Die Außenmissionen der Tafelrunde
haben diese kleine brandenburgische Gemeinschaft bereits in weit
entfernte Ortschaften wie Mannheim, Frankfurt am Main, Düsseldorf, Gießen, Bonn, Lauenau, Zweibrücken oder gar Eberswalde
verschlagen. Dass das sprichwörtliche Glück aber gar nicht weit von
der eigenen Haustür zu suchen ist, hat am 21. Februar 2015 ein
Sternchen-Aufgebot der ganz besonderen Sorte unter Beweis stellen
können.
Dieses Mal führten die Wege der
zweiundzwanzig tapferen Mitstreiter nämlich keine hunderte von
Kilometer Autobahn entlang, sondern einfach nur den Berg hoch, der
ihrem Potsdamer Stadtteil als Namenspate dient: Den imposanten
Babelsberg.
Auf der 77 Meter hohen Erhebung (den
sämtliche Teilnehmer ohne Zuhilfenahme von Beatmungsgeräten
erklimmen konnten) befindet sich seit 1913 eine Sternwarte, die
mittlerweile das renommierte Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) beherbergt.
Grundlage für den beschwerlichen
Aufstieg bildete die Einladung des vor Ort wirkenden Doktors der
solaren Radiophysik und Star-Trek-Fans H.Khan, der die
Star-Trek-Tafelrunde „Hermann Darnell“ ermunterte, seinen
Arbeitsort zu so nachtschlafender Stunde aufzusuchen, um einem
speziell für diesen Anlass aufpolierten Vortrag zu lauschen, das
Gelände zu besichtigen undim 3D-Kino einen
genaueren Blick in jene unendlichen Weiten zu wagen, die die Grundlage für
Science Fiction aller Art bildet.
Seinen Anfang nahm der Abend wie so
viele Außenmissionen der Tafelrunde: zu spät. Zuerst, weil einige
Mitglieder am falschen Ende des weitläufigen Areals nach einem
Eingang suchten und als diese sich schließlich endlich im
Vorlesungsraum einfanden, waren andere noch immer damit beschäftigt,
Kaffee und andere Getränke aus dem antiquierten Replikatorsystem zu
erhalten, das der Gastgeber kurz zuvor noch zur Überbrückung des Leerlaufes angepriesen hatte.
Als das Abendprogramm gegen sieben Uhr
schließlich eingeläutet wurde, verstummten die Klänge des Beatles-Klassikers „Here Comes the Sun“, die zuvor in
einer Endlosschleife thematisch auf „Feuerwerk auf der Sonne“,
das Thema des Vortrages, vorbereitete. In der speziellen
„Star-Trek-Edition“ konnten die Zuhörer auf unterhaltsame Weise
ihr Wissen darüber erweitern, wie die Sonne aufgebaut ist, was sich
hinter den Sonnenflecken ("Sunspots") verbirgt und was die Sonnenoberfläche mit
der haushaltsüblichen Tomatensoße auf dem Herd zu tun hat.
Aufgelockert wurde diese ausführliche freiwillige Lerneinheit mit
Videos aus den Simpsons, der Star-Trek-Originalserie, der Next
Generation und Voyager. Besonders unterhaltsam wurde es immer dann,
wenn es H.Khan in bester Beckmesser-Tradition gelang, den
Drehbuchautoren mangelhafte Recherchearbeit nachzuweisen.
So konnte H.Khan etwa anhand
tagesaktueller Daten aufzeigen, dass die bedrohlichen Werte, die Data
in „Besuch von der alten Enterprise“ vom instabilen Stern
empfängt, bestenfalls solare Durchschnittswerte in unserem eigenen
Sonnensystem sind.
Den Höhepunkt bildete allerdings der
Einblick in das, was in der sauerstoffarmen Höhenluft des
Babelsberges tagtäglich von engagierten Wissenschaftlern wie H.Khan
"mit unseren Steuergeldern" geleistet wird. Die ins Referat integrierte Vorstellung des „Solar Orbiters“, eines ESA-Satelliten zur näheren Erforschung der Sonne, an
dessen Fertigstellung H.Khan hier aktiv beteiligt ist, zählte zu den
absoluten Höhepunkten des Abends. Projekte wie dieses stellen
nämlich unter Beweis, zu welchen Leistungen die Menschheit bereits
heutzutage in der Lage ist und markieren einen eindrucksvollen
Schnittpunkt zwischen Forschungswirklichkeit und Science Fiction.
Zum Abschluss des aufschlussreichen
Referats folgte neben einer eindringlichen Nichtempfehlung des Films
„Sunshine“ ein Veranstaltungstipp der besonderen Art: Am 20. März
2015 wird in Deutschland ab 9.40Uhr eine achtzigprozentige Sonnenfinsternis beobachtbar sein und auch wenn der Kernschatten
unsere Gefilde nicht streifen wird, wird dieses besondere Ereignis
wohl für alle anwesenden Zuhörer zu einem echter Hingucker werden.
Schließlich konnte man an diesem Abend erfahren, dass man als
Bewohner dieses Planeten stolz darauf sein, dass ausgerechnet unser
Trabant die ideale Größe für solch ein einzigartiges
Himmelsspektakel aufweist!
Alles in Allem war der abendfüllende
Vortrag nicht nur äußerst anschaulich vermittelt und sehr
unterhaltsam präsentiert worden, sondern glänzte auch in der
Vorbereitung, wie die tagesaktuellen Beispiele und das sofort
griffbereite Packen Ersatzbatterien für die Powerpointfernbedienung
nahelegten. Als Dank für seine Mühen wurde H.Khan daraufhin
von der Tafelrunde mit einer Jonathan-Archer-Figur ausgezeichnet,
also jenem Mann, dessen Inspiration als erster Captain einer Enterprise
auf ein Astronomiebuch gewesen sein soll.
Wer aber geglaubt hatte, dass der Abend
damit sein Ende erreicht hätte, sah sich eines besseren belehrt, als
Doktorandin Dorothée Brauer dazu ansetzte, die frisch bekehrten
„Freunde der Sonne“ über das Gelände des Leibniz-Instituts für
Astrophysik zu führen. Doch nach einigen einleitenden Erläuterungen
begann sich bereits abzuzeichnen, dass die Pläne für den Abend über
den Haufen geworfen würden. Schuld daran war das Wetter.
Nicht, dass es schlecht gewesen wäre!
Seit dem Vortag verhüllte eine dicke Wolkendecke den Nachthimmel
über Potsdam und hatte die ursprünglichen Pläne, das
Spiegelteleskop im Ostflügel des Refraktorgebäudes zur Beobachtung
der Sterne zu nutzen, zunichte gemacht. Doch just in der dichtesten
Bewölkungsphase des Wochenendes klaffte plötzlich eine Insel am
eigentlich laut Wetterbericht ständig verdeckten Firmament und
fröhlich blinkten mit dem bloßen Auge erkennbare Sterne die Gruppe
in genau dem Moment an, als sie das Hauptgebäude zum Beginn ihres
Rundganges verlassen hatte.
So machten die Initiatoren aus der Not
eine Tugend. Die Führung durch das Institut wurde (leider) auf ein
Minimum eingedampft und stattdessen fanden sich alle Teilnehmer kurz
darauf im Refraktorgebäude wieder, wo unter dem Ächzen der betagten
Mechanik schließlich die Kuppelkonstruktion ihre Pforten in die
klare Sternennacht öffnete und einen atemberaubenden Blick freigab.
Trotz der klapprigen Kälte, der
antiquierten Technik und des beengten Raumes harrten sämtliche
Expeditionsteilnehmer geduldig aus, bis sie an der Reihe waren, einen
Blick durch das Teleskop werfen zu können.
Und der Ausblick war einer, den man
nicht alle Tage genießen kann. Im Verlauf der kommenden Stunden
wurde das Spiegelteleskop nacheinander auf den Jupiter, diverse
Sternenhaufen und sogar den Orionnebel gerichtet.
Einige besonders hartgesottene
Sternengucker hielten der Aussicht sogar dann noch die Treue, als
sich der Großteil der Gäste längst verabschiedet hatte oder zum
Aufwärmen zurück ins Innere des Gebäudes geflüchtet hatten.
Als sich die Kuppel irgendwann wieder
schloss und damit das vorläufige Ende dieser denkwürdigen
Außenmission einläutete, hatten alle Beteiligten einerseits ein
Programm absolviert, an dass
sie sich noch lange erinnern werden und
andererseits vieles, angefangen von einer ausführlichen Führung
durch das Gelände bis hin zu einem Ausflug in den 3-D-Vorführraum,
gar nicht oder nur eingeschränkt genießen konnten.
So wird der Star-Trek-Tafelrunde wohl
nichts anderes übrig bleiben, als den beschwerlichen Aufstieg noch
einmal zu wagen, um ein zweites Mal Potsdamer Höhenluft zu
schnuppern und all jene Abenteuer nachzuholen, die ihren Mitgliedern
an diesem Abend versagt blieben...