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Sonntag, 9. Februar 2020

Turons Senf zu PIC S1Nr03 "Das Ende ist der Anfang"




Spoilerwarnung.
Dieser Artikel enthält massive Spoiler auf "Das Ende ist der Anfang", die dritte Folge der ersten Staffel von "Star Trek Picard" und sollte erst gelesen werden, wenn man diese und die beiden vorangegangen Folgen bereits gesehen hat.



Einleitung.
Kurz vor dem Start dieser Folge sickerten verstärkt Nachrichten durch, dass auch andere neue Star-Trek-Serien grünes Licht erhalten haben. Während eine Sektion-31-Serie mit Michelle Yeoh bereits soweit gediegen ist, dass die Dreharbeiten unmittelbar bevorstehen, haben die Produzenten darüber hinaus auch der Beliebtheit Pikes, Spocks und Nummer Eins' Rechnung getragen und überlegen nun, eine Serie um die Abenteuer der USS Enterprise vor der Übernahme des Kommandos durch James T. Kirk in Auftrag zu geben (was nach der Menge an Short Treks, in denen die drei prominent vertreten waren, nicht sonderlich überraschend wirkt). 
Ob diese wirklich umgesetzt wird hängt auch maßgeblich vom Erfolg von "Star Trek Picard" ab.
Doch die Frage bleibt:
Kann auch die dritte Folge der immensen Erwartungshaltung gerecht werden?



Story.
Nachdem der frühere Admiral Jean-Luc Picard bei der Sternenflotte abgeblitzt ist, versucht er nun auf eigene Faust, eine Crew zusammenzustellen und ein Schiff anzuheuern, um die verbleibende Tochter Datas oder zumindest Bruce Maddox zu finden.
Doch das scheint leichter gesagt als getan: Seine ehemalige rechte Hand Raffi Musiker hegt noch immer einen schweren Groll gegen ihn, der vorgeschlagene Pilot ist mit "gescheiterter Ex-Sternenflotten-Offizier" noch sehr wohlwollend umschrieben und eigentlich weiß Picard noch nicht einmal wohin er überhaupt fliegen will.
Doch allmählich fügen sich die Puzzleteile zusammen: Raffi findet den Aufenthaltsort des verschwundenen Kybernetikers Maddox, Cristóbal Rios nimmt seinen prominenten Fahrgast mit auf eine ungewisse Reise und selbst auf dem weit entfernten Artefakt feiert Datas 'Tochter' Soji Asha einen ersten - wenn auch sehr aufwühlenden - Therapierfolg mit einer ehemaligen Borgdrohne.
Doch Picards Aufbruch zieht die Aufmerksamkeit anderer Parteien auf sich und plötzlich wird die Sternenflottenlegende in seinem eigenen Weingut von einem Sonderkommando des Tal Shiars heimgesucht…



Lobenswerte Aspekte.

Feinschliff.
Das also war Hanelle M. Culpeppers dritter Streich in Folge! Kein Wunder, dass man den Eindruck erhält, als hätte hier die Gier nach Geld drei Folgen aus einem eigentlich zusammenhängenden Pilotfilm gestückelt, denn wie beide Episoden zuvor glänzt auch diese mit einem tollen Soundtrack, eindringlichen Szenenbildern und einem stringenten Erzählstil. An dieser Stelle sei auch der Schnitt zwischen Picards Weingut und dem Artefakt am Höhepunkt der Folge ausdrücklich gelobt, denn er vereinte die beiden Handlungsstränge auf geschickte Weise zu einem einheitlichen Ganzen.
Das Erzähltempo blieb im Vergleich zu den beiden Vorgängern auf einem konstant gemächlichen Niveau (was ich nicht als Kritikpunkt verstanden wissen will). Die einzig nennenswerte Action-Szene mit dem Sonderkommando des Tal Shiars auf Stippvisite im Chateau Picard wirkte da schon beinahe ungewohnt und konnte bestenfalls aufzeigen, dass sowohl Patrick Stewart als auch Jean-Luc Picard aus dem Alter heraus sind, in  dem sie sich noch gepflegt auf der Mattscheibe prügeln können.
So lag der Fokus auf einem ganz anderen Schwerpunkt: In "Das Ende ist der Anfang" sammelt sich Picard eine völlig neue Crew aus verschrobenen Individuen zusammen, weswegen die Folge auch entsprechend viel Zeit auf eine ausführliche Charakterzeichnung setzt. Erst im zweiten Anlauf werden Hinweise darauf verdichtet, was den Zuschauer in den verbleibenden sieben Episoden erwarten wird. Es ist eher ein Setup, das noch lange nicht abgeschlossen ist.
Treu werden uns in diesem Prozess wohl die Lens Flares bleiben, die zwar weniger markant, aber noch immer präsent sind. Genauso wie der obligatorische Fanservice, der nach einer verhältnismäßig zurückhaltenden Folge eine fulminante Renaissance erfährt. Er kulminiert schließlich im finalem "Energie!" aus dem Munde Picards, das wohl so oder so als Versprechen an die Zukunft gewertet werden kann - zumal er dem Zuschauer dabei in die Augen zu sehen scheint.



Baustellen mit Potential.
Nachdem der aufmerksame Zuschauer bislang größtenteils im Dunkeln tappen musste, wurde mittlerweile mehr oder weniger deutlich umrissen, welche großen Mysterien in "Star Trek: Picard" thematisiert werden.
Zuerst geht es um die persönliche Entwicklung der verschiedenen Charaktere.
Zum Beispiel Jean-Luc Picard, der in einer sich verändernden Welt an seinen Werten festhält, während das Damokles-Schwert seines fortgeschrittenen Alters und des irumodischen Syndroms über ihm schwebt. Oder Dr. Agnes Jurati, die Morgenluft wittert, weil ihre rein theoretische Forschungsarbeit erstmals wieder eine praktische Anwendung findet, wofür sie aber ihrer Natur zuwiderhandelt, indem sie die Sicherheit ihres Labors verlässt, um das Abenteuer im Weltraum zu suchen. Oder Raffi Musiker und Cristóbal Rios, die beide mit dem Stigma des gescheiterten Sternenflottenoffiziers hadern und ihren Platz im Universum finden möchten.
Daneben stellt sich natürlich auch die Frage nach der 'Mutter' Sojis (Mom?), die hier nicht nur ihre vermeintliche Tochter anlügt, sondern darüber hinaus Informationen weitergegeben hat, die ziemlichen Zündstoff bergen. Soji wird extern gelenkt und es bleibt die Frage, welche Pläne Bruce Maddox verfolgt und was sie mit den Borg zu tun haben.
Dem gegenüber stehen die Romulaner, denen das Artefakt gehört und die nur von außen betrachtet an Macht eingebüßt haben. Der Tal Shiar und mit ihm der Zhat Vash haben längst wieder in die Erfolgsspur gefunden und geschafft, die Föderation auf höchster Ebene zu unterwandern, sodass diese trotz des Wegfalls eines zentralen Kontrahenten völlig von der Rolle gefallen scheint.
Und schließlich bleibt der Zusammenhang zwischen den Borg und der romulanischen Mythologie, der scheinbar auch Zeitmanipulation umfasst. Allerdings bleibt dies einer der schwammigsten Erzählgegenstände, weil zum Einen bislang kaum genug Informationen gegeben wurden und zum Anderen, weil der romulanische 'narrative Rahmen' mit Tarotkarten, mehrdeutigen Zukunftsvisionen und eigenen Sprachschnipseln die spitzohrigen Cousins der Vulkanier nur noch näher in die Gesellschaft von Tolkiens Herr-der-Ringe-Elfen rückt.



Besetzung.
Der eigentliche Star der Serie ist und bleibt die Besetzung, auch wenn man allen voran abermals Patrick Stewart stellen muss. Der versucht redlich, Picard aus seinem langen TNG-Schatten zu befreien, indem er etwa nicht den Stuhl des Captains besetzen will, doch - nicht zuletzt vom Soundtrack und den Dialogen getragen - weiß der Zuschauer aus dem Stand heraus, dass  Picards Platz im Universum auf einem Raumschiff zu finden ist.
Stewart, dessen Charakter ja nicht von ungefähr der Namensgeber der Serie ist, trägt nicht zuletzt aus diesem Grund einen Großteil der Szenen und lässt dabei leider auch zuweilen die anderen Darsteller an seiner etwas verblassen.
Davon explizit ausgenommen bleibt Michelle Hurds Raffi Musiker. Ich mag befangen sein, seitdem ich die Schauspielerin bei der Berlin-Premiere von "Picard" kennenlernen durfte, aber sie versprüht auch auf der Mattscheibe eine ungeahnte Energie - auf eher unkonventionelle Weise.
Denn wenn einer der Charaktere das Sinnbild der Abkehr vom sauberen Image des Sternenflottenoffiziers repräsentiert, dann allen voran Raffi Musiker. Das fängt schon in ihrer Sprache an: Ihr Vokabular ist voll von 'farbigen Metaphern', die von "Bullshit" über "Ass" bis "Zur Hölle mit denen" reichen. Vor allem im US-amerikanischen Original gilt das gemeinhin als äußerst salopper Umgangston, der eine erhöhte Altersfreigabe rechtfertigen würde. Als wäre das nicht genug, raucht (Blütenblätter) und trinkt (aus der Flasche) die frühere rechte Hand Picards, den sie in Ablehnung sämtlicher von ihm ausgehender Autorität nach den Initialen seines Vornamens "JL" nennt (und das bereits während ihrer aktiven Dienstzeit!).
Trotzdem ist das bei Lichte besehen keineswegs ein Bruch. Raffi bedient nämlich Picards Vorliebe für unkonventionelle Charaktere, die sich auch trauen ihm unverblümt die Meinung zu sagen (man bedenke zum Beispiel die Beweggründe Picards, Riker zu seiner 'Nummer Eins' zu machen). So gesehen kommt die tolle Beziehung zwischen beiden, die sich umgehend auch auf den Zuschauer überträgt, nicht von ungefähr.
Für meinen persönlichen Geschmack wirkt Cristóbal Rios ein klein wenig zu sehr aus dem gleichen Holz geschnitzt.
Auch er raucht (Zigarre), trinkt (wenn er nicht gerade in einem Anfall spontaner Maskulinität Wunden mit seinem Weinbrand desinfiziert) und ist tätowiert (ein Präzedenzfall für den normalen Sternenflottenoffizier, für den das kein Teil seiner kulturellen Identität darstellt).
Aber es gibt ein cleveres Alleinstellungsmerkmal, für das die Autoren an dieser Stelle einmal für ihren Einfall gepriesen werden sollen:
Verschiedene Hologramme zu nutzen, die unterschiedliche Aspekte seiner Persönlichkeit und Vergangenheit darstellen, ist  geniales erzählerisches Mittel und ein cleverer Schachzug, um eine Figur wie die von Santiago Cabrera zu etablieren.



An Alison Pills Dr. Agnes P. Jurati können sich hingegen die Geister scheiden. Ihr omnipräsentes Schulmädchengrinsen mag dem ein oder anderen Zuschauer fraglos auf den Keks gehen, aber in den Parametern ihrer Rolle muss man ihr zubilligen, dass ihr eine schlüssige Darstellung der unsicheren Wissenschaftlerin gelingt.
Laris und Zhaban gelang es abermals, die vielen romulanischen Charaktere des Star-Trek-Universums um eine weitere Facette zu bereichern. Daher werden Orla Brady und Jamie McShane kommenden Folgen fehlen, denn gerade die Unterstützung, die ihre Charaktere Picard boten, verdeutlichte abermals, wie wichtig sie als Romulaner für die Handlung und als verlängerter Arm für einen gealterten Sternenflottenoffizier waren. Es bleibt zu hoffen, dass es in künftigen Folgen Evan Evagora gelingt, diese Lücke angemessen auszufüllen.
Isa Briones schafft es für Soji an Bord des Artefakts endlich, einen eigenen Handlungsstrang aufzubauen, der ihr eine ähnliche Bedeutung wie zuvor Dahj zukommen lässt. Sie hinterlässt einen guten ersten Eindruck, aber es bleibt abzuwarten, wie tragfähig dieser Erzählstrang am Ende ausfallen wird.
Der Rest des Cast kann in ein paar Sätzen abgehakt werden.
Jonathan del Arco als Hugh bleibt ein wenig blass, aber immerhin darf er ein paar sehr bedeutungsschwangere Sätze in die Kamera sagen. Narek kommt in Betriebsmodus und Harry Treadaway gelingt es so langsam, den Vergleich zu Ethan Pecks Spock unsinnig erscheinen zu lassen. Rebecca Wysocki als Ramdha bietet gar eine der besten Leistungen der Folge ohne Beteiligung Stewarts ab.
Allein Narissa Rizzo gibt Anlass zur Sorge. Zwar stehen Peyton List durchaus die spitzen Ohren, doch der eher bemühte Lack- und Leder-Dress erinnert ein wenig zu deutlich an die Gründe, aus den Jeri Ryan und Jolene Blalock in Star-Trek-Rollen gecastet und in viel zu enge Kostüme gesteckt wurden. Vor allem die deutliche sexuelle Chemie gegenüber ihrem 'Bruder' Narek wirkt etwas irritierend und von fragwürdigen Motiven gleitet.
Das Denkwürdigste am Auftritt ihrer Vorgesetzten Oh war hingegen die Sonnenbrille, die Tamlyn Tomita aus irgendeinem Grund trug.



Kritikwürdige Aspekte.

Kanonbrüche und Logiklöcher.

"Star Trek: Picard" gibt sich sichtlich Mühe, den Fans ein wenig Kanonfutter zu verabreichen und dabei auch ein paar zärtliche Neuerungen zwischen die vielen Fanservice-Momente einzustreuen.
Eines der besten Beispiele bieten die neuen, alte Uniformen, die im Rückblick an Raffi Musiker und Picard zu bewundern sind.
Ansonsten kann man wieder bestens in TNG-Nostalgie schwelgen.
Picards Unterhaltung mit Laris kurz vor dem Abschied (vgl. Denkwürdige Zitate) ist deutlich an die Folge "Familienbegegnung" angelehnt. Darüber hinaus wird Q erstmals erwähnt (!), die Klingonen zum zweiten Mal und Spocks Name schafft es genauso in die Folge wie zwei Schiffswerften, die bislang nur auf irgendwelchen unleserlichen Plaketten im Hintergrund vermerkt wurden. Schließlich schlägt Dr. Jurati noch eine Brücke zu "Discovery", indem sie eine der kasseelianische Opern hört, bevor sie so abrupt von Oh in ihrer wohlverdienten Mittagspause gestört wird.
Am schönsten fand ich allerdings, dass offen versucht wurde, die unterschiedlichen Darstellungen von Romulanern bei TOS, TNG und den Abrams-Filmen unter einen gemeinsamen Hut zu bringen. Durch Laris' Verweis auf "Nordländer" differenziert sie quasi im Vorbeigehen zwischen verschiedenen Ausprägungen der Spezies. Das ist umso bemerkenswerter, da man eine entsprechende Sorgfalt noch bei "Discovery" vermissen ließ, als man zum Ärger vieler Fans beschloss, das Aussehen der Klingonen völlig neu zu erfinden.
In anderen Punkten hinterlässt die Folge allerdings einige Fragezeichen, die sich abermals auch mit viel Wohlwollen erklären lassen (wobei ich Rauchen, Trinken und Tattoos an dieser Stelle ausklammern möchte, weil ich darin weniger einen Bruch mit dem Star-Trek-Kanon, als bestenfalls einen Bruch mit dem Sternenflottengeist sehe, den ich erzählerisch nachvollziehen kann).
Warum etwa wird Raffi Musiker von der Sternenflotte gefeuert und nicht ehrenhaft oder unehrenhaft entlassen?
Vielleicht ist diese Nuance eher auf ihre direkte Sprache zurückzuführen.
Warum trägt eine Vulkanierin eine Sonnenbrille, obwohl sie von einem Planeten mit extremer Sonneneinstrahlung stammt und über ein zweites Augenlid verfügt?
Vielleicht möchte man damit suggerieren, dass die Sternenflottensicherheitschefin gar keine Vulkanierin ist.
Warum trauert Picard Data jahrelang nach, aber schafft es in vierzehn Jahren nicht, sich bei der Frau zu melden, für deren Karriereende er eine Mitverantwortung trägt?
Vielleicht weil Picard doch kein Mensch ohne Fehler ist.
Und was macht eine Mythologie-Expertin und Buchautorin eigentlich auf einem romulanischen Aufklärungsschiff?
Vielleicht war sie Teil einer anthropologischen Expedition oder war schlichtweg ein Passagier.
Am drängendsten bleibt aber ein Widerspruch, der so alt ist wie Star Trek selbst: Die Verwendung von Geld.
Während es nämlich reihenweise Belege dafür gibt, dass Geld keine Rolle mehr spielt, lassen sich mindestens ebenso viele Bemerkungen dafür finden, dass doch noch immer Zahlungsmittel verwendet werden. Es ist eine der zentralen Gretchenfragen des Star-Trek-Universums und des Fandoms, weswegen es auch nicht weiter verwundert, dass auch "Star Trek: Picard" keine endgültige Antwort, sondern nur noch mehr Fragezeichen bietet.
Schade eigentlich!




Verschwörungstheorien.
Vor allem Raffi Musikers Worte nach der Ankunft Dr. Agnes Juratis an Bord von Rios' Schiff gaben mir zu denken:

"Nicht Ihr Ernst. Sie nehmen die kleine Agnes einfach mit auf Ihre streng geheime Mission? […] Sie haben mich noch nicht mal einen Sicherheitscheck machen lassen; noch nicht mal den elementarsten!"

Zu sehr erinnerten mich ihre Ausführungen an ähnliche Bemerkungen in "Discovery", wo schon Ash Tyler auf erschreckend gleichartige Weise als Wolf im Schafspelz eingeführt wurde.
Auch dieses Mal deuten viele Indizien auf einen ähnlichen Fall:
Die vermeintliche Offenheit Juratis gegenüber Picard,  ihr Beharren mit auf die Reise gehen zu wollen und vor allem ihre zeitlich wahnsinnig gut abgepasste Ankunft auf dem Weingut Picards wecken berechtigte Zweifel an ihren Motiven.
Zumal man die ungewohnte Inkompetenz eines der besten Geheimdienste des Universums auch als Absicht auslegen kann. Denn wie groß ist die Chance, dass es einem trainierten Sondereinsatzkommando nicht gelingt, Gegner mit Disruptoren zu treffen?
Wie wahrscheinlich ist es, dass sie sich von zwei Agenten im Ruhestand, einer Zivilistin und einem Rentner mit Gehstock derart auseinandernehmen lassen?
Und wozu tragen sie überhaupt Helme?
Derartige Unfähigkeit ließe sich allerdings problemlos damit erklären, dass es sich um eine durchgeplante Operation handelte, deren Ziel es war, einen Undercover-Agenten im Team einer potentiellen Bedrohung zu platzieren. Es wäre ein schlüssiges romulanisches Komplott; ein Vorwand einen Krieg zu verhindern.
Am Ende des Tages würde ich es allerdings als extrem unoriginelle Entwicklung empfinden. Vor allem, weil es ein nur müder Abklatsch einer mäßig ausgeführten Handlungsebene aus "Discovery" wäre. Ein solch mieses Story-Recycling wäre einer Serie unwürdig, die mit einem derart hohen Anspruch wie "Picard" gestartet ist.



Synchronisation.
Auch hier erklingt abermals die alte Leier:
Das ewige Siezen setzt sich seit den Siebzigern und allen gesellschaftlichen Entwicklungen zum Trotz weiter fort - selbst bei einer Ex-Borg, die eigentlich nicht mehr bei Sinnen ist und deren Prioritäten woanders liegen dürften, als eine deutlich jüngere Frau mit der Verwendung der Höflichkeitsform zu bedenken.
Desweiteren wird im Deutschen ein derbes "Bullshit" zum beinahe freundlichen "Schwachsinn" und das ungleich weiterreichende "News" zu "Nachrichten", was insbesondere als Alternative zu "Mythologie" im Kontext unpassend erscheint.
Dennoch ist die deutsche Tonspur bislang von nur wenigen Schnitzern geprägt und vergleichsweise (man denke nur an die Umsetzung von TOS) gut gelungen.



Fazit.
Im dritten Teil und letzten Teil des Pilotfilmes entsteht endlich Aufbruchstimmung!
Die Charaktere sind größtenteils etabliert, die Entwicklungsrichtung vorgegeben und den Fans werden abermals nostalgische Momente beschert. In einer gut umgesetzten, ohne falsche Hektik erzählten Folge steht das Ensemble im Mittelpunkt und er größte Vorwurf lautet daher noch immer, dass hier eine umfassender Pilot zugunsten von drei zusammengehörende Folgen unnötig zerteilt wurde.

Bewertung.
Jetzt geht's los!






Schluss.
Auch wenn Picard mit vielen vertrauten Aspekten bricht, gelingt es den Verantwortlichen doch, in drei Folgen "Picard" eine ansteckende Star-Trek-Stimmung aufzubauen und wahre Wiederauferstehung der Franchise zu bewirken.
Das steht und fällt jedoch mit der Beteiligung Patrick Stewarts, denn bei allen Vorschusslorbeeren bleibt festzuhalten, dass ein Großteil des Zuspruchs, den die Serie momentan erhält, mit dem Kultstatus zusammenhängt, den Patrick Stewart einnimmt. Es ist nicht zuletzt dadurch eine ganz besondere Serie, die es zu einem Privileg macht, diesen Moment Woche um Woche miterleben zu können.
Ob es anderen Serien mit Michelle Yeoh oder einem weiteren Prequel mit Anson Mount, Ethan Peck oder Rebecca Romjin in den kommenden Jahren wirklich gelingen mag, ähnlichen Beachtung zu finden, sei an dieser Stelle zumindest bezweifelt, auch wenn es den Beteiligten zu wünschen wäre…



Denkwürdige Zitate.

"Niemand denkt nach, niemand hört zu; nur blinder Aktionismus."
Jean-Luc Picard

"Ein Tipp vom Profi? So für die Zukunft? Bei ihrer nächsten streng geheimen, unautorisierten Androiden-Mädchen-Rettungsmission binden Sie dem Sternenflottenkommando vielleicht nicht gleich Ihren Plan auf die Nase. Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass Sie frühe so eine Quasselstrippe waren…"
Raffi Musiker

"Ja, niemand wird in der Galaxis mehr verachtet als die XBs. Entweder sieht man in uns Objekte die man ausschlachten kann, oder ein Risiko, das man einlagert. Unsere Hausherren, die Romulaner, haben eine umfassendere Vision: Sie sehen beides in uns."
Hugh

"Ich habe oft festgestellt, dass ich, wenn ich freundlich um etwas bitte, es auch bekomme."
"Das entspricht nicht meiner Erfahrung. Insbesondere bei Romulanern.
"
Soji Asha und Hugh

"Ich habe nie zu denjenigen gezählt, die Anwälte befragen bevor sie tun, was getan werden muss."
Picard

"Und? Sind wir aufgeregt? Eingeschüchtert? Oder genießen wir vielleicht den Star an Bord? Jean-Luc Picard! Ansprechpartner für das Q-Kontinuum, Überwacher der Nachfolge im Klingonischen Reich, Retter der Erde vor der Borg-Invasion, Captain der Enterprise 'D' und 'E'. Der Mann hat sogar mit dem großen Spock gedient!"
NHN

"Ich habe mein Bestes getan, damit dies der Ort wird, an den ich gehöre, aber ich habe mich trotz allem doch nie richtig zuhause gefühlt."
"Sie haben immer mit einem Auge zu den Sternen geschielt."
Picard und Laris

"V-Vielleicht war's auf Betäubung…"
"Bei romulanischen Disruptoren gibt es diesen Modus nicht."
Dr. Agnes Jurati und Laris

"Ich weiß wer Sie sind! Sie sind 'Seb-Cheneb', die Zerstörerin!"
Rhomda

"Sie ist unser aller Ende! Sie ist die Zerstörerin!!"
gefangener Tal-Shiar-Agent

"Energie!"
Picard

Weiterführende Leseliste.

01. Rezension zu "Gedenken"
02. Rezension zu "Karten und Legenden"
03. Rezension zu "Das Ende ist der Anfang"
04. Rezension zu "Unbedingte Offenheit"
05. Rezension zu "Keine Gnade"
06. Rezension zu "Die geheimnisvolle Box"
07. Rezension zu "Nepenthe"
08. Rezension zu "Bruchstücke"
09. Rezension zu "Et in Arcadia Ego, Teil Eins"
10. Rezension zu "Et In Arcadia Ego, Teil Zwei"


Freitag, 31. Januar 2020

Turons Senf zu "Star Trek: Picard" S1Nr02: "Karten und Legenden"

Spoilerwarnung.
Dieser Artikel enthält massive Spoiler auf "Karten und Legenden", der zweiten Folge der ersten Staffel von "Star Trek: Picard" und sollte erst gelesen werden, wenn man diese und die vorherige Episode bereits gesehen hat.



Einleitung.
Nach der Erstausstrahlung von "Star Trek: Picard" schien es bei den Meinungsbekundungen im Internet nur zwei Extreme zu geben: Die einen, die völlig euphorisiert waren und die anderen, denen es fragwürdig schien, ob die Serie mit seinem weitreichenden Rückbezügen irgendwo zwischen Nostalgie und Fanservice wirklich in der Lage sein würde, erfolgreich zu sein.
Natürlich ist es etwas schwierig, nach nur einer Folge - die wie in der letzten Rezension erwähnt nur schwer von dieser zu trennen ist - wirkliche eine Aussage treffen zu können…



Story.
Nachdem Jean-Luc Picard herausgefunden hat, dass die totgeglaubte Tochter Datas eine unbekannte Zwillingsschwester hat, beginnt er plötzlich, sich von seinem beschaulichen Ruhestand zu verabschieden. Er lässt sich diensttauglich schreiben und stattet dem Sternenflottenhauptquartier in der Hoffnung, das Kommando über ein kleines Schiff zu erhalten, einen längst überfälligen Besuch ab. Doch seine Bitte wird schroff abgewiesen, nicht zuletzt, weil sich Picard bei seinem früheren Arbeitgeber durch einen unvorteilhaften Gefühlsausbruch in einem Interview unbeliebt gemacht hat. Doch während der Admiral im Ruhestand nach alternativen Reisemöglichkeiten sucht, schlägt seine offizelle Anfrage ungeahnte Wellen und erregt die Aufmerksamkeit zwielichtiger Gestalten…




Lobenswerte Aspekte.

Besetzung.
Als Patrick Stewart 2019 bei seinem Panel auf der Star Trek Destination in Birmingham erzählte, er hätte während seiner Zeit am Set von TNG in den USA den Trend zum Zweit-Teebeutel eingeführt, weil ihm die dortigen Heißgetränke geschmacklich nicht intensiv genug gewesen sein, hielt ich das noch für eine dieser mehr oder weniger unterhaltsamen Anekdoten, die Briten ihren Landsleuten erzählen um sie davon zu überzeugen, wie weit sie von ihren amerikanischen Cousin kulturell überlegen wären. Wenn man aber nun in dieser Episode sieht, wie Picard in seiner französischen Einsiedlerei genau das Gleiche tut, erhält man einen Eindruck davon, wie viel von seiner eigenen Person und Geschichte Stewart in diese Serie miteinfließen ließ. Sein ironischer Kommentar zur Science Fiction (Vgl. Denkwürdige Zitate) schlägt in eine ähnliche Kerbe.
Vor allem die Szenen mit seiner Beteiligung zählen trotz oder vielleicht sogar wegen seines hohen Alters zu den qualitativ besten.



Was aber nicht bedeutet, dass der Rest der Hauptdarstellerriege ein Totalausfall wäre.
So gelingt es Isa Briones in der Rolle der Zwillingsschwester Soji mehrere - sehr menschlich-emotionale - Ausrufezeichen zu setzen. Dabei sollte erwähnt werden, dass sie kurzzeitig in Unterwäsche zu sehen ist, aber im Gegensatz zu ähnlichen Szenen in den Filmen J.J. Abrams dabei keineswegs der Verdacht der Fleischbeschau aufkommt, auch wenn sie kurz zuvor mit ihrem Geliebten dem gemeinsamen Bett entsteigt.
Die anderen Mitglieder des zukünftigen Main Casts geraten noch vergleichsweise wenig ins Rampenlicht.
Alison Pill als Dr. Agnes Jurati hat jene nette Szene beim Doppelteebeuteltreff mit Picard, setzt aber noch keine größeren Ausrufezeichen.
Ähnlich geht es Michelle Hurd (von deren Präsenz ich bei der Premiere in Berlin völlig verzaubert war), die in ihrer kurzen Vorstellung bestenfalls andeuten kann, welches Potential in ihr schlummert.
Dagegen gelingt es Orla Brady als Laris gleich mehrfach, die Handlung entscheidend voranzutreiben und gleichermaßen als fürsorgliche Haushälterin, als auch als ehemalige Tal-Shiar-Agentin zu überzeugen. Jamie McShane als Zhaban wirkt im Vergleich dazu sicherlich sympathisch, bleibt aber eher in der zweiten Reihe zurück.
Eine angenehme Überraschung bildet der kurze, aber bedeutungsschwangere Gastauftritt des TV-Veteranen David Paymer, der von "Hart aber herzlich" bis "Brooklyn Nine-Nine" in unzähligen amerikanischen Fernsehserien zu sehen war. Als ehemaliger Schiffsarzt der USS Stargazer bleibt die einzige mit ihm verbundene Frage die, warum Picard sich nicht an Beverly Crusher wandte, um einen Tauglichkeitsbescheinigung für den Sternenflottendienst zu erhalten. Dafür wird man mit einem Auftritt entlohnt, der in manchen Momenten ein wenig an Leonard "Pille" McCoy erinnerte.
Das Sternenflottenpersonal blieb hingegen größtenteils glanzlos.
Das Auffälligste an Ann Magnuson als Admiral Clancy war noch ihr Lippenstift, während der Auftritt ihrer Kollegin Tamlyn Tomita als Commodore Oh nicht minder farblos war. Aber bei Lichte besehen passt das perfekt zu ihren Charakteren, denn sowohl die störrische, verbitterte Beamtin als auch die gefühlslose, vulkanische Sicherheitschefin wirkten genau dadurch schlüssiger.
Endlich genug Platz zur Entfaltung bot sich dieses Mal für Harry Treadaway als Narek, der einen so tollen wie glaubwürdigen Romulaner abgab. Vielleicht können die vielen verwirrten Zuschauer nun über seinen Bart und der damit verbundenen oberflächlichen Ähnlichkeit zu Ethan Pecks Spock in "Discovery" hinwegsehen.
Am meisten mochte ich allerdings die verschlagene Nachwuchsagentin Narissa Rizzo mit ihrer gefühlskalten, aber gleichsam hasserfüllten Aura. Peyton List mimt eine eiskalte Agentin der man abnimmt, über Leichen zu gehen.

Von wegen Schall und Rauch.
Auch wenn ihr Name eher an einen Charakter aus den Muppets erinnert: Rizzo, die Ratte.
Und das vor allem deswegen, weil der italienische Nachname nichts anderes als "Ratte" bedeutet.
Hier zeigt sich ein gutes Händchen der Autoren, die ihre Charaktere mit realen, aber dennoch verräterischen Namen versehen haben. Die romulanische Agentin im Menschengewand ist damit treffend gewählt.
Auch die Reporterin, die sich anschickte, sich im ersten Teil als Henker Picards aufzuspielen, trug den deutschen Nachnamen Richter. Der Vorname Admiral Clancys deckt sich wohl nicht ohne Grund mit dem der Autorin Kirsten Beyer.
Vor allem aber finden die Namen Soji und Dahj in Indien weite Verbreitung, was insofern nicht verwundert, weil auch Datas Tochter Lal in "Datas Nachkomme" einen ähnlich exotischen Namen trug, der dem Subkontinent entstammte.
Der Nachname jedoch markiert die Krone dieser Sorgfalt, denn "Asha" bedeutet in Sanskrit nichts anderes als "Hoffnung".
Ein weiterer subtiler Hinweis darauf, warum die beiden Zwillinge erbaut wurden?
Direkt schade, dass die doppelzüngige Sternenflottensicherheitschefin im Angesicht dieses Trends mit einem fantasielosen 'Oh' abgefrühstückt wurde…



Moral.
Gleich die Anfangsszene spricht Bände. Wir sehen alles, für das Data und seine Freunde eingetreten sind, in Scherben daniederliegen. Synthetische Lebensformen sind eine Sklavenrasse, die des Nachts in einer Abstellkammer der lebhaften Sternenflottenschiffswerften auf dem Mars untergebracht werden. Ihnen schlägt offen Gleichgültigkeit, Abscheu, Verachtung und gar Ablehnung entgegen, was nur unschwer Parallelen in unsere heutige Zeit, aber auch in ein klassisches Sujet der Science Fiction erkennen lässt.
Davon ab gebührt allerdings ganz anderen Ausführungen eine gewisse Tagesaktualität:

"Die Romulaner waren unsere Feinde und wir haben ihnen geholfen, solange wir konnten.  Aber selbst vor dem Angriff der Androiden auf den Mars haben vierzehn Spezies in der Föderation gesagt 'Überlasst den Romulanern sich selbst oder wir sind raus'. Wir mussten uns entscheiden; die Zukunft der Föderation riskieren, oder die Romulaner zurückweisen. […] Tausende andere Spezies sind darauf angewiesen, dass wir für Einheit sorgen; für Zusammenhalt."

Just an jenem Tag, an dem die Briten vor lauter Überfremdungsangst den Ausstieg aus der Europäischen Union vollziehen, wirken Statements wie dieser auf gruselige Weise zeitlos, aber es bietet auch einen interessanten Querverweis auf James T. Kirks kreative Interpretation des utilitaristischen Prinzips ("Das Wohl des Einzelnen wiegt manchmal schwerer als das Wohl von vielen") und stülpt es Picard über: Der TNG-Captain wendet es dabei nicht nur auf seinen ehemaligen Offizier Data an, sondern auch auf das ganze Volk der Romulaner, deren Fortbestand als Spezies er über die Einheit der Föderation zu stellen gewillt scheint.
Damit in Zusammenhang steht schließlich einer der spannendsten Brüche mit TNG.
War Jean-Luc Picard dort noch der unfehlbare Captain und moralische Leuchtturm, wird er hier von mehreren Seiten (Admiral Clancy, Raffi Musiker, Reportern) in seiner Autorität angezweifelt. Er wird zu einem isolierten Eigenbrötler, dessen Werte aus der Zeit gefallen scheinen. Picard ist nicht mehr, wer er mal war, aber das Gleiche lässt sich auch von der Sternenflotte und der Föderation sagen.



Kritikwürdige Aspekte.

Kein Einzelkämpfer.
In dieser Episode findet der Zuschauer im Unterschied zur letzten keinerlei Traumsequenzen, keinen  Fanservice mit dem Holzhammer und kaum Nostalgiemomente wieder (wenn man einmal von den Enterprise-Simulationen im Sternenflottenhauptquartier absieht).
Stattdessen scheint das Anliegen dieser Folge darin zu liegen, weiterführende Details zu vermitteln, die zuvor nur in schwammigen Randbemerkungen angedeutet wurden. Dazu wurden ein paar Bösewichte eingeführt, deren wahre Qualität sich allerdings in späteren Folgen erst noch unter Beweis stellen muss.
Trotz dieses Anspruchs verfällt "Karten und Legenden" beim Erzählen keineswegs in falsche Hektik.  Viel eher scheint Entschleunigung ist das neue Credo zu sein und man kann Picard schon einmal beim Blumenzupfen zuschauen, bei Aufräumen von zerbrochener Keramik oder gar beim gemütlichen Herabfahren von Rolltreppen. Die Szenen auf dem Mars Beginn zu der Episode bieten schon das Maximum an Action, dass sich in dieser Dreiviertelstunde offenbart.
Stattdessen wird der rote Faden hauptsächlich von gezielten Dialogen und überschaubaren Entwicklungen getragen, die man natürlich auch als mangelndes Erzähltempo auslegen könnte.
Doch weil das ein ungerechter Vorwurf wäre, bleibt das Manko (neben der Rückkehr von Lens Flares) viel mehr, dass die Episode von ihrem Vorgänger getrennt wurde. Denn schließlich lassen die Kontinuität auf dem Stuhl des Regisseurs (Hanell Culpepper leistet konstant gute Arbeit), der Mangel an neuen Handlungsorten und die fortgeführte Etablierung der Rahmenhandlung viel eher den Schluss zu, dass es sich um eine zusammenhängende Story handelt, die vor allem aus Marketing-Gründen auseinandergerissen wurde, weil sich zwei einzelne Folge einfach viel besser verkaufen als nur eine.



Kanonbrüche und Logiklöcher.
Zunächst bleibt einmal festzuhalten, dass es eine Reihe netter Kanonbezüge gibt. Auf dem Borg-Kubus und beim Sternenflottenhauptquartier herrscht ein kosmopolitisches Flair mit einer ganzen Reihe bekannter und unbekannter Wesen, die dem Ort ein passendes Star-Trek-Feeling verleihen. Zusammen mit der Erwähnungen alter Kameraden (Riker, Worf, La Forge) und früherer Gegner (Klingonen, Gorn), der prominenten Zurschaustellung der traditionsreichen Vasquez Rocks, einer stilvollen Referenz auf den Roddenberry-Freund Isaac Asimov und dem ersten Commodore seit Äonen ergibt sich ein bunter Flickenteppich aus Querverweisen, die aber nicht allzu störend für Neueinsteiger wirken dürften.
Auch über kleinere Merkwürdigkeiten kann man mühelos hinwegsehen.
So waren Trill-Namen bislang vergleichsweise simpel gehalten und reichten von Jadzia Dax über Lenara Kahn bis hin zu Ezri Tigan. Nun wird dieser erlauchte Kreis um den etwas sperrigen Zungenbrecher Naáshala Kunamadéstifee erweitert, aber eigentlich ist das weniger ein Kanonbruch, sondern eher eine kuriose Erweiterung des selbigen.
Als ungleich problematischer empfinde ich daher eher die Etablierung der Zhat Vash. Nicht, dass ich darin eine so eklatante Parallele zur Sektion 31 sehen würde, aber dieses Kaninchen, dass da aus dem Hut gezaubert wird, hinkt auf seinen Hinterläufen.
So konstruiert Laris in Hörreichweite Picards einen interessanten Entwurf der romulanischen Gesellschaft bis dato, dem auf den ersten Blick eigentlich kaum etwas entgegenzusetzen ist:

"Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass keinerlei künstliches Leben in der romulanischen Kultur existiert? Wir haben keine Androiden und forschen weder in KI noch in Kybernetik. Unsere Computer sind auf rein numerische Funktionen begrenzt."

Kaum etwas bis auf den Satz aus dem Munde des romulanischen Admirals Alidar Jaroks, der in "Der Überläufer" Data gegenüber verlauten lässt:

"Sie sind der Android! Ich kenne eine Menge romulanischer Kybernetiker, die Ihnen gerne so nahe wären wie ich es jetzt bin."

Nicht minder merkwürdig als Schrödingers Kybernetiker auf Romulus erscheint die forensische Zaubertechnologie, mit der Laris und Picard versuchen, den Entführungsversuch Dahjs zu rekonstruieren. Ich kann mich mit einiger Fantasie ja noch darauf einlassen, dass man die "romulanische Methode der Molekularrekonstruktion" entsprechend einsetzt, aber dass man auf diese Weise sogar 'Audio-Moleküle' wiederherstellt, ist doch etwas bemüht.
Auch auf dem Mars läuft einiges schief.
Der First-Contact-Day wird zwar als Feiertag, an dem der Rest der Föderation frei hat gehandelt, aber im Short Trek "Children of Mars" müssen wir mitansehen, wie ein paar arme Schulkinder just an diesem Tag unterrichtet werden.
Und warum schlafen die syntetischen Androiden überhaupt?
Wäre es nicht viel sinnvoller, sie Tag und Nacht laufen zu lassen wenn man unter Zeitdruck eine ganze Evakuierungsarmada aus dem roten Wüstensand stampfen muss?
Schlussendlich wirkte eine Einstellung besonders dick aufgetragen.
War es wirklich nötig, dass sich der Android selbst in den Kopf schießt, wenn die Oberfläche des Planeten noch vierzehn Jahre später lichterloh brennt?



Verschwörungstheorien.
Im Folgenden sollte nur weitergelesen werden, wenn man bereit ist, sich die Überraschung verderben zu lassen, denn an dieser Stelle folgen einige Überlegungen zu möglichen Richtungen, in die sich die Serie bewegen wird.
Also: Absolute Spoilerwarnung!
Die erste Theorie betrifft die Romulaner. Wir wissen, dass ein Großteil des Reiches einer verheerenden Supernova zum Opfer fiel, während die Ressourcen durch den Vorfall auf dem Mars nicht ausreichten, 900 Millionen Bürger des Sternenimperiums zu evakuieren. Dennoch bleiben die Romulaner ein regionaler Machtfaktor, wenn auch als einflussärmerer "Freistaat".
Grund dafür sind Deviseneinnahmen über einen inaktiven Borgkubus, dessen Wrack sich im Staatsgebiet des Restreiches befindet. Durch die Bergung von Technologie und die Erforschung der kybernetischen Lebensformen hält sich der gebeutelte Staat über Wasser.
Allerdings gibt es noch immer konservative Kräfte, die die Politik mitbestimmen. Ein radikaler Sprengel des Tal Shiars etwa, der sich der antikybernetischen Hysterie des Zhat Vash verschrieben hat, macht gemeinsame Sache mit einem der ältesten Feinde der Romulaner:
Der Föderation.
Um den umstrittenen kybernetischen Machenschaften des Erzfeindes ein Ende zu setzen, sind die Führungskräfte des Zhat Vash sogar bereit, einen Genozid an der eigenen Bevölkerung in Kauf zu nehmen, in dem sie in Kooperation mit ähnlich gesinnten Teilen der Sternenflotte die Schiffswerften auf dem Mars und damit die Evakuierungsflotte ausschalten. Oder um es in Anlehnung an den sechsten Kinofilm "Das unentdeckte Land"  zu sagen: "Die haben mit uns konspiriert um ihre eigenen Leute zu töten…"
Meine zweite Theorie betrifft Picards Rolle in der nach ihm benannten Serie. Die bisherigen Anzeichen deuten auf ein epochales Ereignis hin: Picard wird sterben.
Erinnern wir uns an die Aussage seines Hausarztes, der auf das in "Gestern, Heute, Morgen" angesprochene irumodische Syndrom anspielt.

"Es kommen einige Syndrome in Frage, die sich stark ähneln. […] Ein paar sind behandelbar, aber sie enden letztendlich gleich. Einige früher, einige später."

Dann führt er weiter aus:

"Ich weiß nicht, in welche Schwierigkeiten Sie sich da bringen wollen, aber vielleicht haben Sie ja Glück und sterben noch vorher."

Machen wir uns nichts vor: Auch Patrick Stewart ist nicht mehr der jüngste. Das Damoklesschwert eines verfrühten Todes schwebt beständig über der Produktion (auch wenn wir das alle nicht hoffen wollen!).
Was gibt es da besseres, als die eigene epochale Rolle mit einem Knall zu beenden (vgl. dazu Stewarts Auftritt in "Logan")?
Und was gäbe es für einen größeren Knall als Jean-Luc Picard in Erfüllung seiner Pflicht das Zeitliche segnen zu sehen?
Bleibt nur zu hoffen, dass sein Abtritt stilvoller ausfällt als der Tasha Yars, James Kirks oder Trip Tuckers.
Die letzte Theorie betrifft schließlich die Traumsequenzen mit Data.
Es ist extrem auffällig, wie sehr diese Schlüssel zur Lösung des Rätsels erhalten, als wären sie gelenkt.
Hinzu kommt, dass Data im ersten Traum fünf Herzdamen auf den Tisch legt - also fünfmal Q.
Wer weiß schon genau, was das bedeutet; aber ich halte es nicht für abwegig, dass hier im Angesicht der Borg, Datas und des Todes Picards eine höhere Macht die Finger im Spiel hat - eine Macht die den Zuschauern und dem legendären Sternenflottencaptain nur allzu gut bekannt ist.



Synchronisation.
Da gibt es eigentlich immer etwas zu schimpfen, denn schon allein der Umstand, dass Picard mit seinem langjährigen Freund, Kupferstecher und Hausarzt ins Siezen verfällt, während Soji eine wildfremde Frau spontan duzt, wirkt sehr deplatziert. Auch die Übersetzung des Witzes mit "Brauner Kleber" ist in etwa so witzig wie Deutsche Synchronisation im Allgemeinen.
Doch halt, hier gilt es eine Lanze zu brechen!
Das Original des Witzes ist keinen Deut besser, weswegen es durchaus legitim ist, hier zum Wohle der Verständlichkeit eine entsprechende Eigeninitiative zu zeigen.
Natürlich könnte man sich ferner darüber ärgern, dass die Androiden "kompromittiert" werden, aber andererseits sollte an dieser Stelle Erwähnung finden, dass mit "Indizes" der korrekte Plural von "Index" gebildet wurde.
Vor allem aber bin ich der deutschen Sprachspur dankbar, dass die absolut unnötige Verwendung des Wortes "Fucking" in der Originalversion angenehmerweise fehlt und einem deutlich sachlicheren Sprachstil Admiral Clancys gewichen ist.



Fazit.
"Karten und Legenden" bemüht sich, die angestoßenen Entwicklungen der ersten Folge mit Leben zu füllen. Erste zarte Umrisse von Gegenspielern erscheinen vielversprechend auf dem Handlungsbogen, der vorrangig von Dialogen getragen wird und verhältnismäßig wenig Raum für Action bietet. Vor allem von der Präsenz Stewarts getragen bleibt das größte Manko der Episode, dass sie von ihrem Vorgänger getrennt wurde und nur schwer als eingeständige Folge zu funktionieren scheint.

Bewertung.
Eine wichtige Ergänzung zur ersten Folge.





Schluss.

Eigentlich würden die Zahlen für sich sprechen - wenn CBS sie denn veröffentlichen würde. Stattdessen spricht man in der noch jungen Streaming-Sparte des US-amerikanischen TV-Senders optimistisch von einem Rekord-Monat, der eine erhebliche Anzahl von Neu-Abonnements aufweist. Daran mag sicherlich auch der Umstand nicht ganz unschuldig sein, dass auch die Übertragung von NFL-Spielen und der Grammy-Verleihung hier einen guten Teil der Neukunden zum Erwerb bewegen konnte.
Amazon Prime Video hingegen, das außerhalb von Nordamerika die Übertragungsrechte für "Star Trek: Picard" sichern konnte, ist ähnlich schweigsam, wenn es um die Veröffentlichung von derartigen Umsatzzahlen geht.
Doch die Anzeichen sprechen eine deutliche Sprache.
Bereits vor dem Start der Serie erhielt sie eine zweite Staffel, die mediale Aufmerksamkeit ist ungebremst und die Kommentarspalten von Star-Trek-Seiten deuten auf eine breite Zuschauerschaft hin.
in der Tat zeigt "Picard" deutlich, dass man mit einem Hausnamen und der Fortführung altbekannter Geschichten einen so erfolgreichen wie einträglichen Weg abseits von Prequels oder Reboots einschlagen kann, der dennoch den Ansprüchen der Zeit genügen kann.
Und wer weiß, vielleicht öffnen die positiven Verkaufszahlen ja Tür und Tor für ähnliche Projekte, in denen neben gänzlich neuen Star-Trek-Serien auch verdiente Star-Trek-Veteranen wie Worf, Khan oder Janeway eine erzählerische Renaissance erleben…



Denkwürdige Zitate.

"Guten Morgen, Plastikmenschen!"
Mr. Pincus

"Darf ich Dich was fragen?"
"Na klar! Solange Du keine Antwort erwartest…"
"Dürfen wir miteinander schlafen oder ist das ein Geheimnis?"
"Definitiv letzteres."
"Ist alles, was Romulaner tun geheim?"
"Oh, darüber darf ich leider keine Auskunft geben."
"Ist Dein Name wirklich Narek?"
"Einer davon…"
"Gibt es denn irgendwas, was Du mir über Dich erzählen kannst?"
"Ja! Ich bin eine sehr verschwiegene Person."
Soji und Narek

"Für ein Relikt sind Sie in exzellenter Form."
Dr. Moritz Benayoun

"This facility has gone 5843 days without an assimilation."
Schild an Bord des Artefakts

"Romulaner stehen auf Drama."
Soji

"Aus der Sicht des Kollektivs ist das hier nichts weiter als ein Friedhof."
"Und was sind wir dann?"
"Das was man auf jedem Friedhof findet. Einige zehren von den Toten, manche sind Geister und wieder andere wie Sie Dr. Asha spenden die Wiederauferstehung."
Narek und Soji

"Ich habe mich nie richtig für Science Fiction interessiert. Irgendwie finde ich keinen Bezug dazu."
Jean-Luc Picard

"Okay, Sie brauchen jemanden der Sie hasst und der nichts zu verlieren hat."
"Ich habe sie bereits kontaktiert…"
Zhaban und Picard

"Ist das 'nen Sechsundachtziger?"
Raffi Musiker


Weiterführende Leseliste.


01. Rezension zu "Gedenken"
02. Rezension zu "Karten und Legenden"
03. Rezension zu "Das Ende ist der Anfang"
04. Rezension zu "Unbedingte Offenheit"
05. Rezension zu "Keine Gnade"
06. Rezension zu "Die geheimnisvolle Box"
07. Rezension zu "Nepenthe"
08. Rezension zu "Bruchstücke"
09. Rezension zu "Et in Arcadia Ego, Teil Eins"
10. Rezension zu "Et In Arcadia Ego, Teil Zwei"



Samstag, 25. Januar 2020

Turons Senf zur ersten "Star Trek: Picard" -Folge "Gedenken"



Spoilerwarnung.
Dieser Artikel enthält massive Spoiler zur ersten "Star Trek: Picard" -Episode "Gedenken" und sollte erst gelesen werden, wann man die Folge bereits gesehen hat.

Einleitung.
Die Neunziger waren eine schlimme Zeit.
Alte Feindbilder wie die Sowjetunion mit ihren bolschewistischen Horden hörten über Nacht auf zu existieren, Neonfarben begannen massentauglich in die Alltagsmode einzuziehen und aus den Lautsprecherboxen lokaler Tanzlokale dröhnte "No Limits" von 2 Unlimited als Soundtrack einer Zeit, die auch ohne ihn schon verstörend genug gewesen wäre.
Und doch waren die Neunziger auch eine großartige Zeit.
Nirvana begannen die alternative Musikszene zu revolutionieren (bevor Kurt Cobain diesem Trend mit eigener Hand ein jähes Ende setzte), das Internet begann langsam in das Leben normaler Menschen einzusickern und eine ganze Generation strömte unmittelbar nach der Schule vor den Fernseher, um dort beglückt "Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert" sehen zu können.
Nun schickt sich - zwanzig Jahre nachdem der letzte Kinofilm zu dieser Crew in die Kinos kam - eine neue Serie namens "Star Trek: Picard" an, an die positiven Erinnerungen einer ganzen Generation anzuknüpfen.
Doch kann das in einer Welt, in der Donald Trump, der Brexit oder Flüchtlingskrisen die Gesellschaft spalten, das Fernsehen sich zu einem völlig anderen Medium entwickelt hat und jemand wie Cardi B trotz ihrer Songs die Hitparaden stürmt überhaupt noch funktionieren?




Story 
Ein von der Welt enttäuschter Jean-Luc Picard hat sich auf seine alten Tage auf sein Weingut in Frankreich zurückgezogen. Hier lebt er ein ruhiges Leben fernab vom Trubel jener Abenteuer, die ihn zwanzig Jahre zuvor an Bord der Enterprise zu einer galaxisweiten Berühmtheit werden ließen, auch wenn er in seinen Träumen allabendlich von den Geistern der Vergangenheit eingeholt wird. Nachdem aber eines seiner seltenen Interviews über seine Rolle bei der Evakuierung des romulanischen Sternenimperiums vor den Auswirkungen einer Supernova völlig aus dem Ruder läuft, beginnt sich sein bequemes Altersdasein schlagartig zu ändern.
Grund dafür ist eine junge Frau namens Dahj, die in ihm jenes Gesicht wiedererkennt, dass ihr nach einem brutalen Überfall vor dem inneren Auge erscheint. Picard beginnt intensive Nachforschungen zu seiner jungen, mysteriösen Besucherin und es gelingt ihm, einem größeren Geheimnis auf die Spur zu kommen: Dahj scheint die Tochter seines ehemaligen zweiten Offiziers Data zu sein, was vor allem deswegen problematisch ist, weil künstliches Leben in der Föderation nach einem tragischen Amoklauf anderer Androiden verboten worden ist.
Doch gerade als Picard die Möglichkeit sieht, seine Schuld gegenüber jenem Mann, der ihm einst das Leben gerettet hatte abarbeiten zu können, wird er Zeuge eines weiteren Überfalls unbekannter Angreifer auf seine verzweifelte Begleiterin und muss hilflos mitansehen, wie sie bei der Überladung eines Disruptor getötet wird…



Lobenswerte Aspekte.

Zwischen Nostalgie und Fanservice.
Schon wenn in der Eingangssequenz dieser brandneuen Serie die bedeutungsschweren Klänge von "Blue Skies" erklingen und die Kamera auf die USS Enterprise NCC 1701-D zuschwebt, kommt man vor allem als langjähriger Star-Trek-Anhänger nicht umhin, sentimental zu werden; egal wie intensiv man anno dazumal "The Next Generation" und deren Filme verfolgt hat. Die Serie startet mit einem Moment für Fans, den man ohne Frage als Versprechen für die gesamte Staffel verstehen kann.
Und die erste Folge der Serie macht auch gleich an dieser Stelle weiter: Sie führt uns zu altbekannten Kultstätten wie dem Sternenflottenhauptquartier oder dem Weingut Picards, öffnet hinlänglich bekannten Charakteren wie Data, B-4 und Bruce Maddox Tür wie Tor ins Geschehen und in einem grandiosen Schlussakkord wird der Zuschauer auch noch mit dem großartigsten aller Gegner konfrontiert, den TNG jemals hervorgebracht hat: den Borg.



Doch während das vielleicht noch als bloße Nostalgie durchgeht, die einer größeren Handlung dient, bleiben andere Elemente schlichtweg reiner Fanservice. Die Ausstattung des Privatarchivs Picards im Sternenflottenmuseum etwa, in dem neben dem Banner des Captain-Picard-Tages auch sein kurlanischer Naiskos und Modelle der Stargazer, USS Enterprise E sowie der Costeau zu finden sind.
Es muss natürlich schwer sein, bei dieser schmalen Gratwanderung eine klare Trennlinie aufrechtzuerhalten, doch die vielen stilvollen wie sorgsam ausgearbeiteten Rückbezüge ziehen eine klare Trennlinie zu Discovery, die damit nicht nur inhaltlicher, sondern auch qualitativer Natur ist.
Aber auch wenn es nur allzu leicht ist, hier als alter Star-Trek-Hase der 'anderen' aktuellen Serie zu unterstellen, dass sie im direkten Vergleich den Kürzeren ziehen würde, entspricht das am Ende des Tages nur bedingt der Wahrheit.
Viel eher entpuppt sich in der Anlage der Serie die größere Langzeit-Strategie CBS' im Umgang mit ihren hauseigenen Kronjuwelen: Während Picard darauf ausgerichtet ist, den vielen, gut situierten Altfans eine neue Serie nach ihrem Gusto (Kanon-Treue, hochkarätige Gastauftritte, Handlung im Rahmen altbewährter Motive etc.)  zu bieten, bleibt Discovery das Zugpferd für Neu-Fans, die man versucht ohne Ballast (kreativer Umgang mit dem Kanon, neue Designsprache, völlig neue Charaktere, Flucht in eine balastfreiere Zukunft, etc.) eine neue Heimat zu bieten. So hat jede Gruppierung ihren ganz eigenes Stück Kuchen, ohne gierig zum Sitznachbar schielen zu müssen um sich zu vergewissern, dass sein Teller nicht viel schmackhafter angerichtet ist. Ganz persönlich kann ich mit dieser Aufteilung gut leben und auch weiterhin Discovery schauen - wenn auch unter einer neuen Prämisse.
Doch zurück zur Nostalgie.
"Star Trek: Picard" unterscheidet sich bereits in einem so kleinen wie aussagekräftigen Detail von Discovery. Nach dem Vorspann erfahren wir nämlich, dass sich die Serie als "'based upon Star Trek: The Next Generation" created by Gene Roddenberry" versteht und nicht als "Based Upon "Star Trek" created by Gene Roddenberry", wie Discovery zuvor.
Diese scheinbar kleine Bedeutungsnuance entpuppt sich rasch als programmatisch, denn es geht vor allem um die Entwicklungen, die in TNG und den dazugehörigen Kinofilmen angestoßen wurden. Es ist kein Prequel und kein Reboot, sondern sucht seinen Platz im Star Trek Universum in direkter Anknüpfung an einen der erfolgreichsten Ableger Star Treks.
In einer Zeit, die zwanzig Jahre nach "Star Trek Nemesis" angesiedelt wurde, lässt sich auch besser erzählen, ohne dabei den starren Designregeln der anderer Serien genügen zu müssen. Endlich ergeben die technischen Spielereien, die erstmals bei Discovery zu sehen waren, einen stilistischen Sinn und so gesehen kann man der Schwesterproduktion zumindest zugutehalten, den Zuschauer mit seinen Ideen auf die Verwendung einer solchen Technologie vorbereitet zu haben.
Der Kanon wird behutsam miteinbezogen. So kann man erstmals das häufig erwähnte Daystrom-Institut bewundern (das wie wir jetzt wissen in Okinawa seinen Sitz hat), lernt mehr über die Pressearbeit in der Föderation kennen und kann - sofern man schnell genug hinschaut - erkennen, dass der Tal Shiar die gleichen Messer wie Shinzon selbst verwendete.




Mehr als alles andere dreht sich das Geschehen und damit auch die Ausschmückung der Serie um die Figur Jean-Luc Picards.
Er bildet den zentralen Fixpunkt der Serie wird liebevoll mit allen Attributen des Serienvorbilds umgeben. So kann der geneigte Zuschauer munter Folgen aufzählen, in denen Picard sich "[…] wie ein Fremder vorgekommen" sein muss (z.B. "Die geheimnisvolle Kraft", "Die Zukunft schweigt", "Sarek", "In den Händen der Borg", "Angriffsziel Erde", "Mission ohne Gedächtnis", "Das zweite Leben", "Gestern, Heute, Morgen") und den längsten rein französischsprachigen Dialog der Star-Trek-Geschichte miterleben, auch wenn hier abermals der Widerspruch zwischen Picards französischer (Weingut, Sprache, Name) und Patrick Stewarts britischer Herkunft (Uhr mit Glockenspiel des Big Ben im Arbeitsraum, mehrere Shakespeare-Referenzen, Leidenschaft für Tee) mehr als einmal deutlich wird. Zudem gelang es Stewart auch persönliche Elemente, wie etwa seinen Enthusiasmus für Pitbulls stilvoll in seiner Serie unterzubringen.
Was allem Fanservice und aller Nostalgie jedoch entgegenwirkt bleibt der Umstand, dass Jean-Luc Picard alt geworden ist.
Er ist keineswegs mehr der energische Captain, der mal eben selbst im Alleingang eine Bande von Terroristen auf seinem Schiff ausschaltet ("In der Hand von Terroristen"), sondern ist ein gebrechlicher alter Mann, der Probleme hat Treppen zu laufen und seinen Earl Grey inzwischen entkoffeiniert trinkt.
Darin liegt aber auch der wahre nostalgische Wert der Serie: Picard mag in die Jahre gekommen sein, aber er hat sich in einer Welt, die sich radikal verändert hat, seine Ideale und Werte bewahren können, die ihn schon in TNG zu einer Lichtgestalt Star Treks gemacht hatten. Von der ungebrochenen schauspielerischen Präsenz Stewarts getragen bleibt er weiterhin ein Fels in der Brandung und moralischer Anker, auch wenn um ihn herum die Welt aus den Fugen geraten ist. Es ist ein Musterbeispiel für Science Fiction, dass die aktuelle Tagesrealität wiederspiegelt und in die Zukunft transportiert, wobei das Geniestück bleibt, dass die von den Fans in TNG liebgewonnenen und beinahe verloren geglaubten Werte der Vergangenheit in der Person Jean-Luc Picards zurück in den Fokus geholt werden, um in einer weit entfernten Zukunft längst bekannte Antworten auf die Entwicklungen unserer Tage zu geben.
Das ist ungleich mehr als Nostalgie, sondern der beste Grund diese Serie zu sehen.




Besetzung.
Nachdem die Star-Trek-Tafelrunde "Hermann Darnell" bereits im Zuge der Berlin-Premiere von "Star Trek: Picard" die Gelegenheit hatte, mit der Hauptdarstellerriege persönlich in Berührung zu kommen, mag der unverstellte Blick auf die Serie weitaus schwieriger sein. Doch man kommt nicht umhin, den Darstellern für ihre Arbeit Bestnoten zu verteilen.
Allen voran natürlich Patrick Stewart, der die Serie trotz seines stolzen Alters so gut wie allein auf seinen Schultern trägt. Gleich vom ersten Moment an dominiert er in gewohnter Manier die Mattscheibe und schlägt den Zuschauer mit seiner einzigartigen Präsenz in den Bann. Sein Alter spielt eine gewichtige Rolle innerhalb der Handlung und doch gelingt es ihm, darstellerisch einen Bruch zu TNG zu verhindern. Er mimt den legendären Star-Trek-Helden mit ungebrochener Leidenschaft, die sich über die Kamera hinaus überträgt.
Der zweite große Clou ist in meinen Augen Isa Briones. Die Darstellerin ist geschickt gecastet und schafft es, gleichermaßen jung und frisch zu wirken, als auch Erinnerungen an Datas Tochter Lal zu wecken. Die Verzweiflung Dahjs wirkt genauso überzeugend wie die Naivität ihrer Zwillingsschwester Soji und bietet somit einen Einblick in die Bandbreite der Schauspielerin.
Brent Spiners Auftritte hingegen beschränken sich eher auf Traumsequenzen, in denen Alter, schlechtsitzende Uniform und leicht befremdliche Frisuren wohl mehr Aufmerksamkeit erregen als Spiners schauspielerische Arbeit in den recht überschaubaren Szenen.
Orla Brady als Laris und Jamie McShane als Zhaban erweitern mit ihrer Darstellung das Chateau Picard um einen weiteren Behaglichkeitsmoment, während Harry Treadaway als Narek wohl vor allem dadurch auffiel, dass er mit Bart erschreckend stark an Ethan Pecks Spock in der zweiten Staffel Discovery erinnerte und mit einem für romulanische Verhältnisse zumindest recht ungewöhnlich starken britschen Akzent sprach.
Zudem gelang auch Alison Pill als nerdige Wissenschaftlerin Doktor Agnes Jurati erste Ausrufezeichen zu setzen. Vor allem ihre Mimik und die Begeisterung ihres Charakters für deren Forschungsrichtung wurden von ihr eindrucksvoll vermittelt.
Während weitere Darsteller wie die Föderationsnachrichtenreporterin Richter (Merrin Dungey) oder Dahjs kurzlebiger Freund (David Carzell) kaum genug Zeit hatten, große Ausrufezeichen zu setzen, sollte an dieser Stelle zumindest die stabile Leistung des Nummer-Eins-Pitbulls Dinero gewürdigt werden, der dafür hoffentlich den ein oder anderen Hundekuchen zugesteckt bekommen hat.





Kritikwürdige Aspekte.

Feinschliff.
Jean-Luc Picard ist zurück!
Schon allein diese Nachricht und die Menge an Nostalgiemomenten können leicht darüber hinwegtäuschen, dass handlungstechnisch noch nichts großartiges passiert ist. Es wäre in der Tat besser gewesen, die Folge zusammen mit der zweiten auszustrahlen, mit der die Vielzahl an Ereignissen der dazwischenliegenden Jahre ungleich besser verständlich gewesen wären. Hier haben aber wohl Marketing-Interessen Vorzug gegenüber dem Einfühlungsvermögen erhalten.
Die größere Rahmenhandlung der Serie ist auch keineswegs eine großartig originelle Story, sondern plätschert zunächst irgendwo zwischen River Tam (Firefly), Jason Bourne und "Blade Runner" dahin, ohne dabei gleich bahnbrechende Entwicklungen zu bieten, die den Zuschauer vom Hocker reißen würden.
Andererseits bleibt dieser erzählerische Ansatz völlig legitim, denn mit einem der bekanntesten Androiden der Filmgeschichte als Zugpferd ist es völlig nachvollziehbar, auch an ihm dieses klassische Sujet der Science-Fiction-Literatur zu bedienen, dass spätestens seit Asimov zu einer ganzen Reihe von Geschichten geführt hat, die dem Thema eine neue Facette hinzufügen konnten (z.B. "Odyssee im Weltraum", "Terminator", "A.I. - künstliche Intelligenz" oder "Ghost in the Shell").
"Picard" bleibt in diesem Zusammenhang zudem TNG treu, da die Serie redlich versucht, die Handlung in erster Linie über Dialoge voranzutreiben. Daraus ergibt sich allerdings auch, dass das Erzähltempo mitunter etwas leidet, was wiederum eher ein sehr angenehmes Gefühl vermittelt, weil es zum einen an TNG erinnert und zum anderen eine Pause von den vielen schnellen Schnitten erlaubt, die irgendwann als 'State of the Arts' für zeitgemäße Fernsehserien etabliert wurden.
Wenn dann mal die Fäuste zum Kampf erhoben werden, wirkt es allerdings stets ein wenig wie ein Fremdkörper, insbesondere, wenn diese Kampfchoreografien durch einen Dreißig-Meter-Sprung von Dahj ergänzt werden, der ein wenig zu dick aufgetragen wirkt.
Und natürlich ist die Handlung nicht frei von Aussetzern.
So mag das Interview am Anfang (so eine Art intellektuelle Version der Trappatoni-Brandrede) der Geschichte sicherlich einen Einstieg á la "Was bisher geschah" bieten können, doch die gesamte Szene wirkt inhaltlich eher plump und wenig elegant.



Aber es bleibt einer der wenigen Abstriche in der von Hanelle Culpepper ansonsten glänzend orchestrierten Episode. Sie bleibt im Grundton erstaunlich bescheiden, beweist ein Auge für besondere Einstellungen, verzichtet auf spektakuläre Effekthascherei und vor allem auch auf ungeliebte Lens Flares. Selbst die Wackelkamera - sonst eher ein bei Zuschauern unpopuläres Stilmittel - findet etwa bei Dahjs abendlicher Unterhaltung eine angemessene Anwendung.
Während der clevere Soundtrack, der die gesamte Folge stilvoll umrahmt durchaus zu überzeugen weiß, bleibt das belanglose Intro aus der Feder Jeff Russos hinter den Erwartungen weit zurück. Es weiß eher optisch zu überzeugen, als durch die etwas müde Komposition.
Als wirkliche Kritikpunkte gereichen die bislang aufgezählten Aspekte allerdings nicht, weswegen an dieser Stelle eine ganz andere Frage gestellt werden muss:
Kann man als Neueinsteiger Picard wirklich genießen?
Schließlich bleibt die Serie mit ihrer Vielzahl an zentralen Anknüpfungspunkte zu TNG, seiner sehr auf Data ausgerichteten Handlung und nicht zuletzt durch die Zentrierung auf Jean-Luc Picard wohl nur sehr schwer zu erfassen, wenn man die zweite Star-Trek-Serie und ihre Kinofilme nicht gesehen hat. "Picard" ist in vielen Aspekten vorrangig ein Geschenk für langjährige Wegbegleiter Star Treks und es wird sich zeigen müssen, ob dieses Konzept in der Lage ist, auch andere Zuschauerschichten ansprechen zu können.




Kanonbrüche und Logiklöcher.
Auch wenn Picard den Discovery-Schatten schnell abschütteln kann, bleibt der lange Arm des Vorgängers doch gegenwärtig. Während aber die Einbeziehung von Xaheanern völlig okay ist, bleibt die kontinuierliche Verwendung von Shuttles aus dem 23. Jahrhundert dann doch etwas bemüht.
Fraglos dürften Budgetentscheidungen dafür maßgeblich gewesen sein (wie auch für die Motorradhelme, die von den Tal-Shiar-Angreifern getragen werden?), aber wenn man bedenkt, dass die Einzelfolgen um ein Vielfaches teurer waren als jede Episode TNG, wünscht man sich schon irgendwie die Zeit zurück, als man zwar kostengünstigere Modelle verwendete statt moderner CGI, dafür aber auch mit einer großen Bandbreite unterschiedlicher Raumschiff-Designs belohnt wurde.
So sah die Enterprise in den späten Staffeln TNG für mich persönlich realer aus als die CGI-Version der Anfangssequenz, auch wenn mit der so einiges im Argen lag. Sah man von außen etwa drei beleuchtete Fenster, so konnte man innerhalb von Zehn Vorne ungleich mehr Fenster erblicken. Data trug eine Uniform, die eigentlich erst nach der Zerstörung dieses Schiffes Verwendung fand und Picard begann erst dann mit Besatzungsmitgliedern Poker zu spielen, als die Serie beendet wurde.
Natürlich lassen sich alle diese Umstände damit erklären, dass es sich lediglich um einen Traum Picards handelte.
So gibt es eine Vielzahl von vermeintlichen Widersprüchen, die sich am Ende doch recht gut erklären lassen.
Woher etwa Bruce Maddox von Datas Gemälde wissen konnte, kann man in "Datas Tag" erfahren, wo etabliert wird, dass der Androide in einem regen persönlichen Austausch mit dem Wissenschaftler steht.
Warum nennt der Index des Sternenflottenmuseums den Titel des Bildes erst auf Nachfrage?
Ob der Dramatik willen, natürlich.
Andere Details lassen sich jedoch weniger leicht erschließen.
Warum schleppt Dahj den armen, alten Picard ausgerechnet auf ein Dach, wo potentielle Angreifer nicht nur leichteres Spiel, sondern auch weniger Zeugen haben?
Vielleicht weil die Androidin den Gesetzen der Robotik gehorcht und so wenig Menschen wie möglich gefährden will?
Warum aber werden die Bösewichte portionsweise runtergebeamt?
Und wie kommt Picard bereits in Bedrängnis, wenn er mehrere Treppen laufen soll, nur um Augenblicke später eine Explosion  aus nächster Nähe zu überleben?
Und wo wir schon bei der Frage des Alterns sind: War nicht Admiral Leonard McCoy beim Jungfernflug der USS Enterprise-D mit 137 Jahren ähnlich fit wie sein vierzig Jahre jüngerer Kollege?
Doch all diese Kritikpunkte sind kaum ernst zu nehmende Makel.
Nur eine Frage beschäftigt mich.
Wie ist die Existenz von synthetischen Lebensformen wie jenen, die für die Auslöschung allen Lebens auf dem Mars verantwortlich waren, überhaupt möglich gewesen?
Denn erinnern wir uns; Picard gewann in "Wem gehört Data?" einen Gerichtsprozess für Data, indem er ein Horror-Zukunftsszenario entwarf, in welchem synthetische Lebensformen als Heer von Sklaven eingesetzt würde. Wie kann eine solche Zukunft doch noch eingetreten sein?
Ich hoffe inständig, dass es zu dieser Frage noch eine Auflösung geben wird.
Abseits des Kanons bedeutet die neue Serie vor allem den Tod für eine ganz andere Welt: Die der Bücher und Romane.
Großartige Reihen wie David Macks Destiny-Trilogie oder die Titan-Romane stehen mit der Aufnahme einer Handlung zwanzig Jahre nach den Ereignissen um Nemesis plötzlich vor dem Aus. Comics, in denen etwa Data im Körper B-4s wieder aufersteht, sind nun widerlegt. Ein ganzes Universum ist seit der Erstausstrahlung dieser Folge redundant geworden.
Natürlich ist es das Recht einer Serie, eine eigene Geschichte ohne Rücksicht auf die Ideen von Buchautoren zu verwirklichen und wir wissen seit TNG, dass eine solche Entwicklung nicht immer zum Nnegativen ausfallen muss.
Viele der Ideen aber hatten durchaus ihren Reiz und hätten es verdient, wenigstens durch eine Nebenerwähnung einen Anstrich von  Relevanz zu erhalten.
Aber das ist schon Meckern auf besonders hohem Niveau.




Synchronisation.
Die deutsche Fassung der Serie fühlt sich eigentlich recht gut an. Wohl vor allem, weil darauf geachtet wurde, mit Ernst Meincke und Michael Pan zwei zentrale Stimmen der Originalversion zu verpflichten und damit das Gefühl der Vertrautheit auch in die Übersetzung zu retten.
Damit gelangten aber auch altbekannte Störfaktoren zurück ins Gedächtnis, denn insbesondere das Beharren auf das Siezen stößt immer wieder negativ auf.
Ansonsten aber bietet sich der Wechsel der Tonspur durchaus an, wenn man mal von etwas sperrigen Übertragung von 'Assassine' für 'Killer' absieht.



Fazit.
Der Wert der ersten Folge von "Star Trek: Picard" mag sich weniger inhaltlich, als viel mehr emotional erschließen. Die Star-Trek-Legende Jean-Luc Picard ist wieder da und lässt die Herzen treuer Wegbegleiter mit sorgfältig inszenierten Nostalgiemomenten höher schlagen. Die Figur des Picard ist dabei nicht neu erfunden, aber der verdiente Sternenflottenadmiral im Ruhestand muss sich in einer Welt zurechtfinden, die deutlich rauer geworden ist und doch mehr denn je auf die Werte und Ideale angewiesen scheint. Ein spannender Ausgangspunkt, der optimistisch in eine ungewisse Zukunft blicken lässt.

Bewertung.
Ein vielversprechender Start.






Tafelrundenstimmungsbild.

Im Zuge unseres freitäglichen Treffens konnte ich die Meinungen von fünfundzwanzig Star-Trek-Fans einholen, die die erste Episode ebenfalls gesehen haben. Die Grundstimmung war erstaunlich positiv; niemand vergab null, einen, zwei oder drei Punkte für diese Folge. Während drei Personen vier Punkte vergaben, entschieden sich elf Personen für fünf und weitere elf sogar für sechs Punkte.




Schluss.
"Star Trek: Picard" ist ein Ausdruck einer sich wandelnden Welt, die nach Antworten auf drängende soziale Fragen sucht. Es ist dabei die Person des Jean -Luc Picard, an dem sich zeigt, dass seine Art, ein Schiff zu führen, Ereignisse zu bewerten und mit anderen Kulturen zu interagieren, von zeitloser Relevanz ist. Nicht zuletzt weil man, wenn man die Geschichte ignoriert, dazu verdammt ist, ihre Fehler zu wiederholen (z.B. dass "No Limit" noch einmal in die Charts gerät).
Das ist natürlich ohne eine gehörige TNG-Nostalgie nicht möglich.
Die Neunziger mögen vorbei sein, aber all jene, die damals sorgenfrei von der Schule nach Hause geeilt sind, um die Abenteuer Picards und seiner Crew zu verfolgen, leben mittlerweile in einer Zeit, die sich rasant gewandelt hat. Probleme wie Flüchtlingsboote im Mittelmeer, offene rassistische Ressentiments in Medien oder die weitreichenden Folgen von Terrorangriffen lassen viele Menschen ratlos zurück.
Doch die Antworten auf viele dieser Fragen hat es schon damals gegeben und sie haben nichts von ihrer Aktualität eingebüßt.


Denkwürdige Zitate.

"Wieso schinden Sie Zeit, Captain?"
"Weil ich nicht will, dass das Spiel endet."
Data und Jean-Luc Picard

"Haben Sie Albträume?"
"Nein, ich habe schöne Träume. Es ist das Aufwachen, das mir zunehmend schwer fällt."
Laris und Picard

"Seien Sie der Captain, wie wir ihn kennen."
Zhaban

"Nun ich war wohl schon immer recht überzeugend und der Föderation war klar, dass Millionen von Leben auf dem Spiel standen."
"...Romulanische Leben..."
"Nein! Leben."
Picard und seine Interviewpartnerin

"Und Sie meine Teure wissen nicht einmal, was Dünkirchen ist, nicht wahr? Geschichte ist Ihnen fremd. Der Krieg ist Ihnen fremd. Sie machen nur eine Handbewegung und schon ist es weg! Aber für jene, die gestorben sind, ist es nicht so einfach. Und für jene, die zurückgelassen wurden, war es das auch nicht. Wir sind hier fertig."
Picard

"Aber wäre es nicht möglich einen Androiden zu entwickeln, der vollständig menschlich wirkt?"
"Die Kurzfassung lautet: Nein."
"Ich höre mir gern die lange an..."
"Die wär trotzdem 'nein'."
Picard und Dr. Agnes Jurati

Weiterführende Leseliste.

01. Rezension zu "Gedenken"
02. Rezension zu "Karten und Legenden"
03. Rezension zu "Das Ende ist der Anfang"
04. Rezension zu "Unbedingte Offenheit"
05. Rezension zu "Keine Gnade"
06. Rezension zu "Die geheimnisvolle Box"
07. Rezension zu "Nepenthe"
08. Rezension zu "Bruchstücke"
09. Rezension zu "Et in Arcadia Ego, Teil Eins"
10. Rezension zu "Et In Arcadia Ego, Teil Zwei"