Sonntag, 17. Dezember 2017

Turons Senf zum Star-Trek-Rollenspiel-Anlauf von Modiphius.


I. Einleitung.

Als mich vor kurzem eine Kollegin (für eine Kostümparty) fragte, ob sie sich eine Uniform und vielleicht einige Star-Trek-Props von mir leihen könnte, fiel mir auf, dass ich zwar ein großer Fan von Star Trek, aber keineswegs einer von jenen begeisterten Jägern und Sammlern bin, von denen ich in den letzten zehn Jahren so einige kennen- und schätzen gelernt habe.
In meiner Garderobe hängt aber kein ausgefeiltes Star-Trek-Kostüm. Ich besitze kaum eine Action-Figur und schon gar nicht in der Originalverpackung. Und ich nenne noch nicht einmal einen Spielzeug-Trikorder mein Eigen.
Scheinbar teile ich nicht dieses zweifelhafte Verlangen, meine hart verdienten Taler mit vollen Händen für eine Science-Fiction-Serie auszugeben!
Ein Blick in meine Wohnung zeichnet aber ein deutlich anderes Bild als meine Selbsteinschätzung.
Ich mag keine Sammelteller, Weihnachtsornamente oder Dioramen besitzen, aber längst hat auch mich der Sammelvirus befallen, der in meinem Freundeskreis grassiert – wenn auch in ganz anderen Bereichen:
Mein Bücherregal quillt (zum Ärger meiner Frau) vor Primär- und Sekundärliteratur zu Star Trek förmlich über. Eine stattliche Eaglemoss-Raumschiffsammlung ziert mein Mobiliar. Und ich verfüge über eine so ansehnliche wie ausführliche Kollektion an Star-Trek-Rollenspielwerken, die von FASA über Task Force Games bis hin zu Last Unicorn Games und Decipher reicht.
Nun aber schickt sich mit Modiphius der mittlerweile sechste Produzent und Lizenzinhaber an, die Franchise mit einem neuen System zu bereichern. Und weil ich in meinem Herzen eben doch irgendwo ein Jäger und Sammler bin, kann ich an dieser Stelle aus erster Hand davon berichten…



II. Erscheinungsgeschichte.
Ende November 2016 berichteten die ersten Star-Trek-Portale davon, dass der britische Rollenspielentwickler Modiphius (Conan, Mutant Chronicles, John Carter of Mars) nach Jahren des Dornröschenschlafs endlich wieder neues Material für Pen-and-Paper-Rollenspiele für die Franchise bieten würde: "Star Trek Adventures". Auf Grundlage eines hauseigenen 2d20-Systems versprach man eine völlige Neuentwicklung und Neuausrichtung des Genres. Zudem versicherten die Produzenten, zusätzlich zu ihrem Angebot auch Miniaturfiguren zu vertreiben.
Im Mai 2017 erregten erste Meldungen Aufsehen, in denen Modiphius eine Spielbox in Form eines Borg-Kubus‘ veröffentlichen würde, dessen Preis sich um etwa 450€ bewegen sollte.
Bereits ab Anfang Juni konnte man das für Sommer 2017 angedachte Paket im Modiphius-Online-Shop bestellen – zusammen mit anderen wie einem Deckplan eines Galaxy-Schiffes ("The Next Generation Starfleet Deck Tiles"), einem Buch mit vorgefertigten Abenteuern ("These Are the Voyages, Vol. 1") oder einem Game-Masters-Screen käuflich erwerben, wobei die Lieferzeiten für Ende August angesetzt wurden.

III. Lobenswerte Aspekte.


Figuren. Als jemand, der alle bisherigen Inkarnationen der Star-Trek-Rollenspiele zur Genüge kennt, muss ich gleich an erster Stelle das wirklich Außergewöhnliche an diesem Spiel hervorheben, das sogar Nicht-Spieler ansprechen könnte:
Die Miniatur-Figuren, die man zum Spielen einsetzen kann.
Die 32mm großen Plastik-Avatare sollten vor ihrem Einsatz zusammengesetzt, sauber abgefeilt und bemalt werden, was sicherlich nicht nur für potentielle Spieler, sondern auch den ein oder anderen Do-It-Yourself-Modellbau-Enthusiasten interessieren dürfte.
Die Figurengruppen (acht Stück pro Packung) der TOS-Besatzung (Kirk, Spock, Pille, Sulu, Chekov, Scotty, Chapel und Uhura), TNG-Crew (Picard, Riker, Troi, Dr. Crusher, Data, La Forge, Worf und Yar), einer Gruppe klingonischer Krieger (aus der TNG-Ära) sowie einem romulanischen Außentrupp (ebenfalls aus der TNG-Ära) haben eine relative Ähnlichkeit zu ihren Vorbildern und einen recht hohen Detailgrad zu bieten.
Dabei sind die Figuren nicht zwingend zum Spiel notwendig und bei Lichte besehen sogar etwas unpassend für einen Rollenspielansatz, bei dem man in erster Linie seinen eigenen Sternenflottencharakter spielen soll. Nichtsdestotrotz bleibt dies ein nettes Gimmick für die Fans, da die Vorgängersysteme (trotz zum Teil deutlich besserer Anwendungsmöglichkeiten) keine solche visuelle Unterstützung bieten konnten (die siebzehn TOS-Sonderfiguren von FASA und die qualitativ nicht minder fragwürdigen Modelle von Heritage lasse ich an dieser Stelle mal nicht ganz zu Unrecht unter den Tisch fallen).
Als besonderer Bonus für all jene, die sich zum Kauf des Borg-Kubus‘ entschlossen hatten, gab es ferner noch Locutus von Borg, Lore und die Borg-Königin als Zusatzfiguren, die wirklich Lust auf mehr machen. Immerhin hat Modiphius bereits von Anfang an angekündigt, diesen ersten Modellen noch weitere Bausätze zu generischen Crewmitgliedern, Außerirdischen und Enterkommandos folgen zu lassen.



Gesamtpaket. Auch wenn der stolze Preis von immerhin 450€ für das Borg-Kubus-Gesamtpaket im ersten Moment etwas abschreckend wirkt, erweist es sich mit ein wenig simpler Mathematik als naheliegende Alternative, denn der Preis für alle einzelnen Komponenten (Regelbuch in der Deluxe-Variante, Game Masters Screen, vier Miniaturen-Sets, Thread-Tokens, mehrere spezielle Würfel, Pdf-Versionen aller Bücher) ist nur unwesentlich niedriger (ca. 440€), ohne dass man die stilvolle Box, die Zusatzfiguren oder eine Kurzbeschreibung der Aufgabenfelder miterhalten kann. Als Jäger und Sammler drängt sich diese Option daher nahezu auf.
Hinzu kommt, dass das Paket einen optisch überzeugenden Eindruck vermittelt, Neueinsteiger und Alt-Fans anspricht und bei aller Sperrigkeit einen echten Blickfang bietet.
Lohnenswert scheint ferner, auch das Angebot durch die einmalige Bestellung sämtlicher kommenden Ergänzungsbücher (immerhin umfasst dies ein Missionsbuch, drei Werke zu Kommando-, Ops- und Wissenschaftsabteilungen sowie vier Bücher zu Alpha-, Beta-, Gamma und Delta-Quadranten) für knapp 113€ noch einmal separat zu bestellen – sofern man jedenfalls die Printausgaben überhaupt noch benötigt. Ganz generell bleibt nämlich festzuhalten, dass jedes erworbene Buch auch die Berechtigung zum Download der entsprechenden Digitalvariante ermächtigt, was im Zeitalter von Smartphones, Tablets und E-Book-Readern durchaus von Vorteil ist.
Das Juwel der bisherigen Veröffentlichungen ist allerdings in keinem der Pakete mitinbegriffen. Unter der Aufsicht niemand geringerem als Rick Sternbachs hat Moduphius unter dem Titel "The Next Generation Starfleet Deck Tiles" Draufsichten verschiedener Bereiche eines Schiffes der Galaxy-Klasse veröffentlicht, die von beeindruckender Eleganz sind. Selbst für Nicht-Rollenspieler sind die Hartpappe-Karten eine lohnenswerte Anschaffung, die die eigene Bibliothek um ein weiteres Kleinod bereichern kann.
Neben Sternbach gelang es Modiphius übrigens noch eine ganze Reihe weiterer klanghafter Namen zu rekrutieren. So findet man in ihrem Mitarbeiterverzeichnis nicht nur Star-Trek-Rollenspiel-Urgesteine wie John Snead (Last Unicorn Games), Ross Isaacs (Last Unicorn Games und Decipher), Bill Maxwell (Decipher) wieder, sondern auch Namen wie Dayton Ward (verdienter Star-Trek-Buchautor), Scott Pearson (ein weiterer verdienter Star-Trek-Buchautor), Tobias Richter (deutsche Fan-Art-Koryphäe vor allem zu Star-Trek-Schiffen), Dan Taylor (von IDWs Star Trek Comics) oder Patrick Goodman (Online-Rollenspielveteran vor allem für Decipher und früherer Herausgeber eines Fan-Magazins). Neben anderen großen Namen wie z.B. David F. Chapman (Dr Who RPG), Jim Johnson (Shadowrun Augmentation) oder Nathan Dowdell (Conan) ergibt das Lineup einen vielversprechenden Ausblick auf das, was uns noch erwarten könnte.


IV. Kritikwürdige Aspekte.

Chaos beim Vertrieb. Wir schreiben das Jahr 2017. Kurz vor Jahresende bringt ausgerechnet eine Firma das neueste Star-Trek-Rollenspiel heraus, die spätestens 2019 mit den Auswirkungen des Brexits zu kämpfen haben wird. Dass Modiphius allerdings keinen EU-Austritt benötigt, um ein heilloses Durcheinander heraufzubeschwören, hat das Unternehmen im Zuge der Star-Trek-Rollenspiel-Veröffentlichung deutlich unter Beweis gestellt.
So verzögerte sich der geplante Veröffentlichungstermin von "Sommer 2017" oder "Ende August" auf "Anfang Oktober". Weil der deutsche Vertragspartner aufgrund der Buchmesse jedoch die Borgkubus-Boxen nicht rechtzeitig ausliefern konnte, wurde der Termin weiter häppchenweise verschoben, bevor Ende Oktober schließlich endlich die ersten Pakete Großbritannien verließen. Statt eines sommerlichen Rollenspielvergnügens erreichte das Paket schließlich erst Mitte November seinen Zielort im inzwischen eher winterlichen Deutschland.
Und obwohl ich die laut Anzeige auf der Website die vierundzwanzigste Person war, die einen Kubus erwarb, lautet meine Nummer (immerhin in einem Hologramm auf der limitierten Box vermerkt) 'achtunddreißig'. Da passt es natürlich nur glänzend ins Gesamtbild, dass eine Ecke des Würfels (wahrscheinlich beim Transport) eingedellt wurde.
Doch damit nicht genug. Der Kundenservice ist zwar unglaublich freundlich (einer der Vorteile bei britischen Firmen), hat aber auch unsinnige Geschäftsbedingungen (einer der Nachteile bei britischen Firmen): So ist es nicht möglich, bei Sammelbestellungen einzelne Posten zu stornieren.
Organisationstechnisch war der Startschuss für das neue Rollenspiel jedenfalls äußerst holprig und unangenehm langwierig. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieses Manko verflüchtigt, sobald sich der Staub des ersten Ansturms gelegt hat.


Gelddruckmaschine Star Trek. Es ist ein offenes Geheimnis, dass aus Star-Trek-Fans Geld gepresst wird. Trekkies bilden eben eine ebenso treue wie investierfreudige Anhängerschar, die bereit ist, für ihr Hobby auch Geld in die Hand zu nehmen – insbesondere, wenn es sich um Objekte mit vermeintlichem Sammlerwert handelt. Zwar sind die goldenen Jahre der Franchise längst vorbei, aber es lohnt sich noch immer, Fans mit aufsehenerregenden Angeboten aus dem Schneckenhaus zu locken.
Einen Satz von acht Mini-Figuren für knapp 46€, einen Packen Star-Trek-Würfel für 21€ oder einen Satz schlecht produzierter Token für 17€ kann man schon als teuer bezeichnen, zumal ähnliche Produkte bei anderen Produktlinien im Modiphius-Shop oft ein wenig günstiger ausfallen (so sind beispielsweise Einzelwürfel bei Mutant Chronicles einen Euro günstiger).
Das hinterlässt vor allem dann einen etwas schalen Nachgeschmack, wenn man sich vor Augen hält, dass die mitgelieferte Menge an Threat-Token, D20 und D6 nicht einmal den Angaben im Regelbuch entsprechen und man selbst nach dem Erwerb der Borg-Box noch gezwungen ist, entweder teuer nachzukaufen oder Alternativen zu suchen (ich persönlich schwöre ja auf Pokerchips).
Dabei steht schon längst fest, dass weitere Kosten auf jeden Sammler zukommen werden. Nicht nur, dass weitere sieben Bücher angekündigt wurden; es wird auch noch weitere Mini-Figuren sowie weitere Schiffs- und Geländekarten geben.
Ärgerlich ist daran vor allem, dass die Lizenz von Modiphius nicht ganz Star Trek miteinschließt. So ist das alternative Kinofilm-Universum J.J. Abrams inhaltlich explizit ausgenommen und auch die Frage, ob "Star Trek: Discovery" von kommenden Büchern thematisiert wird, wurde bislang noch nicht beantwortet. Es bleibt wohl an den Fans und Spielleitern, diese Lücken innerhalb ihrer Abenteuer mit eigenen Antworten zu schließen.


Qualitative Mängel. Vieles am Modiphius-Star-Trek-Rollenspiel wirkt einfach noch viel zu unfertig.
So zum Beispiel die Thread- und Momentum-Token, die nicht nur in ihrer Anzahl (was bitteschön soll man mit jeweils zwanzig bzw. sechs Plättchen anfangen?) völlig ungenügend sind, sondern auch wirken, als wären sie von Mehltau befallen. Hinzu kommt, dass die Aufschriften sämtlicherweise spiegelverkehrt sind, was den Eindruck einer liederlichen und interessenlosen Produktion weiter verschärft.
Ähnlich sieht es auch bei den Würfeln aus. Obwohl das Regelbuch angibt, dass man bis zu fünf d20 und bis zu sechs d6 benötigt, entspricht die Ausstattung keineswegs diesen Vorgaben. Insgesamt bietet das Spiel nämlich nur 12d6 und drei Mal (in den drei verschiedenen Abteilungsfarben) 3d20. Obgleich die Menge vielleicht dem Minimalwert für drei Spieler entspricht, ist einerseits abzusehen, dass die Spieler ständig untereinander Würfel tauschen müssen und dass dem Spielleiter als eigentlichem Adressaten zum Erwerb eines solchen Borg-Kubus' keine eigenen Würfel übrigbleiben.
Dieser Trend zum Nicht-Zu-Ende-Denken setzt sich leider auch bei den Figuren fort.
Ein kleiner Zettel informiert den Käufer nämlich darüber, dass Scottys Arm an Kirks Gussform angebracht wurde, Kirks Arm an Sulus Seite weilt und Sulus Arm bei Kirk gelandet ist.
Da passt es nur ins Bild, dass auch der Borg-Würfel an einer Ecke eingedellt ist.
Derlei Schludrigkeiten finden sich auch in den Büchern wieder.
Die erste Version des Regelbuches war so sehr mit Rechtschreibfehlern übersät, dass man selbst als Nichtmuttersprachler immer wieder entnervt die Hände über dem Kopf zusammenschlug, wenn man sich durch das englischsprachige Werk quälte.
Hinzu kommt, dass ein Großteil der Zeichnungen innerhalb der Bücher wirklich gruselig sind. Mal abgesehen von den Schiffszeichnungen, Speziessymbolen und Raumschlachtszenen sind vor allem die Versuche Außerirdische dazustellen, zumeist grandios gescheitert. Trotz einiger weniger positiver Ausreißer möchte ich an dieser Stelle einmal insbesondere die Zeichnungen auf den Seiten 179, 212 und 216 als Beispiele für Illustrationen anführen, auf die man zum Wohl der allgemeinen Qualität besser verzichtet hätte.
Ich würde an dieser Stelle sogar so weit gehen zu sagen, dass Star-Trek-Rollenspiele Im Gegensatz zu vielen anderen Pen-and-Paper-Fantasiewelten nicht darauf angewiesen ist, derartige Zeichnungen überhaupt zu verwenden. Die Franchise verfügt nämlich über den Vorteil, dass im Laufe von dreizehn Kinofilmen und sieben Serien genug Bildmaterial verfügbar ist, um auf künstlerische Ergänzungen dieser Art zu verzichten. Modiphius‘ Vorgänger Decipher hat jedenfalls bereits deutlich gezeigt, dass man Regelbücher auch mit Screenshots, Fotos und Prop-Aufnahmen versehen kann ohne damit das Genre zu zerstören oder Identifikationsgefühl bei den Fans zu beschneiden.
Selbst bei den eingangs so über den Klee gelobten "Deck Tiles" gibt es übrigens einen Qualitätsmangel, denn es fehlt eine kurze Beschreibung, was dort eigentlich genau abgebildet wird. Zwar bilde ich mir ein, mich wirklich gut auf einem Schiff der Galaxy-Klasse auszukennen, aber selbst mir hat sich nicht jeder Raum, jedes Büro oder jede Besenkammer auf Anhieb erschlossen. Eine Kurzbeschreibung – und wenn sie nur (wie die Beschreibungen zu den falsch zugeordneten Armen) auf einem losen Beipackzettel geschrieben worden wäre – hätte diesem ganz besonderen Stückchen Star Trek gut zu Gesicht gestanden.
Schließlich bleibt mir noch ein wichtiger Punkt, den Modiphius bislang schuldig bliebt.
Die große Stärke vorangegangener Rollenspiele war stets, dass sie ein solchen ausgiebigen Zusatz an Informationen besaßen, dass sie nicht selten auch wieder einen Einfluss auf Star Trek hatten. So war die Saladin-Klasse nicht nur im Hintergrund des zweiten Star-Trek-Films zu sehen, sondern auch in einigen Task-Force-Games-Büchern. Viele Bildschirminformationen vor allem in der ersten Staffel TNG (z.B. in "Der große Abschied") stammten aus FASA-Werken. Und die Konzeption Andorias, wie es in "Enterprise" zu sehen war, basierte größtenteils auf dem Last-Unicorn-Klassiker "Among the Clans".
Eine solche Entwicklung ist bei Modiphius vorerst nicht zu erkennen. Aber zu einem Zeitpunkt, an dem gerade einmal das Grundregelbuch und eine Missions-Sammlung erschienen sind, ist das vielleicht noch etwas zu viel erwartet. Es wird wohl kommenden Publikationen obliegen, die bislang kaum kreativ über den Kanon herausreichenden Informationen mit einigen wirklich spannenden Konzepten zu unterlegen. 


V. Das Rollenspielsystem.
Ohne um den heißen Brei herumzureden:
"Star Trek Adventures" macht Spaß und ist vor allem im Vergleich zu seinen Vorgängern simpel sowie sehr einsteigerfreundlich gehalten. Das Spielsystem ist übersichtlich und mit wenigen Ausnahmen versehen. Dabei bleibt das Grundregelbuch vernünftig aufgebaut, erklärt die Charakter-Generation erstaunlich idiotensicher und glänzt mit vielen Beispielen und Anwendungsmöglichkeiten für Tests, Attribute oder Zweikämpfe. Das spannendste am Modiphius-Rollenspielsystem ist aber ohne Frage der kreative Umgang mit Bedrohung, Erfolgen und Zusammenarbeit. Das clevere System um Threat- und Momentum-Tokens macht das Spiel tatsächlich spannender und hilft dem Spielleiter, einem Abenteuer ebenso einen roten Faden wie auch einen klassischen Showdown zu verleihen. Auch die Idee der Values als Maximen für die Lebensweise eines Charakters sind im ersten Moment zwar gewöhnungsbedürftig, aber im Endeffekt eine doch sehr spannende und vor allem sehr Star-Trek-lastige Idee.
Es gibt aber auch einige recht einseitige Momente.
So liegt das spielerische Hauptaugenmerk der "Adventures" auf einer Ära um 2371, was den allgemeinen Handlungsspielraum ziemlich einschränkt. Dem Spielleiter fehlen häufig geeignete Handreichungen, um Abenteuer in anderen Jahrzehnten anzusiedeln (so gibt es zum Beispiel keine Angaben zu Schiffen der NX-Klasse, fehlen Spezies wie Suliban, Bolianer und Deltaner oder Antagonisten-Charaktere wie Khan, Chang oder Dolim). Abenteuer mit einer Crew außerhalb der Sternenflotte sind mit dem bisherigen Material zumindest herausfordernd und die Angehörigkeit zu einer Berufsgruppe außerhalb der Sternenflotte (wie z.B. ein Barbesitzer wie Quark, ein Schurke wie Mudd oder ein Botschafter wie Sarek) gar überhaupt nicht möglich.
Das liegt vor allem in der recht begrenzten Auswahl an Attributen und Disziplinen begründet, deren grundlegender Unsinn sich spätestens dann offenbart, wenn man erkennt, dass selbst Tieren wie Mugatos, Targs oder Sehlats theoretisch der Zugang zu Fähigkeiten wie Conn, Engineering oder Science möglich wäre.
Dieser Trend zur setzt sich bei Spezies fort, deren Sonderfähigkeiten nicht in angemessener Weise Tribut gezollt wird. Stattdessen obliegt es allein dem Spielleiter, etwa bei Vulkaniern an zweite Augenlider, ihre relative Unempfindlichkeit bei extremer Hitze oder die Praxis der Heiltrance zu denken. Andere Sprachen, Kampfsportarten oder Psi-Kräfte finden sogar gar keine angemessene Umsetzung für ein Rollenspiel.
Daneben hat man auch keinen großen Spielraum beim Ausbau eines Charakters, da Veränderungen so eingeschränkt sind, dass man auch nach einer jahrelangen Spielzeit am Ende mit einem Charakter versehen ist, der sich wertetechnisch nur minimal von seinem Startpunkt unterscheidet.
Schließlich versäumt es Modiphius bislang auch, Charakterbögen für (vorab vollmundig angekündigte) Symbolfiguren wie Kirk oder Picard zu liefern, die nicht nur Orientierung bei der Kreation eigener Charaktere gegeben hätten, sondern auch besonders Neueinsteiger angesprochen hätten.


VI. Fazit.
Knapp einen Monat nach dem Start der Star-Trek-Rollenspiel-Sparte von Modiphius läuft noch lange nicht alles rund. Inhaltliche, qualitative und organisatorische Mängel haben den Neubeginn so ziemlich verhagelt.
Dennoch ist beileibe nicht alles schlecht. Erstmals gibt es ansprechende und vernünftige Miniatur-Figuren. Der Borg-Kubus ist als Gesamtpaket ideal für Neueinsteiger und alte Hasen. Und das spannende Spielsystem bietet in der Tat eine Menge Potential, das vor allem kommende Veröffentlichungen zur Blüte bringen können.
Modiphius ist es gelungen, Star-Trek-Rollenspielen wieder ein wenig Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und bislang sieht es so aus, als ob es sich durchaus lohnen könnte. Der größte Leidtragende dürfte – wie stets bei größeren Star-Trek-Publikationen – das eigene Portmonee werden, dem erhebliche Gewichtseinbußen bevorstehen dürften.


VII. Schluss.
Mich als alten Hasen, der sich inzwischen offen zu seiner Existenz als Jäger und Sammler bekennt, freut es natürlich, dass Modiphius nun dem totgeglaubten Rollenspielmarkt neues Leben einhaucht. Ein weiteres System ist zwar eine neue Herausforderung, weil man völlig neue Regeln verinnerlichen muss und völlig neue Rahmenbedingungen hat, aber ich habe für mich selbst beschlossen, das beste aus meiner großen Sammlung zu machen. Wenn mir Abenteuer aus dem "Triangle" von FASA gefallen, dann passe ich das eben an mein Rollenspiel an. Wenn ich die große Bandbreite an Attributen und Disziplinen bei Last Unicorn Games brauche, dann bastle ich sie mir hinein. Wenn ich das Ausbausystem von Decipher bevorzuge, dann kann ich auch das so ummodelieren, dass ich es anwenden kann. Und wenn ich die Threat- und Momentum-Idee aufgreifen möchte, kann ich auch das in mein eigenes Rollenspielsystem integrieren.
Modiphius bringt endlich wieder frischen Wind in die Rollenspieler-Gemeinde. Selbst wer sich nicht auf was völlig Neues einlassen will, findet hier zumindest Inspiration, alternative Ideen und zusätzliche Möglichkeiten, die es wert sind, Teil der eigenen Sammlung zu werden. 

Donnerstag, 23. November 2017

Eaglemoss XL-Edition Nr.4: Enterprise NX-01

 

Einleitung

Als 2001 die Serie "Star Trek: Enterprise" startete, erhoffte man sich mit ihr dem Franchise neues Leben einzuhauchen. Doch leider waren die Abenteuer von Captain Archer und dem ersten Tiefenraumschiff der Erde und das Zeitalter, das einhundertdreizehn Jahre vor Captain Kirk spielt, schon von Anfang an nicht sehr beliebt bei den Fans.
Größtenteils lag das an der Entscheidung der Produzenten, mit dieser Serie eine Art Prequel darzustellen, die also die absolute Vorgeschichte des Star Trek-Universums erzählen sollte. Schritt für Schritt gelang das der Serie auch, aber da die ersten beiden Staffeln eher mittelmäßig ausfielen, wurden so schon etliche Zuschauer vergrault. Um dem Publikum etwas spannenderes zu bieten entschloss man sich, dass die dritte Staffel sich mit einem Konflikt beschäftigen sollte und die Enterprise-Crew in den Krieg hineingezogen wurde, um die Erde vor der Zerstörung zu bewahren. Die Serie wurde düsterer und auch etwas brutaler und erst mit der vierten Staffel wurden endlich Vorgeschichten zu bereits bekannten Star Trek-Handlungen erzählt. Beste Beispiele sind jene Handlungbögen, in denen gezeigt wurde, wie aus den Vulkaniern endlich ein komplett friedfertiges Volk wurde oder wieso die Klingonen zu Kirks Zeiten so menschlich aussehen. Das wichtigste ist aber die erste Zusammenarbeit der Völker, die später gemeinsam die Föderation der Planeten gründen sollten.
Es sollte auch eine fünfte Staffel geben, die sich mit dem Irdisch-Romulanischen Krieg befassen sollte, aber leider wurde "Enterprise" dann doch wegen zu geringer Einschaltquoten eingestellt.
Eigentlich sehr schade, den es gab doch mitunter Zuschauer die durchaus begeistert von der Serie waren und die Absetzung mehr als nur bedauerten. 

Diese Enterprise war die erste, die im Pilotfilm direkt vom Stapel lief. (Bild: Memory Alpha)
Die Crew der NX-01. (Bild: Memory Alpha)

Das Modell

Mit der XL-Version gibt es mittlerweile vier Inkarnationen der Enterprise NX-01. Die erste war das Standardmodell aus Ausgabe 3. Dann folge noch die Variante aus dem Spiegeluniversum und als Sondermodell eine Version, wie das Schiff in der geplanten fünften Staffel hätte aussehen sollen.
Die aktuelle Version der Enterprise dürfte auch wohl die letzte von Eaglemoss sein und, wie es der Titel verrät, auch die größte. Denn was diese angeht, ist das XL-Modell fast dreimal so groß wie das aus Ausgabe drei und doppelt so groß wie die Refit-Version.
Das Modell besteht natürlich größtenteils aus Metall. Lediglich die Warpgondeln sind aus Kunststoff und sind mit den roten und blauen Klarteilen genauso gestaltet wie die bei den kleineren Modellen. 
Besonders schön anzusehen ist der metalische Grundton, mit dem das Modell lackiert wurde und selbstverständlich fehlt auch das Aztec-Muster nicht. 
Leider gibt es auch einige Kritikpunkte. So hätte man doch bei dieser Größe die Impulsantriebe mit Klarteilen darstellen können. Sämtliche Fenster sind zwar vorhanden, aber wurden auch bei diesem Modell diese nicht ausgemalt und ein besonderes Fenster fehlt komplett:
Das von Captain Archers Bereitschaftsraum.
Die wohl größte Enttäuschung ist schon wieder der Hauptdeflektor. Wieso fällt es Eagelmoss so schwer bei Modellen der NX-Klasse diesen ansehnlich zu gestalten?
Dieses kümmerliche Teil da am Bug hätte man bei dieser XL-Version doch deutlich besser umsetzten können.


So gut wie alle Fenster sind vorhanden, aber nicht ausgemalt.
 
Der Deflektor ist mal wieder ein Armutszeugnis.


Auch die Impulsantriebe hätte man bessert darstellen können.

Immerhin haben die Gondeln gute Klarteile erhalten.



Die Halterung

Auch hier wird das hintere Ende der Untertasse in die Halterung geschoben. Aber bei dieser Version sitzt das Modell ziemlich locker und kann sehr leicht hinausfallen.





Ein Vergleich

Besonders hier lohnt es sich die Versionen der Enterprise mal zusammenzustellen. Dabei ist die XL-Version das größte Modell der NX-Reihe.



Begleitheft

Das Begleitheft beschäftigt sich im ersten Artikel damit, wie die Serie entwickelt wurde. Man erfährt z.B. den Grund warum die Serie futuristischer aussah, als die erste Star Trek Serie. Man wollte es möglichst "cool" aussehen lassen, um heutige Zuschauer zufrieden zu stellen. Gleichzeitig versuchte man aber auch ein Retro-Design zu schaffen.
Die folgenden Seiten befassen sich mit den Hautcharakteren der Enterprise. Der letzte Artikel informiert den Leser über technische Details der Serie. So war dies die erste Star Trek Serie in der alle Schiffe und Weltraumszenen am Computer erschaffen wurden, denn hier wurden keinerlei Studiomodelle mehr verwendet.

 

Spezifikationen

 

Daten zum Modell

 

L x B: ca. 220 mm x 128 mm
Höhe mit Stand: ca 70 mm
Material: Kunststoff und Metall
Hersteller: Eaglemoss Collections 2017


Bewertung und Fazit

Einerseits ein cooles Modell der NX-01 im Großformat, aber andererseits bedient es die selben Kritikpunkte wie die schon vorhandenen Versionen. Eigentlich sehr schade, denn ohne diese wäre dieses Modell ein Highlight.







Montag, 20. November 2017

Eaglemoss XL-Edition Nr.2: U.S.S. Enterprise NCC-1701-D

Einleitung

Seit fünfhundert Jahren wurde jedes Schiff, das den Namen Enterprise trug, zur Legende. Bei diesem ist es nicht anders.“
Dieses Zitat stammt aus der TNG-Episode "Wem gehört Data?" und scheint sich, wohl auch unbewusst auf die ganze Serie "The Next Generation" zu beziehen. Redet man heute von der Vorgängerserie "Star Trek", oder umgangssprachlich einfach als "die Originalserie", bezeichnet, wird diese als der Star Trek-Klassiker schlechthin bezeichnet. Aber mittlerweile kann man den Nachfolger wohl auch in diese Sparte schieben. "The Next Generation" hatte seine Ur-Premiere 1987, was schon mittlerweile über dreißig Jahre her ist. Hauptprotagonist dieser Serie ist natürlich die Enterprise-D, die das erste hochmoderne Raumschiff nach Captain Kirks Enterprise darstellt. 'Groß' und 'sehr elegant' beschreiben dieses Schiff recht simpel, das aus der Ideenschmiede des Designer Andrew Probert stammt. Legendär ist wohl auch bis heute die Idee mit der Autoseparation der Untertassensektion, die aus der Enterprise-D zwei Schiffe macht.
Ich glaube es tat vielen Trekkies in der Seele weh mit anzusehen, wie dieses Schiff, das die Fans in sieben Staffeln TNG mitbegleitete, im Film „Treffen der Generationen“ zerstört wurde. Aber dafür trat an seiner Stelle ein Nachfolger, der in Sachen Größe und Eleganz genau diese Eigenschaften erfolgreich fortsetze.

Die Enterprise, im Jahr 2364, kurz vor dem Start zu ihrer ersten Mission. (Bild: Memory Alpha)

Sieben Jahre später wird das Flaggschiff der Sternenflotte schließlich zerstört. (Bild: Memory Alpha)

Das Modell 

Seien wir mal ehrlich: Das schon fast perfekte Modell der Enterprise-D aus Ausgabe 1 war für viele schon der Anreiz schlechthin die Reihe fortzusetzten und die Schiffe zu sammeln. Allein dieser Begeisterung verdanken wir heute dieses große XL-Modell der D. 
Wie das kleine Modell besteht auch das große aus zwei Materialien. Antriebssektion und Warpgondeln aus Kunststoff, die Untertasse aus Metall.
Im Unterschied zur Version aus Ausgabe eins hat man sich beim XL-Modell für eine andere Farbgebung entschieden; war die eine in einem hellgrauen Grundton lackiert, verwendete man für das Großmodell einen hellblauen, ähnlich der Nebula-Klasse. Was auch auffällt ist das optisch deutlich hervortretende Aztec-Muster auf der Hülle. Durch die Größe des Modells lässt sich eine enorme Detailvielfalt darstellen, die das Modell einfach nur zu einem optischen Highlight macht. Angefangen mit den hunderten aufgedruckten Fensterreihen, über die zweifarbige Registrierung bis hin zum Sternenflottenlogo.
Kritisieren könnte man lediglich, das der Hauptdeflektor nicht mit einem Klarteil dargestellt wird. Aber wozu auch?
So wie er hier gestaltet wird, naja, das geht schon in Ordnung. Und ich glaube eine zweifarbige Deflektorscheibe wäre mit einem Klarteil auch nicht möglich, sondern einfach nur trostlos blau. Zum Vergleich sollte man sich das so vorstellen wie bei den Modellen der Enterprise (2009) und der USS Kelvin. Nichtsdestotrotz hätte Eaglemoss den Deflektorbereich besser darstellen können. Wie es besser hätte aussehen können zeige ich am Ende des Beitrags😉.
Apropos Klarteile, natürlich hat das Modell welche. Die Bussardkollektoren und der Impulsantrieb der Antriebssektion in Rot und die Warpfeldgitter natürlich in Blau. Aber warum gibt es keine Klarteile für die Impulsmotoren der Untertasse?
Das wäre schon allein deshalb nicht gegangen, weil der Diskus aus Metall gegossen ist.

Alle Fensterreihen, Aztekmuster, und Beschriftung wurden sehr gut umgesetzt.

Kein Klarteil beim Hauptdeflektor. Ist zwar nicht schlimm, hätte aber besser aussehen können.

Klarteile wurden aber dafür bei den Warpgondeln und dem Hauptimpulsantrieb verwendet.

Die Halterung

Man könnte sagen, das diese ebenfalls eine XL-Version der Halterung für das kleinere Modell darstellt. Einziger Unterschied: Um das Gleichgewicht zu halten hat die Halterung für das Großmodell ein Podest mit der Öffnung ganz hinten.



Ein Vergleich

Auch hier lohnt es sich die beiden Versionen mal nebeneinander zu stellen.

Schon beachtlich der Größenunterschied.

Begleitheft

Der erste Artikel berichtet von den  Anfängen der zweiten Star Trek-Serie "The Next Generation", die mit der Episode "Der Mächtige" am 28. September 1987 ihre Premiere hatte. Der Leser erfährt z.B. wie die Kulissen und die vielen Requisiten entstanden sind. Angefangen über die Brücke, das Holodeck, den Handphasern, den Kommunikatorpins, die Uniformen und den Tricordern. Es war die erste Star Trek-Serie mit einem Budget, die eine besondere Liebe zum Detail zuließ. Bis zu ihrem Ende wurde diese Enterprise immer durch ein Studiomodell dargestellt. Selbst der spektakuläre Absturz der Untertasse wurde mit einem riesigen Modell gefilmt, das extra für diese Szenen angefertigt wurde. Die letzten Seiten befassen sich mit einem Dossier über die Hauptcharakter der Serie.


Das Untertassenmodell, das zum Filmen des Absturzes benutzt wurde. (Bild: Memory Alpha)

Spezifikationen

 

Daten zum Modell

 

L x B: ca. 220 mm x 159 mm
Höhe mit Stand: ca 93 mm
Material: Kunststoff und Metall
Hersteller: Eaglemoss Collections 2017


Bewertung und Fazit


TNG-Fans, die ein gutes Modell der Enterprise-D suchen, werden mit dem XL-Modell nicht enttäuscht werden.




Nachtrag


Apropos Deflektor, ich kam doch nicht drumherum zu versuchen diesen doch besser zu gestalten. Mit den farben "holzbraun, dunkel" und "lichtblau" wurde der Hauptdeflektor meines Modells neu bemalt.

Die Vorlage. (Bild: Memory Alpha)

Und das Modell nach dem Bemalen.