Sonntag, 6. April 2014

"Der Tartan Day" oder "Was haben die Schotten je für uns getan?"

In einem meiner Star-Trek-Kalender, die gewöhnlicherweise nur amerikanische und keine deutschen Feiertage anzeigen, war das heutige Datum als "Tartan Day" ausgewiesen worden. Nun hat man ja auch in den deutschen Landen viele merkwürdige Feiertage wie den "Tag des Lehrers", den "Reformationstag" oder der "Weiberfastnacht", doch von einem "Tartan Day" hatte ich bislang noch nichts gehört. Was sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt und was das Ganze überhaupt mit Star Trek zu tun hat, soll dieser kleine Beitrag klären.

Es geschah am 6. April 1320 (einem Sonnabend). In einem kleinem Kloster im schottischen Arbroath verabschiedeten Kleriker und Adelige eine Erklärung an den Papst, in der sie ihn auffordern, die Anerkennung der schottischen Unabhängigkeit von England zu unterstützen. Nicht nur, dass der Papst diesem Gesuch nachkam; die "Deklaration von Arbroath" wurde zur ältesten Unabhängigkeitserklärung der Welt. Somit ist der Tag nicht nur von großer Bedeutung für die britische und schottische Geschichte selbst, sondern beeinflusste sogar spätere Unabhängigkeitserklärungen wie die der Vereinigten Staaten von Amerika.


Nordamerika war immerhin eines der Hauptziele schottischer Einwanderer und allein in den USA führen laut einer Volkszählung aus dem Jahr 2009 beinahe 28 Millionen Bürger ihre Wurzeln auf kaledonische Vorfahren zurück. Zu den Nachfahren schottischer Einwanderer zählt auch das ein oder andere Star-Trek-Sternchen wie Jolene Blalock, Gates McFadden oder Robert Duncan McNeill, aber auch andere hinlänglich bekannte Sci-Fi-Darsteller wie Richard Dean Anderson, Mark Hamill oder Sigourney Weaver teilen diese Herkunft.




So gesehen ist es auch sicherlich kein Zufall, dass die Begründung des Tartan-Days nicht auf britische Initivative zurückzuführen ist, sondern von nordamerikanischem Boden ausging. Nachdem bereits vereinzelt einige Feierlichkeiten am gleichnamigen Datum in den USA begangen wurden, setzte die schottische Diaspora in Kanada ab dem Ende der Achtziger die offizielle Einführung des Gedenktages an ihre Vorfahren durch. Damit begann der Siegeszug des Feiertages, der in typisch amerikanischer Manier mit Paraden, Festakten und Ausstellungen begangen wird und in den letzten Jahren sogar in der schottischen Heimat Fuß fassen konnte. Mittlerweile kann man seinen Status in etwa mit dem des Saint Patrick Day vergleichen, der zumeist von Amerikanern genutzt wird, um ihren Wurzeln zu huldigen. In dieser Tradition sind 'typisch schottische' Elemente wie der Kilt, der Dudelsack und natürlich Whiskey bei den weltweiten Feierlichkeiten auch nicht mehr wegzudenken (allerdings feiern Australier und Neuseeländer den Tag erst am 1. Juli).

Stewart im Kilt mit dem Tartan des Stewart-Clans

Doch was ist eigentlich ein Tartan? Vereinfacht gesagt versteht man unter einem Tartan das schachbrettartige Webmuster auf Schottenröcken (kilts). Diese speziellen Muster dienen zumeist dazu, die Zugehörigkeit zu einem Familienverband (clan) aufzuzeigen (es gibt aber auch Tartans die z.B. auf Regionen, Militäreinheiten oder Organisationen zurückzuführen sind). Zur Koordination der verschiedenen Ausgestaltungen dient eine schottische Behörde , die im "Scottish Register of Tartans" die verschiedenen Versionen registriert und gegen einen stolzen Obulus auch Neuentwürfe von Privatpersonen aufnimmt.
Doch auch wenn Tartans und Kilts eigentlich den entsprechenden Clanmitgliedern vorbehalten sein sollten, ist es kein Vergehen, sich auch als Festlandeuropäer in einen Kilt zu werfen und Tartans zu tragen. Es gibt verschiedene Arten wie etwa simple schwarze Kilts, die keinem speziellen Clan zugeordnet sind (allerdings werden schwarze Kilts traditionell eher mit dem südenglischen Cornwall verbunden) und schon seit mehreren hundert Jahren in Gebrauch sind.


Entgegen weitverbreiteter Fehlinformationen trägt Star Treks berühmtester Schotte, Montgomery Scott, im zweiten Star-Trek-Kinofilm "Der Zorn des Khan" keinen Kilt mit Tartan. Zwar spielt der bereits verstorbene Kanadier, um den allgemeinen Vorurteilen über Schotten zu genügen während der Beisetzung Spocks den Dudelsack, doch dazu trägt er tatsächlich eine Hose.



Und dennoch gab es einen Moment, an dem man James Doohan im klassischen Kilt bewundern konnte. In der dritten Staffel durfte Scotty nämlich gleich in zwei Folgen die Galauniform gegen die ungleich stilvollere schottische Eingeborenentracht eintauschen und so kann man ihn in "Die fremde Materie" und "Seit es Menschen gibt" tatsächlich mit einem schwarz-weiß gehaltenen Tartan bewundern.



Wenn man einmal zu diesem Muster im "Scottish Register of Tartans" recherchiert, so findet man heraus, dass diese Version tatsächlich dem Clan "Scott" zugeordnet ist, dessen bekanntestes Mitglied Sir Walter Scott selbst für die Einführung der Kilt-Mode wie wir sie heute kennen hauptverantwortlich ist. Allerdings findet man dabei ebenfalls heraus, dass dies nur die (legitime) Schwarz-Weiß-Ausgabe eines Tartans ist, der auch hervorragend zur Uniform in "Der Zorn des Khan" gepasst hätte. Wie es aber soweit kam, dass es überhaupt soweit kam, verrät ein Auszug aus dem von David Gerrold verfassten Werk "The World of Star Trek" (entnommen aus dem englischsprachigen Memory-Alpha-Artikel zu Kilts und von mir sehr frei übersetzt):

"Die Idee, einen Kilt als Teil der Galauniform Scotts zu verwenden, ging auf den Schauspieler James Doohan selbst zurück. Er erinnerte sich später: 'Sie [die Produzenten] haben den Gedanken sofort aufgegriffen und nahmen Kontakt nach Schottland auf, um einen Scott-Tartan zu erhalten.' "

Tatsächlich scheint man durch dieses Vorgehen in den Sechzigern weitaus differenzierter mit dem Volk im Norden der britischen Insel umgegangen zu sein als cirka dreißig Jahre später (wenn man von der miesen deutschen Synchronisation von "Seit es Menschen gibt" einmal absieht). Dort holte die TNG-Episode "Ronin" nämlich zu einem ähnlichen Klischeefeuerwerk gegenüber Schotten aus, wie es die noch spätere Voyager-Folge "Fair Haven" gegenüber Iren abbrannte.


Um sich selbst ein Bild von Schottland zu machen und auf den Spuren Montgomery Scotts zu wandeln, wird eine todesmutige, vierköpfige Expeditionsgruppe der Tafelrunde diesen Sommer den beschwerlichen Weg in die High- und Lowlands wagen. Natürlich gibt es auch dann wieder einen oder mehrere spannende Erlebnisberichte und vielleicht kann das Quartett dann sogar mehr von den Scotts und ihren Tartans aus erster Hand berichten.
Bis es soweit ist, sollten wir den neu entdeckten Feiertag genießen - am besten mit einem Glas guten Single-Malt-Whiskey und stoßen ehrfurchtsvoll auf das Volk an, dass uns einen der bestgekleidetsten Chefingenieure der Science-Fiction-Geschichte beschert hat. Here's tae ye, Scotland!

1 Kommentar:

  1. Schöne Idee Turon47, der Tag kommt ab jetzt in meinen Kalender!
    "Whisky ist schlecht für den Menschen, besonders schlechter Whisky" (alte schottische Weisheit) - in diesem Sinne, allen auch von mir einen friedlichen Tartanday! Tha latha math an diugh. Slàinte!

    AntwortenLöschen