Teil 1 einer wöchentlichen, sechsteiligen Kolumne
Unter amerikanischen Serienliebhabern
kursiert eines der schrecklichsten Schimpfwörter, die ein
Serienproduzent sich vorstellen kann. Es heißt "Jumping the
Shark" und beschreibt den Moment, in der eine Serie den Zenit
ihrer Kreativität überschreitet und beginnt, sein Publikum immer zu
weniger zu interessieren, so dass es allmählich das Interesse daran
verliert, ihr weiter zu folgen.
Der Ausdruck stammt ursprünglich aus
einer der erfolgreichsten Fernsehproduktionen überhaupt. Sie hieß
"Happy Days" und glorifizierte das Leben in der USA um die
Fünfziger und Sechziger Jahre. Die älteren Leser unseres Blogs
werden sich eventuell erinnern, dass "Happy Days" 1985 auch
auf dem damals noch jungen Sender Sat.1 lief; den jüngeren könnte
das Format aus der ein oder anderen Wiederholungswelle auf Kabel Eins
bekannt sein.
Zuerst als heimlicher Antiheld, mit
weiterem Verlauf der Serie immer mehr als Hauptstar der Serie
gefeiert wurde der von Henry Winkler verkörperte Arthur Herbert
"Fonzie" Fonzarelli. Als der populäre und unglaublich
coole Charakter mit Lederjackenfetisch in Staffel fünf (von
insgesamt elf) auf Wasserski den todesmutigen Sprung über einen
eingesperrten Hai sprang, kreierte er damit, ohne es zu wissen, einen
eingängigen Fachterminus. Der Internetkolumnist Jon Hein prägte mit
einem Studienfreund die Phrase "Jumping the Shark" in Bezug
auf den langsam einsetzenden Niedergang einer Fernsehserie und
eröffneten eine gleichnamige Website, die verschiedene Serie unter
diesem Aspekt betrachtete und dem Begriff daraufhin eine weite
Verbreitung bescherte. Nachdem der Betreiber jedoch die erfolgreiche
Seite verkaufte, geriet sie ihrerseits ebenfalls auf einen
absteigenden Ast. Mittlerweile wird der Begriff nicht nur auf
Fernsehserien, sondern auch auf Websites, Personen, Computerspiele,
technische Geräte oder Marken übertragen.
Doch bei aller Eingänglichkeit des
Begriffs zieht er auch einige Kritik auf sich. Die Episode "Fonzie
in Hollywood, Teil III" ("Hollywood: Part 3") war mit
knapp 30 Millionen Zuschauern nicht nur eine der erfolgreichsten
Shows bis dato, sondern "Happy Days" büßte auch bis weit
über die Folge hinaus nichts an seiner Popularität ein. Fred Fox Junior, der Autor von "Fonzie in Hollywood" wehrte sich entschieden dagegen, dass ausgerechnet das von ihm verfasste Script
zum Ausgangspunkt einer solchen Einteilung herangezogen wurde.
Aus diesem Grund hatten bereits Jon
Hein und andere Autoren mehrere augenscheinliche Merkmale
zusammengefasst, an denen sich punktuell festmachen lässt, wann eine
Serie erste Symptome dafür zeigt, diesen knorpelfischverseuchten
Rubikon zu überschreiten. Nach einer Auflistung der zu dieser Thematik besonders empfehlenswerten Webpräsenz von "TV Tropes"
(und natürlich aus der in Jon Heins Buch "Jumping the Shark")
wollen wir an dieser Stelle einmal einen genaueren Blick auf diese
Kennzeichen werfen, die nach Besetzungswechsel, Charakterentwicklung,
Handlungsentwicklung, Kunstgriffe und Produktionsentwicklungen
sortiert werden können (die genauen Bezeichnungen für jeden Punkt sind allerdings von mir
persönlich frei erfunden, um damit in den kommenden Wochen besser arbeiten zu können).
1. Besetzungswechsel
Rauswurf eines Hauptcharakters. Ein
beliebter Charakter wird aus der Serie entfernt. Besonders, wenn es
zu einem herzlosen, unbefriedigenden oder kaum nachvollziehbaren
Ausstieg kommt, fehlt dem Zuschauer dafür zuweilen der Zugang.
Häufig wird dabei ein ruhiger, friedvoller und introvertierter
Frauen-Charakter abgesäbelt, den die Produzenten durch eine
attraktivere Person mit mehr Sex-Appeal austauschen wollen. Manchmal
liegen die Gründe auch darin, einen Charakter mit besseren
Erzählmöglichkeiten auszustatten oder durch jemanden zu ersetzen,
dessen schauspielerisches Potential höher ist.
Die große Lücke. Die Produzenten
haben einen Charakter als Nachfolger installiert, der dem Anspruch,
der Qualität oder den Leistungen seines Vorgängers
hinterherhinkt.
New Kid. Ein neuer Charakter
wird in der Serie untergebracht, der – aus welchen Gründen auch
immer – den Hass der Fans auf sich zieht. Manchmal wird aber auch
einfach nur auf Biegen und Brechen versucht, einen weiteren
Darsteller in der Schauspielerriege unterzubringen, ohne dass allzu
viel Rücksicht auf Glaubwürdigkeit, bestehende
Figurenkonstellationen oder gar Notwendigkeit für diesen Schritt
geübt wird.
Pubertät. Einer der jungen Hauptdarsteller, beginnt plötzlich erwachsen zu werden. Symptome für diese Entwicklung sind u. a. Stimmbruch, plötzliches Absinken des Niedlichkeitsfaktors oder Installation eines neuen, jüngeren Darstellers, der das entsprechende Zielpublikum bei der Stange halten soll.
Zuwachs. Die Geburt eines Kindes
stellt die Chemie einer Serie auf den Kopf und führt mitunter in
eine völlig neue Richtung. Nicht selten gelangt der Nachwuchs auch
ohne die unmittelbare Kenntnisse der Erzeuger in die Serie oder stößt
erst dann zur Hauptbesetzung, wenn keiner mehr mit ihm rechnet.
Richtungswechsel. Ein Charakter, der
für die Chemie der Serie eine zentrale Rolle spielt, wird entfernt,
woraufhin sich der Fokus der Serie verlagert.
Das zweite
Gesicht. Obwohl der Darsteller wechselt, bleibt die Rolle allen
Unähnlichkeiten zum Trotz die selbe. Zuweilen wird dieses Thema aber
auch aufgeweicht, indem es zwar unterschiedliche Darsteller und
Charaktere gibt, aber die Anlage der Charaktere auffällige
Ähnlichkeiten birgt.
2. Charakterentwicklung
Autorenliebling. Verhasste
Charaktere bekommen zusätzliche Aufmerksamkeit und auch wenn es
zuweilen hilfreich scheint, die ein oder andere Facette zur Rolle
hinzuzufügen, enden die Versuche meist damit, das er nur umso mehr
zu einem Spielzeug der Drehbuchschreiber mutiert.
Substanzverlust.
Die Tiefe eines bereits etablierten Charakters verflacht zusehends,
so dass alle zuvor gewonnenen Errungenschaften des selben hinfällig
erscheinen. Die kann zur Folge haben, dass sich die Fans von diesem
abwenden.
Beziehungsschwierigkeiten. Das
offizielle Pärchen der Serie löst die vorhandenen sexuellen
Spannungen zu früh auf und vergrault damit Zuschauer, die eigentlich
durch dieses Spannungselement bei Laune gehalten wurden.
3.
Handlungsentwicklung
Plötzlicher Richtungswechsel. Die
Rahmenbedingungen einer Serie werden urplötzlich durch einen Umzug
oder einen Berufswechsel radikal geändert.
Durststrecken.
Eine Serie läuft zu lange vor sich hin, ohne irgend eine Form von
Fortschritt, Entwicklung oder Auflösung gibt. Das kann darin liegen,
dass die Serien Lückenfüller einfügt oder zu offensichtlich wird,
dass zu große Schritte in der Handlung dem Ende der Serie zu weit
vorgreifen würden. Es kann beim Zuschauer zunehmend das
frustrierende Gefühl entstehen, dass die Drehbuchautoren hier eine
unabsehbar lange Hinhaltetaktik betreiben, so dass sie das Interesse
verlieren und einfach umschalten.
Achterbahn. Die Show wird
von einer unheimlichen Bandbreite der Gefühle beherrscht, die meist
aus dem Eingreifen von Geldgebern resultieren, die Serie kantiger und
dunkler oder weicher und positiver zu gestalten. Das Resultat ist
eine wilde Achterbahnfahrt auf der emotionalen Skala und
unterschiedlichsten Schattierungen von Antagonisten.
Erhobener Zeigefinger. Einige der
Schreiber bringen zu viel aus ihrer eigenen Persönlichkeit innerhalb
der Serie unter. So können Episoden missbraucht werden, um die
eigenen religiösen, politischen oder philosophischen Ansichten
breitzutreten, ohne dass die Haupthandlung daraus irgendwelche
Vorteile ziehen kann.
Wildwuchs. Die Handlung wird mit
zu vielen unerwarteten Wendungen versalzen, die der Hauptstory
widersprechen, schlecht umgesetzt wurden und/ oder schlichtweg
dämlich sind.
Messlattenhoch. Die Serie erlebt
einen so außergewöhnlich ikonografischen Moment, so dass alles was
folgt, darin scheitert, diesem Qualitätszustand zu
genügen.
Hochzeit. Die endgültige Zementierung einer
Beziehung entfernt die Spannung unwiederbringlich aus der Serie oder
verbaut anderen (attraktiveren) Kombinationen den
Weg.
Trennungsschwierigkeiten. Das offizielle Pärchen (oder
das Nebenpärchen) trennt sich ständig voneinander, nur um schon
bald wieder zusammen zu kommen. Das verschärft nicht nur bei dem
Paar auf unnötige Weise die Konflikte, sondern auch beim
Zuschauer.
Schema F. Die Haupt- und/ oder Nebenhandlungen
beginnen immer mehr vorhersehbar und berechenbar zu werden.
Jumping
the Shark. Die Handlungsstränge und Charakterentwicklungen beginnen
soweit hergeholt zu wirken, dass sie den Zuschauer über dessen
Grenzen der Akzeptanz für Außergewöhnliches beanspruchen und daher
unglaubwürdig wirken.
Schwarzmalerei. Die Überdosis an
dunklen Elementen und nur wenigen Lichtblicken kann dem Zuschauer die
Identifikationsbasis mit den Hauptcharakteren genommen werden,
wodurch sie ebenfalls die Lust an einer Serie verlieren können.
4. Kunstgriffe
Gaststarinflation. Die Serie
beginnt zu sehr, auf attraktive Gastauftritte zu setzen, die jedoch
an der Plausibilität der Serie zerren.
Michael-Bay-Syndrom. Grafische
Spielereien (etwa der extensive Einsatz von 3D, Action und
Explosionen) werden vermehrt genutzt, um von anderen Probleme (etwa
bei der Charakterentwicklung) abzulenken.
Verfrühter Filmeinschub. Der Film
zur Serie wird veröffentlicht, wodurch das Kreativlevel der Serie
ins Wanken gerät. Da clevere Führungskräfte überwachen die
Beliebtheit einer Serie oder Franchise und lassen den Film just in
dem Moment einsetzen, zu dem die Serie ihren absoluten Höhepunkt
erreicht. Dadurch kann man ihn häufig als sicheres Zeichen dafür
werten, dass es von nun an bergab geht.
Jojo-Gefühl. Ein
Haupthandlungsstrang wird aufgelöst, nur um unmittelbar danach
wieder aufgemacht zu werden. Der Zuschauer verliert das Interesse und
die Übersicht – ganz besonders, wenn es wieder und wieder
geschieht.
Urlaub. Manchmal genügt schon eine Ferienreise,
um eine Fernsehproduktion umzukrempeln. Entweder sind sie das
Armutszeugnis einer Drehbuchautorenriege, die keine Ideen mehr hat
oder ein Wendepunkt für den ein oder anderen Charakter.
Heiße
Kartoffeln. Eine bestimmte Idee oder ein ständig wieder
aufgegriffener Witz, die sich beim Publikum großer Beliebtheit
erfreuen, werden zuweilen ohne Erklärung aufgegeben.
Fragwürdige Beförderung. In der Serie
wird ständig betont, wie großartig etwas ist, wobei dann
schließlich nicht deutlich wird, warum dies eigentlich der Fall sein
soll. Zum Beispiel können Charaktere in höhere Ränge befördert
werden, nur um anschließend weniger Spezialausrüstung zu erhalten
und gegen schwächere Gegner zu kämpfen.
Faule Eier. Man
produziert einen Musical-Episode, oder noch schlimmer, eine
Clip-Show.
Unangemessener Aktualitätseifer. Die Serie
versucht auf Biegen und Brechen tagesaktuell zu bleiben, obgleich es
offensichtlich ist, dass die Drehbuchautoren ihrer Zeit mindestens
zwei Jahrzehnte hinterherhinken.
Haarteil. Mit einer grundlegenden
Veränderung im Aussehen eines Hauptdarstellers oder einer
Hauptdarstellerin wird versucht, neue Zuschauerschichten
(üblicherweise im Segment der 14- bis 20-Jährigen) zu
erschließen.
Abkehr von der Nischenunterhaltung. Eine Serie
versucht, massenkompatibler zu werden oder verliert ihren Fokus
dadurch, zu viele Zuschauerschichten gleichzeitig glücklich zu
machen.
Augenwischerei. Eine Show verlässt sich zu sehr auf
vermeintlich quotenbringende Elemente, die allerdings für jeden
erkennbar dazu dienen sollen, die offensichtlichen Defizite der Serie
zu übertünchen. So häufen sich spärlich bekleidete
Hauptcharaktere, um dafür Belohnungszuschauer zu erhalten, oder die
Intensität von Vulgärhumor steigt rapide an.
Schoßtierchen.
Um Defizite in der Hauptbesetzung auszugleichen oder die Abwesenheit
von sympathietragenden Kindern zu übertünchen, müssen zuweilen
Haustiere herhalten, um den Zuschauer bei der Stange zu halten.
Besonders deutliches Anzeichen für den Niedergang einer Serie war
der Einsatz eines Schimpansen.
5. Produktionsentwicklungen
Charlie-Sheen-Syndrom. Einer der
Hauptdarsteller wird in einen handfesten Skandal verwickelt, was mit
der Zeit interessanter wird, als die Serie in der er
mitspielt.
Zeitumstellung. Die Serie wird im amerikanischen
Fernsehen auf eine traditionelle Familienfernsehzeit gelegt, was zur
Folge hat, dass umfangreiche Zensurmaßnahmen die Handlung
beschränken.
Erschöpfter Schöpfer. Der Urheber
einer Serie wird befördert oder verkauft sich zu sehr, was zur Folge
hat, dass er nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Schöpfung
angemessen zu beaufsichtigen. Häufig wird dieser Zeitpunkt von
anderen genutzt, um ihre eigenen Visionen zu
verwirklichen.
Absolutismus. Ein Hauptdarsteller wird entweder
zum ausführenden Produzenten der Serie oder gar zum Produzenten
selbst. Zum Leidwesen der restlichen Darsteller wird es dadurch
häufig zu "seiner Serie", was man auf der Mattscheibe auch
gut erkennen kann.
Vitamin B. Eine wichtige Rolle wird mit
einem Verwandten, Bekannten oder Bettgefährten eines Strippenziehers
hinter der Kamera besetzt, ohne darauf zu achten, wie geeignet oder
ungeeignet die Person für diese Rolle eigentlich ist.
Kreativer Burn-Out. Der Schöpfer einer Serie
ist mit seiner Situation so unzufrieden, dass er absichtlich beginnt,
sein Werk zu sabotieren. Dies kann am ausufernden Fantum, dem zu
starken Eingriff von außen oder privaten Sphären begründet
sein.
Sendeunzeit. Die Serie wird im US-TV-Programm auf eine Zeit gelegt, die weitaus weniger attraktiv für die Zuschauer ist und somit weitere Quoteneinbußen vorprogrammiert sind. Manchmal wird eine Show sogar auf einen anderen, weniger beliebten Sender verschoben.
Musikalischer Neustart. Um einen
dynamischeren Eindruck zu hinterlassen, wird auch gern das Intro
einer Serie überarbeitet, um peppiger, aufregender oder gefälliger
zu wirken.
Anhand dieser Kriterien wollen
wir in der Folge jeden Donnerstag einmal gemeinsam untersuchen,
welche Anzeichen bereits sichtbar waren und ab welchem Zeitpunkt die
einzelnen Star-Trek-Serien den legendären Hai übersprungen haben.
Allerdings wollen wir den Moment des Hai-Sprungs lieber an einer
Folge festmachen, denn wie Hein in seinem Buch "Jumping the
Shark" deutlich beweist, wirkt die alternativlose Suche nach
einem ikonografischen Moment meist zu bemüht um glaubwürdig zu
bleiben.
Den Anfang machen wir nächste Woche
mit der Originalserie. Die einzige Serie, die aus den Betrachtungen
ausgeklammert wird, ist allerdings die animierte Serie (TAS), obwohl
sie bis dato die einzige ist, die jemals einen der begehrten Emmys
ergattern konnte. Dennoch habe ich mich aufgrund des abweichenden
Formats und der fehlenden Qualität für einen Totalverzicht
entschieden – zumal Auszeichnungen wie Emmys oder Oscars
bekanntermaßen nichts mit der Qualität von Serien, Filmen oder
Schauspielern zu tun haben.
Doch bevor wir uns Kirk, Spock und
Pille widmen, sollten wir vielleicht einleitend erst einmal eine
Frage klären, die immer wieder aufs Neue die Fanseele
beschäftigt:
Wann begann das allgemeine Zuschauerinteresse an
der Franchise selbst zu schwinden?
Niemand wird schließlich
bestreiten können, dass die Goldenen Jahre Star Treks mittlerweile
der Vergangenheit angehören und dass es irgendwo einen Punkt gab, ab
dem die immense Popularität abzuflauen begann. Doch wann genau dies
geschah, ist ein allgemeiner Gegenstand einer anhaltenden Diskussion
unter Trekkies.
Der Moment des Hai-Sprungs: "Star
Trek VIII: Der Erste Kontakt".
Nach meiner Ansicht war das
entscheidende Jahr in der Star-Trek-Geschichte 1996. In diesem Jahr
liefen zwei verschiedene Star-Trek-Serien über den Bildschirm, doch
während der überaus erfolgreiche Reboot "The Next Generation"
bereits ausgelaufen war, kämpften "Deep Space Nine" und
"Voyager" gleichzeitig und in Konkurrenz zueinander gegen
sinkende Quoten. Während "Deep Space Nine" mit der
Integration Michael Dorns, einer überarbeiteten Titelmelodie und der
Konzentration auf den telegenen Dominion-Krieg die Kurve kriegte,
dümpelte Voyager in seiner zweiten Staffel antriebslos vor sich hin
und durchlebte eine längere Durststrecke, in der ansprechende
Drehbücher die Ausnahme bildeten und statt dessen Folgen wie
"Prototyp", "Die Schwelle" oder "Das Ultimatum" die Sympathien der Zuschauer auf eine harte Probe
stellten.
Und als wäre diese Belastungsprobe
nicht bereits genug, markierte 1996 auch das Jahr, in dem der
erfolgreichste TNG-Kinofilm überhaupt seine Premiere feierte. Der
von Kritikern wie Fans gepriesene Streifen "Der Erste Kontakt"
ließ nicht nur sämtliche folgenden TNG-Kinofilme alt aussehen,
sondern grub als dritte treibende Kraft innerhalb der Franchise auch
den beiden aktuell laufenden Serien das Wasser ab. Im Zuge dieser
Dreifachbeanspruchung stellte es eine ziemlich Herausforderung dar,
weiterhin den Überblick zu behalten und das Überangebot begann
zusammen mit der sinkenden Qualität vieler Episoden den
schleichenden Niedergang einzuleiten.
Alternative Hai-Sprünge. Allerdings
kann man auch andere Fixpunkte ins Rennen schicken. Anhand eigener
Überlegungen, externen Forenbeiträgen zum Thema und Befragungen von
Mitgliedern der Tafelrunde kämen auch folgende Episoden als
Hai-Sprung-Momente in Frage.
"Die Suche, Teil I"/ "Der
Fürsorger". Nach sieben erfolgreichen Staffeln wurde die
Erfolgsserie TNG 1994 eingestellt. Dennoch bedeutete dies mitnichten
das Ende von Star Trek, denn mit der ersten Folge der dritten Staffel
"Deep Space Nine" stand bereits längst ein Nachfolger in
den Startlöchern. Doch quotentechnisch konnte der Ableger mit dem
gefeierten Vorgänger nicht mithalten (sie sanken von knapp elf
Millionen in der ersten Staffel auf unter fünf Millionen in der
siebenten).
Deep Space Nine begann auch umgehend,
mit den zuvor zart geknüpften Banden zur "Next Generation"
(z.B. die Auftritte Picards, der Duras-Schwestern oder Qs) radikal zu
brechen und seinen eigenen Weg zu finden. Doch der führte über
einen Krieg, die Thematisierung von Religion und die unablässige
Zentrierung auf eine Raumstation in Sphären hinab, die mehr und mehr
der Leitidee des Star-Trek-Patrons Gene Roddenberrys widersprachen.
Auch der zunehmend folgenübergreifende Erzählstil bildete einen
radikalen Bruch mit den vorherigen Star-Trek-Sehgewohnheiten, die auf
allein stehende Einzelepisoden ausgerichtet waren und trug ebenfalls
dazu bei, dass viele Zuschauer den Anschluss verloren und sich von
der Franchise und ihrer Entwicklung abwendeten.
Ein völlig anderes Bild bot sich mit
dem Voyager-Pilotfilm "Der Fürsorger". Die Produzenten
setzten deutlich auf Kontinuität, die sich in Themen,
Handlungselementen und Mitarbeiterstab niederschlugen. Den
Episodencharakter behielten sie ebenso bei wie die den beweglichen
Handlungsort eines umherfliegenden Raumschiffes. Als TNG abgesetzt
wurde, empfanden viele Fans Voyager als nahtlosen Übergang und
bezeichneten die Serie daher zuweilen scherzhalft als "TNG,
Staffel acht bis vierzehn".
Doch auch Voyager kämpfte verzweifelt
gegen den Quotenteufel an. Dem Pilotfilm folgte eine lange
Durststrecke an wenig kreativen oder aufgewärmten Inhalten, die
Glaubwürdigkeit litt mit jeder weiteren Episode (keine Verluste
innerhalb des Main Casts, kaum Versorgungsprobleme, drastisch
verkürzte Reisezeit) und im direkten Vergleich zu DS9 war Voyager
beinahe steril und konfliktarm.
Das Überangebot und der Mangel an
wirklich frischen Ideen führte zu einer zunehmenden Ermüdung bei
der Zuschauerschaft. Zusammen mit der einsetzenden TNG-Kinofilmreihe
begann eine Abwärtsspirale, deren Quittung schließlich der letzten
Star-Trek-Serie "Enterprise" ausgestellt wurde.
Keiner der beiden Nachfolger schaffte
es also, einen adäquaten Ersatz für TNG zu bieten und Star Trek war
ab diesem Punkt vielleicht noch lebendig, doch bereits auf einem
absteigendem Ast.
"Zurück in die Gegenwart". Der vierte Star-Trek-Kinofilm aus dem Jahr 1986 war insbesondere für
eine Reihe älterer Trekkies der Moment, an dem Star Trek
unwiederbringlich kippte. Nie zuvor begleitete Merchandise in diesem
Umfang einen Star-Trek-Streifen und nie zuvor war ein Film von Beginn
an auf ein Massenpublikum ausgerichtet.
Anschließend sollte nichts mehr sein
wie es war. Auf den Höhepunkt des Erfolges folgte bereits ein Jahr
später der Fernsehstart von TNG, der Star Trek komplett umkrempeln
sollte. Von nun an musste sich die liebgewonnene Originalcrew den
Platz an der Sonne mit einer weiteren Besatzung teilen und die erste
Staffel der neuen Serie "The Next Generation" war auch
nicht unbedingt in der Lage, höheren Qualitätsansprüchen zu
genügen. Danach folgte eine neue Serie auf Serie, die sich
insbesondere nach dem Tod des Star-Trek-Urvaters mehr und mehr von
den Idealen der ursprünglichen Serie entfernten.
Das Star Trek, wie Fans es bis dahin
kannten, war mit der Reise "Zurück in die Gegenwart"
endgültig zu Grabe getragen worden und für all jene, die mit der
Neuauflage nichts anfagen konnten, war die Franchise damit gestorben. Allerdings müsste man das Ganze in diesem Fall wohl eher "Star Trek Jumped the Whale" nennen...
Wie man an diesem scheinbar harmlosen
Einleitungsbeispiel sehen kann, kann man dieses Thema durchaus
kontrovers diskutieren. Wer also meine Sichtweise teilt, ihr
widersprechen möchte oder gar ein viel besseres Beispiel parat hat,
kann dies gern in den Kommentaren kundtun. Vielleicht hat bereits jetzt schon jemand konkrete Vorstellungen, wann welche Star-Trek-Serie ihren Zenit überschritten hat.
In einer Woche gibt es
jedenfalls meine Gedanken darüber zu lesen, wann die Originalserie
über den legendären Hai sprang. Und keine Angst: Die kommenden Artikel werden etwas umfangärmer...
Weiterführende Leseliste:
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Star Trek Jumps the Shark 02: TOS
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Ist es nicht natürlich, dass alles irgendwann ein Ende hat? Und ist es nicht sogar gut so? Altes muss irgendwann Platz machen für neue Ideen und Konzepte. Warum also sollte nicht auch eine Serie irgendwann ein Ende finden...Keine Sorge, ich habe den Text oben nicht falsch verstanden, das waren nur meine Gedanken, als ich die ersten Zeilen deines Beitrags gelesen habe. Ist schon komisch, wofür die Amis so alles Begriffe erfinden.
AntwortenLöschenAber gut, Deine erklärungen erscheinen plausibel, hier dann also meine Gedanken zu den ST Serien: TOS-war etwas Besonderes und erschien zu einer Zeit, als Serien noch nicht am Fließband produziert wurden, hier steht jede Episode für sich (mal gut, mal weniger gut), dieses Haidings gehört für mich nicht hier her!
TNG-wo soll da der Zenit gewesen sein? Nee, sehe ich ähnlich wie bei TOS, wenn ich mir vorstellen würde was passiert wäre, wenn nach der 4. Staffel Schluss gewesen wäre-was wären uns für tolle Episoden entgangen!
DSN-wird jetzt keinen wundern der mich kennt-die Serie hat mit jeder Staffel Fahrt aufgenommen und ist aber auch zu Recht mit einem großen Feuerwerk nach 7 staffeln beendet worden, genau richtig, finde ich!
VOY-jupp, hätten die die Kazon noch weiter mit durch gezogen, hätte man den Weltraum vor lauter Haifischflossen nicht mehr gesehen. Gut das es die Borg gibt, die hatten die richtigen Argumente, um der serie wieder Leben einzuhauchen ;)
Ent-viel zu früh abgesetzt, da war noch viel Potential nach oben, aber hier sieht man, dass in USA in erster Linie Einschaltquoten zählen, da hätten selbst die Borg nix wuppen können!
viel schlimmer finde ich es allerdings, dass es Serien gab, die nicht einmal die Chance hatten, in die nähe irgend eines zenits zu kommen, Firefly und Babylon5 sind da wohl die prominentesten Beispiele.
Toller Bericht!
AntwortenLöschenIch stimme da mit dem Jahr 1996 überein, dort war eine Übersättigung zu spüren - Quantität ungleich Qualität. Auch finde ich mit den neuen Filmen versuchen die Produzenten von Star Trek nicht vorhandene Innovation für anspruchsvolle, aber auch unterhaltene Geschichten mit Effektfeuerwerk zu retuschieren. Für mich sind die Abrahmsfilme die Talfahrt, weil einfach nichts mehr hängen bleibt an Botschaft – und das zeichnete für mich Star Trek bisher aus.
Ich hab auch mit mir gehadert, ob ich den Abrams-Einschnitt als tiefen Einschnitt mitaufführe, doch es wirkt immer ein wenig aufgesetzt, ihm die Schuld in die Schuhe zu schieben. Schließlich ist "Enterprise" ja bei aller Ehrlichkeit abgesetzt worden, weil die Fernsehzuschauer mit der Fernbedienung für dieses Schicksal abgestimmt haben. Das goldene Kalb wurde also definitiv schon vorher geschlachtet, und wenn man will, kann man Abrams' Schaffen als Leichenfledderung betrachten.
LöschenIch bin auf jeden Fall schon gespannt, ob ihr kommende Woche meine Gedanken zur Originalserie ebenfalls teilt. Das Haidings gehört dort nämlich schon hin, schließlich wurde die Serie ebenfalls wegen mangelndem Zuschauerinteresse abgesäbelt. Ab wann genau das Boot zu sinken begann, kann man am Donnerstag lesen...
Eine echte Fleißarbeit, Turon. Cool!
AntwortenLöschenEinige Anmerkungen hätte ich aber noch. :-)
Der Autorenliebling:
beim ersten Lesen hatte ich unter diesem Punkt etwas anderes vermutet. Ich dachte, der Autorenliebling sei derjenige Charakter, der mehr und mehr Sendezeit bekommt, weil er bei den Zuschauern gut ankommt. Irgendwann ist man dann an dem Punkt, an dem man feststellen muss, dass andere Figuren in ihrer Entwicklung völlig vernachlässigt wurden. Davon aufgeschreckt, wird dann eine Episode für den armen Vernachlässigten produziert, was inzwischen aber mehr gewollt als gekonnt aussieht. In Folge dessen gibt's dann nur noch Episoden, bei denen dann wieder die bewährten Charaktere im Mittelpunkt stehen. Eigentlich ein Teufelskreis.
Beziehungsschwierigkeiten/ Hochzeit:
Ich rechne es den Autoren eher hoch an, wenn sie sich entschließen Nägeln mit Köpfen zu machen und ein Paar z.B. heiraten zu lassen. "Kriegen sie sich, oder kriegen sie sich nicht?"-Geschichten sind einfacher zu erzählen, Qualität zeigt sich, wo es gelingt auch eine etablierte Beziehung für den Zuschauer spannend zu halten (und das geht), insbesondere wenn man es schafft, die Fehlerquelle "Trennungsschwierigkeiten" zu umschiffen (ansonsten hat man eine Daily-Soap ^^).
Abkehr von der Nischenunterhaltung:
Ich hätte es eher "Abkehr von der bisherigen Zielgruppe" genannt, aber du hast völlig recht. Anstatt sich glücklich zu schätzen, dass man eine solide (und nicht zu kleine) Fanbasis hat, wird auf Biegen und Brechen versucht neue Marktsegmente zu erschließen. Nicht selten hat man am Ende alle Zuschauer vergrault; die bisherigen Zuschauer, die ihre Serie nicht wiedererkennen und die neuen, die entgegen der Erwartungen nie eingeschaltet haben.
Ein Star Trek fernes Beispiel: die Absetzung von Star Gate Atlantis (Zuschauer v.a. älter und weiblich, solide Einschaltquote) zugunsten von Star Gate Universe (angepeilte Zielgruppe: jung und männlich, nach zwei Staffeln eingestellt).
Sendeunzeit:
Besonders fatal, wenn der Sendeplatz quasi wöchentlich wechselt, ja.
Erhobener Zeigefinger:
hier bin ich super gespannt auf die folgenden Beispiele! :-)
Mein größter Kritikpunkt an Star Trek wäre allerdings "Verschenktes Potenzial/ fehlender Mut":
es wurde einfach zu oft versucht, am Ende einer Episode wieder den Ausgangsstatus herzustellen, - bloß keine permanenten Veränderungen schaffen! Im schlechtesten Fall klopfen sich die Charaktere mit einem "Dass das nochmal gut gegangen ist!" auf die Schulter und machen in der nächsten Episode die gleichen Fehler, im günstigsten Fall werden sie bei Star Trek in der letzten Einstellung nachdenklich zurück gelassen. Nur, sich in späteren Episoden an ihre zuvor gewonnenen Erkenntnisse erinnern zu dürfen, das bleibt ihnen leider verwehrt.