Nachdem K'olbasa, Miri und Rok jetzt bereits einige Einschätzungen und Bilder zum First-Contact Day 2013 in Gießen gegeben haben, folgt nun als Abschluss noch der Senf, den
ich traditionell dazuzugeben habe. Dabei liegt es in der Natur der
Dinge, dass auch ich einige Sachen positiv oder negativ hervorhebe,
die bereits angeklungen sind, doch ich wollte der Vollständigkeit
halber nicht auf eine Nennung verzichten. Wie immer handelt es sich
um meine ganz persönliche Meinung, die nicht immer mit der meiner
Mitstreiter, anderer Anwesender oder gar meinen vorherigen Äußerungen
übereinstimmen muss.
Positive Aspekte
Bill Blair. Kaum jemand kannte
den Mann, der immerhin Guiness-Buch-Rekordhalter im Tragen von
Alien-Kostümen vor laufender Kamera ist. Dabei sollte eigentlich
klar sein, dass ein Schauspieler wie er viel zu erzählen hat: Warum
er überhaupt so viele Rollenangebote bekam, wie man es stundenlang
unter einer so schweißtreibenden Maske aushält oder was er am Set
von
Star Trek: "Into Darkness" so getrieben hat. Ihm gelang ein
Panel, das auch ohne viele Fragen aus dem Publikum flüssig und
hörenswert blieb und tiefen Respekt bei den Zuhörern hinterließ.
Vor allem aber ist es der Beweis für die Feinfühligkeit jener
Personen, denen es gelang, ihn für die Veranstaltung zu
verpflichten, denn schon allein dieser bestenfalls als Geheimtipp
kursierende Name war die Reise ins tiefste Hessen wert.
Und dennoch bleibt dieser Mann
unglaublich unterhaltsam, seine Referate professionell und seine
Familie sympathisch. Als Star-Trek-Anhänger findet man ohnehin immer
etwas Neues, über das man sich mit ihm unterhalten kann: Die
Schreibweise von
d'k tahg, die korrekte Translation von
K't'inga oder
auch den
Schwa-Laut als solchen. Er brachte ein solides
deutschsprachiges und klingonischsprachiges Element in den 'First Contact Day'.
Erfrischende Unprofessionalität. Für
alle die, denen die
FedCon zu kommerziell geworden ist und sich zu
den Tagen zurücksehnen, in der Star-Trek-Treffen noch von Fans für
Fans organisiert wurden, war der 'First Contact Day' wohl wie eine
Rückkehr ins Paradies.
Was also anderenorts durch Regularien,
Zeitpläne oder Kostenpflichtigkeit im Keim erstickt wurde, konnte so
etwas in diesem Rahmen noch zur Blüte gelangen. Außerdem gab es
Platz für kreative Ideen, der auf Großveranstaltungen und
Abfertigungsconventions undenkbar wäre. Sinnbildlich dafür waren
die vielen selbstgebastelten Pappmaché-Schweinchen, die über den
gesamten Veranstaltungsort verteilt zu einer Art Aushängeschild und
Maskottchen des 'First Contact-Days' wurden.
Die Fans. Wenn man mit Gleichgesinnten
zusammentreffen will, hat man es nicht immer leicht, sie überhaupt
zu finden. Daher freut man sich über entsprechende Ballungen und die
Unterhaltungen, die sich an einem solchen Ort entfalten. Die
Gespräche mit Sylvia Strybuc, die
selbst einmal Fantreffen organisierte, werden mir jedenfalls im Gedächtnis bleiben. Aber auch
andere Fans und Mitarbeiter wie Claudia, Oggy, Julia Franziska,
Peter, Jadzia, Frank oder
Christian sollten in diese Aufzählung
aufgenommen werden.
Wenn man dann auch noch mit
Gelegenheitsbesuchern wie jenem ehemaligen amerikanischen Soldaten
über Star Trek, seine Familie oder militärische Laufbahn ins
Gespräch kommt, wird man sich selbst immer wieder bewusst, wie
positiv so eine Fernsehserie Menschen beeinflussen kann.
Mindestens ebenso wichtig waren
allerdings die Anwesenheit der mitgereisten Tafelrundenmitglieder
Albjoerne, Asbjoern, K'olbasa, Miri, Rok und Sotuphar. Die Anfahrt,
das Abendessen, die Nacht sowie der Morgen im Hotel, die Erlebnisse
mit ihnen innerhalb der Kongresshalle, die Abfahrt und selbst der
Zwischenstopp an der Raststätte waren von hohem Unterhaltungswert.
Negative Aspekte
Besucherandrang. Überlaufene
Veranstaltungen sind für jeden ein Graus. Man muss sich seinen Weg
zwischen den Menschenmassen bahnen, Sitzplätze mit einem
bat'leth
unter Einsatz des eigenen Lebens hart erkämpfen oder den Gang auf
die Toilette mit stundenlangem Warten in einer kilometerlangen
Schlange verbinden. Kurzum, niemand mag das Gefühl, dass der ein
oder andere aus den öffentlichen Nahverkehrsmitteln Tokios kennt.
Dahingehend war der 'First Contact Day'
eine ganz andere Liga. Er ließ sich eher mit einem Spaziergang in
Zentralgrönland bei starkem Schneesturm oder einem Einkaufsbummel in
Eisenhüttenstadt am Sonntag Nachmittag bei Regen vergleichen, denn
streckenweise mutete der Veranstaltungsort einer von diesen
Filmeinstellungen in Western an, in der ein Vertreter von
kali tragus
einsam durch das Bild rollt.
Viel zu viele der Plätze blieben
unbesetzt und wenn man die vielen Sitzgelegenheiten, Säle und
Veranstaltungsräume in Betracht zieht, verliefen sich die
bestenfalls hundert Veranstaltungsbesucher in dem
überdimensionierten Schauplatz völlig [die äußerst optimistische
Schätzung von 150 Gästen
in diesem Artikel
war wohl eher ein Produkt wohlwollender Fantasie). Man merkte der
gesamten Organisation einfach an, dass sie auf deutlich mehr
Teilnehmer ausgerichtet war; angefangen bei einer Los-Zahl von 4.000
Stück bis hin zu der Tatsache, dass das zweite Fotoshooting aufgrund
des mangelnden Interesses völlig unangebracht war, zeugten viele Indizien davon, dass die Planungen von einem deutlich größeren
Publikumsverkehr ausgingen.
Woran die schwachen Besucherzahlen
lagen, ist nur schwer auszumachen. War es das allgemein gesunkene
Interesse an Star Trek in den letzten zehn Jahren? Die zu schwach und
zu spät initiierte Werbung? Der Standort abseits
bevölkerungsintensiver Gebiete wie dem Ruhrgebiet, dem süddeutschen
Raum jenseits des Weißwurstäquators oder der Hauptstadtregion?
Schwer zu sagen. Vielleicht eine Mischung aus mehreren dieser
Faktoren.
Gähnende Geschäftigkeit in der größten Halle
Erfrischende Unprofessionalität. Wer
über die Jahre die kühle Sachlichkeit und den reibungslosen Ablauf
der meisten FedCons zu schätzen gelernt hat, wird der Veranstaltung
sicherlich nur wenig abgewonnen haben, denn schon mit dem ersten
Vortrag war der Zeitplan auch schon im Eimer.
Das wiederum lag teilweise auch an den
Vortragenden. Warum genau
Robert Vogel überhaupt auf die Bühne gelassen wurde,
verstand ich nicht unbedingt. Dass er der eigentliche Grund für die
folgenden zeitlichen Verzerrungen war, verwunderte mich hingegen
überhaupt nicht. Sein 'Referat' war völlig unorganisiert,
strukturfrei und von solch tapsiger Improvisation geprägt, dass ich
tatsächlich aufstehen musste, um aus reinem Selbstschutz den Raum zu verlassen.
Roger Murmanns Vortrag
war nur unwesentlich besser.
Aber nicht nur diese Gäste zeigte
entsprechende Defizite. Mal ehrlich: Wasserlösliche Infrarotstempel,
die man benötigt, um wieder in die Veranstaltungshalle zu gelangen,
waren nicht unbedingt die beste Wahl. Auch der Scheinwerfereinsatz
beim Lieven Litaer-Vortrag, die laute Musik während des
Bill-Blair-Panels oder die Tatsache, dass Blair selbst dabei helfen
musste, die Fotonische mit Duct-Tape zu sichern, wirft nicht unbedingt
ein gutes Licht auf die Organisation. Selbst die gut gemeinten Film-
und Spezies-Rätsel wiesen einige Fehler insbesondere mit Umlauten auf.
Auf einige der Sachen, die man sich
beim 'Großen Bruder' FedCon abgeschaut hat, hätte ich als Besucher
bequem verzichten können. So war die Nutzung von Essensmarken
genauso unsinnig wie die harschen Kontrollen im Eingangsbereich, die
verhinderten, dass eines unserer Mitglieder ihr Leitungswasser, das
man ohnehin im Inneren des Gebäudes kostenlos erhielt, überhaupt
mitnehmen durfte.
Mit letzterem Punkt ist natürlich auch
die sorgevolle Frage nach der Rentabilität verbunden. Ob die nicht
einmal hundert Gäste ernsthaft die Entlöhnung, Unterbringung und
den Anflug Bill Blairs finanziert haben, darf ebenso ernsthaft bezweifelt
werden. Hinzu kommen die Personalkosten für die gelangweilte
Security, die nicht minder beschäftigungsarme Garderobe sowie die abschließende Endreinigung. Kosten wie die
Saalmiete, Gema-Gebühren oder gar Steuern sind in dieser
Milchmädchenrechnung meinerseits noch gar nicht berücksichtigt.
Es darf auch bezweifelt werden, dass
der Merchandise-Stand fehlende finanzielle Mittel einbringen konnte.
Das Angebot war qualitativ nämlich kaum ansprechend und die wenigen
außergewöhnlichen Stücke wie etwa die Pappmaché-Schweinchen waren
mit 17,50€ doch arg überteuert. Man kann nur inständig hoffen,
dass die Verluste für die Veranstalter in einem gewissen Rahmen
blieben und sie nicht entmutigt wurden, einen Nachfolgeevent zu
organisieren.
Das Hermsdorfer Kreuz. Bei dem
H.K.
handelt es sich um eine verwirrende planetare Anomalie, die den
durchreisenden Warpverkehr erheblich beeinträchtigen kann. Zwei mal!
Besonders, wenn man mehr auf die Plakatwerbung als auf die
Straßenführung achtet. Jeder, der dieses Hindernis ohne größerer
Navigationsfehler meistert, hat sich jedenfalls einen Applaus seiner
Brückencrew redlich verdient.
Die siegreiche Tafelrunde zieht in der 'Raststätte der Ehre' ein
First Contact Day? Man kann ja wirklich
viel über den 'First Contact Day' 2013 in Gießen sagen. Außer, dass
er sonderlich viel mit dem "
Ersten Kontakt" zu tun gehabt hätte.
Die einzige Vulkanierin auf der Veranstaltung mussten wir jedenfalls
selbst mitbringen.
Bill Blair hat, obwohl er immerhin in
der engeren Auswahl war, nie im
achten Kinofilm mitgespielt und auch
die von Lieven Litaer so prominent propagierte klingonische Sprache
war bei diesem Ereignis nicht von Bedeutung. Robert Vogels und Roger
Murmanns Referate hatten nicht einmal mit Star Trek zu tun.
Aber auch in der restlichen
Organisation gab es, abgesehen von einem Mini-Einspieler bei der
'Eröffnung' kaum Bezüge auf das eigentlich zugrunde liegende
Ereignis (übrigens ist mit den Begebenheiten in "
Griff in die Geschichte" [etwa 1930] doch ein
Vulkanier vor den
Ferengi [1947] mit den Menschen zuerst in Konktakt gekommen, von den
Geistern des Himmels, den
Briori oder
Platons Stiefkindern ganz zu schweigen). Viel zu oft entstand der Eindruck, dass da ein Event
nur vorgeschoben wurde, um gutgläubige Fans anzulocken.
Das soll es aus meiner Richtung erst einmal gewesen sein. Bei aller Kritik hat mir der Ausflug dennoch sehr gut gefallen, vor allem, weil die Mischung im Außenteam so gut funktionierte. Den Mitgliedern, die zu Hause blieben, kann ich nur sagen:
Ihr habt echt was verpasst!
Mitglieder der Tafelrunde bei der Fotosession mit einem Voth-Vorfahren
Nachtrag: Die Veranstalter bitten darum, in einem Fragebogen den 'First Contact Day' noch einmal zu bewerten. Den Link dazu findet ihr
hier.