Star Trek kann man derzeit unheimlich viele Dinge vorwerfen. Aber Eines sicher nicht: Belanglosigkeit. Ich muss auch in diesem Artikel noch einmal feststellen, dass man sich über
Into Darkness vortrefflich streiten kann. Unter diesem Blickwinkel werde ich nun auch versuchen, die Vorgeschichte zum Film zu beleuchten. Ähnlich
wie zur Zeit des elften Kinofilms gab es auch hier eine Veröffentlichung in Comicform.
Star Trek: Countdown to Darkness
Als Grundlage meiner Kritik wäre zunächst der Comic selbst zu nennen und des Weiteren eine Kritik die sich derzeit auf
tagesspiegel.de wiederfindet. 'Countdown to Darkness' knüpft an einige Stränge aus dem elften Kinofilm an, ohne sie zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Spock hat noch immer mit der
Zerstörung Vulkans zu kämpfen. Dieses Ereignis belastet seine Beziehung mit Uhura. Im Film kann man schlussendlich die Kulmination dieser Ereignisse im Streit
Spocks mit Uhura begutachten. Das ist einer von vielen logischen Handlungssträngen, die im Film fortgeführt werden.
"Das wichtigste zuerst: Das neue Comicbuch "Star Trek - Countdown to
Darkness" gibt vor, etwas zu sein, was es nicht ist. Bis auf einen eher
läppischen Ausblick auf der allerletzten Seite ist es mitnichten die
Vorgeschichte des neuen Star Trek Films "Into Darkness",
der derzeit im Kino läuft. Eine echte Vorgeschichte des Films wäre -
Achtung, Spoiler - eine Story über Khan gewesen, den genmanipulierten
Superkrieger und Diktator von der Erde, der erstmals in der klassischen
TV-Serie Raumschiff Enterprise auftauchte und dann noch einmal im
zweiten Teil der Spielfilmserie von 1982 "Der Zorn des Khan", der vielen Fans des Franchise noch immer als der beste aller bisherigen zwölf Filme gilt."
Zitat stammt von Ingo Bach (
tagesspiegel.de)
Ein Prequel mit Khan wäre sicher schön gewesen, aber zugleich auch schwierig geworden. Khan begegnet Kirk im Film zum ersten Mal. Über die Zeit Khans als Diktator ist so gut wie nichts bekannt und man hätte einen Prequel rein über die Eugenischen Kriege machen müssen, um eine solche Vorgeschichte zu liefern. So wären einige interessante Begebenheiten auf der Strecke geblieben. Doch zunächst ein kurzer Handlungsabriss.
Kirk entdeckt auf Phaedus ein hochfrequentes Energiefeld, das bei vorherigen Messungen nicht vorkam. Diese Veränderung möchte der Captain höchst selbst untersuchen. Die Phaedaner stehen auf der Entwicklungsstufe mit dem römischen Imperium antiker Zeit. Ein solches Energiefeld ist für eine Prä-Warp-Zivilisation ungewöhnlich. Kirk findet heraus, dass ein Sternenflottenoffizier dahinter steckt:
Robert April. Phaedus befindet sich im Bürgerkrieg. April hat eingegriffen, da die Klingonen eine Seite mit neuester Waffentechnologie beliefert haben. Er verletzte absichtlich die Oberste Direktive um den unterlegenen Phaedanern zu helfen. Er selbst erhält sein Waffen von der bajoranischen Schmugglerin Mudd. In welchem Verhältnis die Bajoranerin zum
TOS-Mudd steht, wird nicht erwähnt. April wird auf die Enterprise gebracht und es gelingt ihm, diese durch ein altes Protokoll zu übernehmen. Kirk kann jedoch die Enterprise wieder zurückerobern und den Krieg der Föderation mit den Klingonen verhindern.
Kirk kann Aprils Handlungen zwar nachvollziehen, ist aber nicht bereit, die Enterprise gegen die Phaedaner einzusetzen. Im Prinzip steht eine moralische Frage am Ende der Geschichte doch im Raum: Wie geht ein Captain der Sternenflotte mit der
Obersten Direktive um, wenn diese bereits von einer anderen fortgeschrittenen Zivilisation verletzt wurde? Kirk entschiedet sich gegen den Krieg mit den Klingonen und lässt die Phaedaner somit im Stich. Die andere Seite dieser Frage wird versucht mit Aprils Handlungen zu beantworten, der aktiv in diesen Konflikt eingreift, entgegen jeglicher Sternenflottenprotokolle. Kirk bezweifelt die Wirksamkeit der Direktive in diesem Fall. So wird seine Vorgehensweise am Anfang von "Into Darkness" nachvollziehbar gemacht.
Bei aller Kritik, die man der Handlung sicher vorwerfen kann, muss man eingestehen, dass teilweise in sich geschlossener wirkt als der zwölfte Film. Im Comic lässt sich mehr Star Trek vorfinden als im Film. Das lässt sich immer so einfach sagen, aber die Darstellung, bzw. der Umgang mit der Obersten Direktive ist ein Beispiel. Kirks zwiegespaltenes Verhältnis und zum Teil lockere Umgang mit dem Protokoll und Aprils Handlungen als Gegenfolie hätten Raum für noch mehr Konflikt gelassen. Ein Comic bietet jedoch nicht genüg Platz dafür. Da April den Föderationsgerichten überstellt wird, bleibt aber noch genügend erzählerischer Raum, der eine Rückkehr nach Phaedus nicht ausschließt.
Spocks eigenmächtige Handlungen sind nicht nur ein Problem für Kirk. Erwähnung findet hier unter anderem der Vorfall mit dem Shuttle Galileo (
TOS: Notlandung der Galileo 7), bei dem Spock logisch aber eben eigenmächtig vorgeht. Uhura macht sich Sorgen um ihren (Noch-) Lebenspartner. Er blockiert ihre Versuche, ihn mit tröstenden Worten zu erreichen. Im Film kommt es deswegen zum Streit, der nun auch konsequent erscheint.
"Und es gibt auch den einen rot gedressten Crewman, der den Captain bei
seinem Planetenausflug begleitet. Diese Typen im roten Shirt der
Mannschaftsdienstgrade an Bord - im Gegensatz zu den goldenen und blauen
der höheren Ränge - gab es schon in den Tagen der klassischen
Star-Trek-Fernsehserie als Begleiter bei Außeneinsätzen. Dort hatten sie
maximal einen Vornamen und mussten relativ schnell sterben, um eine
Gefahr für die Serienhelden zu demonstrieren. Im Comic bekommt diese
eine Figur nun einen Nachnamen - und überlebt sogar."
Zitat stammt von Ingo Bach (
tagesspiegel.de)
Ist es besser, wenn das Redshirt gestorben wäre? Sind solche Handlungsideen nicht mittlerweile so alt wie TOS selbst? Es kann darauf kein Richtig oder Falsch geben. Hendorff taucht im Film wie im Comic auf. Ich finde es nicht fatal, dass er am Leben bleibt. TOS hatte einige Nebencharaktere, die nicht zur Hauptcrew zählten, wie z.B.
Janice Rand oder
Christine Chapel. Warum sollte das in den neuen Filmen nicht mal ein Redshirt sein? Hendorff war übrigens der Herr, der Kirk im elften Film in der Bar vermöbelt hat, und ihn nach dem Transwarpbeam auf der Enterprise gefangen nimmt.
"Elemente der klassischen Serie dienen dem Comic allenfalls als
schmückendes Beiwerk, um den treuen Star-Trek-Fans kleine Schmankerl zu
bieten [...]."
Zitat stammt von Ingo Bach (
tagesspiegel.de)
Das gehört zum Fanservice dazu und ich sehe das nicht als kritikwürdig an. Insgesamt kritisiert Bach, dass hinter Action im Comic die Story auf der Streck bleibt. Eine Kritik, die vor dem Hintergrund der Geschichte, dem Zusammenhang mit dem Film und der moralischen Frage nicht haltbar ist. Der Autor ist dem Leser zudem schuldig, was genau er als Idee Gene Roddenberrys ansieht und inwiefern in
Countdown to Darkness von Roddenberrys Vision abgwichen wurde. In Bezug auf TNG und Voyager mag das sicher stimmen, aber sowohl
Into Darkness als auch das Comic-Prequel nehmen stark Bezug auf Elemente in DS9, ENT (Stichwort: Krieg gegen den Terror) und natürlich auf TOS (Khan, eugenische Experimente usw.). J.J. Abrams hat seine eigene Vorstellung von Star Trek. Dass man hin und wieder gewisse Elemente aus Star Wars aufblitzen sieht, finde ich sogar vertretbar. Vergleichen würde ich beide Franchises deswegen nicht. Der Autor tut das trotzdem:
"Star Trek nähert sich immer mehr der konkurrierenden Reihe Star Wars an.
Das gilt auch für den Comic, nicht nur wegen der Klingonen, die durch
die neu eingeführten Helme den Imperialen Sturmtruppen des
Star-Wars-Imperators oder den dort ebenfalls auftretenden Kopfgeldjägern
ähneln. Das gilt auch und besonders für die Freude der Autoren an
martialischer Action, vielen Explosionen und Lichtschüssen."
Zitat stammt von Ingo Bach (
tagesspiegel.de)
Über die Helme und die Stirnwülste lässt sich streiten. '
Ich meine es irgendwann einmal gehört zu haben' (der war für Baldavez), dass Klingonen sich in den stirnflachen Zeiten auch kosmetischen Behandlungen unterzogen haben um wieder an ihr Ursprungsaussehen zu kommen. Vielleicht kann mir das jemand bestätigen oder das Gegenteil belegen. Und die Helme: Ach Gott, wenn man sonst nichts zu kritteln hat, dann müssen eben die Kostümbildner dran glauben. Zur Action: Es wird erstaunlich wenig Handlung über die Explosionen getragen. Sie sind schmückendes Beiwerk und verdeutlichen die Bedrohung des Bürgerkrieges auf Phaedus. Das hin und wieder Phaserschüsse fallen, ist normal. Auch oder gerade für Star Trek.
Fazit: Über die Zeichnungen kann man sicher sagen, dass sie nicht die Besten sind, und da sicherlich mehr Zeit beim Artwork sinnvoll gewesen wäre. Die Handlung entschädigt aber vollkommen dafür. Zudem wird der derzeitige Film mit dem Comic gut eingeleitet, ohne wirklich allzu viel vorweg zu nehmen. Also alles in allem halte ich den Comic für gelungen und für Fans attraktiv und lesenswert. Die Kritik von Ingo Bach ist für mich nicht nachvollziehbar, habe ich doch manchmal beim Lesen des Artikels das Gefühl gehabt, dass er sich zu sehr am zurzeit sehr breiten Kritikmainstream in Sachen 'Star Trek' anlehnt und den Comic deswegen vorverurteilt, ohne tatsächlich die Handlung verstanden zu haben.