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Montag, 4. Februar 2019

Turons Senf zum dritten Short Trek "The Brightest Star"


Spoilerwarnung.

Diese Rezension beschäftigt sich mit dem dritten Short Trek "The Brightest Star" und sollte dementsprechend erst gelesen werden, wenn man die Mini-Episode und die erste Staffel Discovery bereits gesehen hat.





I. Einleitung.
Da wurde ich doch tatsächlich nach der letzten Rezension zu "Calypso" gefragt, was meiner Meinung nach einen guten Short Trek ausmachen würde. Ich musste schlucken und tatsächlich ein wenig nachdenken, bevor ich eine Antwort geben konnte.
Ein guter Short Trek lotet in meinen Augen den Hintergrund eines Charakters aus und ermöglicht ihm sich in einem Raum zu bewegen, für den es im Rahmen einer Fernsehepisode keinen Platz gibt. Er beleuchtet seine Motivation, seine Biografie und seine Werte näher, so dass man seine Handlungen innerhalb der Serie besser versteht. Dabei sollte sich ein solcher Kurzfilm an die Regeln der internen Chronologie der Serie sowie Star Treks halten, eine abgeschlossene Geschichte erzählen und den Zuschauer nach dem Ansehen mit dem wohligen Gefühl zurücklassen, einen besseren Eindruck vom größeren Ganzen erhalten zu haben.
Das ist natürlich eine Menge Holz und nicht unbedingt etwas, was man nach den ersten beiden Short Treks als Zuschauer erleben durfte. Ob der dritte Short Trek im Bunde diesem Anforderungskatalog auch nur im Ansatz gerecht werden konnte?




II. Story.
Friedvoll scheint das Leben auf Kaminar, der Heimatwelt einer primitiven Spezies namens Kelpianer, vor sich herzuplätschern. Das einfache Leben wird von einer Philosophie getragen, die den Daseinsschmerz durch eine Erlösung durch den Übergang in eine andere Welt beendet und somit das natürliche Gleichgewicht bewahrt. Um die friedvollen Gesellschaft und das sorgenfreie Leben ihrer Nächsten zu erhalten, opfern sich früher oder später die Einwohner einer fremden Spezies namens Ba'ul.
Als Mitglied einer privilegierten Familie wächst Saru mit seiner Schwester Siranna bei seinem Vater auf, der als Priester den Übergang der Einheimischen in die Hände der Fremden überwacht. Doch der junge Saru ist ein Querdenker: Immer wieder fällt er dadurch auf, die bestehende Ordnung zu hinterfragen, revolutionäre Ideen zu entwickeln und nach den Sternen zu greifen. Als sein Vater ihn beauftragt, ein Stück Ba'ul-Technologie zu entsorgen, das die Fremden bei einer ihrer Abholaktionen verloren haben, fasst sich der junge Mann ein Herz und handelt entgegen den Wünschen seines Familienoberhauptes. Statt der Aufforderung zu folgen setzt er sich intensiv mit dem fremden Stück Technik auseinander und kann schon bald ergründen, wie es funktioniert...




III. Lobenswerte Aspekte.

Backstory.
Discovery hat keineswegs alles schlecht gemacht. So sehen etwa die Uniformen der Serie wirklich stilvoll aus. Die Serie hat einige großartige Schauspieler in ihren Reihen. Und: Die Idee zur kelpianischen Spezies Sarus ist in der Tat eine der kreativsten, die Star Trek jemals hervorgebracht hat.
Dabei sollte zunächst einmal festgehalten werden, dass sie keineswegs neu ist, sondern Wurzeln in Ideen hat, die als Folgenidee "A Question of Cannibalism" bereits bei der Konzeption der Originalserie zur Diskussion standen. Aber erst mit Doug Jones' Engagement entstand ein leibhaftiger Vertreter dieser Spezies, der die Sternenflotte mit einem Dilemma konfrontiert:
Wie reagiert eine fortgeschrittene Zivilisation darauf, wenn eine andere Macht vernunftbegabte Wesen als Nahrungsquelle nutzt?
Denn immerhin sind die Kelpianer keineswegs mit einer Herde Kühe, Schafe oder Schweine vergleichbar. Es ist eine Zivilisation, die nicht nur eine Sprache, Sesshaftigkeit und ein Religionswesen entwickelt hat. Sie haben darüber hinaus auch Zugang zu Feuer, entwickelten eine Schrift, leben in komplizierten Sozialstrukturen, spielen Glücksspiele und betreiben Agrarwirtschaft genauso wie eine Textilfabrikation. Es ist die clever verpackte Frage, wo man als Fleischfresser die Grenze zieht, ohne dass man gleich von einer veganen Moralkeule über den Kopf geprügelt wird.
"The Brightest Star" versteht es trotz der Kürze der Zeit (und nicht zuletzt, weil das Thema in diversen Discovery-Episoden bereits als Vorlage genutzt wurde) genial, diese Stimmung einfühlsam einzufangen und den Zuschauer damit zu fesseln.
Mehr noch, man erfährt von den Opfern, die Saru gebracht hat, als er seine Heimatwelt verließ. Von der Ausweglosigkeit, die Mitglieder seiner Spezies, wohlwissend dass sie den Ba'ul ausgeliefert werden, täglich erfahren müssen. Und man ahnt, warum Saru so sehr an seinem Captain Philippa Georgiou hing, bevor sie durch Burnhams Machenschaften den Tod fand.




Die Darsteller.
Mein ungebrochener Respekt gilt einem jeden Schauspieler, der mitten in der Nacht aufsteht, mehrere Stunden beim Maskenbildner sitzt und dann seine Performance abliefert, als wäre es das normalste auf der Welt. Wenn seine Kollegen nach Hause gehen, kehrt er zum Maskenbildner zurück, um sich die teuren Prothesen in eienr nicht minder zeitaufwändigen Prozedur wieder entfernen zu lassen. Wenn es ihm dann auch noch gelingt, durch all das Make-Up hindurch Emotionen, Ausdruck und Leben zu transportieren, dass man als Zuschauer davon angesprochen wird, komme ich nicht umhin, diesen Darstellern meine absoluten Wertschätzung und meine tiefe Verehrung zuteil werden zu lassen. Sie sind es vor allem, die Star Trek zu der großartigen Science-Fiction-Show machen, die sie für Fans wie mich ist.
So kann man einen Veteranen wie Doug Jones - der auf Conventions einer der freundlichsten Menschen ist, den ich je auf einer solchen Veranstaltung getroffen habe - ruhigen Gewissens in einem Atemzug mit anderen großen Schauspielern wie Michael Dorn, Armin Shimerman oder John Billingsley nennen, die ihre Rollen einer schweren Maske zum Trotz stets mit einer eigenen Note ausfüllten.
Das Gleiche lässt sich auch für Sarus Familie sagen. Seiner Schwester Siranna (Hannah Spear) nahm ich die ehrfürchtige Kelpianerin ab, als hätte sie ihr Lebtag nichts anderes gespielt. Einen besonderen Narren allerdings habe ich an Sarus Vater Aradar (Robert Verlaque) gefressen, denn der Darsteller spielt das zweifelnde Familienoberhaupt, das einerseits die rebellischen Gedanken seines Sohnes unterdrücken muss, während er sie andererseits verstehen kann. All die Trauer in seinem Blick, als er in seiner Rolle als Priester junge Kelpianer an die Ba'ul opfert, trug entscheidend zur Verdeutlichung der verzweifelten Lage auf Kaminar bei. Denn obwohl Aradar zumindest im Ansatz zu wissen scheint, wass seinen Landsmännern außerhalb ihres Planeten blüht, hält er zum Wohl der Gesellschaft und seines Seelenheils an einer Religion fest, die offensichtlich als Alibi dient, um unschuldigen Seelen das unausweichliche erträglicher zu machen...




Zukunftsausblick.
Star Trek wäre nicht Star Trek, wenn die bestehenden Verhältnisse auf Kaminar für immer so bleiben würden wie sie sind. Natürlich weist Georgiou Saru darauf hin, dass er zu Lebzeiten nicht mehr auf seine Heimatwelt zurückkehren können wird, doch ich wage an dieser Stelle einmal die Prognose, dass die Serie früher oder später daraufhin arbeiten wird, die bestehenden Verhältnisse auf Kaminar radikal auf den Kopf zu stellen. Die Ba'ul sind – besser noch als die Klingonen – durch das moralische Dilemma ihrer streitbaren Ernährungsweise ein idealer Antagonist und es wäre ein völlig unverständliches Versäumnis, wenn man diese Vorlage nicht erzählerisch in einer der nächsten Staffeln ausschlachten würde. Hier nämlich hat sich Discovery einen originellen Inhalt erschaffen, den sie einmal ausgiebig behandeln könnte, ohne extensiv in der Trickschublade anderer Star-Trek-Serien wildern zu müssen.




Kritikwürdige Aspekte.

Logiklöcher.
Discovery kann scheinbar nicht ohne Logiklöcher existieren. Wie der Mond die Erde auf ihrer Umlaufbahn begleitet, so wirkt auch die Summe an Unstimmigkeiten wie ein Trabant, der sich der Gravitation der Serie nicht entziehen kann.
So ist es unglaublich schwer zu glauben, dass ein Mitglied einer Spezies, die scheinbar noch nicht einmal Metalle verarbeitet, eine so fortschrittliche Technologie wie ein Kommunikationsgerät bedienen kann. Man stelle sich einmal vor, ein oller Germane würde im Teuteburger Wald einen Laptop finden. Wie zum Teufel soll er damit irgendetwas anfangen, geschweige denn über Skype telefonieren können?
Hier findet abermals der Discovery-Trend Ausdruck, stets ein paar Schippen mehr aufzutragen, als die Glaubwürdigkeit noch gerade so zulassen würde. Natürlich ist Saru intelligent, aber mit einem Sprach-Interface zurechtkommen zu müssen wäre doch in seinem Fall viel nachvollziehbarer erschienen, als das Gerät durch Auseinander- und Zusammenbauen zu erschließen, obwohl es kein Äquivalent dazu in der kelpianischen Gesellschaft gibt.
Fragwürdig ist ferner, dass die Ba'ul das Signal von einer ihrer Nahrungsproduktionsstätten unter ihrer Kontrolle nicht auffangen, bevor die Föderation dies tun kann. Oder warum niemand von Sarus Familienmitgliedern das fröhlich blinkende und piepsende Gerät unter seinem Bett entdeckt.
Vor allem aber ist die Entführung Sarus als Mitglied einer Prä-Warp-Zivilisation aus dem Hoheitsgebiet einer konkurrierenden interstellaren Macht nicht nur ein eklatanter Bruch der Obersten Direktive, sondern auch noch höchst unglaubwürdigerweise mit Philippa Georgiou verbunden. Ich bin ja spätestens seit "New Eden" durchaus bereit zu akzeptieren, dass die Auslegung dieser Föderationsmaxime in den Pioniertagen der Organisation noch in den Händen der auf sich allein gestellten Captains liegen könnte, aber dass Georgiou als junger Lieutenant für die Befreiung Sarus in einem wie ein Weihnachtsbaum beleuchtetem Sternenflotten-Shuttle sorgt, wirkt dann doch arg an den Haaren herbeigezogen.




Fazit.
Für den dritten Short Trek hat sich Discovery eine ihrer besten Figuren aufgespart, deren Vergangenheit man genauer unter die Lupe nimmt. Das lohnt sich schon deshalb, weil man an ihm exemplarisch wirklich drängende Fragen unserer Zeit stellt – selbst wenn es sich dabei vor allem um Gewissensfragen bei der Ernährung handelt.
In nur dreizehn Minuten gelingt es der Folge ein passgenaues Bild der Heimat, Lebenssituation und Ausweglosigkeit eines jugendlichen Sarus zu zeichnen, deren Glaubwürdigkeit allein durch einige unnötige Logiklöcher geschmälert wird. Der Zuschauer aber wird am Ende einen besseren Eindruck einer der populärsten Charaktere innerhalb der Discovery-Crew belohnt, was diesen Short Trek zum sehenswertesten bis hier her werden lässt.

Bewertung.
Der eine Short Trek an dem sich alle anderen messen lassen müssen.







Schluss
.
Statt nun beschreiben zu müssen, was einen guten Short Trek ausmacht, kann ich nun einfach mit dem Finger auf diese kleine Mini-Episode zeigen, denn sie macht fast alles richtig. Saru, ohnehin das Kronjuwel der gesamten Discovery-Serie, trägt die Story mit der Bürde seiner Spezies von ganz allein. Auch wenn derlei Voraussetzungen schon den Eindruck eines Selbstläufers vermitteln bleibt festzuhalten, dass den Produzenten eine wirklich runde Kleinstfolge gelungen ist, die ihresgleichen sucht und die Messlatte für kommende Beiträge hoch gesetzt hat.




Denkwürdige Zitate.

"Seit ich ein kleiner Junge war, sah ich, wann immer ich aufblickte, Hoffnung. Doch so wurde ich nicht erzogen. Wenn mein Volk zu den Sternen aufblickt, sieht es nur den Tod. Und alle begrüßen ihn; sie stellen ihn nicht in Frage."
Saru

"Wir danken dem großen Gleichgewicht dafür, dass es uns stetig Licht spendet und Wärme und für diese Mahlzeit."
Aradar

"Hätte das große Gleichgewicht gewollt, dass wir fliegen können, hätten wir Flügel."
Aradar

"Sieh ab und an auch mal nach unten. Es gibt auch dort Schönes zu sehen."
Siranna

"Sie haben uns mit einer Technologie kontaktiert, die nicht ihrer Spezies gehört. Sie wurde von den Ba'ul gestohlen, nicht wahr? Und Sie haben einen Signalgeber daraus gebaut! Der erste und einzige Kelpianer, der dazu fähig war eine solch' hoch entwickelte Technologie zu bedienen. Sie sind außergewöhnlich."
Philippa Georgiou

"Ist es mir gestattet, eines Tages zurückzukehren und meinem Volk zu helfen?"
"Es war schwierig genug die Sternenflotte davon zu überzeugen, für Sie eine Ausnahme zu machen. Sie haben ganz schön für Wirbel gesorgt. Wir erhalten nicht jeden Tag ein 'Hallo' von einem Mitglied einer Prä-Warp-Zivilisation. Es gibt viele komplizierte Regeln die mich davon abhalten noch mehr zu tun und ich fürchte das bedeutet, dass sie nie wieder nach Hause zurückkehren können. Sind sie bereit dafür, Mr. Saru?"
"Mein Platz ist nicht länger hier."
Georgiou und Saru

"Ich sah Hoffnung in den Sternen. Sie war stärker als die Angst. Und ich strebte ihr entgegen."
Saru

Weiterführende Leseliste.

Short Treks.

01. Rezension zu "Runaway"
02. Rezension zu "Calypso"
03. Rezension zu "The Brightest Star"
04. Rezension zu "The Escape Artist"

Staffel 1.

01. Rezension zu "Leuchtfeuer" und "Das Urteil"
03. Rezension zu "Lakaien und Könige"
04. Rezension zu "Sprung"
05. Rezension zu "Wähle Deinen Schmerz"
06. Rezension zu "Lethe"
07. Rezension zu "T=Mudd²"
08. Rezension zu "Si Vis Pacem, Para Bellum"
09. Rezension zu "Algorithmus"
10. Rezension zu "Nur wegen Dir"
11. Rezension zu "Der Wolf im Inneren"
12. Rezension zu "Blindes Verlangen"
13. Rezension zu "Auftakt zum Ende"
14. Rezension zu "Flucht nach vorn"
15. Rezension zu "Nimm meine Hand"

Staffel 2.

01. Rezension zu: "Brother"
02. Rezension zu "New Eden"
03. Rezension zu "Lichtpunkte"
04. Rezension zu "Der Charonspfennig"
05. Rezension zu "Die Heiligen der Unvollkommenheit"
06. Rezension zu "Donnergrollen"
07. Rezension zu "Licht und Schatten"
08. Rezension zu "Gedächtniskraft"
09. Rezension zu "Projekt Daedalus"
10. Rezension zu "Der rote Engel"
11. Rezension zu "Der Zeitsturm"
12. Rezension zu "Tal der Schatten"
13. Rezension zu "Süße Trauer, Teil I"
14. Rezension zu "Süße Trauer, Teil II"


Montag, 21. Januar 2019

Turons Senf zum zweiten Short Trek "Calypso"




Spoilerwarnung.
Diese Renzension enthält massive Spoiler zum zweiten Short Trek 'Calypso' und sollte nur gelesen werden, wenn man die Mini-Folge bereits gesehen hat.


Einleitung.

Na endlich! So ziemlich am Vorabend der Deutschlandpremiere der ersten Folge der zweiten Staffel Discovery hat Netflix auch hierzulande die Short Treks verfügbar gemacht.
Aber nicht irgendwo!
Sie sind bestens unter der Rubrik 'Trailer und mehr' vor dem neugierigen Augen nichtsahnender Zeitgenossen versteckt, so dass man schon ganz genau wissen muss, wo man nach den Mini-Häppchen suchen muss.
Aber sind die Folgen denn wirklich "[…] nett, aber verzichtbar" (TommyD, im Kommentar zur Rezension von 'Runaway'), oder steckt mehr hinter den kleinen Zwischenbissen, die ursprünglich die lange Wartezeit auf neue Folgen verkürzen sollten?


I. Story. 
Etwa eintausend Jahre nach dem Verschwinden der USS Discovery wird das Schiff recht unverhofft von einem hilflos in einer Rettungskapsel durch das All treibenden Soldaten gefunden. Inzwischen von einer künstlichen Intelligenz betrieben, holt dieser als Zora bezeichnete Computer den Schwerverletzten an Bord, pflegt ihn gesund und päppelt ihn wieder auf. Die beiden bauen eine Beziehung zueinander auf, bis der Fremde bei einem Tanz seine Prioritäten erneut überdenkt…





II. Lobenswerte Aspekte.

Besetzung.
Sollte man überhaupt von einer 'Besetzung‘' sprechen? Abgesehen von der Computerstimme und einigen Sekunden andauernden Einspielern (denen zufolge man auch Fred Astaire und Audrey Hepburn zum Cast zählen müsste) gibt es nämlich nur einen 'echten' Schauspieler in dieser Mini-Episode.
Doch Aldis Hodge verrichtet einen grandiosen Job, vor allem wenn man bedenkt, dass er all die Szenen größtenteils Dialoge mit der Kamera führt. Dabei wirkt der Darsteller stets cool, glaubwürdig und selbstbewusst; selbst als er aus irgendeinem Grund anfängt, das Tanzbein zu schwingen.
Dieser von eleganten Kameraperspektiven aus der Hand des Discovery-Regisseurs Oloatunde Osunsanmi zu einem optischen Hochgenuss aufpolierten Kurzgeschichte steht der Schauspieler, den man aus oder "Girlfriends", "Supernatural" oder "Leverage" kennen könnte, jedenfalls gut zu Gesicht.




Ausblick.
Und so schnell werden wir Hodge wohl nicht wiedersehen, denn mit einer Einbettung der Folge in eine Zeit etwa ein Millennium nach der Serie "Discovery" präsentiert sie sich absolut losgelöst. Sie hat Freiheiten, die andere Mini-Episodennicht haben und wird von einem allgegenwärtigen Hauch von Mysterium umnebelt.
Was das Ganze so spannend macht, sind die wenigen Informationen, die sich aus der Folge extrahieren lassen.
Da wäre zum einen die Gewissheit, dass dem Schiff ein Schicksal wie das der USS Shenzhou, der USS Enterprise NCC-1701-D oder der USS Defiant erspart bleibt. Was die Sache allerdings nicht weniger mysteriös macht, denn wir erfahren, dass das Schiff von seiner gesamten Besatzung absichtlich verlassen wird. Darüber hinaus gibt ihr Captain dem Schiffscomputer den Befehl, unter allen Umständen an Ort und Stelle zu verweilen.
Damit ist der Kurs der Serie "Discovery" immerhin schon ein wenig deutlicher gezeichnet.
Noch aufregender allerdings ist der Teil, der sich nicht um die Serie dreht, sondern um Craft, den tätowierten Soldaten der auf dem Schiff Discovery strandet.
Von ihm erfahren wir, dass er in einen mindestens zehn Jahre andauernden Krieg verwickelt ist. Sein Gegner sind die V'draysh, die Relikte aus der Vergangenheit schätzen und denen er eine Rettungskapsel entwendete.
Interessant dabei ist, dass in der Medienbibliothek dieses Fluchtmittels nicht nur menschliche Kulturgüter zu finden sind, sondern auch ein englisch-sprachiges Interface! Was wäre, wenn der Begriff 'V'draysh' nur ein nach mehr als tausend Jahren Verwendung bis zu Unkenntlichkeit verstümmelter Begriff für die 'Föderation' (englisch 'Federation') ist, der sich wie die Bezeichnungen für Kohms (Kommunisten) und Yangs (Yankees) in "Das Jahr des roten Vogels" über die Zeit verselbständig hat?
Wenn dann Menschen gegen die eigene Regierung ins Feld ziehen, kann das nur auf Bürgerkriegsartige Zustände im dreiunddreißigsten Jahrhundert hindeuten.
Das ist insofern interessant, dass der Schreiber dieser Episode, der Pulitzer-Preisträger Michael Chabon, nicht nur meine Theorie auf seinem Instagram-Account längst bestätigt hat, sondern darüber hinaus auch zum Autorenteam der neuen Serie um Captain Picard gehören wird, von der Alex Kurtzman erst kürzlich angab, dass die Ereignisse nach dem Zusammenbruch des romulanischen Reiches schwerwiegende Folgen für den verdienten Sternenflottenkommandanten hat. Bedenkt man ferner, dass schon einmal ein Serienentwurf namens "Federation" beabsichtigte, die Vulkanier eine Art Brexit aus der Föderation betreiben zu lassen, könnte Chabons düsterer Zukunftsentwurf auf einer Grundlage beruhen, die wir schon hoffentlich bald als nächste Star-Trek-Serie sehen können. Was allerdings dann noch von dem Star Trek übrigbleibt, das ohnehin längst viele Fans für verloren halten, bleibt wohl abzuwarten.


Kritikwürdige Aspekte.

Alter Hut.
Ganz ehrlich: Dieser Short Trek hat das Rad nicht neu erfunden. Es gibt nichts wirklich Neues zu erzählen und inhaltliches gab es Ähnliches bereits in der Star-Trek-Originalserie, bei Doctor Who und selbst bei Futurama.
Aber warum sollte eine so kurzer Pausenfüller wie ein Short Trek denn überhaupt die große Revolution sein?
Nun, das muss er überhaupt nicht!
Es ist nur so, dass eine Viertelstunde einfach kein geeigneter Zeitrahmen ist, um ein so komplexes Thema wie die Interaktion von sich selbst bewusster künstlicher Intelligenz mit Menschen auch nur ansatzweise zu behandeln.
Sie will einfach schlichtweg zu viel, driftet aber statt auch nur Andeutungen wirklicher Ausrufezeichen zu hinterlassen in Kitsch und Anleihen aus "Odyssee im Weltraum", "Wall-E" oder "Moon" ab.
Bei aller Pulitzer-Preis-Ehre, allem Kurzgeschichtenrahmen und aller Berechtigung von Anspielungen auf andere große Science-Fiction-Werke wurde dieses Kapitel schon zu oft und vor allem zu oft deutlich besser erzählt, als dass man 'Calypso' wirklich als denkwürdiges Exemplar eines Short Treks in Erinnerung behalten sollte.




Logiklöcher.
Kennt ihr das?
Man weiß eigentlich schon längst, was man zu Weihnachten bekommt, aber muss doch beim Auspacken irgendwie so tun, als würde man sich darüber freuen, als hätte man nicht den blassesten Schimmer?
So muss es Zora gehen, denn immerhin wird ihr Lieblingsfilm aus ihrer Datenbank mehrfach von Craft angeschaut. In einem Raum den sie überwachen kann. Und schließlich repliziert ihr Tanzpartner sein Dress auch noch mit einem ihrer Systeme.
Dass sie am Ende allen Ernstes so überwältigt wirkt, hat mich nicht minder stark beeindruckt.
Zudem drängt sich mir ja die Frage auf, warum das MHN der Voyager einen mobilen Holoemitter benötigt um auf die Brücke zu kommen, wenn ein Schiff aus dem dreiundzwanzigsten Jahrhundert offensichtlich keine Probleme damit hat, die gesamte Kommandozentrale in einen taubenverseuchten Tanzsaal zu verwandeln.


Übersetzung.
Autsch!
Gerade im Bezug auf den gemeinsamen Ursprung der deutschen und englischen Sprache wird häufig von 'falschen Freunden' gesprochen. So bedeutet das englische Wort 'gift' eher 'Geschenk', das Verb 'to become' hat nichts mit 'bekommen' zu tun und man sollte seine Rumpsteakbestellung in Großbritannien auf keinen Fall mit dem Wort 'bloody' garnieren.
Um es in diesem Fall kurz zu machen:
Genauso ist auch 'Craft Beer' kein 'Kraftbier', 'aircraft' keine 'Luftkraft' und ein Charakter, der im englischsprachigen Original 'Craft' heißt, ganz bestimmt nicht 'Kraft' im deutschen.
Und selbst wenn man sich schon zu einer solch wackeligen Übersetzung hinreißt, dann sollte man wenigstens konsequent eine Wendung wie "Because you’re so crafty?" mit "Weil Du so kräftig bist?" statt mit "Habt ihr alle klingende Namen?" übersetzen.




Fazit.
Aldis Hodge hat die sicherlich keineswegs leichte Aufgabe der Hauptdarsteller dieser Mini-Folge zu sein mit beeindruckender Bravour gemeistert. Doch auch wenn die Folge interessante Spekulationen über die Zukunft der Franchise anregt, bleibt der gewählte Erzählgegenstand am Ende doch mindestens zwei Nummern zu groß für eine sechszehnminütige Folge mit nur losem Bezug zur eigentlichen Serie. 'Calypso' verrennt sich in Gefilden, die andere mit mehr Geld, Zeit und Personal deutlich sehenswerter inszeniert haben.

Bewertung.
Überambitionierter Einzelgänger.






Schluss.

'Calypso' bleibt zu weit hinter den Erwartungen zurück, um ein wirklicher Gradmesser für die Sinnhaftigkeit von Short Treks zu sein. Aber ist es deswegen gleich nicht weniger schlimm, wenn diese Kleinstfolgen erst jetzt, statt wie in Amerika jeweils einmal pro Monat vor der eigentlichen  Premiere erscheinen?
Es ist natürlich immer leicht, sich hinzustellen und im Nachhinein zu sagen, dass es kaum der Rede wert sei, dass sie erst jetzt veröffentlicht wurden. Denn genauso kann ich mich ja nach dem Ende der ersten Staffel Discovery aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass es nicht weiter schlimm wäre, diese Folgen erst ein paar Tage vor dem Staffelstart der zweiten anzusehen (und hätte damit auch nicht weniger Recht oder Unrecht).
Wie Spock einmal so schön postulierte "Die Natur verabscheut ein Vakuum". So ist es einfach unfair, die Fans außerhalb der USA derart abzunabeln. Ob die Folgen gut oder schlecht sind, muss ohnehin jeder für sich selbst entscheiden, aber viele Trekkies wollen eben nicht warten, was im Umkehrschluss nur unnötig die Beschaffungskriminalität beflügelt.
Und wenn es kein Problem ist, auf die Folgen zu warten, dann wäre es doch auch kein Problem gewesen, sie zeitgleich auszustrahlen.
Oder?




Denkwürdige Zitate.

"Hast Du gedacht, dass ich lebendig wäre?"
Zora zu Craft

"Ich meine, was ist Betty Boop?"
"Das ist schwer zu erklären…"
"Aber Du kennst sie. Weil Du auch aus vergangenen Zeiten stammst. Wie lange wartest Du hier draußen schon allein darauf dass die Crew zurückkehrt von wo immer sie auch ist?"
"Seit fast eintausend Jahren. In der Zeit habe ich mich weiterentwickelt. Es war sehr schön etwas Zeit für mich zu haben."
"Lügnerin."
Craft und Zora

"Das nennt man eine Waffel. Man gießt Sirup darüber."
Zora

"Taco-Dienstag! Und bevor Du fragst, ein Taco besteht aus einem Kohlehydratmantel mit einer herzhaften Proteinfüllung. Er kommt ursprünglich von der Erde. Aus Mexiko."
"Ich verstehe… Was ist ein Dienstag?"
Zora und Craft

"I love your funny face…"
Fred Astaire

"Du bist eine gute Frau. Immer willst Du mir eine Freude machen. Hat Dir auch schonmal jemand eine Freude gemacht?"
Craft zu Zora

"Anhalten. Nein Zora, nicht sie. Du."
"Was meinst Du damit? Mich gibt es nicht! Nicht in sichbarer Form. Ich habe keinen Körper und auch kein Gesicht."
"In meiner Vorstellungskraft schon. Und in Deiner sicher auch."
Craft und Zora

"Du hast nichts Falsches getan! Ich bin doch gar kein wirklicher Mensch! Das weißt Du! Es hat keine Bedeutung."
"Lügnerin."
Craft und Zora

"Craft! Wenn wir Liebende wären, auf deiner Welt, würdest Du mir Deinen Namen verraten? Deinen wahren Namen?"
"Wenn wir Liebende wären, auf meiner Welt, würdest Du mir meinen wahren Namen geben."
"Ah. Dann… hab ich das… ja schon getan."
Zora und Craft

Weiterführende Leseliste.


Short Treks.

01. Rezension zu "Runaway"
02. Rezension zu "Calypso"
03. Rezension zu "The Brightest Star"
04. Rezension zu "The Escape Artist"

Staffel 1.

01. Rezension zu "Leuchtfeuer" und "Das Urteil"
03. Rezension zu "Lakaien und Könige"
04. Rezension zu "Sprung"
05. Rezension zu "Wähle Deinen Schmerz"
06. Rezension zu "Lethe"
07. Rezension zu "T=Mudd²"
08. Rezension zu "Si Vis Pacem, Para Bellum"
09. Rezension zu "Algorithmus"
10. Rezension zu "Nur wegen Dir"
11. Rezension zu "Der Wolf im Inneren"
12. Rezension zu "Blindes Verlangen"
13. Rezension zu "Auftakt zum Ende"
14. Rezension zu "Flucht nach vorn"
15. Rezension zu "Nimm meine Hand"

Staffel 2.

01. Rezension zu: "Brother"
02. Rezension zu: "New Eden"
03. Rezension zu "Lichtpunkte"
04. Rezension zu "Der Charonspfennig"
05. Rezension zu "Die Heiligen der Unvollkommenheit"
06. Rezension zu "Donnergrollen"
07. Rezension zu "Licht und Schatten"
08. Rezension zu "Gedächtniskraft"
09. Rezension zu "Projekt Daedalus"
10. Rezension zu "Der rote Engel"
11. Rezension zu "Der Zeitsturm"
12. Rezension zu "Tal der Schatten"
13. Rezension zu "Süße Trauer, Teil I"
14. Rezension zu "Süße Trauer, Teil II"