicht unbedingt sonderlich, dass in einer Folge, die bereits mit einem Prolog beginnt, den sich der aufmerksame Zuschauer zumindest in ähnlicher Form längst selbst zusammengereimt hat, viele Entwicklungen recht vorhersehbar blieben – nicht zuletzt, weil sie in ähnlicher Form schon gefühlte tausend Mal in anderen Serien und Filmen zu sehen waren.
Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die böse
Zhat-Vash-Agentin bei ihrem Angebot, das Ganze in einem '
fairen Zweikampf' auszutragen, Hintergedanken haben könnte?
Oder dass die Romulaner mit der Freilassung der La Sirena einen heimtückischen Plan zur Überwachung des Reiseziels des Schiffes verfolgen würden?
Und wer hätte jemals erlebt, dass ein vermeintlicher Agent Zweifel an der moralischen Auswirkungen seiner Mission haben könnte und vom Saulus zum Paulus wird?
Und auch wenn Aarniokoski eine zittrige Hand beim Festhalten der Kamera beweist, die Finger nicht von den
Lense Flares lassen kann und sogar die Salto-Aufnahmen zurückbringt, schafft er doch ein Novum in der noch jungen Serie, dass an dieser Stelle einmal ausgiebig gewürdigt werden soll:
"Nepenthe" endet erstmals nicht mit einem direkten Cliffhanger, sondern allen dramatischen Entwicklungen der Folge zum Trotz mit einem unaufgeregten Abschluss der abermals eher an TNG erinnert - und das nicht nur in musikalischer Hinsicht.
Kanonbrüche und Logiklöcher.
Nein, diese Folge hat sich zuerst einmal ein weiteres Lob für den Umgang mit dem offiziellen Kanon verdient, denn es gibt Referenzen quer durch den Gemüsegarten Star Treks.
Aber wenn die Handlung schon so sehr in Richtung TNG ausschlägt, liegt es natürlich in der Natur der Dinge, auch diese Serie besonders häufig mit Querverweisen zu bedenken. So verweist Picard mit Anspielungen auf sein künstliches Herz auf "
Das Herz eines Captains" und Kestras Name geht auf "
Ort der Finsternis" zurück. Will Rikers Vorliebe für's Kochen ("
Die Zukunft schweigt") und
Jazz ("
11001001") werden genauso erwähnt wie der erstmals im TNG-Pilotfilm "
Der Mächtige" benutzte Ausdruck '
Imzadi'.
Von all diesen Referenzen abgesehen fand ich es sehr angenehm, dass sich die La Sirena zu keinem Versteckspiel in irgendwelchen Asteroiden hinreißen lässt wie in Star Wars, sondern die Tücken des Lichtgeschwindigkeitsfluges nutzt, um einem Verfolger zu entkommen.
Während die Episode wieder einmal unter Beweis stellt, dass dem Kanon in "Picard" ein höherer Stellenwert zukommt als etwa in "Discovery", gibt es noch immer eine Reihe von inhaltlichen Unstimmigkeiten.
So wirkt die Auslassung zur Gefangennahme Hughs in Hinblick auf die Folgenlänge zumindest verwunderlich (auch wenn sie letztendlich wahrscheinlich den Kürzungsforderungen zum Opfer gefallen sein dürfte).
Man kann außerdem von Glück reden, dass das
Borg-Stargate Soji und Picard direkt vor die Haustür der Rikers bringt und nicht irgendwo anders auf dem Planeten Nepenthe. Aber vielleicht war das ein ähnlich großer Zufall wie der Umstand, dass Elnor beim Krabbeln durch die Eingeweide des Artefakts das
Fenris-Notsignal just in dem Moment findet, wo er einen ehemaligen Borg zum Aktivieren des Portals benötigt.
Die Sensoren der Sirena scheinen auch nicht besonders leistungsfähig zu sein, wenn die Sensoren kaum in der Lage sind ein Schiff zu orten, das sich - wie in den Außenaufnahmen deutlich erkennbar - in unmittelbarer Sichtweite befindet.
Und was treibt eigentlich die
Sternenflotte den lieben langen Tag?
Wieder einmal glänzen die Schiffe der Organisation mit Abwesenheit und die Einfälle der Kzinti auf einer Föderationskolonie lässt abermals Zweifel an ihrer Handlungsfähigkeit aufkommen.
Ein wenig mehr Aufmerksamkeit wäre ferner von Nöten gewesen, als Picard den ehemaligen Captain der USS Titan spontan zum Commander degradiert (vergleiche Denkwürdige Zitate), auch wenn man nicht zuletzt deshalb damit gut leben kann, weil dieser Fehler das fortschreitende Alter des Admirals im Ruhestand weiter unterstreicht.
Viel mehr stört der schiefe Rankpin
Commodore Ohs, vor allem, weil er in den ersten Einstellungen noch tadellos gerade saß.
Und vielleicht (nur vielleicht!) war es erzähltechnisch nicht unbedingt der ausgefallenste Zug, Deanna mit dem gleichen Schicksal zu konfrontieren, wie dereinst
ihre Mutter. Beide mussten den Tod ihres erstgeborenen Kindes hinnehmen und als wäre das nicht schon heikel genug, hätte man dem hartnäckige Silikonvirus auch noch ausgerechnet mit positronischer Technologie beikommen können.
Aber wäre das alles, so gäbe es kaum etwas zu meckern.
Doch gerade die Geschichte um den verstorbenen Sohn seiner früheren Offiziere und engen Freunde wirft abermals ein schlechtes Licht auf Jean-Luc Picard, denn seine langjährige Isolation in
La Barre macht noch weniger Sinn wenn man sich vor Augen führt, dass er nicht nur das Leid der Romulaner, die Geschehnisse um den Borg-Kubus, das Schicksal des Waisen Elnors und die Leidenszeit Raffi Musikers bewusst ignoriert hat, sondern auch dem Tod Thads derart gleichgültig gegenüberstand. Diese erzählerische Lücke ist bislang der größte Makel an der Serie, denn er wurde bislang nicht im Ansatz mit einer Erklärung bedacht.
Synchronisation.
Während das amerikanische Original das Land ob seiner zum Teil sehr obszönen Sprache zweiteilt, bleibt die deutsche Fassung vergleichsweise dezent davon betroffen, nicht zuletzt, weil sich das Deutsche als Sprache einfach nicht so recht zum gepflegten Fluchen eignet. In unseren Breiten sind "Scheiße" und "Rotz" schon die schlimmsten Ausdrücke, die man hören kann.
Aber natürlich ist die deutsche Tonspur keineswegs frei von Fehlern, vor allem wenn es um das leidige Thema Siezen und Duzen geht.
Während sich die gesamte Crew der La Sirena munter mit der zweiten Person Singular anredet, geht es bei den Rikers ungleich gesitteter zu, obwohl sich die Beteiligten gar schon fünfunddreißig Jahre kennen und längst die Fesseln des Rangs abgeschüttelt haben, um ihre Beziehung in eine innige Freundschaft entwickelt haben. Das hier am Siezen festgehalten wurde ist schlichtweg unnachvollziehbar, vor allem, wenn sich die alten Kameraden dazu mit Vornamen anreden.
Zudem bleibt es dabei: Wo gehobelt wird, fallen Späne.
In der deutschen Folge erfährt der Zuschauer nicht, welchen Kuchen Jurati gegessen hat. Und das Wort 'bunnicorn' ist eigentlich zu schön um überhaupt übersetzt zu werden (und mit 'Hornhase' nur entsprechend mäßig gelungen).
Und eine der beiden liebevollen Bezüge auf die Bill-Murray-Komödie "
Was ist mit Bob?" (eng. "
What About Bob?") geht nicht zuletzt deshalb verloren, weil man sich in der Ton-Regie für die Redewendung "
Schritt für Schritt" entschieden hat, statt das englische "
baby steps" mit "
Babyschritte" zu übersetzen.
Das ist zwar etwas schade, aber durchaus nachvollziehbar.
Verschwörungstherorien.
Im Folgenden sollte nur weitergelesen werden, wenn man bereit ist, sich die Überraschung verderben zu lassen, denn an dieser Stelle folgen einige Überlegungen zu möglichen Richtungen, in die sich die Serie bewegen wird.
Also: Absolute Spoilerwarnung!
Wenn die Eingangsszene der Folge irgendetwas Neues mit sich gebracht hat, dann, dass Oh tatsächlich eine
Vulkanierin ist. Zweifellos bleibt die Sonnenbrille nicht minder unsinnig wie beim ersten Mal, doch die Einblickschnipsel, die wir dank der Gedankenverschmelzung erhielten, lassen die Sicherheitsbeauftragte der Sternenflotte in einem neuen Licht erscheinen.
Diese Art Einblick kann sie nämlich eigentlich nur vermitteln, wenn sie es selbst erlebt hat.
Um aber etwas erlebt zu haben, was in der Zukunft geschehen wird, muss man logischerweise selbst Teil dieser Zukunft sein, was im Umkehrschluss bedeutet, dass Oh kein
Android und kein Romulaner ist, sondern á la
Terminator aus der Zukunft kommt, um eine Zerstörung der Menschheit durch künstliche Intelligenz zu verhindern.
Das Problem an den Flashbacks bleibt allerdings, dass sie nur kurze Bilder aus dieser Zukunft liefern, von denen einige eins zu eins in dieser Form aus der
zweiten Staffel "
Discovery" geklaut sind.
Die Frage die sich nun stellt ist jene, ob mit diesem Horror-Zukunftsszenario, das Jurati immerhin dazu treibt, ihren ehemaligen Geliebten zu ermorden, auf eine absichtliche Verbindung zu
Control basiert, oder ob Kostengründe hier eine recht generische Zerstörungsszene entleihen ließen, um sie nicht noch einmal drehen zu müssen…
Fazit.
"
Nepenthe" ist wie eine Packung
Color-Rado von Haribo:
Auch wenn es eine Vielzahl schmackhafter Leckereinen enthält, beinhaltet jede Packung auch immer einige Naschereien, die man nicht mag. Die einen werden sich über die Nostalgie-Momente und über das gemächliche Tempo freuen, während anderen jene Erzählstränge zu kurz kommen, die die Handlung entscheidend vorantreiben, zu viele liebgewonnene Charaktere sterben oder die Logiklöcher zu groß sind.
Irgendetwas Ansprechendes wird aber jeder finden; egal ob die Leistungen von Schauspielern wie Lulu Wilson, das rasche Zusammenwachsen der Crew oder die geschickt platzierten Kanonbezüge.
Bewertung.
Irgendwo zwischen Zuckerhimbeere und Lakritzdragee.
Schluss.
Vielleicht mag der ein oder andere Neueinsteiger mit Verwirrung auf Deanna Troi und William T. Riker reagiert haben, aber ich ganz persönlich habe mehr erhalten, als ich erhofft habe. Nicht nur, dass der Moment an Nostalgie nicht zu übertreffen war; darüber hinaus fiel der gemeinsame Auftritt der TNG-Veteranen deutlich umfangreicher aus, als selbst die Trailer es suggeriert haben.
Und doch bleibt ein Wehrmutstropfen, wie wohl nur die ärgsten aller Fans ihn sehen können.
Als jemand, den stets die Sehnsucht nach weiteren Star-Trek-Geschichten erfüllte, habe auch ich mich den vielen Büchern - darunter auch der
Titan-Reihe - zugewandt, zumal sie einige tolle Entwicklungen beschrieb.
Zum Beispiel, dass Deanna Troi und William Riker ein Kind haben würden, dass wie in der Folge beschrieben auf Schiffen großwerden würde, anstatt einen Heimatplaneten benennen zu können.
Doof nur, dass es sich in den Büchern um eine Tochter handelte.
So mischt sich in meine Freude über den Auftritt der beiden auch ein wenig Wehmut darüber, wie achtlos die Franchise immer wieder mit dem eigenen Bücheruniversum umgeht, obwohl mittlerweile mit
Kirsten Beyer eine ehemalige Buchautorin in die Serie involviert ist.
Denn auch wenn es sich in den Titan-Romanen um eine Tochter handelte:
Ihr Name
Natasha hätte bei den Fans nicht weniger für Begeisterungsstürme gesorgt...
Denkwürdige Zitate.
"
Du bist dafür verantwortlich!"
"
Bitte was? Was hab ich damit zu tun?"
"'
Cris, er ist ein alter Mann - er kommt nicht weit...' und jetzt ist Picard zu einem Planeten unterwegs, der mehrere Tage bei Maximum-Warp entfernt ist! Er weiß warum und ich häng an einem Traktorstrahl eines Borg-Kubus' voller Romulaner!"
Christóbal Rios und Raffi Musiker
"
Hermano, wir müssen los!"
"
Gehen Sie ohne mich. Das wird nicht nochmal geschehen. meine Hilfe wird hier gebraucht."
"Wir meinen alle, dass Du irre bist..."
"...
und mutig..."
"...
und mutig.
Adios, Kleiner."
Rios, Elnor und Dr. Agnes Jurati
"
Ich glaube niemandem."
Soji
"
Ich würde nicht auf Dich schießen; ich bin Pazifistin. Aber ich könnte es."
Kestra Troi-Riker
"
Und wer sind diese Leute?"
"
Wir waren... wir sind alte Freunde."
Soji und Jean-Luc Picard
"
Sie stecken in Schwierigkeiten. Wie schlimm ist es?"
"
Schlimm genug."
Deanna Troi und Jean-Luc Picard
"
Als Sie damals nach Romulus geflogen sind, für die große Supernova-Rettung, erinern Sie sich an meine Worte?"
"
Wollen Sie die Romulaner wirklich für den Rest ihres gesamten Lebens am Hals haben?"
"
Ganz genau! Und wie war das noch gleich mit Newtons viertem Satz der Thermodynamik."
"
Jede gute Tat rächt sich automatisch."
"
Genau!"
William Riker und Jean-Luc Picard
"
Als ich die Erde verlassen habe. hatte ich einen Plan, ein Schiff und sogar eine Crew - sozusagen. Jetzt hab ich alles verloren. Mein Plan war am Ende nur, na ja, ein halber, wenn's hochkommt und das Mädchen schwebt immer noch in Lebensgefahr."
"
Vielleicht brauchen Sie einen neuen Plan..."
Picard und Riker
"
Bleiben Sie solange sie wollen. Wieso ist egal. Wir kriegen das hin."
Riker zu Picard
"
Okay, aber Du hast Blut und Spucke?"
"
Auch das."
"
Und Rotz?"
"
Ja, ich habe Rotz."
"
Data hatte keinen Rotz..."
Kestra und Soji
"
Warum würde Data einen Adroiden mut Rotz und Spucke erschaffen wollen?"
"
Weißt Du er hat immer versucht menschlicher zu sein. Er konnte zwar all diese fantastischen Dinge, aber was er jemals wirklich wollte war Träume zu haben und Witze zu erzählen udn zu lernen wie man richtig tanzt."
Soji und Kestra
"
Nein, bitte nicht weinen! Ich finde Dich wunderbar!"
"
Weil ich Rotz habe?"
"
Und weil Du drei Jahre alt bist und ich Dich jetzt herumkommandieren darf."
Kestra und Soji
"
Ich bin nicht mehr sotapfer wie früher, Jean-Luc."
"
Dann werden Sie langsam weise."
Picard und Troi
"
Du machst jetzt erst mal einen Spaziergang mit Tante Raffi; sie wird Dir alles geben was Du brauchst. Okay?"
"
Auch Kuchen?"
"
Auf jeden Fall Kuchen!"
Raffi und Jurati
"
Ich habe mit Commander Riker zusammen auf der USS Enterprise gedient."
"
Und Sie waren der beste Captain aller Zeiten, wie ich gehört hab."
"
Der beste Captain aller Zeiten? Wo hast Du das denn her?"
"
Na von Dir!"
"
Von mir? Da muss ich betrunken gewesen sein!"
Picard, Soji, Riker und Kestra
"
Nicht übel... für einen Pizzabäcker."
Picard
"
Sie merken also, Soji, nicht immer ist 'echt' auch automatisch 'besser'."
Troi
"
So etwas sollte sich ein Schiffscounselor lieber verkneifen, aber: Sie haben es verdient."
Troi
"
Was Sie sein mssen, ist Jean-Luc Picard: Mitfühlend. Geduldig. Neugierig."
Troi
"
Wenigstens war ich für einen Moment wirklich wieder ein hoffnungsvoller Narr. Danke dafür."
Hughs letzte Worte
"
Ich hatte noch eine Idee, wie wir diesen Kerl fidnen können, aber die wird Dir wahrscheinlich nicht gefallen."
"
Wieso? Musst Du mich dafür aus 'ner Luftschleuse schießen?"
"
Das wil ich nicht hoffen..."
Rios und Raffi
"
Hat es Sie nie wieder zu den Sternen gezogen?"
"
Na ja, ich gehöre noch zur aktiven Reserve, aber es müsste schon wirklich gute Gründe dafür geben."
Picard und Riker
"
Jean-Luc, Sie haben mehr als einen angemessenen Anteil an der Rettung der Welt geleistet und niemand nimmt es Ihnen übel, wenn sie einfach zu hause bleiben und andere Menschen die Galaxis kümmern lassen würden, insbesondere vor dem Hintergrund Ihrer Verfassung. Ich meine, niemand außer mir natürlich; ich hab nie gedacht dass Sie überhaupt in Rente hätten gehen dürfen."
"
Und Sie hatten Recht..."
Riker und Picard
"
Danke, Wil."
"
Wofür?"
"
Oh, für so vieles. Aber heute dafür, dass Sie nicht versucht haben, mir das alles auszureden."
"
Das hätte eh keinen Zweck... Das, mein Freund, war schon immer ein hoffnungsloses Unterfangen."
Picard und Riker
Weiterführende Leseliste.
01. Rezension zu "
Gedenken"
02. Rezension zu "
Karten und Legenden"
03. Rezension zu "
Das Ende ist der Anfang"
04. Rezension zu "
Unbedingte Offenheit"
05. Rezension zu "
Keine Gnade"
06. Rezension zu "
Die geheimnisvolle Box"
07. Rezension zu "
Nepenthe"
08. Rezension zu "
Bruchstücke"
09. Rezension zu "
Et in Arcadia Ego, Teil Eins"
10. Rezension zu "
Et In Arcadia Ego, Teil Zwei"