Da dieses Comic noch nicht erschienen ist, habe ich es mal hier statt auf meinem
Block angesprochen.
Das Star-Trek-Universum hat viele Facetten. Und viele Fans. Viele verschiedene Fans, die verschiedene Dinge mögen.
Die einen sympathisieren beispielsweise am meisten mit der
klassischen Serie, die einen Meilenstein in der Fernseh- und Science-Fiction-Geschichte bildet. Andere bevorzugen "
Das nächste Jahrhundert", mit dem sie aufgewachsen sind. Wiederum andere sind fasziniert vom Kriegsgeplänkel oder Seifenopercharakter in "
Deep Space Nine", während merkwürdigerweise das Gros der weiblichen Fans "
Voyager" zu bevorzugen scheint.
Nur ein unerschütterlicher Haufen besonders hartnäckiger Fans zählt hingegen '
Enterprise' zu seinen Favoriten.
Was nach den ersten beiden vergleichsweise drögen Staffeln nachvollziehbar erscheint, verliert jedoch ab der
dritten, endgültig aber mit der
vierten Staffel an Gewicht, denn ab diesem Zeitpunkt begann die Serie tatsächlich, Fahrt aufzunehmen. Augments, Spiegeluniversum und Augment-Klingonen!
Direkt schade, dass 'Enterprise' unmittelbar danach abgesetzt wurde.
Schließlich bargen die
Pläne für die fünfte Staffel, die im Jahr 2005 gedreht worden wäre, einiges an Potential:
Die Frühgeschichte der
Föderation und der Weg in den
Krieg zwischen
Erde und dem
Romulanischen Sternenimperium sollten genauso skizziert werden wie ein erster Kontakt mit den aus
TAS mehr oder weniger bekannten
Kzinti.
Personen wie die
Borg-Königin oder
Flint sollten genauso ausgebaut werden wie serieneigene Charaktere wie der "
Future Guy" oder
Shran (der sogar in die Brückencrew integriert werden sollte).
Am abenteuerlichsten war allerdings ein Vorschlag von
Russell Davies, einem walisischen Produzenten, der zu dieser Zeit mit der Neuauflage eines britischen Serienklassikers beschäftigt war: Doctor Who.
Davies schlug ein Crossover zwischen beiden Serien vor, das auch bei den Produzenten in den USA auf offene Ohren stieß:
" [...]
back in 2004, a Doctor Who/Star Trek crossover was seriously on their list of plans, until 'Enterprise' was axed."
Meine (zugegebenerweise recht freie) Übersetzung:
"[...]
damals, im Jahr 2004, spielte ein Doctor Who/ Star Trek Crossover eine ernsthafte Rolle in ihrer Planung, bis Enterprise schließlich doch abgesetzt wurde."
Eine solche Zusammenarbeit wäre durchaus von beiderseitigem Nutzen gewesen. Die junge Neuauflage der britischen Kultserie hätte genauso von der Publicity auf dem US-Fernsehmarkt profitieren können, wie die vom Damoklesschwert der niedrigen Einschaltquoten bedrohte Serie.
Doch Pustekuchen!
Zu diesem mutigen Gemeinschaftsprojekt ist es auf der Leinwand nie gekommen.
Doch sieben Jahre später schickt sich ein Comic etwas verspätet an, diesen Missstand zu korrigieren:
Bildquelle:
bleedingcool.comNatürlich bleiben da widerwillige Wortmeldungen aus den diversen und so verschiedenen Star-Trek-Lagern nicht aus. Auf den Kommentaren bei
trekmovie, verschiedenen Facebookseiten oder
Trek bbs kann man abwechselnd lesen, dass statt TNG die klassische Serie oder Deep Space Nine viel besser geeignet gewesen wären, um den Rahmen für dieses Gastspiel der besonderen Art zu bieten.
Andere vergleichen das mutige Werk als eine ebenso wertvolle Kombination wie die von Lachs mit Erdnussbutter (
trekmovie Beitrag I, Kommentar #65), Fischstäbchen mit Vanillesoße (
trekmovie Beitrag I, Kommentar #80, allerdings müsste es korrekt "fish fingers" statt "fish sticks and custard" heißen) oder Bier mit Wein (
trekmovie Beitrag II, Kommentar #41).
Dabei sind solche "Kreuzungen" keine Erfindung aus dem Nichts. Bereits seit 1982 gibt es einen inoffiziellen Doctor-Who-Roman,
der beide Universen zusammenführte. Nicht zu vergessen sind auch die Comics, in denen Star Trek eine Symbiose mit der '
Legion of Superheroes' oder
den X-Men einging.
Bildquelle:
memory-alpha.orgAndere viel kritisierte Aspekte des Comics sind in meinen Augen aber nur logisch und konsequent.
So werden die
Cybermen neben die Borg gestellt - ein Eindruck, der sich mir ohnehin in der Episode "
Army of Ghosts" aufdrängte. Eine nette Geste, zumal die Cybermen bereits zweiundzwanzig Jahre vor den Borg im Schwarz-Weiß-Fernsehen zu sehen waren und damit die Ursprungsidee wohl eher diesseits des großen Teiches zu suchen ist.
Ein weiterer häufiger Kritikpunkt, nämlich die Auswahl TNGs als Handlungsort, ist ebenfalls nur logisch, denn als die erste Doktor-Who-Serie 1989 eingestellt wurde, hatte die Neuauflage von Star Trek auch im britischen Fernsehen bewiesen, dass sie längst neue Standards für Science Fiction gesetzt hatte. Auf der Insel erfreute sich die runderneuerte Star-Trek-Serie großer Beliebtheit, wie man
etwa im Interview mit
Noel Clarke erahnen kann, der
mittlerweile in beiden Franchises seinen Platz gefunden hat.
Doch während Star Trek es in der Folgezeit versäumte, sich entscheidend weiterzuentwickeln (in den verschiedenen Serien gleichbleibende Konzepte, die gleichen Produzenten, zu oft die selben Ideen), gelang mit der 2005er Neuauflage von Doctor Who nicht nur ein fulminanter Neustart, sondern auch ein von cleveren, aufeinander aufbauenden Geschichten am Leben gehaltenes modernes und spannendes Format.
Eine Rückbesinnung auf TNG ist daher eher als Geste zu verstehen; ein respektvoller "
tip of the hat", wie Briten zu sagen pflegen.
Darüber hinaus ist "Assimilation²" nicht nur, wie in den Kommentaren gern behauptet wird, eine fixe Idee, die der Anhäufung von Bargeld dienen soll, denn der verantwortliche Comicbuchverlag
IDW ist langjähriger Inhaber der sicherlich nicht gerade für ein
Apfel und ein
Ei verhökerten Rechte für Star Trek und Doctor Who. Außerdem hat er mit den Gebrüdern Tipton ein bewährtes Team von Storyschreibern, die an diesem Projekt ebenfalls mitbeteiligt sind. David und Scott glänzen zudem vor allem dann, wenn sie in der Lage sind, etwas außerhalb des normalen Star-Trek-Universums tätig zu werden - nicht von ungefähr war das im fiesen Parallel-Universum angelegte "
Spiegelbilder" ihre bislang beste Arbeit.
Damit sind wir allerdings auch schon bei den Gegenargumenten angekommen, denn die Tiptons haben nicht nur gute Arbeiten abgeliefert. "
Countdown", "
Tor zur Apokalypse" oder "
Spock" waren nicht unbedingt die größten Machwerke aus der Feder Tiptons und es bleibt nur zu hoffen, dass ihnen die Gratwanderung gelingt, ein Comic zu schaffen, in dem die TNG-Crew gleichberechtigt neben einem so präsenten Charakter wie dem Doktor stehen kann. Immerhin suggeriert das Cover bereits jetzt, dass es ein Who-Abenteuer wird, in dem Star Trek nichts weiter als ein nettes Setting ist.
Zudem hat es im Who-niverse
bereits mehrere Anspielungen auf Star Trek gegeben, die letztere Franchise eindeutig als fiktional brandmarkten ("
Empty Child", "
Closing Time" oder "
The God Complex") - ein Umstand, der nicht gerade dafür spricht, dass beide Welten so einfach miteinander verbunden werden können.
Bildquelle: eigens erstellter Screenshot
Am schlimmsten wiegt jedoch, dass
Matt Smith den Doktor verkörpert, der auf die
Enterprise-D reisen wird. Es trifft nicht von ungefähr den allgemeinen Konsens, dass der zehnte Doktor, verkörpert von
Neil, ähm
David Tennant, die bessere Wahl gewesen wäre, zumal er bereits mit
Patrick Stewart für eine BBC-Adaption von "
Hamlet" zu sehen war.
Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass auch
Cross Cult trotz der mangelhaften Absatzzahlen bei Star-Trek-Comic-Verkäufen dieses besondere Crossover dem Deutschen Leser zugänglich macht, denn die gleichen Argumente, die bereits 2005
CBS zu einer Kooperation mit der
BBC hätten bewegen sollen, kann man auch hierzulande nicht von der Hand weisen:
Doctor Who entstaubt das träge Star Trek ein wenig, während Star Trek im Gegenzug der zu Unrecht noch immer als schrullig verschrienen britischen Serie wohlverdientes internationales Flair zukommen lässt. Es könnte ein Comic-Highlight werden, das mehrere potentielle Käuferschichten anspricht. Ein Comic - also keinen Kanon, den man auf Teufel-komm-raus vor Unreinheiten bewahren muss.