Einleitung. Es hätte nicht viel
gefehlt und der Schauspieler, Musiker und Fotograf Leonard Nimoy
hätte heute seinen vierundachtzigsten Geburtstag begangen. Um
unserem Vorhaben, das Wirken dieses Mannes eben nicht der
Vergessenheit anheim fallen zu lassen, ziehen wir aus diesem Grund
heute unseren symbolischen Hut vor diesem einflussreichen Darsteller
und werfen einen Blick auf einen besonders frühen Auftritt Nimoys in
dem Fünfziger-Jahre-Grusel-Sci-Fi-Schinken „Zombies of the Stratosphere“. Den Film kann man dieser Tage mit ein wenig Glück
auf der ein oder anderen bekannten Videoplattform wiederfinden,
weshalb ich an dieser Stelle auch gleich um ein wenig Nachsicht ob der Qualität der
eingestellten Bilder bitten möchte.
Story. Der Marsianer Marex hat sich mit
seinem Stellvertreter Narab (Leonard Nimoy) zum Planeten Erde
begeben, um einen diabolischen Plan zu verwirklichen: Durch die
Zündung einer H-Bombe wollen sie nicht nur sämtliches Leben auf der
beschaulichen Erde auslöschen, sondern den gesamten Planeten aus
seiner Bahn werfen, um dem Mars an seiner Statt den begehrten Platz
nahe der Sonne zu verschaffen.
Doch die grünhäutigen Außerirdischen
haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn ein paar heroische
Erdlinge nehmen den ungleichen Kampf gegen die übermächtigen
Weltraumterroristen auf. Zu Wasser, zu Lande und selbst in der Luft
versuchen sie immer wieder, die teuflischen Machenschaften der
skrupellosen Fremdlinge zu durchkreuzen. Aber die beharrlichen
Bombenleger schaffen es trotz des ein oder anderen Rückschlags
schließlich doch, ihre todbringende Geheimwaffe fertigzustellen.
Wird es Larry Martin und seinen Kollegen gelingen, die Marsianer
aufzuhalten?
Lobenswerte Aspekte. Es gibt vor allem
einen guten Grund, sich diesen immerhin über sechzig Jahre alten
Streifen heutzutage noch anzusehen: Es war das fünfte
Schauspielengagement überhaupt, das Leonard Nimoy in seiner
schillernden Karriere annahm. Also ein echtes Frühwerk der späteren
Science-Fiction-Ikone, das damit einen wahrlich historischen Wert
hat: Es liefert einen Einblick in ein frühes, unbekanntes Stadium
seiner Karriere, als der spätere Starrummel noch weit entfernt
schien, obgleich die Hoffnungen des Schauspielers auf einen
Durchbruch eng mit dem Film verbunden waren. Oder, wie Nimoy es
Jahrzehnte später in einem Interview ausdrückte:
„I was very important in it and I
thought it would rocket me to stardom.“
Meine – mal wieder – sehr freie
Übersetzung dazu:
„Ich war darin recht wichtig und dachte,
dass es mich zu einem Filmstar machen würde.“
Auch wenn „Zombies of the
Stratosphere“ in seinem Vorspann mit der stolzen Ankündigung
„Introducing Leonard Nimoy“ wirbt, sollte es für den
Nachwuchsdarsteller noch ein langer Weg bis zum endgültigen
Durchbruch werden.
Neben Nimoy kann man mit etwas Abstraktionsvermögen übrigens noch einen weiteren Schauspieler entdecken, der ein Jahrzehnt später eine Rolle innerhalb Star Treks übernahm:
John Crawford, der in der Episode „Notlandung der Galileo 7“ den Kommissar Ferris verkörperte, ist in diesem Film
als Kleinkrimineller namens Roth zu sehen, der den ruchlosen Fremden
bereitwillig zu Diensten steht.
Zudem waren mit Tom Steele und Paul Stader zwei Stuntmen an der Produktion beteiligt, die auch in
„Brot und Spiele“ mitwirkten.
Was den Film über die Besetzung hinaus
so sehenswert macht ist die Tatsache, dass er so klar erkennbar das
Kind seiner Zeit ist.
Das liegt noch nicht einmal daran, dass
es nur eine einzige Frauenrolle im gesamten Film gibt (den Bechdel-Test besteht dieses Werk jedenfalls nicht), dass Schießereien denen bei „Die nackte Kanone“ auf erschreckende Art und Weise
ähneln oder dass geraucht wird, als wäre Lungenkrebs nur ein Fantasieprodukt
überbesorgter Hausfrauen.
Nein, das wirklich Unterhaltsame daran
ist die nur mäßig verschleierte Allegorie auf den damals schwelenden Konflikt mit der
Sowjetunion. Die fremdländisch anmutenden, uniformierten
Außerirdischen müssen als Ersatzbösewichte für das viel größere
kommunistische Übel herhalten und immer wieder wird ein nicht näher
genannter anderer Staat ins Spiel gebracht, der den Marsianern
waffenfähiges, radioaktives Material veräußern könnte.
Die Rezension auf Million Monkey Theatre geht sogar noch einen Schritt weiter und vergleicht den
Wissenschaftler mit den Rosenbergs und stellt den Namen Marex in
einen interessanten Zusammenhang mit Karl Marx, dem Begründer der
kommunistischen Lehre. Vor allem aber die markigen Schlussworte, die
an Pathos kaum mehr zu überbieten sind, schwören den Zuschauer
während des Höhepunkts der McCarthy-Ära auf einen unsichtbaren
Gegner ein, den es gemeinschaftlich zu bekämpfen gilt:
„Yeah,
we're save now!“
„For the time being. But there are
undoubtedly more of these power man creatures loose on other planets.
So it will take constant vision on our part to ensure safety of this
world.“
Meine wiederum sehr freie Übersetzung:
„Genau, wir sind jetzt sicher!“
„Im Moment vielleicht. Aber auf anderen
Planeten laufen zweifelsohne noch mehr solcher machtbesessenen Wesen
herum. Daher müssen wir ständig auf der Hut sein um die Sicherheit
dieser Welt zu gewährleisten.“
Alles in allem wäre „Zombies of the
Stratosphere“ damit ein Film gewesen, der den völlig gegen die Wand gefahrenen „Frogs und Tribbles“-Vortrag mit seiner
unverhohlenen antikommunistischen Haltung zweifelsohne aufgewertet
hätte.
Kritikwürdige Aspekte. Der „Web-Duden“
Wictionary definiert die „Stratosphäre“ als „ […] zweite
Schicht der Erdatmosphäre im Bereich von etwa 12 bis 50 Kilometer Höhe über
der Erdatmosphäre.“, während ferner der Begriff „Zombie“ als
„[...] Untoter, wandelnde Leiche“ definiert wird.
Mit diesen Erklärungen im Hinterkopf
fällt zuerst einmal auf, dass dieses 'Serial' weder etwas mit der
Stratosphäre, noch mit Zombies zu tun hat. Der Titel ist völlig
irreführend und am Inhalt vorbei gewählt worden, so dass es kaum
verwunderlich scheint, dass bei der erneuten Veröffentlichung dieses
Werkes als Kinofilm im Jahre 1958 ein völlig anderen Titel ausgesucht wurde, nämlich „Satan's Satellites“.
Der „Web-Duden“ Wictionary
definiert übrigens „Satan“ als „[...] der Gegenspieler Gottes,
der Teufel, der Versucher“, während ferner der Begriff „Satellit“
als „[...] menschengemachter Körper, der einen Himmelskörper
umkreist“ definiert wird.
Selbst wenn man in einem Anflug von
Wohlwollen den Sputnikschock als Entschuldigung für diesen lausigen
Titel heranzieht, kommt man nicht umhin zu bemerken, dass auch diese
Überschrift aber so wirklich gar nichts mit dem Inhalt zu tun hat.
Wenn es nicht auf so sympathische Weise an die nicht minder
deplatzierte Benennung des fünften Star-Trek-Films „Am Rande des Universums“ erinnern würde, könnte man schon daran die fehlende
Qualität dieses Werkes festmachen.
Doch die Logiklücke zwischen Titel und
Produkt setzt sich in der Handlung nahtlos fort.
Der Held könnte den Bösewichtern niemals so schnell folgen?
Kein Problem, er hat doch einen
Raketenanzug!
Der verkappte "Rocketeer" darf aus
Handlungsgründen die Rakete der Marsmenschen nicht sehen?
Kein Problem, wir verstecken sie unter
ein paar Zweigen!
Die Bösewichter fliehen mit einem Zug?
Kein Problem, wir stellen einfach einen
Minipanzer neben das Stationswärterhäuschen!
Ja, in „Zombies of the Stratosphere“
schlägt die Handlung ein ums andere Mal Purzelbäume, da versanden
Handlungsstränge in der Wüste von Nevada und auch die Handlungsorte
sind so generisch, dass sie auch problemlos für einen Western, einen
Krimi oder eine Liebesschnulze hätten herhalten können.
Natürlich sollte man das nicht
überbewerten, denn dieser Film kostete mit insgesamt 176,357$ in
etwa zehntausend Dollar weniger, als eine durchschnittliche
Star-Trek-Episode während der zweiten Staffel TOS (vgl. Justman,
Robert H.; Solow, Herbert. Star Trek. Die wahre Geschichte. Heyne,
1998, S. 339). Da kann man sich fraglos an einer Hand ausrechnen,
dass bei diesem Budget nicht allzu viel Spielraum für große Sprünge
blieb. Und daher bediente man sich frei nach den Prinzen munter in
der Grabbelkiste vorangegangener Science-Fiction-Produktionen, um die eigene Billig-Fertigung optisch aufzumotzen.
Die ausgedehnten Flugeinlagen des
Rocketeer-Vorbildes?
Sämtlich aus „King of the Rocketmen“
entliehen.
Der Einschub mit den Cowboys, die ein
Flugzeug beliefern?
Aus dem Western „Bells of Coronado“
gemopst.
Der plumpe Roboter, der Banken
überfällt?
Fast die gesamte Szene aus „Mysterious Dr. Satan“ geklaut.
Dieser Raubzug setzte sich sogar soweit
fort, dass nicht einmal die Farbversion dieses Films original ist,
sondern auf eine Kolorierungskampagne in den Neunzigern zurückging
(bei der Gelegenheit fügte man auch das 'introducing Leonard Nimoy'
ein, um das Produkt unter den damals zahlreichen Star-Trek-Fans
besser verkaufen zu können). Ursprünglich war „Zombies of the
Stratosphere“ nämlich ein sogenanntes Serial, also ein
mehrteiliges Gesamtwerk in zwölf Akten, dessen Einzelteile
üblicherweise vor einem häufig sehenswerteren Hauptfilm liefen und
primär dazu dienten, Spannung zu erzeugen, um das Publikum auch in
der darauf folgenden Woche ins Lichtspielhaus zu locken. Damit steht
es in einer Ahnenreihe mit ähnlichen Vorläufern wie den frühen
Ablegern von „Flash Gordon“ oder „Buck Rogers“.
So erklären sich auch die abstrusen
Cliffhanger vor jedem Kapitelfinale, die das unausweichliche Ende des
Haupthelden heraufbeschwören, nur um kurz darauf zu zeigen, dass der
'Rocketman' und seine Helfershelfer nicht einmal einen Kratzer oder
eine Falte in ihre Anzüge bekommen haben.
Entsprechend blieb auch nicht
sonderlich viel Zeit um sich mit Figurenmotivation,
Charakterzeichnung oder besonders viel Handlung abzugeben und daher
verwundert es wohl kaum, dass es neben böse und gut,
außerirdisch-kriminell und menschlich-heroisch sowie schwarz und
weiß kaum Platz für Schattierungen bleibt.
Obwohl gerade letzterer Punkt weder
inhaltlich noch politisch korrekt formuliert ist, fällt wenn man
sich die ethnische Zusammensetzung der Darsteller einmal genauer
ansieht auf, dass in diesem Film Zustände wie in den Hochzeiten der
südafrikanischen Apartheid herrschen: Es wird das
wirklichkeitsfremde Bild einer rein kaukasischen Population in
Kalifornien gezeichnet und nicht einmal im Hintergrund kann man einen
schwarzen Passanten ausmachen. Natürlich ist auch das ein der
Entstehungszeit geschuldeter Umstand, aber es bleibt festzuhalten,
dass dies dann doch eine ganz andere Qualität aufweist:
Die Produzenten dieses Films waren scheinbar eher bereit, die
Existenz von Tabakwaren, Frauen und kommunistischen Marsmenschen auf
Zelluloid zu bannen, als die Präsenz von damals knapp fünfzehn
Millionen amerikanischen Staatsbürgern anzuerkennen.
Und
wenn wir schon die Entstehungszeit hervorkramen: Die Fünfziger waren
eine Zeit, in der Feuerwerkskörper Tricktechnik ersetzten,
schnelles Vorspulen als 'Special Effect' verschrien war und ein Film
erst dann gut war, wenn auch ein Stuhl auf dem Rücken irgend eines
Stuntmans zerschlagen wurde.
Wer allerdings anhand der Masken eine
Traditionslinie zu erkennen glaubt, in der auch der Umstand steht,
dass in den ursprünglichen Planungen Spock eine rote Hautfarbe verpasst werden sollte, muss sich in Erinnerung rufen, dass es sich
bei „Zombies of the Stratosphere“ ursprünglich um eine
Schwarz-Weiß-Produktion handelte, in der man das gesunde Grün der
Marsmenschen ohnehin nicht hätte erkennen können.
Wie man im Anschluss auch an den
„Denkwürdigen Zitaten“ feststellen kann, die den Gesamtumfang
des Textes darstellen, den Leonard Nimoy damals auswendig lernen
musste, bietet dieser Film zwar einen Einblick in die erste
nennenswerte Rolle seiner Karriere, aber dennoch ist sie weit davon
entfernt, allen Ernstes als „recht wichtig“ bezeichnet zu werden.
Die echten Hauptrollen in diesem Streifen hatten ganz andere Personen
inne und es verwundert in diesem Zusammenhang wohl kaum, dass Nimoys
Name ursprünglich statt im Vorspann erst an neunter Stelle des
Abspanns zu finden war.
Fazit. Die Angst vor Kommunisten,
Afroamerikanern und Außerirdischen bestimmt diesen Film aus heutiger
Sicht. Der über sechzig Jahre alte Streifen wirkt in den meisten
Belangen so unzeitgemäß und antiquiert, dass er für normale
Menschen mit modernen Sehgewohnheiten nur schwer zu ertragen ist.
Aber selbst wenn man sich darüber
seitenlang auslassen kann bleibt festzuhalten, dass es die erste
große Rolle des Mannes war, der Jahre später mit seiner Darstellung
Spocks zu Recht Kultstatus erreichte. Der Wert dieses Films liegt
daher nicht in seiner Qualität, sondern in seinem historischen
Gewicht.
Denkwürdige Zitate.
„Someone is on the top of the truck!“
Narab
„Is that the last of it?“
„Yes, Sir!“
Marex und Narab
„Sure that box is watertight?“
„Absolutely! I'll radio Marex, that
you arrived safely. You better wait to see if he has any further
orders.“
Roth und Narab
„Calling Marex, calling Marex! Roth
and Shane got here with the money, alright, but someone has just
captured them on the outer area.“
„Is the robot still there?“
„Yes.“
Narab und Marex
„Do we have any explosives that can
be detonated under water?“
„Yes, some of our small TNT bombs
will do.“
„Then get one ready at once. We must
set up a booby trap on the shaft.“
„Yes, Sir!“
Marex und Narab
„They are right over there, Sir!“
Narab
„How about the others?“
„I think they are dead.“
„You are in a pretty bad shape
yourself. Take it easy and I will call for an ambulance...“
„No... You first must stop the bomb!“
„What bomb?!“
„In the back cave through the water
tunnel. It will blow up soon...“
„How can I get in there?“
„Turn the rock knob at the left wall
– just ahead of the trap door... Hurry!“
Schlussworte. Bei der Auflistung der Must-See-Auftritte Leonard Nimoys haben wir „Zombies of the
Stratosphere“ zu Unrecht unterschlagen, obwohl er definitiv
sehenswerter ist, als Nimoys Auftritt in Bonanza. Mit diesem kleinen
Geburtstagsständchen wollen wir diesen Faux-Pas nun wieder gut
machen.
Wer mehr über Leonard Nimoy und seine
Karriere erfahren möchte, hat an diesem Wochenende bei der
RetroSpockTive in der kleinsten Star-Trek-Ausstellung in Eberswalde
die Gelegenheit dazu, denn dort wird das Tafelrundenmitglied Turon
einen Vortrag unter dem Titel „Auf der Suche nach Mr. Spock –
Leonard Nimoys Karriere in Bild, Video und Ton“ halten.
Weiterführende Leseliste.
LeVar Burton: The Supernatural
DeForest Kelley: Night of the Lepus
Walter Koenig: Moontrap
Colm Meaney: Parked
Colm Meaney: The Damned United
Nichelle Nichols: The Supernatural
Leonard Nimoy: Die Körperfresser kommen
Leonard Nimoy: Zombies of the Stratosphere
William Shatner: Mörderspinnen
Marina Sirtis: Blind Date
Marina Sirtis: The Wicked Lady
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen