In einem meiner Star-Trek-Kalender, die
gewöhnlicherweise nur amerikanische und keine deutschen Feiertage
anzeigen, war das heutige Datum als "Tartan Day"
ausgewiesen worden. Nun hat man ja auch in den deutschen Landen viele
merkwürdige Feiertage wie den "Tag des Lehrers", den
"Reformationstag" oder der "Weiberfastnacht",
doch von einem "Tartan Day" hatte ich bislang noch nichts
gehört. Was sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt und was das
Ganze überhaupt mit Star Trek zu tun hat, soll dieser kleine Beitrag
klären.
Es geschah am 6. April 1320 (einem
Sonnabend). In einem kleinem Kloster im schottischen Arbroath
verabschiedeten Kleriker und Adelige eine Erklärung an den Papst, in
der sie ihn auffordern, die Anerkennung der schottischen
Unabhängigkeit von England zu unterstützen. Nicht nur, dass der
Papst diesem Gesuch nachkam; die "Deklaration von Arbroath" wurde zur ältesten
Unabhängigkeitserklärung der Welt. Somit ist der Tag nicht nur von
großer Bedeutung für die britische und schottische Geschichte
selbst, sondern beeinflusste sogar spätere
Unabhängigkeitserklärungen wie die der Vereinigten Staaten von Amerika.
Nordamerika war
immerhin eines der Hauptziele schottischer Einwanderer und allein in
den USA führen laut einer Volkszählung aus dem Jahr 2009 beinahe 28
Millionen Bürger ihre Wurzeln auf kaledonische Vorfahren zurück. Zu
den Nachfahren schottischer Einwanderer zählt auch das ein oder
andere Star-Trek-Sternchen wie Jolene Blalock, Gates McFadden oder
Robert Duncan McNeill, aber auch andere hinlänglich bekannte
Sci-Fi-Darsteller wie Richard Dean Anderson, Mark Hamill oder
Sigourney Weaver teilen diese Herkunft.
So gesehen ist es auch sicherlich kein Zufall, dass die
Begründung des Tartan-Days nicht auf britische Initivative
zurückzuführen ist, sondern von nordamerikanischem
Boden ausging. Nachdem bereits vereinzelt einige Feierlichkeiten am
gleichnamigen Datum in den USA begangen wurden, setzte die
schottische Diaspora in Kanada ab dem Ende der Achtziger die
offizielle Einführung des Gedenktages an ihre Vorfahren durch. Damit
begann der Siegeszug des Feiertages, der in typisch amerikanischer
Manier mit Paraden, Festakten und Ausstellungen begangen wird und in
den letzten Jahren sogar in der schottischen Heimat Fuß fassen
konnte. Mittlerweile kann man seinen Status in etwa mit dem des Saint Patrick Day vergleichen, der zumeist von Amerikanern genutzt wird, um
ihren Wurzeln zu huldigen. In dieser Tradition sind 'typisch
schottische' Elemente wie der Kilt, der Dudelsack und natürlich
Whiskey bei den weltweiten Feierlichkeiten auch nicht mehr
wegzudenken (allerdings feiern Australier und Neuseeländer den Tag
erst am 1. Juli).
Stewart im Kilt mit dem Tartan des Stewart-Clans |
Doch was ist eigentlich ein Tartan?
Vereinfacht gesagt versteht man unter einem Tartan das
schachbrettartige Webmuster auf Schottenröcken (kilts). Diese
speziellen Muster dienen zumeist dazu, die Zugehörigkeit zu einem
Familienverband (clan) aufzuzeigen (es gibt aber auch Tartans die
z.B. auf Regionen, Militäreinheiten oder Organisationen
zurückzuführen sind). Zur Koordination der verschiedenen
Ausgestaltungen dient eine schottische Behörde , die im "Scottish Register of Tartans" die verschiedenen Versionen registriert und
gegen einen stolzen Obulus auch Neuentwürfe von Privatpersonen
aufnimmt.
Doch auch wenn Tartans und Kilts
eigentlich den entsprechenden Clanmitgliedern vorbehalten sein
sollten, ist es kein Vergehen, sich auch als Festlandeuropäer in
einen Kilt zu werfen und Tartans zu tragen. Es gibt verschiedene
Arten wie etwa simple schwarze Kilts, die keinem speziellen Clan
zugeordnet sind (allerdings werden schwarze Kilts traditionell eher mit dem südenglischen Cornwall verbunden) und schon seit mehreren
hundert Jahren in Gebrauch sind.
Entgegen
weitverbreiteter Fehlinformationen trägt Star Treks berühmtester
Schotte, Montgomery Scott, im zweiten Star-Trek-Kinofilm "Der Zorn des Khan" keinen Kilt mit Tartan. Zwar spielt der bereits verstorbene Kanadier,
um den allgemeinen Vorurteilen über Schotten zu genügen während
der Beisetzung Spocks den Dudelsack, doch dazu trägt er tatsächlich
eine Hose.
Und
dennoch gab es einen Moment, an dem man James Doohan im klassischen
Kilt bewundern konnte. In der dritten Staffel durfte Scotty nämlich
gleich in zwei Folgen die Galauniform gegen die ungleich stilvollere
schottische Eingeborenentracht eintauschen und so kann man ihn in
"Die fremde Materie" und "Seit es Menschen gibt"
tatsächlich mit einem schwarz-weiß gehaltenen Tartan bewundern.
Wenn man einmal zu diesem Muster im "Scottish Register of Tartans" recherchiert, so findet man heraus, dass diese Version tatsächlich dem Clan "Scott" zugeordnet ist, dessen bekanntestes Mitglied Sir Walter Scott selbst für die Einführung der Kilt-Mode wie wir sie heute kennen hauptverantwortlich ist. Allerdings findet man dabei ebenfalls heraus, dass dies nur die (legitime) Schwarz-Weiß-Ausgabe eines Tartans ist, der auch hervorragend zur Uniform in "Der Zorn des Khan" gepasst hätte. Wie es aber soweit kam, dass es überhaupt soweit kam, verrät ein Auszug aus dem von David Gerrold verfassten Werk "The World of Star Trek" (entnommen aus dem englischsprachigen Memory-Alpha-Artikel zu Kilts und von mir sehr frei übersetzt):
"Die Idee, einen Kilt als Teil der Galauniform Scotts zu verwenden, ging auf den Schauspieler James Doohan selbst zurück. Er erinnerte sich später: 'Sie [die Produzenten] haben den Gedanken sofort aufgegriffen und nahmen Kontakt nach Schottland auf, um einen Scott-Tartan zu erhalten.' "
Tatsächlich scheint man durch dieses
Vorgehen in den Sechzigern weitaus differenzierter mit dem Volk im
Norden der britischen Insel umgegangen zu sein als cirka dreißig
Jahre später (wenn man von der miesen deutschen Synchronisation von "Seit es Menschen gibt" einmal absieht). Dort holte die TNG-Episode "Ronin" nämlich
zu einem ähnlichen Klischeefeuerwerk gegenüber Schotten aus, wie es
die noch spätere Voyager-Folge "Fair Haven" gegenüber
Iren abbrannte.
Um sich selbst ein Bild von Schottland
zu machen und auf den Spuren Montgomery Scotts zu wandeln, wird eine
todesmutige, vierköpfige Expeditionsgruppe der Tafelrunde diesen
Sommer den beschwerlichen Weg in die High- und Lowlands wagen.
Natürlich gibt es auch dann wieder einen oder mehrere spannende
Erlebnisberichte und vielleicht kann das Quartett dann sogar mehr von
den Scotts und ihren Tartans aus erster Hand berichten.
Bis es soweit ist, sollten wir den neu entdeckten Feiertag genießen - am besten mit einem Glas guten Single-Malt-Whiskey und stoßen ehrfurchtsvoll auf das Volk an, dass uns einen der bestgekleidetsten Chefingenieure der Science-Fiction-Geschichte beschert hat. Here's tae ye, Scotland!
Bis es soweit ist, sollten wir den neu entdeckten Feiertag genießen - am besten mit einem Glas guten Single-Malt-Whiskey und stoßen ehrfurchtsvoll auf das Volk an, dass uns einen der bestgekleidetsten Chefingenieure der Science-Fiction-Geschichte beschert hat. Here's tae ye, Scotland!