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Samstag, 19. Januar 2019

Turons Senf zu "Brother" (Star Trek Discovery, S2Nr01)


Spoilerwarnung.

Diese Rezension enthält massive Spoiler auf "Brother", die erste Folge der zweiten Staffel "Star Trek Discovery" und sollte nur dann gelesen werden, wenn man diese und vorangegangene Folgen bereits gesehen hat.





I. Einleitung.
In mir steckt ein schizophrener Geist.
Da ist jene dunkle Seite in mir, die Discovery ein wenig ablehnend gegenübersteht.
Es gelang Discovery für meinen Geschmack einfach viel zu selten, mich in seiner ersten Staffel vom Hocker zu reißen und die wirklich denkwürdigen Folgen kann man problemlos an einer Hand abzählen. Zu viele Logiklöcher, Kanonbrüche und Fehlentscheidungen haben mich nach den ersten fünfzehn Folgen abgeschreckt.
Diese Seite in mir ist daher missmutig, argwöhnisch und vor allem ängstlich, welchen Unsinn diese Serie als nächstes mit der inneren Chronologie Star Treks anstellt.
Und dann ist da diese andere, aufgeregte Seite.
Jener Teil in mir, der sich beinahe wie ein kleines Kind freut, wenn er ein neues Stück Star Trek sehen kann; sei es ein winziger Short Trek oder die erste Folge der zweiten Staffel einer Serie, die mich eigentlich nie so ganz mitreißen konnte. Sie will ungebrochen an das Gute in der Serie glauben, kratzt alle positiven Aspekte zu einem Grund zur guten Hoffnung zusammen und klammert sich rücksichtslos optimistisch an die vage Aussicht, dass es von jetzt an nur noch besser werden kann, wenn die Autoren aus den Fehlern gelernt haben.
Und so saßen beide Seiten meiner selbst zusammen mit mir unschlüssig vor dem Fernsehbildschirm, als die neueste Folge "Brother" bei Netflix anlief. Hier folgt, was sie erlebten.




II. Story.
Nach ihrem Zusammentreffen mit der USS Enterprise übernimmt deren Captain Christopher Pike das Kommando über die USS Discovery, um mit ihr einem rätselhaften außerirdischen Signal zu folgen, das die Föderation in den Weiten des Alls entdeckt hat.
So folgen Burnham, Saru und Co. dem neuen Interims-Captain zu einem Asteroiden, wo sie prompt auf die Überreste eines verloren geglaubten Krankenwagenraumschiffes stoßen, das auf der unwirtlichen Oberfläche des durch das All sausenden Himmelskörpers eine verheerende Bruchlandung hingelegt hat.
Die Crew muss schleunigst zusammenarbeiten um Lösungen für die brennendsten Fragen unter ihren Fingernägeln zu finden:
Gibt es Überlebende?
Wie kommen wir auf die Planetenoberfläche?
Was hat es mit den fremden Signalen auf sich?
Kann Pike das Vertrauen der gebeutelten Discovery-Besatzung gewinnen?
Und wo zum Teufel steckt eigentlich Burnhams Adoptivbruder Spock?




III. Lobenswerte Aspekte.

Charaktermomente.
Die einzelnen Figuren erlebt der Zuschauer wie Licht und Schatten. Einige sind großartig, andere mittelmäßig, während wiederum ganz andere Gestalten auf keine Kuhhaut passen. 
Für letztere Kategorie habe ich zwei gute Beispiele.
Evan Connolly. Der etatmäßige zweite Wissenschaftsoffizier der USS Enterprise ist so plump wie eindimensional gezeichnet, als wäre er lieblos aus dem großen Buch der Bauernopfer abgepaust. Er wirkt keine Sekunde sympathisch, strotzt nur so vor selbstherrlicher Arroganz und macht sich nicht einmal die Mühe, dass man als Zuschauer eine Beziehung zu ihm aufbauen kann.
So weit, so nachvollziehbar. Kontroverser hingegen scheint mein zweiter Totalausfall zu sein.
Denise Reno. Die meisten meiner bisherigen Gesprächspartner empfanden Reno als erfrischende Abwechslung, doch mich persönlich spricht ihre Art überhaupt nicht an. Ich will nicht falsch verstanden werden; ich habe keinerlei Problem mit einer Frau als Chefingenieurin, aber im Vergleich zu ihr wirkt die einzige andere (nennenswerte) weibliche Maschinenraumchefin B’Elanna Torres wie eine freundliche Disney-Prinzessin – während sie immerhin Halbklingonin war.
Die von der Komikerin Tig Notaro verkörperte Figur hingegen entpuppt sich seit der ersten Wortmeldung als besserwisserische Eigenbrödlerin mit der latenten Angewohnheit anderen mit schnottrigem Sarkasmus ins Wort zu fallen. Sie reicht einem Sternenflottencaptain die blutverschmierte Hand, obwohl es definitiv kein Problem gewesen wäre, den OP-Handschuh abzustreifen. Ich mag da eine unpopuläre Sichtweise vertreten, aber für mich klingt das nach einem deutlichen sozialen Defizit, von dem ich nicht glaube, dass er durch die fast einjährige Isolation zu erklären ist. Da hat es irgendjemand mit dem Ecken- und Kanten-Zeichnen einfach so weit übertrieben, dass ein Charakter entstanden ist, den man im wahren Leben wohl auf dem einsamen Asteroiden zurückgelassen hätte.
Überhaupt erinnert mich die Vorstellung eines Ingenieurs, der sich erfolgreich medizinisches Wissen anliest, um mit seinem Wissen über Technik an Menschen und deren Organen herumzubasteln hat, zu deutlich an die literarische Vorlage Dr. Frankensteins. Das geht zu Lasten der Glaubwürdigkeit, denn wozu verbringen Sternenflottenärzte überhaupt acht lange Jahre mit eintönigem Studieren, wenn sie genauso gut ein zehn Monate und elf Tage anwährendes Praktikum im Maschinenraum machen können?



Eher mittelprächtig kommt hingegen Michael Burnham rüber.
Obgleich sie den Aufmerksamkeitsfokus der gesamten Serie auf sich zieht, verfällt sie allen Erfahrungen der letzten Staffel zum Trotz in alte Verhaltensweisen zurück. Sie ist schnippisch, vorlaut und als sie Pike auf der Brücke zusammenfaltet, grenzt ihr Verhalten schon beinahe an Insubordination. Es mutet schon recht ironisch an, dass ausgerechnet sie Sarek zufolge Spock Empathie näherbringen sollte, denn ihr offen ausgetragener, pubertär anmutender Kleinkrieg mit Connolly war nicht zuletzt einer der Gründe, warum er (in zusätzlicher Überschätzung seiner eigenen Fähigkeiten) auf der Außenmission schließlich starb. Sein sinnfreies Ableben war zeitgleich ein Armutszeugnis für einen Offizier mit dem Rang eines Commanders, zu dessen Fähigkeitsarsenal auch der Umgang mit Untergebenen gehören sollte.
Immerhin hatte Burnham auch bessere Momente, auch wenn ich persönlich sie vor allem in den Rückblenden am sympathischsten empfand.
Ähnlich ambivalent verhält es sich mit dem inzwischen zum Fähnrich aufgestiegenen Rotschopf Sylvia Tilly. Zwar hängt insbesondere an ihrer Person der wissenschaftliche Tenor der Folge und tatsächlich spürt man, dass die strahlende Offizierin mit dem großen Herz eine große Zukunft blüht, aber auf der anderen Seite wirkte sie über weite Strecken so anstrengend teenagerhaft, dass man als Zuschauer zeitgleich mit Saru immer wieder verzweifelt vor Fremdscham mit den Augen rollen muss.


Mit dem von Doug Jones verkörperten Saru beginnt aber auch schon die Bestenliste.
Der Kelpianer liefert die gesamte Folge eine gute Figur und solide Performance ab. Sein Charakter wirkt ein wenig unbeschwerter und selbstsicherer als zuvor. Außerdem haben die Schreiber seinen Dialogen nunmehr eine kleine Prise Humor beigemengt, was der Figur, die nun mehr an Odo als an Data erinnert, wirklich gut tut.
Auf ähnlich stabilem Kurs hält sich auch James Frain mit seiner würdevollen Darstellung als Sarek, die durch Mia Kirshners Porträt Amanda Graysons kongenial ergänzt wird. Selbst der Jung-Spock-Darsteller Liam Hughes verrichtet einen wortlosen, aber nichtsdestotrotz großartigen Job.
Das Allerbeste aber habe ich mir allerdings für den Schluss aufgehoben:



Anson Mount als Christopher Pike in Aktion zu sehen ist der unbestreitbaren Höhepunkt dieser Episode.
Er schlägt eine perfekte Brücke zwischen Jeffrey Hunter aus dem Star-Trek-Pilotfilm und Bruce Greenwood aus dem Abramstrek-Reboot. Er verkörpert, was der Serie bislang gefehlt hat: Einen stilprägenden – wenn auch nicht gänzlich fehlerfreien – Captain, der seine Besatzung anführt. Trotz der Burnham-Zentrierung dreht sich das Geschehen in erster Linie um ihn und sein Amt, das er mit passgenauer Würde ausfüllt.
Zudem rückt er erstmals den Fokus auf die nur selten in Aktion getretene Brückencrew, die er in einer der bislang denkwürdigsten Szenen der gesamten Serie mit einer Vorstellungsrunde bedenkt. Das hat sofortige Auswirkungen, denn Detmer, Owosekun, Airiam, Rhys und Bryce haben in dieser einen Folge mehr Dialog als in der gesamten Staffel zuvor. Besondere Pluspunkte gibt es für (den eventuellen Saurianer?) Linus, dessen einzige Szene zwar arg am Rand von Slapstick wandelte, aber das Potential für einen Publikumsliebling a la Morn bot.
Das heißt allerdings nicht, dass alle Charaktere ausreichend Platz hatten, denn die Neuerungen gingen zu Lasten anderer Figuren wie Stamets (der noch nicht ganz von der Restwirkung des Pilzkomsums genesen zu sein scheint), der Beinahe-Statistin Dr. Pollard (als Chefmediziner nur zwei Worte zu sprechen gab es in noch keiner anderen Star-Trek-Serie) oder der Redshirt-tragenden Enterprise-Ingenieurin Nhan (über die ich gern mehr erfahren hätte).
Doch während diese Personen immerhin ab und an zu sehen waren, fehlten mir andere vollständig. Wo zum Beispiel ist Nummer Eins, der Erste Offizier Pikes abgeblieben?
Und warum erwähnt eigentlich niemand Spocks Halbbruder Sybok?
Immerhin dürfte dieser laut Star-Trek-Chronologie etwa sieben Jahre älter als Spock und ungefähr im gleichen Alter wie Burnham sein…




Neuer Ton.
Mit der neuen Staffel wird die Uhr wieder auf Null gestellt. Vergessen ist der rumpelige Start der ersten Folgen und es scheint tatsächlich, als hätte Alex Kurtzman sein Antritts-Versprechen wahrgemacht, zumindest einige der Fehlentscheidungen beim Start der Serie wiedergutmachen zu wollen. Das lässt sich optisch und inhaltlich gut erkennen.
Schon der aufpolierte Vorspann suggeriert Veränderung und in der Tat kommt man nicht umhin nach der Folge zu bemerken, dass sie die gesamte Grundstimmung schlagartig geändert hat. Eine positive Aura hat urplötzlich Einzug in der bislang recht düsteren Serie gefunden und diese Entwicklung lässt sich, wie bereits eingangs angedeutet, an einer Person festmachen:
Christopher Pike.
Der kann sich nämlich noch ganz genau an die Zeit erinnern, als alle einfach nur Forscher waren und führt auf dem Schiff wertschätzende, kameradschaftliche und demokratische Umgangsformen ein, die den Crewmitgliedern vorher beinahe gänzlich unbekannt waren. Damit beschwört er auch fast im Alleingang jene traditionellen Star-Trek-Werte, die auch alle Vorgängerserien begleitet haben.
Ansonsten wirkt alles noch bunter, noch knalliger, noch turbulenter!
Ein toller Soundtrack, seichter Humor, auffallend viele CGIs und ein wahres Feuerwerk an Rückblenden, Actionszenen, Außeneinstellungen, tollen Umschnitten oder Detailaufnahmen nehmen die Zuschauer auf eine Achterbahnfahrt mit, die den Vergleich mit einem Kinofilm fast nicht zu scheuen braucht, zumal endlich einmal das freiere Format eine Streaming-Serie durch eine Folgenlänge von knapp einer Stunde ausgeschöpft wird.
Tatsächlich kann man beim Ansehen von "Brother" erahnen, dass Gretchen Berg und Aaron Harberts gefeuert wurden, weil sie das Budget bereits in den ersten paar Folgen so sehr überstrapaziert haben.
Dem Zuschauer kommt das allerdings entgegen und darüber hinaus versäumt es die Folge nicht, zahlreiche rote Fäden für die Zukunft zu stricken. So will Pike in bester Forschermanier fremde Signal entschlüsseln, während Stamets (vielleicht durch den Forschungsgegenstand der dunklen Materie?) zum Bleiben animiert werden muss. Burnham kämpft mit Bruder-Komplexen, während Tilly sich beweisen darf und Saru sich mit der Schmach der Degradierung ins zweite Glied abfinden muss.
Trotz vieler vielversprechender Ansätze bleibt die Folge über weite Strecken sehr ausrechenbar.
Dass etwa Connolly stirbt, war bereits klar, als er erstmals seinen Mund öffnete.
Die Rettungsmission auf dem Asteroiden war so generisch, platt und künstlich, als wäre sie einem schlechten Rollenspiel entlehnt.
Und einige der Dialoge (z.B. Pikes Ausführungen zur Sternenflottenvorschrift 19, Absatz C, vergleiche Denkwürdige Zitate) waren so offensichtlich, dass ich die Antworten zeitgleich miteinsprechen konnte.


Moralität.
Um es kurz zu machen: Eine richtig klassische, tiefgreifende Moral wie in einigen Originalserien-Folgen oder TNG-Episoden sucht man in "Brother" wohl vergeblich.
Das soll aber nicht heißen, dass es keine gewichtige Grundaussage gibt.
Tatsächlich steht das Kollektiv im Zentrum und frei nach den Mottos "There Is No 'I' in Team", "Zusammen sind wir stark" oder "Ja wir schaffen das!" erfährt der geneigte Zuschauer, wie wichtig Zusammenarbeit auf einem Raumschiff, unter Kollegen und im Leben überhaupt ist.
Was nach einer eher überschaubar originellen Erkenntnis klingt ist allerdings nahezu revolutionär, wenn man bedenkt, wie wenig dieser Aspekt zuvor bei Discovery, deren Hauptaugenmerk als Serie ja auf einer Einzelperson liegt, überhaupt thematisiert wurde.


Kanonfutter.
Bereits der Cassini-Einstieg, der mit den Worten "Der Weltraum. Unendliche Weiten." unterlegt Fanherzen höher schlagen ließ, war ein Indikator dafür, dass die Folge den Schulterschluss mit ihren Serien und Film-Vorgängern suchte. Dabei spreche ich noch nicht einmal von den Tönen und Geräuschen, die etwa bei der Verwendung von Trikordern, dem Öffnen von Türen, beim Beamen oder dem Betrieb auf der Brücke deutliche Duftmarken hinterließen, die sich aber eher hintergründig in die Seele der Zuschauer einschlichen.
Stattdessen versorgte die Folge Trekkies mit großartigen Anleihen vor allem aus der Originalserie.
So wissen wir nun, wie Spocks Quartier unter Pike aussah - inklusive Amok-Time-Glockenspiel, seiner geliebten Harfe und dem gelochten Raumtrenner. Selbst die Quartiernummer ist die selbe wie "Weltraumfieber".
Rückblenden entführen uns in die Jugend Burnhams und Spocks, die irgendwo zwischen der TAS-Episode "Das Zeitportal" und der Abrams-Reboot-Interpretation in "Star Trek" (2009) angesiedelt sind, wobei besonders schön ist, dass Spocks Kinderhaarschnitt deutliche Überschneidungen mit seinem Trickfilm-Alter-Ego aufweist, auch wenn die animierte Serie sicherlich nicht unbedingt zu den Vorzeige-Serien der Franchise gezählt wird.
Zudem waren die Anlehnungen an die laut Kurtzmans Aussage kurz zuvor ausgetragene Handlung von "Der Käfig" erstaunlich liebevoll. Neben dem Lächeln des jungen Spocks und den Ausführungen zu den 'neuen' Uniformen (direkt schade, dass Pike sie am Ende austauscht – auch wenn die Discovery-Uniform zugegebenermaßen eine der besseren Design-Entscheidungen des Serie bildete) ist vor allem das Glückskeks-Zitat, das überdeutlich auf die Erfahrungen des Enterprise-Kommandanten anspielt, eine ebenso gelungene wie dezente Referenz auf die Wurzeln Star Treks.
Aber das bildet nur die Spitze des Eisbergs.
Sarek deutet im Gespräch mit seiner Ziehtochter an, dass Burnham der Schlüssel zu Spocks Hang zu Menschen sein könnte, auch wenn die Beziehungen aller Beteiligten zueinander deutlich gestört zu sein scheint.
Mein persönlicher Liebling ist allerdings die Dienstakte Pikes, in der man beispielsweise erfahren kann (wenn man im richtigen Moment auf 'Pause' drückt), dass der verdiente Captain nicht nur in Astrophysik durchfiel, sondern vor der Übernahme des Kommandos auf der Enterprise auf Schiffen wie der USS Antares, USS Aryabhatta und der USS Chatalet diente.
Ansonsten erfährt man von Spocks ungeahnten Zeichenkünsten, dem überlegenen Sehvermögen von Kelpianern selbst bei sehr verpixelten Aufnahmen und erfährt, dass bereits in der Mitte des dreiundzwanzigsten Jahrhunderts Caitianer und Bolianer in der Sternenflotte dienen. Zudem fragte ich mich, ob die Ingenieurin Nhan vom Planeten Barzan stammt, wo ähnliche Gerätschaften im Gesicht getragen werden.
Darüber hinaus sind auch die seit kurzem bei Netflix einsehbaren Short Treks miteingebunden worden.
So erwähnt Saru einmal seine Schwester Siranna, während Tilly gefühlt alle zwei Minuten darauf hinweist, dass sie Mitglied des Kommando-Trainings-Programms ist.




IV. Kritikwürdige Aspekte.

Kanonbrüche und Logiklöcher.
So schnell kann es gehen.
Eben noch lobe ich den Kanon, jetzt steht er auch schon auf meiner Mängelliste.
Doch bei Lichte betrachtet sind die wenigen Widersprüche recht geringfügig.
Klar suggeriert Nhan beim Anblick der modernen Discovery die Verwendung von Geld bei Star Trek, Doch wenn man auf die englische Tonspur wechselt, verwendet sie eher eine Redewendung um 'Pennies', die eher den kleinteiligen Aufwand zur Konstruktion dieses Schiffes unterstreicht.
Auch Tillys verfrühte Kenntnisse über Tribbles sind nicht weiter verwunderlich wenn man sich vor Augen hält, dass bereits Phlox eines der possierlichen Tierchen vor den Augen Hoshi Satos an seinen Zoo verfütterte.
Der Rollstuhlfahrer, der sich in einer Szene hinter Stamets zeigt, obgleich man eher seltener entsprechende Vehikel bei Star Trek sieht, ist dennoch nicht ohne Vorgänger – immerhin waren bereits Emory Erickson, Winona Kirk, Admiral Mark Jameson, Melora Pazlar und Christiopher Pike selbst in entsprechenden Gefährten zu sehen.
Auch die Abwesenheit von Connolly und Nhan im Star-Trek-Piloten "Der Käfig" ist recht spekulativ, denn wenn schon Pike neu besetzt wurde, könnte man ebenso auch behaupten, dass eine der Hintergrundfiguren in der Serie als Vorbild gedient haben könnten (wobei die Uniformen dort bei weitem nicht so bunt waren, wie uns die Dialoge in "Brother" weismachen wollen).
Ärgerlicher fand ich hingegen zwei deutlich lesbare Einträge in Pikes Dienstakte, die damit offizieller Kanon sind. Zum einen ist es die cardassianische Auszeichnung des "Tapferkeitshelm des Legaten" (Legate's Crest of Helm), die Pike mit Kriegsverbrechern und Preisträgern wie Crell Moset auf eine Stufe stellt. Noch unnötiger fand ich allerdings, dass juvenile Pike ausgerechnet jenen Carrington Award verliehen bekam, der Bashir aufgrund seines Alters von unter einhundert Jahren verwehrt blieb. Zudem drängt sich schon die Frage auf, warum Pike, der laut Akte keinen medizinischen Abschluss hat, eine der höchsten medizinischen Auszeichnungen der Föderation erhielt.
Ansonsten gibt es vor allem das ein oder andere Logikloch.
So ist mir beispielsweise nicht so ganz klar, was die Enterprise eigentlich havarieren ließ. Hier wäre eine genauere Erklärung sicherlich sachdienlicher gewesen, als diesen zeitlich recht günstigen Totalausfall mit dem Mantel des Schweigens zu verhüllen.
Zudem muss ich mal anmerken, dass die Discovery für ein Schiff ihrer Größe erstaunlich geräumig ist, was man vor allem bei Ankunft Pikes, der Turboliftfahrt mit Linus, den Szenen im Hangar und beim Start der Pods bemerken kann. Ein wahres Platzwunder, vor allem wenn man bedenkt, dass Stamets ohne eigenes Labor auskommen musste.



Quo Vadis, Discovery?
Schon Captain Pike formulierte in seiner Weitsicht einen Kritikpunkt aus, bevor irgendjemand sonst ihn aufbringen konnte.

Wie sie alle nur zu gut wissen hat die letzte Untersuchung einer Energieverzerrung zum Krieg mit den Klingonen geführt.“

Tatsächlich ist die Ausgangssituation der zweiten Staffel jener in der ersten so erschreckend ähnlich, dass die Schreiber in Person Pikes die Flucht nach vorn antraten. Aber auch abgesehen vom mysteriösen Energiesignal gab es einige erschreckende Parallelen wie Burnhams Rückfall in ruppige Verhaltensweisen, die Verwendung von "Alice im Wunderland" oder die Reise zum Signalursprung in einem Raumanzug.
Wobei letzterer Punkt natürlich auch genauso gut aus einer Quelle stammen könnte, aus der sich Kurtzman schon allein aus Gewohnheit bedienen dürfte:
Vieles erinnert nämlich an Abramstrek.
Connolly ignoriert in buntem Raumanzug die Sicherheitsanweisungen beim Flug zum Missionsziel?
Klingt nach Olsen beim Fallschirmsprung in "Star Trek" (2009).
Die Scheibe zerspringt weil sie von Trümmerteilen getroffen wird?
Richtig, das gleiche passiert Kirk in "Into Darkness".
Das Schiff springt aus dem Warp heraus und droht in einem gefährlichen Trümmerfeld mit einzelnen Flugkörpern zu kollidieren?
Ja, ähnliches widerfährt Pike auch in der alternativen Zeitlinie in "Star Trek" (2009).
Also wäre das nicht genug, tapst Discovery blind in eine Falle, die bereits andere Star-Trek-Serien in punkto Originalität limitierten. So trachtete beispielsweise Deep Space Nine nach mehr Beachtung, indem es die Popularität seines Vorgängers TNG dadurch auszuschlachten versuchte, dass es beliebte Charaktere übernahm oder Gastauftritte absolvieren ließ. So gaben sich etwa Picard, Riker, O’Brien, Worf, die Duras-Schwestern, Gowron, Alexander Rozhenko oder gar Q gegenseitig die Klinke der Raumstation in die Hand.
Ähnliche Prozesse kann man auch bei Discovery beobachten, wo zur Popularitätssteigerung Charaktere wie Mudd, Sarek, Amanda Grayson, Pike oder Spock der noch jungen Serie ordentlich Starthilfe geben.



Doch daneben bleibt nur wenig wirklich Originelles an der ersten Folge der zweiten Staffel übrig und die Verwendung altbekannter Charaktere legt den Verdacht des Fanservices nahe, auch wenn wir an dieser Stelle vielleicht wohlwollender vom 'Versuch des Brückenschlags' sprechen wollen.
Ob sich Discovery wird behaupten können oder eher zu einer Prequelserie mutiert, wird die Zukunft zeigen, wobei mir abschließend noch eines bitter aufstößt: Als Burnham und Tilly auf die Ursache für die Gravitationsstörungen stoßen, sagt die rothaarige Kommandotrainingsteilnehmerin folgendes:

"Das könnte die Entdeckung von etwas Unmöglichem sein! Eine Brücke zu einer potentiell unbegrenzten, Hundertprozent effizienten Energiequelle! Ein neuer Forschungszweig, der sich vor uns ausbreitet und wir sind seine Gründungsmütter!"

Ein wenig Bauchschmerz schwingt dabei mit, denn es scheint, als hätte man ein neues, völlig unzeitgemäßes Wundermittel jenseits von dunkler Materie gefunden, das man nun ähnlich melken könnte wie den Sporenantrieb, Transwarpbeamen oder Augment-Superblut. Ich kann nur hoffen, dass diese Prognose falsch ist, denn sonst ergäbe es einen weiteren Punkt, in dem die zweite Staffel dem schlechten Vorbild der ersten nacheifern würde.
Immerhin scheint man ein Laster los, dass ich persönlich nicht sehr vermissen werde. After Trek, die sinnlose Nachbesprechung einer jeden Folge, wurde scheinbar ersatzlos gestrichen (vielleicht auch besser im Angesicht der vielen Serien, die Kurtzman alsbald in den CBS-All.Access-Äther werfen will). Scheinbar hat man erkannt, dass ein weniger Tamtam der Seriosität dienlich ist und der ganze Rummel nur die Erwartungshaltung der Fans ins Unermessliche geschraubt hat. So änderte sich die Strategie. Die Trailer wurden aussagekräftiger, mehr Material gelangte im Vorfeld an die Öffentlichkeit und die Macher spielten mit verhältnismäßig offenen Karten. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass man zu vielen Spoilern ausgesetzt war, wenn man zuvor die verschiedenen Vorschau-Clips gesehen hat. Aber wahrscheinlich umgeht man es so, dem Druck der Fanlager nicht aushalten zu können – oder wie Pike es ausdrückte:

"Manchmal ist es ratsam, die Erwartungen herunterzuschrauben. Das bewahrt einen vor Enttäuschungen."

So bleibt uns wohl nur uns zurückzulehnen und ein weiteres Zitat jenes Mannes zu genießen, der diese Folge zu einer der besten der gesamten Serie bislang werden ließ – Captain Christopher Pike.

"Ach und Burnham: Wohin immer die Mission uns auch hinführt – wir lassen uns dabei auf keinen Fall den Spaß verderben. Hauen wir auf die Pauke und wirbeln ein bisschen Staub auf!"


V. Synchronisation

Es ist ein leidiges Thema. Abermals gibt es zum Deutschlandstart noch keinen deutschen Titel und auch der Rest der Synchronisation ist zwar nicht gänzlich schlecht, weist aber an vielen Stellen deutliche Mängel auf. So wäre etwa eine andere Bezeichnung als "Stiefbruder" für die Beziehung zwischen Spock und Burnham angemessen gewesen. Auch "kleines Stummelchen" ist nicht unbedingt eine allzu gelungene Übersetzung von 'Pinkie' (aber gibt es den im Deutschen überhaupt eine passende Bezeichnung für den kleinen Finger?). Am meisten geärgert hat mich allerdings, dass die Erwähnung von Pikes Geburtsort Mojave ersatzlos gestrichen wurde, womit auch der Informationsgehalt der deutschen Sprachausgabe gemindert wird.
Aber es gibt auch angenehme Aspekte der deutschsprachigen Version. So ist Benjamin Stöwe tatsächlich noch einmal zu hören und Wilson Cruz' Namensnennung im Vorspann lässt vermuten, dass dies fortan vielleicht doch noch häufiger der Fall sein könnte…




VI. Fazit.
Der Erfolg der ersten Folge der zweiten Staffel Discovery ist eng mit dem Namen Christopher Pike verbunden. Der genial von Anson Mount verkörperte Sternenflottencaptain bringt neuen Schwung, alte Werte und frischen Wind in die Serie, während er zeitgleich den Kreis zu den Anfängen der Franchise schließt. Es sieht tatsächlich so aus, als hätte man Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit gezogen und ist nun bereit - wenn auch im Schlepptau von frischen, altbekannten Gesichtern – neue Wege zu gehen.
Da wirkt es beinahe unwichtig, dass die Folge inhaltlich nicht allzu viel Tiefe zu bieten hat, einige Charaktere etwas über das Ziel hinausschießen oder Logiklöcher im Erzählgewand klaffen.
Brother“ ebnet den Weg in eine vielversprechende Zukunft. Es ist nun an Discovery, diesen Weg auch zu beschreiten.

Bewertung.Vielversprechender Auftakt.




 

VII. Schluss.
Nach der Folge steckt ein nicht viel weniger schizophrener Geist als zuvor.
Immerhin hat wieder einmal meine optimistischere Hälfte die Oberhand gewonnen. Dank eines tollen Pike-Darstellers blickt sie hoffnungs- und erwartungsvoll der nächsten Episode entgegen.
Doch die mahnende, pessimistische Hälfte ist keineswegs verschwunden. Sie lauert argwöhnisch und mag den Verheißungen nicht glauben, während sie unbeirrt auf die Schwachpunkte deutet.
Ich hingegen freue mich einfach nur, dass Discovery keinen schlechten Start hingelegt hat und bin schon jetzt gespannt, welche meiner beiden Hälften das nächste Mal obsiegen wird; die eine, die nicht aufhören will zu hoffen, oder die andere, die nur darauf wartet, mir 'Ich hab es dir ja gleich gesagt' unter die Nase zu reiben.





Denkwürdige Zitate.

"Spock? Das ist Michael Burnham. Sie wohnt ab jetzt bei uns. Du wirst sie die vulkanischen Gebräuche lehren. Ich erwarte von Euch, dass ihr Freunde werdet."
Sarek

"Sie ist wirklich wunderschön…"
Detmer über die USS Enterprise

"Haben Sie auch Geschwister?"
"Hm. Eine Schwester. Siranna. Ich rechne allerdings nicht mit einem Wiedersehen. Leider liegt eine Kluft zwischen uns, die wir nicht überwinden können."
"Das Gefühl kenne ich."

"Ich übernehme das Kommando über die Discovery nach Sternenflottenvorschrift 19, Absatz C."
"Darüber hat uns die Sternenflotten nicht informiert!"
"Weil ich darum gebeten habe. Ich wollte es selbst tun aus Respekt vor dem, was Sie und Ihre Crew durchgemacht haben."
"Verzeihen Sie, Captain. Diese Richtlinie tritt nur bei drei Eventualitäten in Kraft: Wenn eine akute Gefahr bevorsteht, wenn das Leben von Föderationsbürgern bedroht wird oder wenn kein anderer Offizier von gleichem oder höheren Rangs anwesend ist, um die Gefahr zu entschärfen. Darf ich fragen, welcher dieser drei Fälle hier gegeben ist?"
"Alle drei."
Pike und Saru

"Ich bin nicht er. Ich bin nicht Lorca."
Pike

"Logikwissenschaften sind praktisch nur Meditation."
Tilly

"Ich will, dass Sie mir Folgendes nachsprechen:"
"Okay."
"Ich verliere künftig…"
"Ich verliere künftig…"
"… weniger Worte."
"… weniger Wor- oh. Okay."
Stamets und Tilly

"Sagen Sie nicht, dass Sie das überrascht."
Saru beim Erscheinen seiner Gefahrenganglien

"Leute; das ist die Macht der Mathematik!"
Tilly

"Worin besteht die Logik fernzubleiben wenn es nichts mehr gibt, zu dem man zurückkehren könnte. Spock konnte die beeindruckendsten Fragen stellen. Er war die personifizierte Logik und gab einem trotzdem zu verstehen, dass die Logik bloß der Anfang wahren Verstehens ist. Da hatte er uns allen etwas voraus."
Pike über Spock




Weiterführende Leseliste.

Staffel 2.
01. Rezension zu "Brother"
02. Rezension zu "New Eden"
03. Rezension zu "Lichtpunkte"
04. Rezension zu "Der Charonspfennig"
05. Rezension zu "Die Heiligen der Unvollkommenheit"
06. Rezension zu "Donnergrollen"
07. Rezension zu "Licht und Schatten"
08. Rezension zu "Gedächtniskraft"
09. Rezension zu "Projekt Daedalus"
10. Rezension zu "Der rote Engel"
11. Rezension zu "Der Zeitsturm"
12. Rezension zu "Tal der Schatten"
13. Rezension zu "Süße Trauer, Teil I"
14. Rezension zu "Süße Trauer, Teil II"
Staffel 1.

01. Rezension zu "Leuchtfeuer" und "Das Urteil"
03. Rezension zu "Lakaien und Könige"
04. Rezension zu "Sprung"
05. Rezension zu "Wähle Deinen Schmerz"
06. Rezension zu "Lethe"
07. Rezension zu "T=Mudd²"
08. Rezension zu "Si Vis Pacem, Para Bellum"
09. Rezension zu "Algorithmus"
10. Rezension zu "Nur wegen Dir"
11. Rezension zu "Der Wolf im Inneren"
12. Rezension zu "Blindes Verlangen"
13. Rezension zu "Auftakt zum Ende"
14. Rezension zu "Flucht nach vorn"
15. Rezension zu "Nimm meine Hand"

Short Treks.

01. Rezension zu "Runaway"
02. Rezension zu "Calypso"
03. Rezension zu "The Brightest Star"
04. Rezension zu "The Escape Artist"

Montag, 5. November 2018

Turons Senf zum Short Trek "Runaway"



Einleitung
.
Endlich wissen wir, wann wir als normalsterbliche Zuschauer die zweite Staffel Discovery sehen dürfen: Getreu dem Motto "America First" dürfen nur US-amerikanische CBS-All-Access-Abonnenten die nächste Folge am Star-Trek-Tag, dem 17.01.2019 sehen, während sich der Netflix-Pöbel außerhalb des Landes der unbegrenzten Fernsehmöglichkeiten bis zum achtzehnten Januar gedulden muss. Damit die Wartezeit für die vielen Star-Trek-Fans nicht allzu lang ausfällt, hat sich CBS etwas ganz Besonderes ausgedacht und wirft vor der Wiederaufnahme der Serie vier viertelstündigen Mini-Episoden namens "Short Treks" in den Äther, die die Amhängerschaft bei Laune halten soll. Wir haben uns, die erste dieser Folgen, einmal angesehen, auch wenn das nicht einfach war...


Story.
In "Runaway" – zu deutsch etwa "Ausreißer" – ist der frisch zum Fähnrich beförderte Ex-Kadett Sylvia Tilly der alleinige Gegenstand des Hauptaugenmerks und Mary Wiseman beschert der spannendsten menschlichen Figur der Serie einige zusätzliche Charaktermomente, als sich eine fremde Lebensform an Bord schleicht und eine wilde Essensschlacht in der Messe auslöst. Doch Tilly gelingt es trotz einer eigenen tiefen Sinnkrise ob des bevorstehenden Kommandotrainingsprogrammes, eine Beziehung zum fremden Eindringling aufzubauen, der sich als Teenager-Mädchen auf der Flucht vor Problemen entpuppt. Dafür muss Tilly selbst in eine Mutterrolle schlüpfen um letztendlich zur Erkenntnis zu gelangen, dass sie am Ende des Tages ihres eigenen Glückes Schmied ist.

Lobenswerte Aspekte.

Background, Baby!
Warum sollte man sich so etwas überhaupt ansehen?
Läppische fünfzehn Minuten reichen doch kaum aus, um einen sehenswerten Plot zu transportieren, nennenswerte Handlungsimpulse zu bieten oder reale Auswirkungen auf die gesamte Serie zu haben.
Der wahre Wert dieser Mini-Einblicke liegt im zusätzlichen Informationsgehalt!
So sehen wie erstmals Tillys Mutter, die bei ihrem Holo-Telefonat mit ihrer Tochter eine Menge Hintergrundinformationen im Gepäck hat: So erfahren wir, dass das Discovery-Crewmitglied eine Stiefschwester hat, in ihrer Kindheit emotionale Narben beim Erklimmen einer Wand erhielt und aus ihrer Erziehung vor allem Selbstzweifel mitgenommen hat.
Hinzu kommt noch eine neue Spezies mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, ein lebendiger Einblick in das äußerst breitgefächerte Repertoire der Nahrungsreplikatoren der Kirk-Ära (warum hat der bei dieser Auswahl eigentlich immer nur bunte Marshmellows gegessen) und einen Eindruck vom geschäftigen Betrieb des Shuttlehangars des Schiffes.
Hinter allem steht aber am Ende eine bange Frage, deren Antwort wir wohl innerhalb der kommenden Staffel erhalten:
Gelangt irgendein Aspekt dieser Kurzgeschichte durch eine Dialogzeile, eine Anspielung oder gar einen Gastauftritt in dann auch zurück in eine der Folgen?


Machart.
Als Lückenfüller bleibt "Runaway" der stilgebenden Discovery-Vorlage optisch (inklusive Lensflares) und inhaltlich (inklusive Logiklöcher) absolut treu, was gerade im Hinblick auf die Qualität solcher Zwischen-Episoden keinesfalls eine Selbstverständlichkeit ist.
Trotz der geringen Laufzeit und einer minimalistischen Anzahl von Handlungsorten erwartet den aufgeschlossenen Zuschauer eine nette Mischung aus Humor, fremden Welten mit neuen Lebensformen (a.k.a. "Alien of the Week") und die  Andeutung kleinerer Gruselmomente. In einem Punkt bricht "Runaway"  allerdings mit seinem Serien-Vorbild: Am Ende der Minisode steht so etwas wie eine Moral, die in ihrer Präsentationform erschreckend positiv an den traditionellen Star-Trek-Ansatz anknüpft, in dem die Menschheit zur Verbesserung ihrer selbst arbeitet.
Dennoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es eine klassische Prinzessinnenstory in bester Disney-Manier ist (deren hoheitliche Majestät sich ausgerechnet 'Po' nennt), in der mich persönlich vor allem die Welpen/Schoßhündchen-Geräusche und der omnipräsente Hundeblick der zweiten Hauptdarstellerin Yadira Guevara-Prip genervt haben.



Kritikwürdige Aspekte.

Isolationismus.
Echt jetzt, CBS?
Diese Mini-Fölgchen sind ausschließlich für CBS-Kunden in den USA erhältlich?
In einer Welt, in der die Räder der Zeit politisch Stück für Stück zurückgedreht werden und obgleich sich Donald Trump, ein Brexit oder jüngst der Wahlerfolg Bolsaneros in Brasilien gegen die Zeichen einer kaum aufzuhaltenden Globalisierung stemmen, bot Star Trek mit seinem Konzept einer vereinten Menschheit stets einen Gegenentwurf zu derlei Bestrebungen.
Warum also hat die Marketingabteilung von CBS sich dazu entschlossen, allen Fans außerhalb der Vereinigten Staaten den Stinkefinger zu zeigen?
Ich kann ja noch irgendwo verstehen, dass man Partnern wie Netflix verdeutlichen will, wer bei dem gemeinsamen Projekt die Bestimmer-Hosen anhat, aber eine exklusive Ausstrahlung auf einer eigenen Website oder ein um mehrere Tage, beziehungsweise meinetwegen gar Wochen verschobener internationaler Starttermin hätte die gleiche Wirkung erzielt.
Man scheint bei dieser fragwürdigen Entscheidung vergessen zu haben, dass auch der Markt außerhalb Nordamerikas ein lukratives Absatzgebiet ist (wie die mit Discovery-Stars gespickte Destination Birmingham vor wenigen Wochen erst eindrucksvoll bewiesen hat) und vor allem befeuert man auf diese Weise eines:  
Noch mehr illegale Raubkopien. Ich musste mir die Folge auf einer (legalen) bekannten Internet-Videoplattform ansehen, wo es mittlerweile gelöscht wurde. Diesen Aufwand hätten sich alle Beteiligten wohl sparen können, wenn die Hauptverantwortlichen eines ohnehin im Moment mit negativer Presse überhäuften Senders in puncto Tellerrand ein wenig mehr Weitsicht an den Tag gelegt hätten.


Logiklöcher.
Wie es scheint hat sich niemand, der zuvor zumindest ein paar Folgen Star Trek gesehen hat, das Drehbuch für "Runaway" überhaupt durchgelesen.
Ich will noch nicht einmal über das Reizthema 'Holokommunikation' reden, dass wir ja hinlänglich in vorangegangenen Rezensionen behandelt haben.
Doch anstatt in den ohnehin spärlichen fünfzehn Minuten alle vermeintlichen Fettnäpfchen zu umgehen, präsentiert dieses Episödlein stattdessen die nächste Technologie, die die interne Chronologie der Serie durcheinanderwirbelt: Einen Dilithium-Inkubator, der die empfindlichen Kristalle nach ihrer Abnutzung wieder in ihren Ursprungszustand zurückversetzt!
Damit werden nicht nur ganze Folgen wie "Die Frauen des Mr. Mudd" oder "Brautschiff Enterprise" in Frage gestellt, sondern auch Spocks Errungenschaften im vierten Kinofilm oder Scottys Verwunderung in "Besuch von der alten Enterprise“.
Aber dieser dicke Fisch ist nur die größte Beute in einem Netz voller Beifang.
So ist in den extensiven Außenansichten der Discovery nirgendwo der Planet Xahea zu sehen. Tilly sagt sogar selbst, dass sie sehr weit vom Zuhause ihres unerwarteten Besuchers entfernt sein würden und trotzdem beamt sie die Prinzessin hinab in ihre Heimatwelt.
Auch Pos Tarnfähigkeit mutet fragwürdig an wenn man bedenkt, welch eine Überraschung der gleiche Umstand knapp ein Jahrhundert später bei den Jem’Hadar auslöste.
Aber in der knappen Viertelstunde haben sich noch viel mehr Fragen angesammelt:
Wie schneidet man sich am Finger und erhält am Unterarm eine klaffende Wunde? Warum sind Dilithiumkristalle plötzlich blau? Wieso funktionieren die Universalübersetzer an Bord der Discovery nicht? Aus welchem Grund haben die Nahrungsmittelspender eigentlich eine Fehlfunktion, die sie ihr Essen auch noch mit Schmackes auswerfen lassen? Wieso hat Tilly als lumpiger Fähnrich so freien Zugang zu sensiblen Schiffssystemen wie Transportern? Und warum benötigt der Transporter so lange sich auf per Hand eigegebene Koordinaten einzuschießen?
Außerdem frage ich mich, wann es spielen soll. Die Anzeichen wie das Bild mit Tilly und Burnham sowie ihre Medaille lassen auf eine Zeit nach ihrem Besuch der Erde, aber vor dem Treffen mit der USS Enterprise schließen. Aber flog das Schiff in "Nimm meine Hand" nicht direkt und ohne Zwischenhalt vom blauen Planeten nach Vulkan, um seinen neuen Captain abzuholen?
Zu guter Letzt ärgerte mich auch der völlige Schwachsinn jener zusammen mit ihrem Planeten geborenen Einwohner. Heißt das jetzt, dass der Planet dann auch siebzehn Jahre alt ist?
Selbst wenn sie als Larve irgendwie zeitgleich mit ihrer Heimatwelt das Licht der Welt erblickt hätte - wie kann sie dann Eltern haben?
Zwar könnte man wohlwollend davon ausgehen, dass dieser ganze Kram symbolisch, mythologisch oder gar religiös gemeint ist, bleibt es ein weiterer ziemlich weit hergeholter Plottwist in einer ganzen Reihe äußerst bemühter Motive für eine Folge, die gerade einmal so lange dauert wie eine Halbzeitpause beim Fußball.


Fazit.
Als Mini-Episode ist "Runaway" durchaus geeignet, in Form eines Appetithäppchens die Wartezeit zu verkürzen. Doch unter einer gut gemeinten Soße aus Hintergrundinformationen, einer gleichbleibenden Qualität und einer sehr Star-Trek-gemäßen Moral, offenbart sich eine riesige Anzahl sinnfreier Logiklöcher, die schon das Serienvorbild wie einen Schweizer Käse unterhöhlten. Versalzen wird dieses Gericht zusätzlich mit der Arroganz eines kurzsichtigen Fernsehsenders, dem Fans außerhalb der USA völlig egal sind.

Bewertung.
Nett gemeint.






Schluss.

Beim ersten Mal Ansehen überwiegt zunächst die Freude, ein neues Stück Star Trek miterleben zu können. Doch schon beim zweiten Mal kommen erste Zweifel; beim dritten Mal fängt man hingegen an, sich an den vielen haarsträubenden Unstimmigkeiten aufzuhängen. Optisch ist "Runaway"  tatsächlich auf einem hohen Niveau, aber es dauert nicht lange einzusehen, dass hier dafür vor allem inhaltlich gespart wurde.

Denkwürdige Zitate.


"It's called the Command Training Programme. It trains you. For Command."
Sylvia Tilly zu ihrer Mutter

"Have a glorious Day!"
Nahrungsmittelspender zu Tilly

"Ice Cream. It's primarely sugar. Sugar is awesome."
Tilly zu Po

"There was a hormonal space rabbit. He escaped from the lab and then he got loose in here... He's got mood swings."
Tilly zur neuen Schicht

Weiterführende Leseliste.


Short Treks.

01. Rezension zu "Runaway"
02. Rezension zu "Calypso"
03. Rezension zu "The Brightest Star"
04. Rezension zu "The Escape Artist"

Staffel 1.

01. Rezension zu "Leuchtfeuer" und "Das Urteil"
03. Rezension zu "Lakaien und Könige"
04. Rezension zu "Sprung"
05. Rezension zu "Wähle Deinen Schmerz"
06. Rezension zu "Lethe"
07. Rezension zu "T=Mudd²"
08. Rezension zu "Si Vis Pacem, Para Bellum"
09. Rezension zu "Algorithmus"
10. Rezension zu "Nur wegen Dir"
11. Rezension zu "Der Wolf im Inneren"
12. Rezension zu "Blindes Verlangen"
13. Rezension zu "Auftakt zum Ende"
14. Rezension zu "Flucht nach vorn"
15. Rezension zu "Nimm meine Hand"

Staffel 2.

01. Rezension zu: "Brother"
02. Rezension zu "New Eden"
03. Rezension zu "Lichtpunkte"
04. Rezension zu "Der Charonspfennig"
05. Rezension zu "Die Heiligen der Unvollkommenheit"
06. Rezension zu "Donnergrollen"
07. Rezension zu "Licht und Schatten"
08. Rezension zu "Gedächtniskraft"
09. Rezension zu "Projekt Daedalus"
10. Rezension zu "Der rote Engel"
11. Rezension zu "Der Zeitsturm"
12. Rezension zu "Tal der Schatten"
13. Rezension zu "Süße Trauer, Teil I"
14. Rezension zu "Süße Trauer, Teil II"

Donnerstag, 25. Oktober 2018

Turons Senf zur Star Trek Destination Birmingham

Warum nach San Francisco reisen - die Starfleet-Academy befand sich für 3 Tage in Birmingham

Einleitung.
Am vergangenen Wochenende war eine fünfköpfige Delegation der Star-Trek-Tafelrunde "Hermann Darnell" aus Potsdam Babelsberg weit entfernt von ihrer Heimat in Großbritannien unterwegs, um im englischen Birmingham bei ihrer ersten gemeinsamen Auslands-Convention die dortige Destination Star Trek zu besuchen. Ob sich der Sprung über den Ärmelkanal wirklich gelohnt hat, hat Turon47 in kurzen Stichpunkten einmal zusammengetragen.

Der Eingang zur Glückseeligkeit

Lobenswerte Aspekte.

Standort.
Um es vorwegzunehmen: Die Stadt, in der Ozzy Osbourne geboren wurde, Peaky Blinders spielt und Cadbury-Schokolade produziert wird, ist keine sehr sehenswerte Metropole. Was die Industrialisierung, deutschen Bombenangriffe und die Neubauwut der Sechziger Jahre überlebt hat, lohnt einen Besuch kaum.
Aber vor den Toren der zweitgrößten Stadt Großbritanniens, existiert ein anderes Birmingham: Wo der Flughafen der Stadt mit einem Bahnhof verbunden ist, findet man auch ein riesiges Messezentrum mit geräumigen Hallen, ein Einkaufzentrum und eine Reihe Hotels mit unterschiedlichen Preisklassen.  Zu Fuß, per Bus oder via Monorail miteinander verbunden hat man keinerlei Probleme, Veranstaltungen an diesem Ort zu erreichen und die Flugverkehrsanbindungen nach ganz Europa und New York findet auch internationales Publikum problemlos seinen Weg hierher. So verwundert es wohl kaum, dass neben Schotten, Engländern, Walisern und Iren auch viele Deutsche, Niederländer, Polen, Belgier oder Tschechen zum multikulturellen Flair der Veranstaltung beitrugen. Sogar muslinische Fans wurden gesichtet.

Star Trek verbindet!
Staraufgebot.
Zugegeben: Keiner der Hauptdarsteller aus Enterprise hat es nach Birmingham geschafft. Auch TNG war mit drei Main-Cast-Mitgliedern nur mäßig vertreten und das, obwohl Patrick Stewarts Heimat nicht allzu weit entfernt liegt. Immerhin waren mit Kate Mulgrew und Jeri Ryan zwei zentrale  Voyager-Schauspieler zugegen.
Es waren aber andere Star-Trek-Serien, wegen derer die Fans in Scharen durch die Tore der Convention strömten.
So fehlte von den überlebenden  Hautdarstellern der Originalserie nur George Takei, während Nichelle Nichols, William Shatner und Walter Koenig dem fortgeschrittenen Alter und damit einhergehenden Schwierigkeiten zum Trotz die beschwerliche Reise auf sich nahmen.

ein Wiedersehen mit Horta - William Shatner
Damar aka Casey Biggs
Im fünfundzwanzigsten Jubiläumsjahr von Deep Space Nine waren es allein Avery Brooks, Colm Meaney und James Darren, die durch ihre Abwesenheit eine umfassende Wiedervereinigung der Raumstationsbesatzung verhinderten.
Besonders war Birmingham aber dadurch, dass es die erste Convention war, die die gesamte Hauptdarstellerriege der neuesten Star-Trek-Serie Discovery umfasste; nicht zuletzt deshalb, weil die Darsteller noch nicht auf allzu vielen Veranstaltungen dieser Art zugegen waren und im Gegensatz zu vielen ihrer Alt-Trek-Kollegen noch jene unverbrauchte Offenheit zeigten, die man als alter Convention-Hase längst verlorengegangen glaubte.

Angebot.
Auch wenn die nur zur Hälfte genutzte Halle fünf im ersten Augenblick recht überschaubar wirkte, hatte sie einiges zu bieten. Etwa eine Ausstellung zu den Spiegeluniversums-Props, verschiedene Fan-Club-Stände oder einen Präsentationsbereich der europäischen Raumfahrtorganisation ESA, die zum Schlendern einluden. Verschiedene Händler boten ihre Waren feil, darunter neben bärtigen, altbekannten Gesichtern wie Martin Netter von Filmwelt-Center auch ausgefallene Exoten, wie ein kleiner Süßwarenhersteller aus dem südschottischen Galloway. Dazu gab es auch lokale Vertreter wie Forbidden Planet (deren Star-Trek-Palette auf der Convention die in jeder ihrer Filialen bei weitem übertraf) oder natürlich Eaglemoss, die für die ersten fünfzig Besucher des Tages sogar ein Supersondermodell der USS Glenn im Gepäck hatten.

Ihm haben wir die meiisten der Eaglemoss-Raumschiff-Designs zu verdanken
Doch damit nicht genug! Eine gesamte Ecke widmete sich allein Star-Trek-bezogenen Spielen wie Star Trek Panic, Star Trek Ascendancy oder Star Trek Attack Wing. Besonders lohnenswert war hier der Besuch des Rollenspielanbieters Modiphius, deren Entwickler Nathan Dowdell persönlich einige Szenarien aus seinem 'Star-Trek-Adventures' leitete.

Turon47 läßt sich aus erster Hand unterweisen
Selbst für das leibliche wohl war bestens gesorgt. Innerhalb der Halle gab es verschiedene Ständ, an denen man von Fish & Chips über Burritos zu Pies bis hin zu Pulled Pork Burger mit Apfelsoße eine große Bandbreite an Nahrungsquellen geboten bekam. Wem das nicht genügte, dem boten sich fußläufig reihenweise alternative Angebote außerhalb der Halle.
Ja selbst jenen, denen der Rummel irgendwann zu viel war, wurde eine Heimstätte gegeben: Inmitten des ganzen Trubels bot eine Screening Area, in der verschiedene Folgen unterschiedlicher Star-Trek-Serien liefen, Zuflucht.
Nach getaner Arbeit - Mugato müde


What We Left Behind.
Eines der absoluten Highlights der Convention war fraglos die Weltpremiere des langerwarteten Dokumentarfilms "What We Left Behind", der sich detailliert mit der Serie Deep Space Nine auseinandersetzte. Von allen anwesenden DS9-Schauspielern besucht und von Präsentator Ira Steven Behr persönlich mit einem Vorwort bedacht, erlebten viele europäische Unterstützer des weltweit von Fans finanzierten Projektes mit, welche Früchte ihre Investition getragen hat.
Um es vorwegzunehmen – es hat sich gelohnt (eine gesonderte Besprechung zur Doku findet sich hier).

Ja, der Typ hinter der Bar istt der echte Quark

Ablauf.
Nachdem Tafelrundenmitglieder bereits mehrfach Zeuge verschiedener Events der gleichen Ausrichter wurde und vor allem den Vergleich zu den deutschen Ablegern dieser Veranstaltung in Frankfurt und Dortmund ziehen kann, bleibt am Ende vor allem die Erkenntnis, dass das Konzept auf der Insel im Gegensatz zum deutschen Festland tatsächlich viel besser aufgeht. Ein signifikant höherer Anteil an Luxus-Ticket-Kunden, deutlich gesteigertes  Besucheraufkommen und größerer Andrang bei den Photoshoots machten diesen Gegensatz für den Besucher auch am eigenen Leib erlebbar. Selbst die Partys hatten mehr Pepp als ihre teutonischen Entsprechungen.
Dabei blieb alles erstaunlich zivilisiert. Ordner, Kassierer sowie Helfer blieben stets höflich, Schlangen wurden in mustergültig britischem Anstand eingehalten und es herrschte eine ansteckend positive Grundstimmung. Nicht ganz zu Unrecht war zumindest eines unserer anwesenden Tafelrundenmitglieder versucht, gleich ein Ticket für das nächste Jahr zu buchen, obgleich die Unwägbarkeiten des 2019 anstehenden Brexits diese Idee vorerst wohl unterbinden dürften.

Eine alte Tradition: Foto mit Dame in Grün!

Kritikwürdige Aspekte.

Organisation.
Auch wenn das Team eingespielt, der Veranstalter erfahren und der Austragungsort ideal ist, bedeutet das noch lange nicht, dass so eine Convention frei von Komplikationen ist. Vor allem am Sonnabend, als das Heer an Tageskarteninhabern die Besucherwellen zu einer Sturmflut anschwellen ließen, ging so einiges daneben.
Das fing bereits beim Einlass an, als die Ordnungskräfte allen Ernstes versuchten, die Wartenden in der leeren Halle nebenan zu sammeln, um sie anschließend durch den denselben Haupteingang zu schleusen, an dem ohnehin jeder vorbeimusste.
Es setzte sich bei den Photoshoots fort, von denen etwa eines von Nichelle Nichols spontan ausfiel, während der Andrang bei Kate Mulgrew so groß war, dass ein zusätzlicher Termin auf den Nachmittag eingefügt werden musste, um allen Wartenden gerecht zu werden.
Und schließlich hatten die Verantwortlichen die bildversessenen Fans in verschiedene Gruppen eingeteilt, nach denen sie aufgerufen wurden, aber dabei versäumt, diese Gruppennummer auf die Fototickets zu drucken, die sie selbst am entsprechenden Verkaufsstand ausgaben. Es gab noch einige weitere Momente, in denen es im eigentlich gut geölten Getriebe ordentlich knirschte, auch wenn ich an dieser Stelle relativierend einfügen muss, dass ich auf anderen Veranstaltungen dieser Art extremere Situationen erlebt habe.

Kastenwesen.

"You see Ladies, when you’re out with a Blinder, you don’t have to queue."
Arthur Shelby, in Peaky Blinders S1Nr01

Noch immer komme ich nicht über die Ironie hinweg, dass bei Star Trek im Zuge einer positiven menschlichen Entwicklung das Geld abgeschafft ist, während man auf Convention einen so unverhohlenen Kapitalismus miterleben kann, dass selbst einem Ferengi vor Ehrfurcht die Ohrläppchen erstarren. 
Wer bereit ist, einen ordentlichen Aufpreis zu bezahlen (von 145£ bis 3000£, um sich ein Ticket mit einer klingenden Bezeichnung wie 'Lieutenant', 'Commander', 'Captain' oder gar 'Admiral' zu gönnen, hatte ein Anrecht auf die vordersten Plätze in den Fotoschlangen, während der Pöbel mit Wochenends- oder gar Tagestickets wie bei der Titanic auf den billigeren Plätzen im Unterdeck warten musste. Allerdings waren die Photoshoots mit den Stars nicht einmal in den Preisen für die elitären Karten enthalten und mussten nochmals extra bezahlt werden. Das perfide Kastensystem diente einzig und allein dazu, die Gäste nach ihrer Bereitschaft Geld auszugeben zu sortieren – und das noch nicht einmal auf sonderlich subtile Art und Weise.
Interessante Kostüme

Hallenflair.
Mittlerweile kennt man das Spiel: An den Panelbereichen – früher mein absoluter Lieblingsort bei Conventions – gehe ich mittlerweile längst vorbei, ohne dem Ort weitere Beachtung zu schenken. Nicht, dass mich nicht interessieren würde, was Stars und Sternchen zu sagen haben, aber der Lärmpegel innerhalb der restlichen Halle kämpft bei diesen Veranstaltungen so konstant gegen die Wortmeldungen auf der Bühne an, dass man rasch den Spaß daran verliert.
Hinzu kommt, dass Messehallen selten ästhetischen Ansprüchen folgen, sondern zumeist seelenlose Zweckbauten sind, in denen kaum so etwas wie heimelige Atmosphäre entstehen kann.
So reduziert die Umgebung die Veranstaltung stark auf den Charakter einer Verkaufsveranstaltung, was am Ende des Tages wiederum auch nicht so weit von der Wahrheit entfernt liegt.

Armer Turon....fast hätte es ihn erwischt!

Fazit.
Wenn man einmal in Birmingham war und von da an weiß, wie groß, abendfüllend und vielseitig eine Star-Trek-Convention sein kann, wird ,man fortan Schwierigkeiten haben, die deutschen Pendant als etwas anderes als vergleichsweise provinziell zu betrachten.  Trotz kleinerer Mängel – die es wohl auf jeder solchen Veranstaltung gibt – bleibt die englische aufgrund ihres eigenen Wesens in Erinnerung. Direkt schade, dass sich die Briten für einen Brexit entschieden haben, denn in einem vereinten Europa könnte man sich an diese Art von Veranstaltung direkt gewöhnen…

Sehr cool - Star Trek Flipper Ecke