Dienstag, 24. Februar 2015

Eine Außenmission in luftiger Höhe: Die Tafelrunde zu Gast beim Leibniz-Institut für Astrophysik

Die Außenmissionen der Tafelrunde haben diese kleine brandenburgische Gemeinschaft bereits in weit entfernte Ortschaften wie Mannheim, Frankfurt am Main, Düsseldorf, Gießen, Bonn, Lauenau, Zweibrücken oder gar Eberswalde verschlagen. Dass das sprichwörtliche Glück aber gar nicht weit von der eigenen Haustür zu suchen ist, hat am 21. Februar 2015 ein Sternchen-Aufgebot der ganz besonderen Sorte unter Beweis stellen können.


Dieses Mal führten die Wege der zweiundzwanzig tapferen Mitstreiter nämlich keine hunderte von Kilometer Autobahn entlang, sondern einfach nur den Berg hoch, der ihrem Potsdamer Stadtteil als Namenspate dient: Den imposanten Babelsberg.
Auf der 77 Meter hohen Erhebung (den sämtliche Teilnehmer ohne Zuhilfenahme von Beatmungsgeräten erklimmen konnten) befindet sich seit 1913 eine Sternwarte, die mittlerweile das renommierte Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) beherbergt.


Grundlage für den beschwerlichen Aufstieg bildete die Einladung des vor Ort wirkenden Doktors der solaren Radiophysik und Star-Trek-Fans H.Khan, der die Star-Trek-Tafelrunde „Hermann Darnell“ ermunterte, seinen Arbeitsort zu so nachtschlafender Stunde aufzusuchen, um einem speziell für diesen Anlass aufpolierten Vortrag zu lauschen, das Gelände zu besichtigen undim 3D-Kino einen genaueren Blick in jene unendlichen Weiten zu wagen, die die Grundlage für Science Fiction aller Art bildet.


Seinen Anfang nahm der Abend wie so viele Außenmissionen der Tafelrunde: zu spät. Zuerst, weil einige Mitglieder am falschen Ende des weitläufigen Areals nach einem Eingang suchten und als diese sich schließlich endlich im Vorlesungsraum einfanden, waren andere noch immer damit beschäftigt, Kaffee und andere Getränke aus dem antiquierten Replikatorsystem zu erhalten, das der Gastgeber kurz zuvor noch zur Überbrückung des Leerlaufes angepriesen hatte.


Als das Abendprogramm gegen sieben Uhr schließlich eingeläutet wurde, verstummten die Klänge des Beatles-Klassikers „Here Comes the Sun“, die zuvor in einer Endlosschleife thematisch auf „Feuerwerk auf der Sonne“, das Thema des Vortrages, vorbereitete. In der speziellen „Star-Trek-Edition“ konnten die Zuhörer auf unterhaltsame Weise ihr Wissen darüber erweitern, wie die Sonne aufgebaut ist, was sich hinter den Sonnenflecken ("Sunspots") verbirgt und was die Sonnenoberfläche mit der haushaltsüblichen Tomatensoße auf dem Herd zu tun hat. Aufgelockert wurde diese ausführliche freiwillige Lerneinheit mit Videos aus den Simpsons, der Star-Trek-Originalserie, der Next Generation und Voyager. Besonders unterhaltsam wurde es immer dann, wenn es H.Khan in bester Beckmesser-Tradition gelang, den Drehbuchautoren mangelhafte Recherchearbeit nachzuweisen.


So konnte H.Khan etwa anhand tagesaktueller Daten aufzeigen, dass die bedrohlichen Werte, die Data in „Besuch von der alten Enterprise“ vom instabilen Stern empfängt, bestenfalls solare Durchschnittswerte in unserem eigenen Sonnensystem sind.


Den Höhepunkt bildete allerdings der Einblick in das, was in der sauerstoffarmen Höhenluft des Babelsberges tagtäglich von engagierten Wissenschaftlern wie H.Khan "mit unseren Steuergeldern" geleistet wird. Die ins Referat integrierte Vorstellung des „Solar Orbiters“, eines ESA-Satelliten zur näheren Erforschung der Sonne, an dessen Fertigstellung H.Khan hier aktiv beteiligt ist, zählte zu den absoluten Höhepunkten des Abends. Projekte wie dieses stellen nämlich unter Beweis, zu welchen Leistungen die Menschheit bereits heutzutage in der Lage ist und markieren einen eindrucksvollen Schnittpunkt zwischen Forschungswirklichkeit und Science Fiction.



Zum Abschluss des aufschlussreichen Referats folgte neben einer eindringlichen Nichtempfehlung des Films „Sunshine“ ein Veranstaltungstipp der besonderen Art: Am 20. März 2015 wird in Deutschland ab 9.40Uhr eine achtzigprozentige Sonnenfinsternis beobachtbar sein und auch wenn der Kernschatten unsere Gefilde nicht streifen wird, wird dieses besondere Ereignis wohl für alle anwesenden Zuhörer zu einem echter Hingucker werden. Schließlich konnte man an diesem Abend erfahren, dass man als Bewohner dieses Planeten stolz darauf sein, dass ausgerechnet unser Trabant die ideale Größe für solch ein einzigartiges Himmelsspektakel aufweist!



Alles in Allem war der abendfüllende Vortrag nicht nur äußerst anschaulich vermittelt und sehr unterhaltsam präsentiert worden, sondern glänzte auch in der Vorbereitung, wie die tagesaktuellen Beispiele und das sofort griffbereite Packen Ersatzbatterien für die Powerpointfernbedienung nahelegten. Als Dank für seine Mühen wurde H.Khan daraufhin von der Tafelrunde mit einer Jonathan-Archer-Figur ausgezeichnet, also jenem Mann, dessen Inspiration als erster Captain einer Enterprise auf ein Astronomiebuch gewesen sein soll.


Wer aber geglaubt hatte, dass der Abend damit sein Ende erreicht hätte, sah sich eines besseren belehrt, als Doktorandin Dorothée Brauer dazu ansetzte, die frisch bekehrten „Freunde der Sonne“ über das Gelände des Leibniz-Instituts für Astrophysik zu führen. Doch nach einigen einleitenden Erläuterungen begann sich bereits abzuzeichnen, dass die Pläne für den Abend über den Haufen geworfen würden. Schuld daran war das Wetter.


Nicht, dass es schlecht gewesen wäre! Seit dem Vortag verhüllte eine dicke Wolkendecke den Nachthimmel über Potsdam und hatte die ursprünglichen Pläne, das Spiegelteleskop im Ostflügel des Refraktorgebäudes zur Beobachtung der Sterne zu nutzen, zunichte gemacht. Doch just in der dichtesten Bewölkungsphase des Wochenendes klaffte plötzlich eine Insel am eigentlich laut Wetterbericht ständig verdeckten Firmament und fröhlich blinkten mit dem bloßen Auge erkennbare Sterne die Gruppe in genau dem Moment an, als sie das Hauptgebäude zum Beginn ihres Rundganges verlassen hatte.


So machten die Initiatoren aus der Not eine Tugend. Die Führung durch das Institut wurde (leider) auf ein Minimum eingedampft und stattdessen fanden sich alle Teilnehmer kurz darauf im Refraktorgebäude wieder, wo unter dem Ächzen der betagten Mechanik schließlich die Kuppelkonstruktion ihre Pforten in die klare Sternennacht öffnete und einen atemberaubenden Blick freigab.


Trotz der klapprigen Kälte, der antiquierten Technik und des beengten Raumes harrten sämtliche Expeditionsteilnehmer geduldig aus, bis sie an der Reihe waren, einen Blick durch das Teleskop werfen zu können.


Und der Ausblick war einer, den man nicht alle Tage genießen kann. Im Verlauf der kommenden Stunden wurde das Spiegelteleskop nacheinander auf den Jupiter, diverse Sternenhaufen und sogar den Orionnebel gerichtet.
Einige besonders hartgesottene Sternengucker hielten der Aussicht sogar dann noch die Treue, als sich der Großteil der Gäste längst verabschiedet hatte oder zum Aufwärmen zurück ins Innere des Gebäudes geflüchtet hatten.


Als sich die Kuppel irgendwann wieder schloss und damit das vorläufige Ende dieser denkwürdigen Außenmission einläutete, hatten alle Beteiligten einerseits ein Programm absolviert, an dass
sie sich noch lange erinnern werden und andererseits vieles, angefangen von einer ausführlichen Führung durch das Gelände bis hin zu einem Ausflug in den 3-D-Vorführraum, gar nicht oder nur eingeschränkt genießen konnten.


So wird der Star-Trek-Tafelrunde wohl nichts anderes übrig bleiben, als den beschwerlichen Aufstieg noch einmal zu wagen, um ein zweites Mal Potsdamer Höhenluft zu schnuppern und all jene Abenteuer nachzuholen, die ihren Mitgliedern an diesem Abend versagt blieben...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen