Dienstag, 10. Oktober 2017

Turons Senf zur vierten Folge Discovery


Spoilerwarnung.

Dieser Artikel enthält nicht nur heftige Spoiler zu der vierten Discovery-Folge "The Butcher's Knife Does not Care fort the Lamb's Cry" sndern auch zu allen vorangegangen Episoden. Das Weiterlesen empfiehlt sich daher nur, wenn man sämtliche vorherigen Episoden bereits gesehen hat.

Einleitung. Endlich wieder eine Woche rum!
Es ist ein wahres Martyrium, eine Woche warten zu müssen, um die neue Folge sehen zu können (ich will gar nicht daran denken, wie das ist, wenn man ab Anfang November zwei Monate warten muss!).
Tatsächlich macht es sicherlich viel vom Reiz aus, eine neue Serie so eng begleiten zu können, vor allem, wenn man in der Lage ist, diesen besonderen Moment mit anderen Star-Trek-Fans teilen zu können. Insofern bringt Discovery jetzt schon Fans zusammen, egal ob sie zusammen auf einer Couch fernsehen, Rezensionen im Internet lesen oder – wie ich es am meisten mag – sich in Kommentaren dazu austauschen…


Story.
Michael Burnham ist angekommen. Vielleicht nicht dort, wo sie sich selbst, andere wie Sarek oder Captain Georgiou oder ihr Potential sie unter normalen Umständen hingeführt hätten, aber immerhin trägt sie auf einem Sternenflottenschiff wieder eine Dienstuniform.
Doch ihre Arbeit auf der USS Discovery führt noch immer zu mehr Fragen als Antworten. Spätestens aber, als sie von Captain Lorca beauftragt wird, jenes Monster von der USS Glenn auf verwertbare Waffentechnologie zu untersuchen, findet sie einen Fluchtpunkt aus dem Krieg der sie umgibt und erstmals kann sie sich wieder auf das konzentrieren, was die Sternenflotte ausmacht:
Forschung und Entdeckung.
Doch die Realität des Kriegs-Alltags holt sie und ihre Schiffskameraden schon bald ein, als die Hauptdilithiumquelle der Föderation von Klingonen angegriffen wird und Lorca die Wissenschaftler des Schiffes drängt, einen Weg zu finden, die hilflosen, eingeschlossenen Minenarbeiter zu entsetzen. Burnham entdeckt dabei, dass es ausgerechnet 'ihr' Monster ist, dass den lang gesuchten Schlüssel zur Verwendung der neuen Antriebstechnologie bergen könnte…


Lobenswerte Aspekte.

Charakterliche Abgründe.
Man kann Discovery ja viel vorwerfen (einer Tätigkeit, der Star-Trek-Fans ohnehin nur allzu gern nachkommen), aber sicherlich kann zu den Vorwürfen nicht gezählt werden, dass es der Serie nicht gelingen würde, erstmals seit langem wieder eine eigene Serien-Prägung entwickelt zu haben.
Dieser Umstand liegt meiner Meinung nach vor allem darin begründet, dass die Perspektive aus der die Geschichte erzählt wird, klarer zu verorten ist als je zuvor:
Hatte Star Trek zuvor einen vergleichsweise multiperspektivischen Blickwinkel (aus dem es in den besten Folgen ausbrechen konnte), teilt der Zuschauer nunmehr eher den Informationsstand, über den auch Burnham verfügt. Wie sie muss er sich die Details mühsam zusammenpuzzeln, eigene Schlüsse ziehen und gegebenenfalls (wie ich nach dieser Episode) die eigenen Vermutungen zum weiteren Ablauf des Geschehens ad acta legen.
Beim Blick in Burnhams Abgründe, in die man sich problemlos hineinidentifiziert ohne es so recht zu merken, kann man feststellen, dass man nicht zuletzt deshalb eine so große Schnittmenge erreicht, weil man als Zuschauer wie sie zu sein scheint. Man wird gegen den eigenen Willen in einen Krieg geworfen, muss aus den spärlichen Informationen eine Interpretation schustern und will doch eigentlich nur forschen und entdecken.
Und auch wenn Burnham noch immer von der restlichen Crew begafft wird, weiß sie doch wie der Hase läuft, bewährt sich in bester Sternenflottenmanier und wird schließlich wieder Teil von etwas größerem – einer Crew, in der sie ihren Platz noch finden muss.
Mein persönliches Highlight bleibt hingegen Captain Gabriel Lorca, aus dem einfachen Grund weil er ein Arschloch ist.
Er applaudiert gehässig, als seine eigene Crew eine Kampfsimulation nicht schafft. Er folgt seinem verletzten Chefwissenschaftler auf die Krankenstation, wo er den absurden Arbeitsdruck auf ihn noch weiter erhöht. Und er scheut sich nicht, das Gewissen der gesamten Crew durch einen Übertragung der Transmission der eingeschlossenen Minenarbeiter von Corvan II in Geiselhaft zu nehmen, um seine Ziele zu erreichen.
Das alles sind Verhaltensweisen, die weder ein Picard, noch ein Sisko und erst recht keine Janeway an den Tag gelegt hätten. Auf den ersten Blick wirkt das wenig wie Star Trek und völlig deplatziert.
Aber so manipulativ, berechnend und kaltblütig Lorca auch daherkommt, ist er bei Lichte besehen ein vergleichsweise typischer Sternenflotten-Führungsoffizier, denn die Archers, Kirks oder Georgious, unter denen es der Crew ein Privileg ist zu dienen, sind keineswegs die Regel, sondern eher die Ausnahme in ihrer Organisation.
Der Standard sind andere Befehlshaber, wie Star Trek sie nie müde wurde zu zeigen:
Personen wie Tracey, Merik, Ransom, Maxwell, Jellico, Benteen, Leyton, Dougherty, Marcus, Jameson usw.
Allenthalben gibt es derlei opportunistische Kommandanten und sie sind der Grund, warum wir Star Trek als so leuchtend empfinden – schließlich waren die bisherigen Serien-Captains allesamt ohne Fehl und Tadel. Aber die Wahrheit ist der ganze dreckige Rest da draußen, der immer nur dann hervorgekramt wird, wenn es gilt, dem leuchtenden Vorbild ein schlechtes Bespiel entgegenzusetzen.
Und deswegen mag ich Lorca. Erstmals erhält man einen Eindruck davon, wie andere Schiffe unter ihren Kommandanten funktionieren, was die anderen hochrangigen Offiziere antreibt und wie andere reagieren, wenn sie vor der gleichen Frage stehen, die Sisko in "Im fahlen Mondlicht" beantworten musste.



Gab es sonst noch was?
Kaum.
Die meisten Charaktere blieben im Hintergrund. Das gilt für Stamets genauso wie für den erstmals aufgetauchten Bordarzt. Der instinktgesteuerte Saru bleibt sich noch immer treu, vor allem darin, zu wenig Screentime zu erhalten. Und der größte Verdienst der Sicherheitsschefin Landry bleibt es, das Zeitliche effektvoll gesegnet zu haben, um dem Zuschauer in bester "Game of Thrones"-Manier zu zeigen, dass man zu keinem Charakter an Bord des Schiffes eine emotionale Bindung aufbauen sollte.
Davon abgesehen gab es nur noch einen erfrischenden Auftritt, nämlich den der Klingonin L’Rell. Ihr Darstellung war die lebendigste, die man unter den scheußlich dargestellten Klingonen bislang gesehen hat – nicht zuletzt deshalb, weil sie nicht so hilflos durch die Geschichte stolpert, wie sämtliche männlichen Artgenossen es bislang tun.


Unberechenbarkeit.
Eine der besten Szenen der Folge spielt sich gleich in den ersten Sekunden ab. Erstmals wird man als Zuschauer Zeuge einer Replikation von innen, während man sich eigentlich fragt, was für eine scheußliche Weltraumanimation das jetzt wieder sein soll.
Doch weit gefehlt! Discovery spielt geschickt mit den Erwartungen des Publikums und ist sich nicht zu schade, ein mäßig dramatisches Setting durch den unerwarteten Tod eines Hauptcrewmitglieder drastischer zu gestalten. Mehr als bei Abramstrek, wo der Tod von Crewmitgliedern zwar von Anfang an als stilistisches Mittel billigend in Kauf genommen wurde, macht Discovery gleich von Anfang an Nägel mit Köpfen und ist sich nicht zu schade, Personen wie  Georgiou, T’Kuvma oder Landry kurzerhand abzusägen.
Am Beeindruckendsten war jedoch, dass man irgendwann inmitten der Folge den Eindruck erhielt, dass das abstoßende Äußere des Schiffes (ich bleibe bei dieser Kritik) bei aller Hässlichkeit einen praktischen Nutzen haben könnte, der mit dem neuartigen Weltraumsporenantrieb zusammenhängt. Es drängt sich nun die Frage auf, ob eine derartige spontane Sinnhaftigkeit mit allen vermeintlich anti-kanonischen Elementen wie der Holo-Kommunikation, dem unlogischen Aussehen der Klingonen oder der Gestaltung der Armaturen geschehen wird. Wenn Discovery dieses Kunststück am Ende der fünfzehn Episoden tatsächlich gelingen sollte, wäre dies ein weiterer Aspekt, der der generellen Qualität der gesamten Serie zugutekommen würde.


Kanon.
Hand auf's Herz – es gab recht wenig ergiebige Anlehnungen an den offiziellen Star-Trek-Kanon.
Dort eine kaum erkennbare Referenz an corvanische Gilvos, hier ein flüchtiger Untertitel zum Haus des Kor und irgendwann wird auch mal Zefram Cochranes Name beiläufig in den Raum geworfen.
Da hilft es auch nicht sonderlich, dass es einen Charakter namens Zaphod (Beeblebrox) gibt, Elon Musk als bahnbrechendem Erfinder Erwähnung findet oder die Spice-ähnliche Sporen ein Wesen derart beeinflussen, dass an die Navigatoren aus Dune erinnert.
Der Topos des unverstandenen Monster-Aliens ist hingegen so alt wie die Hortas selbst ("Horta rettet ihre Kinder"), der Topos der missbrauchten Wunderkreatur so alt wie die erste Mission der Enterprise-D ("Mission Farpoint") und der Topos mittels andersartiger Kreaturen die eigene Geschwindigkeit zu manipulieren so alt wie Voyager ("Equinox").
Immerhin sind die Anleihen aus anderen Star-Trek-Serien nicht so offensichtlich geklaut wie bei Seth MacFarlanes "Orville".
Daher ist, nachdem es der Folge erstmals nicht gelingt, einen großen Cliffhanger zu setzen ein anderer Punkt von immenser Bedeutung:
Spannung erstmals ein Privileg für Fans.
Der Antrieb der Discovery funktioniert endlich und man ist als Fan so ziemlich im Bilde, in welche RIchtung die Produzenten jene Kuh treiben werden. Als Trekkie ist man aber trotzdem gespannt, denn man weiß besser als jeder Gelegenheitszuschauer, dass das Ganze nicht funktionieren wird. Man ist sich schlichtweg im Klaren, dass dieses Unterfangen zu einem derartigen Fiasko mutieren wird, dass man noch Jahrhunderte später nicht darüber spricht, was mit der Discovery und ihrer revolutionären neuen Reise-Technologie passieren wird. Wir wissen, dass es eben keine Sternstunde der Sternenflotte werden wird und wir wollen erfahren warum.


Kritikwürdige Aspekte.

Moral mit der Brechkeule.
Zugegeben, "The Butcher's Knife Does not Care fort the Lamb‘s Cry" ist so ziemlich die erste Folge der Serie, in der jener puristische Forschungs- und Entdeckungscharakter das elende Kriegsthema übertrumpft. Ein Loblied auf besonnene Forschung ebenso, wie auf die Ideale, die Menschen zu Höchstleistungen anspornen.
Aber erstmals in der überschaubaren Geschichten der noch jungen Serie wird einem die Moral ins Gesicht geschleudert wie ein stinkender Fisch im Dorf der unbeugsamen Gallier.
Das wird besonders deutlich, wenn niedliche Kinder in die erste Reihe geschoben werden, um Emotionen zu schüren. Frei nach dem Motto "Kann denn mal einmal jemand an die Kinder denken?" fühlt man sich als Zuschauer nicht minder manipuliert wie die Crew der Discovery; spätestens wenn das kleine, ach so putzige Kiemen-Kind seinen kleinen Kopf in den Nachthimmel erhebt und seine ratlosen Eltern fragt, wem es die Wunderrettung gerade zu verdanken hat.
Das war echt unterste Schublade.
Aber es geht noch weiter!
Dazu kommt noch eine mäßig verschleierte Anklage an den Missbrauch von Tieren, die dem Rezipienten in einer so brachialen Offensichtlichkeit aufgetischt wird, dass man den Eindruck gewinnen kann, dass hier jemand versucht hat eine Peta-Broschüre im Science-Fiction-Gewand zu verfilmen.
Die stilvolle Subtilität, mit der die tiefere Moral in vorangegangenen Folgen behandelt wurde, ist in dieser - schon mit einem derart pathetischen Titel versehenen - Episode (meine recht eigenwillige Übersetzung: "Des Schlachters Messer kümmern die Schreie des Lammes nicht") völlig verlorengegangen. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Drehbuchautoren sie in den kommenden Folgen wiederfinden…


Kanonlöcher und Logikfehler.
Die offensichtlichen Sachen, wie das Äußere der Klingonen, der Widerspruch zwischen dem klobigen Äußeren der Schiffe und der modernen Bedienfelder sowie die unsinnige Verwendung von Holo-Kommunikation habe ich in den vorangegangenen Rezensionen ja bereits ausführlich angesprochen. So wie es jetzt aber aussieht, wird die Liste nunmehr um einen noch weiteren Punkt ergänzt.
Kols Diebstahl der Tarntechnologie, die den Klingonen im Kampf gegen die Föderation helfen soll steht in einem völligen Widerspruch zur Tatsache, dass die Klingonen diese Technologie zehn Jahre später in der Originalserie nicht benutzen. Klar, es wird auch niemals behauptet, dass sie nicht über einen solchen Vorteil verfügen, den schon im dritten Kinofilm niemanden mehr vom Hocker reißt, aber auch hier ist eine Unstimmigkeit entstanden, die zumindest einer näheren Erklärung bedarf.
Ansonsten ärgern mich in erster Linie die Vielzahl an Logiklöchern.
Wenn die Klingonen schon aus Verzweiflung Georgiou gegessen haben, warum sammeln sie nicht die 8.186 Sternenflotten-Toten der Schlacht vom Doppelstern ein, um sich von ihnen zu ernähren?
Warum brauchte die Enterprise-D in "Verdächtigungen" ein spezielles Schutzschild vor Sonneneinwirkungen, wenn die USS Discovery in ähnlicher Situation so lässig rausspaziert?
Was für ein kranker Geist liefert Pakete aus, die ständig piepsen wenn man sie nicht öffnet?
Und macht Burnham am Anfang der Folge nicht genau das, was sie am Ende der letzten Episode genau nicht machen wollte?
Meine Hauptfrage an die Produzenten bleibt allerdings diese:
Wer hat sich eigentlich die Mühe gemacht, bei der Evakuierung der USS Shenzou das Teleskop Georgious mitzunehmen, damit Burnham es später einmal erben kann?


Tempo, Tempo.
Ich kann nicht genau sagen, woran es genau gelegen hat, aber der gesamten Episode gelang es bei mir nicht, ein schlüssiges Maß an Dialog und Action zu finden. Durch die wichtigen Ereignisse raste die Story durch, um sich an den scheinbar weniger relevanten Stellen aufzuhängen.
Die Themen Krieg und Forschung lieferten sich einen so heftigen Schlagabtausch, dass man beinahe zwangsläufig  den Überblick verlor, was die Folge eigentlich zu sagen versucht.
So scheint es unlogisch, dass die Handlung zwischen dem Tod der Sicherheitschefin, dem Kampf gegen die Klingonen und dem ersten erfolgreichen Einsatz des Warpsporen-Antriebs im Vergleich zu den Vorgängern irgendwie bedächtig wirkte.
Eine gewisse Statik lag aber nicht zuletzt deswegen über der Szenerie, weil die gnadenlos ablaufende Zeitspanne von knapp sechs Stunden bis zum Fall der Kolonie auf Corvan II mit so vielen Entwicklungen, Irrwegen, Dialogen, Charaktermomenten, zu Untertitel-lastigen Klingonisch-Dialogen, Sterbeszenen und Durchbrüchen überfrachtet war, dass es am Ende zu dick aufgetragen wirkte. Hier hätte man sich an den Vorteilen des Streaming-Mediums orientieren können, dass im Gegensatz zum klassischen Fernsehserienformat nicht auf eine bestimmte Folgenlänge reduziert ist, sondern auch mal die Dreiviertelstunde deutlich überziehen darf.
Vielleicht wäre es von Vorteil gewesen sich einzugestehen, dass mehr manchmal eben doch mehr ist.


Übersetzung.
Die Übertragung ins Deutsche ist so gut gelungen, dass ich mich tatsächlich langsam sogar der deutschen Tonspur ohne Widerwillen beuge. Nur eines muss ich an dieser Stelle mal bemängeln:
Es gibt ein allenthalben akzeptiertes Wort im Deutschen, dass den englischen Begriff "Tardigrade" umschreibt. Er lautet 'Bärtierchen' oder auch 'Wasserbär'. Das hätte auch noch absolut zu den Erläuterungen Burnhams gepasst, aber stattdessen wurde auf einen kaum gebräuchlichen lateinischen Terminus zurückgegriffen. Das ist doof, vor allem, weil ein selbst ein 'Bär' trotz aller Verniedlichung noch immer ein gefährliches Tier ist…

Fazit.
Die vierte Discovery-Episode "The Butcher's Knife Does Not Care fort he Lamb's Cry" ist kein Kracher. Es ist eine durchaus stabile Folge mit einigen gelungenen Elementen, die vor allem in der Unberechenbarkeit und dem immensen Spielraum bei den Charakteren deutlich wird. Am Ende war die Informationslast aber zu viel, um nur von fünfundvierzig Minuten getragen zu werden. So fehlt ihr, wenn der Abspann anläuft, nicht nur ein angemessenes Tempo oder schlüssige Szenen ohne klaffende Logiklöcher, sondern auch die Subtilität in der Moralfrage, die diese Folge zur bislang schwächsten  werden ließen.


Bewertung.

"Sehr freundlich! Sehr gesittet!"




Schluss.
Auch wenn die vierte Folge Discovery etwas vom Fahrtwind verloren hat, bleibt man als Zuschauer etwas ungläubig zurück.
Wie geht es weiter?
Was passiert als nächstes?
Wie scheitert man in den kommenden Folgen?
Auch wenn ich über den ein oder anderen Teil schimpfe, komme ich am Ende doch nicht davon ab, auch der nächsten Episode entgegenzufiebern.
Es freut mich, dass Star Trek wieder da ist.
Es freut mich, dass es neue Wege betritt.
Und es freut mich, dass ich diese Freude gestreckt und nicht in einem Abwasch erleben kann.

Denkwürdige Zitate.

"Burnham. Michael. Vorläufige Zuweisung: Wissenschaftsabteilung. USS Discovery. Rang: Keiner. Replikation der Uniform beendet."
Computer der Discovery

"Es hat eine natürliche Aversion gegen Licht - so wie ich."
Captain Gabriel Lorca

"Ich merke immer wieder, wie sehr ich vulkanische Weisheiten hasse. Sie sind neu hier, deshalb gebe ich Ihnen jetzt mal einen Rat: Lorca interessiert sich nicht dafür, wer Sie sind. Er interessiert sich dafür, was sie tun können - für ihn. Und wenn er von uns erwartet, dass wir dieses Ding für seinen Krieg nutzbar machen können, dann werden wir genau das tun."
Sicherheitschefin Landry

"Kollision ist keine Option!"
Captain Lorca

"Zu verstehen wie es sich fühlt, ist nicht unsere Mission. Der Captain will wissen wie es kämpft. Und tötet. Lorca meinte, ich soll Sie im Auge behalten. Dass Ihre Neugier Sie vom rechten Weg abbringen könnte. Wir werden ihn nicht enttäuschen..."
Landry

"Jedes Raumschiff in der Galaxis - ob von den Klingonen oder der Föderation - braucht Dilithium. Wenn wir Corvan nicht beschützen können, werden tausende sterben und der Krieg ist verloren. Können Sie auch seine Unfähigkeit heilen unser Schiff dorthin zu bringen, wo es hin muss?"
Lorca

"Sie haben sich wirklich keinen Deut verändert, Burnham. Ihre reuevollen Worte waren nur geheuchelt. [...] Ich habe mich geirrt, was ihre Eingnung für die Crew angeht: Sie werden sich perfekt mit Captain Lorca verstehen."
Saru

"Ohne den Sporenantrieb schaffen wir es nicht rechtzeitig nach Corvan II. Und dann sterben sort alle. Ich kann den Leuten nicht helfen. Aber Dir kann ich helfen."
Sylvia Tilly

"Hallo Michael! Ich hoffe es geht Dir gut, wo immer Du Dir das auch gerade ansiehst. Inzwischen hast Du bestimmt Dein eigenes Kommando und bist Captain Deines eigenen Schiffes. Ich habe immer versucht Dir beizubringen nach einer Maxime zu leben. Der beste Weg sich selbst kennenzulernen ist, andere kennenzulernen. Du bist neugierig. Eine Entdeckerin. Und aus diesem Grund vermache ich Dir meinen geliebtesten Gegenstand. Seit Jahrhunderten wird er in meiner Familie weitergereicht. Meine Hoffnung ist, dass Du ihn benutzt, wenn Du damit fortfährst die Mysterien des Universums zu erforschen. Sowohl im Inneren als auch im Äußeren. Und halte die Augen offen und Dein Herz. Immer. Leb wohl, Michael und viel Glück! Ich bin wirklich so stolz auf Dich als wärst Du meine eigene Tochter. Gib gut auf Dich acht. Aber noch viel wichtiger: Gib gut auf die acht, die unter Deiner Obhut stehen.
"
Captain Georgious Hologramm


01. Rezension zu "Leuchtfeuer" und "Das Urteil"
03. Rezension zu "Lakaien und Könige"
04. Rezension zu "Sprung"
05. Rezension zu "Wähle Deinen Schmerz"
06. Rezension zu "Lethe"
07. Rezension zu "T=Mudd²"
08. Rezension zu "Si Vis Pacem, Para Bellum"
09. Rezension zu "Algorithmus"
10. Rezension zu "Nur wegen Dir"
11. Rezension zu "Der Wolf im Inneren"
12. Rezension zu "Blindes Verlangen"
13. Rezension zu "Auftakt zum Ende"
14. Rezension zu "Flucht nach vorn"
15. Rezension zu "Nimm meine Hand"

Mittwoch, 4. Oktober 2017

Turons Senf zur dritten Folge Discovery


Spoilerwarnung.

Dieser Eintrag enthält detaillierte Informationen zu den ersten beiden Folgen von Star Trek: Discovery. Man sollte nur weiterlesen, wenn man alle drei Episoden bereits gesehen hat.

Einleitung.
Nach einer Woche Wartens kommt Discovery zurück, bzw. startet. Der dritten Folge obliegt es dabei - nach den bereits erfolgreich durchgestarteten Pilotfolgen - die eigentliche Rahmenhandlung zu etablieren, der der geneigte Zuschauer den nächsten zwölf Episoden folgen soll.
Oft genug folgten auf starke Star-Trek-Pilotfilme mäßige Folge-Episoden, doch bei den anderen Serien der Franchise bestand nie der gleiche Druck, dem Discovery im Moment ausgesetzt ist.
Ob es der siebenten Serie gelingt, die Erfolgsspur ihrer Vorgänger einzuschlagen, hängt maßgeblich davon ab, wie die Qualität von "Context Is for Kings" am Ende ausfällt.


Story.
Sechs Monate nachdem Michael Burnham die Föderation durch ihr Verhalten in einen Krieg mit den Klingonen gestürzt hat, findet sie sich auf einem Gefangenentransport wieder. Doch anstatt ihr restliches Gefangenenleben in einer Dilithium-Mine zu schuften, gelangt sie einen mysteriösen Vorfall später auf die USS Discovery, wo Captain Gabriel Lorca sie gegen ihren Willen zwingt, in einem der schiffseigenen Techniklaboratorien auszuhelfen.  Burnham, die von den meisten Crewmitgliedern des hypermodernen Sternenflottenschiffes gemieden wird, erkennt schnell, dass in ihrem neuen Arbeitsbereich einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. Spätestens als die USS Glenn, ein Schwesterschiff der Discovery, aufgrund geheimnisvoller Experimente ihre gesamte Crew verliert, in klingonisches Hoheitsgebiet driftet und sie für eine Außenmission zwangsrekrutiert wird, dämmert ihr, dass einige hochrangige Köpfe der Sternenflotte in ihrem Bestreben die Klingonen zu besiegen bereit sind, neue Wege zu gehen, alternative Lösungen zu finden und sogar großzügig über ein Kapitalverbrechen wie Meuterei hinwegzusehen…


Lobenswerte Aspekte.

Ausblick auf spannende Story.
 Es ist wohl einer der clevereren Züge der verantwortlichen Ausstrahlungsleiter bei CBS und Netflix, dem Publikum die neue Star-Trek-Serie nur häppchenweise auszuspucken. Auf diese Weise steigert sie nämlich die knisternde Spannung beinahe greifbar, bis man die neue Episode schauen kann, nur um sich an deren Ende zu ärgern, dass man nun wiederum eine ganze Woche warten muss um die nächste Folge sehen zu können. Man ist als hilflos in einer Spirale des Unbekannten gefangen, mit der man nicht zuletzt deshalb so schlecht umgehen kann, weil es seit über einem Jahrzehnt keine neue Star-Trek-Serie gegeben hat (und erst recht keine, deren Teile derart aufeinander aufbauen). Fraglos hätte sich der Großteil der Fans die Serie bereits ohne Unterbrechung am Stück angesehen, wenn dies möglich gewesen wäre, zumal die Konzeption so sehr die Neugier der Fans herauskitzelt, dass man sich die bislang veröffentlichten Folgen wieder und wieder ansieht, um auf den weiteren Verlauf zu spekulieren, kleinere Anspielungen besser mitzubekommen oder Details im Hintergrund zu erkennen. 
Nachdem beide Pilotfolgen (als Vorgeschichte) vergleichsweise in sich abgeschlossen waren, folgte mit "Context Is for Kings" (keine Ahnung, warum es noch keinen deutschen Titel gibt) nun der erste Punkt, an dem inhaltliche Einblicke in den zukünftigen Kurs der gesamten Serie gegeben werden.  Erstmals erhält man eine Idee wo es hingehen soll: Irgendwo zwischen verlustreichem Krieg und neuer geheimnisvoller Erfindungen, dem Widerspruch zwischen militärischer und wissenschaftlicher Nutzung von Technologie, Individualität und Kadavergehorsam, Idealen und Wirklichkeit sowie den sozialen Folgen von Schuld und Sühne ergibt sich ein gigantisches Puzzle, dessen Teile man sich langsam zurechtlegt, ohne dass sie bereits ein schlüssiges Bild ergeben.
Und doch kann man einiges sagen. Zum Beispiel, macht die Blume im Vorspann plötzlich Sinn. Man weiß endlich, welches Schiff im Fokus stehen wird. Und genauso gut weiß man, dass die neue Technologie ein Irrweg sein wird, der sich nicht durchsetzen wird. Es ist nicht die Spannung auf das größere Geschehen, das ohnehin durch den starren Star-Trek-Kanon vorgegeben ist. Nein, bei Discovery liegt die Spannung im Gang, oder anders ausgedrückt – der Weg ist das Ziel. Das funktioniert am Ende erstaunlich gut, auch wenn es bedeutet, dass man sich eine weitere Woche lang nervös an den Fingernägeln herumknabbern muss.


Starker Cast.
Als alter TNG-Fan hatte mich im Vorfeld ganz besonders gefreut, dass endlich wieder ein britischer Schauspieler die Brücke eines Sternenflottenschiffes kommandieren wird. Ich wurde nicht enttäuscht, denn Jason Isaacs alias Captain Gabriel Lorca mimt einen fesselnden Captain. Nicht zuletzt, weil sich sein (nicht nur wegen der Augenschwäche) düsterer Charakter von jedem bislang dagewesenen Raumschiffkommandanten  - inklusive Philippa Georgiou aus dem Piloten – deutlich abhebt. Seine Mischung aus kumpelhaftem und autoritärem Führungsstil ist dabei nicht durchweg sympathisch, aber schon jetzt trägt er trägt einen Großteil der aufkommenden Spannung, kommenden Konflikte und finsteren Geheimnisse auf seinen Schultern.
Als kontrastreicher Sprung bietet sich an dieser Stelle an, die Figur Sylvia Tillys zu erwähnen. Mary Wisemans Darstellung einer ehrgeizigen, aber schrulligen (fast schon autistischen) Kadettin im letzten Ausbildungsjahr steht im Widerspruch zu jeder anderen Figur an Bord und ausgerechnet sie an Burnhams Seite zu platzieren, ist schlichtweg ein genialer erzählerischer Schachzug mit einer Menge Potential.


Jenes Potential lassen auch Anthony Rapp als Paul Stamets und Rekha Sharma als Ellen Landry erkennen, auch wenn ihre Leistungen bislang eher darin lag, die ihnen zugeschriebene Rolle auszufüllen. Immerhin gelang es Rapp zusammen mit Isaacs, eine gleichsam frotzelige wie frostige Atmosphäre zwischen ihren Charaktern zu etablieren.
Mein persönlicher Favorit bleibt aber noch immer Doug Jones als Saru. Unter der massiven Silikonmaske spielt er einen eindringlichen Charakter, der zwischen seinen Loyalitäten, Ansichten und Instinkten zerrissen wird. Ihm ist es auf jeden Fall zu gönnen, mehr Screentime zu erhalten als in dieser dritten Folge. 


Moralität.
Wie sagte Picard zum 'meuternden' Data so schön in „Kampf um das Klingonische Reich, Teil II“?

"Obwohl jedoch: Die Behauptung, 'ich habe nur Befehlen gehorcht' viel zu oft zu Rechtfertigung vieler Tragödien in unserer Geschichte diente. Die Sternenflotte braucht keine Offiziere die blind Befehle befolgen, ohne die Situation zu analysieren."

In dieser Folge gibt sein Kollege aus einer vorangegangen Ära hingegen zu Protokoll:

"Ich habe Sie ausgewählt, aber nicht aus den Gründen die sie vermuten. Ihre Annahme, dass die Klingonen uns beim Doppelstern in einen Hinterhalt locken wollten war vorausschauend. Sie haben das Richtige getan, egal ob es gegen das Gesetz war und ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Nur wer so denkt, kann Kriege gewinnen, und Offiziere, die so denken, brauche ich neben mir. Lakaien befolgen Gesetze, Könige sehen Zusammenhänge."

Stellt man diese beiden Äußerungen aneinander, erkennt man schnell, dass es sich nicht nur um einen großartigen Folgentitel, sondern auch um ein beliebtes Thema bei Star Trek handelt, denn es umfasste genauso Siskos Rettungsoperation beim romulanisch-cardassianischen Angriff auf die Heimatwelt der Gründer, Picards Engagement in der Schlacht gegen die Borg im Sektor 001 sowie Captain Kirks Rettungsoperation für Spock zum Genesis-Planeten. Beim Aufruf wider dem blinden Gehorsam handelt sich schlichtweg um ein Grundmotiv der Franchise, das hier in würdiger Form aufgegriffen und sogar erweitert wurde.
Aber Discovery scheint sich nicht mit nur einem philosophischen Grundgedanken zufrieden zu geben:
Ähnlich präsent war auch stets die Frage, was ein so schonungsloser Krieg aus einer utopischen Gesellschaft wie der Föderation macht. Auf der einen Seite reißt sie glückliche und unglückliche Menschen aus ihrer Komfort-Zone (wie Stamets, Straal oder den weiblichen Sträfling), und zum anderen verleitet sie andere, plötzlich die etablierten moralischen Grenzen in Frage zu stellen (wie Lorca).
Als ob das noch nicht schon Kopfschmerzstoff für eine ganze Staffel wäre (und sicherlich auch bleiben wird), kommen noch andere Aspekte hinzu. Es ist ein Loblied auf den Individualismus, egal ob man ihn wie Tilly auslebt oder wie Burnham darunter leidet. Am Ende, so verrät uns Discovery, greift man immer selbst in die mäßig metaphorische Schüssel mit Glückskeksen.


Konflikt.
Während ich nach den beiden Pilotfolgen noch mutmaßte, dass Konflikte sich nur schwer fortsetzen lassen würden, wurde ich in "Context Is for Kings" eines Besseren belehrt. Ich wurde zum Zeugen einer genialen Weiterführung mit spürbaren Spannungen unter verschiedenen Parteien, die zum Greifen nahe sind wie noch nie bei Star Trek. Es klingt verrückt, aber nach meiner anfänglichen Skepsis bin ich eher darauf gespannt, wie sich die Beziehungen zwischen den einzelnen Charakteren entwickeln, als die Auflösung der (wissenschaftlich doch etwas weit hergeholten) Warpsporentechnologie zu erfahren.
Reizvoll ist es vor allem, weil die Konflikte sich auf mehrere Einzelpersonen, Fraktionen und Interessengruppen verteilen. Zwar mag der Großteil der Discovery-Mannschaft Burnham nicht, aber sie erfährt dennoch Unterstützung von Tilly und Lorca. So ist Lorca zwar der Captain, aber hat in Stamets und z.T. auch in Burnham eine Opposition direkt in seinen eigenen Reihen. Ja selbst die Klingonen kann man in den munteren Reigen dieser Konfliktträger zählen, da auch sie ihre Gründe für ihr Handeln haben.
Großartig ist dabei, dass niemand im Reigen der Figuren eine moralische Instanz, frei von Fehlern oder zumindest fragwürdigen Motiven ist. An Bord der Discovery gibt es einen Haufen von Leuten mit unterschiedlichen Meinungen, Ansichten und Erfahrungen, die ihr Handeln beeinflussen.
Von allen Inkarnationen Star Treks ist Discovery – vor allem wegen seiner Konflikte – die menschlichste.


Umgang mit dem Kanon.

"Meine Mutter hat das Werk von Lewis Carroll besonders geschätzt."

Dieser kleine Satz, der aus der Star-Trek-Trickfilmserie (dem offiziellen Stiefkind aller Star-Trek-Serien) stammt, beweist, wie sehr sich die Autoren bemüht haben, Discovery in den offiziellen Kanon einzubinden.
Spock impliziert nämlich in "Phantasie oder Wirklichkeit", dass er es in seiner Kindheit von seiner Mutter vorgelesen bekam – eine Vorlage, die Discovery glänzend zu verwerten verstand. Die Bezüge auf "Alice im Wunderland" waren dabei sogar so stark hervorgehoben, dass sie bei der recht beiläufigen Ersterwähnung Spock eine grandiose Brücke zwischen den beiden Welten schlug.
Es gab aber noch weitere Anknüpfungspunkte, vor allem im Design. So schloss sich der Kreis mit dem Aufbau der Stationen im Techniklabor, der Verwendung von Datenkarten sowie der Sträflingsuniform Burnhams.
Zudem wurde jeder Star-Trek-Fan belohnt, der mit gespitzen Ohren vor dem Fernseher saß. Die Erwähnung von Tellun, der Suus Mahna und dem Zee-Magnees-Preis komplettierten diesen Eindruck weiter, der seinen Höhepunkt in der Warpsporenreise Burnhams fand, in der mindestens drei der gezeigten Orte auf TOS-Mattepaintings von Amerind, der Sternenbasis 11 und die Bergbausiedlung auf Janus VI anspielten.
Andererseits sollte aber nicht unerwähnt bleiben, dass Discovery das Rad keineswegs neu erfindet. Burnhams Rehabilitation wurde bereits anhand von Personen wie Tom Paris oder Ro Laren durchexerziert. Die Szenen auf der USS Glenn erinnerten ähnlich stark an die TNG-Episode "Genesis", ein Redshirt stirbt einen sinnfreien Heldentod und das Galaxie-umspannende Sporennetzwerk lässt unweigerlich an die Transwarpkanäle der Borg denken.
Immerhin kann man den Schreibern bei Discovery zugutehalten, dass sie jedem dieser Punkte eine eigene Charakternote verleihen konnten.




Ton und Atmosphäre.
Es ist wohl kein Wunder, dass die NCC-Nummer der USS Discovery ausgerechnet 1031 lautet. Laut Memory Alpha bezieht sie sich auf Bryan Fullers Vorliebe für Halloween und genau diesen Geist konnte man in dieser Episode mehr als deutlich spüren. Irgendwie erinnerte das gesamte Setting an Bord der USS Glenn eher an eine Folge Doctor Who als an klassisches Star Trek, wobei in diesem Fall der bereits in den ersten beiden Episoden omnipräsente dunkle Grundton passender wirkte.
Am Ende dient es wohl vor allem einem Zweck – der Abgrenzung zu älteren Star-Trek-Serien, die mit ihrer Ausleuchtung auch immer Hoffnung und ein beinahe steriles Bild der Zukunft transportierten. Diesen Vorwurf kann man Discovery bis hierher jedenfalls nicht machen…


Kritikwürdige Aspekte.

Rostlaubenromantik.
Nachdem ich bereits in der ersten Rezension kein gutes Haar an der Schiffsdesign-Abteilung von Discovery gelassen habe, muss ich dieses Mal zwangsweise noch deutlicher werden:

Die USS Discovery ist das abgrundtief hässlichste Schiff der gesamten Star-Trek-Geschichte.

Ich weiß nicht, ob die verantwortlichen Designer auf Koks waren.
Oder vielleicht die Produzenten, die das Design abgenommen haben?
Oder beide?
Fakt ist jedenfalls, dass die Begeisterung des Publikums für Star Trek eng mit der Ästhetik zusammenhängt, in der die Schiffe daherkommen. Welche zeitlose Eleganz die Original-Enterprise, ein romulanischer Warbird oder die Station Deep Space 9 haben, zeigt nicht zuletzt der riesige Erfolg, den Eaglemoss mit seiner Raumschiff-Sammlung auch hierzulande erzielt.    
Die Discovery ist jedenfalls ein Verbrechen an allen Menschen, die noch über genug Sehkraft verfügen, sie zu erkennen. Wenn wirklich Fuller dafür verantwortlich ist, wird er sich bis an sein Lebensende ebenso für das Design dieses Schiffes entschuldigen müssen wie Abrams für die Verwendung der auch hier noch immer viel zu präsenten Lensflares.
Die abstoßende Grässlichkeit des wichtigsten Schiffes der Serie ist vor allem deshalb so ärgerlich, weil man der Serie deutlich ansieht, dass viel Geld und Gedanken in die tollen Sets, die genialen Ausrüstungsgegenstände und Uniformen gesteckt wurden. Innerhalb der Schiffe gelingt sogar der Mix aus Enterprise, Abramsverse und TOS ungleich besser, was in den Jefferies-Röhren der USS Glenn seinen Höhepunkt findet. Dieser krasse Gegensatz ist schwer verdaulich, denn Discovery lässt sich so mit einer frischen Banane in einer überbraunen Schale vergleichen:
Innen hui, außen pfui.
Das ist doof, denn das Auge isst ja bekanntlich mit…


Ein Stückchen Abramstrek.
In den Augen längjähriger Star-Trek-Fans ist es ärgerlich, wenn die ein oder andere Design-Anleihe aus Abramstrek der Star-Trek-Chronologie widerspricht. Aber man kann damit leben. Schließlich sind Widersprüche zum eigenen Kanon spätestens seit "Der Zorn des Khan" (und dem nie stattgefundenen Treffen zwischen Khan und Chekov) popkultureller Bestandteil Star Treks.
Wenn man aber seitens der Discovery-Urheber nicht bereit ist, aus den Fehler J.J. Abrams zu lernen, so ist das schon eine ganz andere Hausnummer.
Solche Unzulänglichkeiten können dafür sorgen, dass man die Fan-Basis weiter spaltet, Zuschauer verprellt und am Ende den Fortbestand der eigenen Serie riskiert.
In "Context Is for Kings" gibt es das Potential für genauso eine Anleihe.
Während Abrams sich mit dem Augment-Superblut (das im Prinzip die Medizin der Zukunft völlig auf den Kopf stellt), vor allem aber mit dem Transwarp-Beamen (das im Prinzip die Verwendung von Raumschiffen obsolet macht) auf dünnes Eis begeben hatte, schickt sich Discovery an, ein ähnlich fragwürdiges Stück Supertechnologie zu etablieren:
Ein Transporter für das myceliale Netzwerk.
Mal ganz abgesehen davon, dass die Idee hanebüchen ist und eins zu eins aus einem Buch von Erich von Däniken stammen könnte, wundert es doch arg, dass in allen drei Serien und vier Filmen die nach Discovery spielen nie mehr davon berichtet wird, keiner sich mehr an dieses Konzept erinnert und sämtlich Bezüge darauf fehlen. Es wirkt ein wenig so, als würde jemand in einer Wildwest-Serie mit den Indianern skypen – die Technologie hat einfach nix in dieser Zeit zu suchen.
Aber es ist natürlich nicht zu spät.
Das völlige Fehlen von Information in der folgenden Zukunft lässt schließlich nur den Schluss zu, dass das Experiment so desaströs scheiterte, dass in der Folge niemand mehr einen Gedanken darauf verschwendete.
So reiht sich auch die Frage, ob und wie diese experimentelle Technologie misslingt in die Spannungskurve ein, die Discovery als moderne Serie erzeugt. Allerdings schwingt diesbezüglich mehr banges Hoffen der Fans als inszenierte Dramatik der Autoren mit.
Letztendlich wird man in diesem Punkt der prominent bestückten Produzenten-Truppe wohl einfach vertrauen müssen…


Kanonbrüche und Logiklöcher.
Wie bereits beim letzten Mal kann ich der verwendeten Holokomunikation nichts abgewinnen. Sie wirkt wie schon in den Pilotfolgen noch immer völlig deplatziert und unglaubwürdig.
Der Rest der vermeintlichen Ungereimtheiten hat – wie die Verwendung des mycelialen Netzwerkes auch – noch immer die Möglichkeit, ausgebügelt zu werden.
Dürfen überhaupt Tribbles vor der Originalserie auftauchen?
Im Prinzip schon. Bereits Phlox und Hoshi Sato haben die possierlichen Tierchen gekannt und ein Mann, der wie Lorca scheinbar über einen größeren xenobiologischen Bildungshintergrund verfügt, ist durchaus zuzutrauen, dass er ein Interesse an einer solchen Spezies hegt.
Warum gibt es vor Data bereits einen Androiden ab Bord?
Noch bin ich mir auch bei (dem weiblichen) Commander Airiam nicht wirklich sicher, ob sie als Androide gezählt werden kann, auch wenn einige Hintergrundinformationen diesen Schluss nahelegen. Andererseits könnte man die Aussage, Data sei der einzige seiner Art, der je bei Star Trek diente, auch auf Soong-Androiden beziehen – auch wenn das sehr, sehr bemüht wäre.
Können denn Sternenflottenangehörige dieser Zeit wissen, wie Romulus aussieht?
Nein, denn die isolationistischen Romulaner halten zu dieser Zeit noch immer strikte Funkstille. Allerdings listet Lorca in diesem Zusammenhang wahllos einige Planeten auf, von denen ohnehin keiner zu sehen ist. Wahrscheinlich sind seine Ausführungen eher exemplarischer Natur um zu unterstreichen, wozu diese neue Wunder-Technologie in der Lage ist.
Liegt der Planet Ilari nicht im Delta-Quadranten?
Wenn schon allein das Wort 'Darmok' in einem einzigen Sektor siebenundvierzig unterschiedliche Bedeutungen hat, erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass auch ein Planet mit dem Namen Ilari mehr als einmal in der Milchstraße vorkommt. Die Verwendung des Namens halte ich persönlich eher für einen unglücklichen Zufall, als eine absichtliche Referenz.


Ärgerlicher als solche Fragen sind hingegen die unnötigen Logiklöcher, die diese Serie begleiten.
So erschließt sich nicht wirklich, warum ausgerechnet die Sicherheitschefin verurteilte Kriminelle mit der Besatzung ihres Schiffes essen lässt.
Mal ernsthaft, es gibt genug Star-Trek-Episoden in denen man sehen kann, dass Gefangene in Arrestzellen ihre Nahrung erhalten. Warum auf einem Schiff wie der Discovery mit einer so hohen Sicherheitsstufe allen Ernstes mindestens einen verurteilten Mörder in die Nähe der Crew lässt, erscheint dann doch etwas arg konstruiert.
Ähnlich fragwürdig erscheint, warum das Weltraummonster von der USS Glenn sich dort durch massive Metalltüren kämpft, aber nach seinem Transport auf die Discovery damit begnügt, das Kraftfeld anzugreifen.
Am lächerlichsten war allerdings der Atem-Abdruck, den man für den Zugang zur Sporenzuchtstation hinterlassen musste.
Schon anhand der Art und Weise wie Burnham das Gerät überwindet kann man die weiteren Probleme erkennen:
Funktioniert er auch noch, wenn man mit einem anderen Crewmitglied vorher geküsst hat?
Oder besonders unangenehmen Mundgeruch von der Plomeek-Suppe aus der Kantine hat?
Oder ein Sternenflotten-Mentos gegessen hat?
Natürlich hat man diese Technologie zugunsten der Story eingefügt. Aber wenn man, statt einer bei Star Trek etablierten Technik wie z.B. dem Retina- oder Fingerabdruck-Scan einen so schwachsinnigen Unsinn in den offiziellen Kanon einführt, muss man sich über den Spott des Publikums nicht wundern.


Fazit.
Auch wenn die beiden ersten Folgen als Pilotfilm gelten, obliegt "Context Is for Kings" die Ehre, weitere zentrale Charaktere einzuführen, die von Spannung getragene Marschrichtung näher zu bestimmen und unter Beweis zu stellen, dass sämtliche Vorschusslorbeeren gerechtfertigt waren. Grandios ist besonders der beinahe zärtlich anmutende Umgang mit dem Kanon, der hier nicht als Hindernis, sondern Unterstützung verstanden wird.
Allerdings legen sich auch Schatten auf die Serie. Mal abgesehen davon, dass die USS Discovery ein Schiff von unbeschreibbarer Hässlichkeit ist, hat sie auch noch eine Technologie im Kofferraum, die das Potential hat, der inneren Logik Star Treks einen verheerenden Schlag zu versetzen.
Hoffen wir, dass es nie dazu kommen wird.

Bewertung.
Ein hässliches Schiff mit viel Potential.


Schluss.
Tatsächlich gelingt es der dritten Episode, den Fluch mangelnder Qualität abzuschütteln. Hinzu kommt, dass die Statistiken der jungen Serie hilfreich unter die Arme greifen: Die Zuschauerraten in den USA und Kanada gehen durch die Decke und auch illegale Download- und Streaming-Portale verzeichnen eine erhöhte Nachfrage.
Dabei muss ich – auch wenn ich ungern Werbung mache - an dieser Stelle Netflix ausdrücklich loben:
Es ist vergleichsweise günstig zu erwerben, bietet auch alle anderen Star-Trek-Serien an und kann darüber hinaus auch mit einigen zusätzlichen Schmankerl wie "For the Love of Spock", "Chaos on the Bridge" oder "Die Wahrheit liegt in den Sternen" glänzen.
Gerade wer als Fan für den Fortbestand Star Treks eintreten will, sollte einmal ernsthaft darüber nachdenken, die 7,99€ im Monat zu investieren.



Denkwürdige Zitate.

"Ich glaube Ihnen, dass Sie Reue fühlen. Aber in meinen Augen sind Sie gefährlich. Captain  Lorca ist ein Mensch der sich nicht vor Dingen fürchtet, vor denen sich normale Menschen fürchten. Ich fürchte mich. Und Sie sollte man fürchten, Michael Burnham."
Saru

"Ich weiß, wer Sie sind Michael Burnham. Ich weiß genau, wer Sie sind. Ich weiß, dass Sie gern Recht behalten. Und ich wage anzunehmen, dass Sie nichts mehr verabscheuen, als falsch zu liegen. Deshalb werde ich Sie vor einer falschen Entscheidung bewahren."
Captain  Gabriel Lorca

"Als ich noch klein war, nach dem Tod meiner Eltern hat meine Pflegemutter auf Vulkan es [Alice im Wunderland] mir und ihrem Sohn vorgelesen. Sie und ich waren die einzigen Menschen im Haus. Und dabei habe ich gelernt, dass die echte Welt nicht immer der Logik folgt. Denn manchmal ist unten oben und manchmal ist oben unten. Und wenn man sich verloren fühlt, wird man gefunden."
Michael Burnham


"Ach, ist doch nur ein Schiff..."
Captain Gabriel Lorca

Weiterführende Leseliste.

01. Rezension zu "Leuchtfeuer" und "Das Urteil"
03. Rezension zu "Lakaien und Könige"
04. Rezension zu "Sprung"
05. Rezension zu "Wähle Deinen Schmerz"
06. Rezension zu "Lethe"
07. Rezension zu "T=Mudd²"
08. Rezension zu "Si Vis Pacem, Para Bellum"
09. Rezension zu "Algorithmus"
10. Rezension zu "Nur wegen Dir"
11. Rezension zu "Der Wolf im Inneren"
12. Rezension zu "Blindes Verlangen"
13. Rezension zu "Auftakt zum Ende"
14. Rezension zu "Flucht nach vorn"
15. Rezension zu "Nimm meine Hand"

Montag, 2. Oktober 2017

Turons Senf zur Berlin Comic Con 2017


Einleitung.
Die Hauptstadt Deutschlands ist ein Mekkah für Nerds. Gleich mehrere Star-Trek-Stammtische, einige Star-Wars-Zusammenkünfte, zahlreiche Cosplayer, eine vibrierende Manga-Szene, größere Kostümgruppen und unzählige andere Gruppen wachsen und gedeihen in einer Region, in der immerhin knapp sechs Millionen Menschen in einer multikulturellen Gemeinschaft leben. Darüber hinaus ist es eine Gegend, die traditionell Musiker, Filmschaffende und Künstler jeglicher Coleur wie ein Magnet anzieht.
Dass dieses Potential jahrelang brach lag, mag verwundern, aber zum Glück gibt es seit letztem Jahr (die Tafelrunde berichtete) die Comic Con, die neben Veranstaltungsorten in Frankfurt, Dortmund und München (sowie Rotterdam und Warschau) eben auch die Hauptstadtregion bedient.
Natürlich waren Vertreter der Tafelrunde auch in diesem Jahr mit dabei, um Spaß zu haben, Stars zu treffen und natürlich davon zu berichten.


Lobenswerte Aspekte.

Standort.
Nachdem man viele Jahre nach Düsseldorf, Bonn oder Frankfurt pilgern musste, um eine Convention zu besuchen, ist es im Vergleich beinahe erschreckend erholsam, eine solche Veranstaltung quasi direkt vor der eigenen Haustür erleben zu können: Die Anfahrtswege sind kurz, mehr eigene Freunde kommen mit und am Ende eines Abends kann man schließlich wieder im eigenen Bett schlafen.
Natürlich bedeutet das im Gegenzug auch, dass man sich nunmehr zweimal überlegt, zu anderen Veranstaltungen wie z.B. der FedCon zu fahren und solche Abwägungen nunmehr eher von der Qualität, als von der Quantität eines solchen Events abhängig sind. Ob Situation mit mehreren Conventions dem nationalen Markt auf Dauer gut oder schlecht tut, bleibt dabei allerdings abzuwarten.

Cosplayer.
So wie der menschliche Körper nicht ohne Blut funktionieren kann, kann keine Convention ohne den Einsatz von Cosplayern existieren. Sie symbolisieren das Herzblut der Fangemeinschaft, trotten in aufwändigen Kostümen den ganzen Tag zur Unterhaltung der anderen Gäste die Gänge entlang und sind am Ende auf mehr Fotos zu sehen als alle Stargäste zusammen. Von ihrem Kreativität, ihrer Leidenschaft und ihrem Einsatz hängt am Ende der Gesamteindruck einer ganzen Veranstaltung ab.
Insofern könnten Cosplayer ruhig etwas mehr für ihre Tätigkeit entlohnt werden, in dem sie z.B. einen ermäßigten Eintritt bezahlen, die 'Waffenkontrollen' vielleicht etwas transparenter gestaltet werden oder ein gratis Autogramm dabei rausspringt.
So wie die vielen Cosplayer sich gern ablichten ließen, waren übrigens auch die verschiedenen Props wie die Tardis, Groot oder Iron Throne eine willkommene Bereicherung des Angebots, was die geduldigen Schlangen vor diesen Bachbauten an beiden Tagen deutlich unter Beweis stellten.


Neue Freunde und alte Bekannte.
Ob der geringen Distanz gelang es (wie gesagt) vielen Bekannten, Freunden und Mitgliedern der Tafelrunde und anderer Fangruppierungen, die  Messehallen am Funkturm aufzusuchen – selbst wenn der Besuch der Berliner Comic Con einigen nur an einem der beiden Tage möglich war. So traf man allenthalben bekannte Gesichter, wenn man die Gänge auf und abspazierte, wie Miri, Rok, Strifes, Onaris89, Thunderchild, Steffi, Jayna Winston, Tom Jones, Sean McElroy, Sven, Adriana, Frank Conan, Sarah Ricarda, Jens und seine Frau und sogar Vertreter der Starbase Roddenberry aus Dresden.

Die Comic Con bot einen würdigen Rahmen für ein solches Wiedersehen, aber sie war gleichzeitig auch der idealen Punkt um Kontakte mit Star-Trek-Fans zu knüpfen, die man bislang noch nicht kannte.

Ja selbst der Kontakt zu längst verloren geglaubten Personen wie Daniel gelang beim ein oder anderen Fachsimpeln über Star Trek, Kostüme oder schottische Bekleidungstraditionen…



Organisation.
Auch wenn man sich vielleicht im ein oder anderen Moment etwas abgefertigt gefühlt hat, kommt man am Ende nicht umhin zuzugeben, dass dieses Event glänzend organisiert war und flüssig funktioniert hat. Die Anfänger-Fehler des Vorjahres wiederholten sich jedenfalls nicht noch einmal.
Vom Eingangsbereich, in dem die Besucher zügig eingelassen wurden; über die beiden Hallen, die deutlich mehr Platz als zuvor boten; bis hin zu den zwei räumlich deutlich separierten Foto-Bereichen wirkte alles ausgeklügelter, stimmiger und schlichtweg erwachsener als noch im Vorjahr. Die Shoots waren auf die Sekunde genau geplant, die vier (!) Autogramm-Bereiche verhinderten größere Menschenaufläufe und die Ordner waren zumeist bestimmt, aber durchweg freundlich.



Mal was anderes.
Zudem konnte man immer wieder leise Ansätze erkennen, die die Berliner Comic Con zu etwas besonderem machte. Die größte Abwechslung war sicherlich der Onigiri-Workshop, bei dem zwar nicht alles reibungslos funktionierte, dafür aber der Einsatzwille der Betreuer alle Unzulänglichkeiten wieder ausbügelte. Zudem kam man hier in den Genuss, sein Essen zwar selbst herstellen zu müssen, dafür aber nichts bezahlen zu brauchen.
Von derlei innovativen Ideen hätte es durchaus mehr geben können…


Essensauswahl.
Doch auch wenn man für das Essen in den Hallen schon Messepreise bezahlen musste, soll an dieser Stelle die Nahrungsmittelversorgung noch einmal explizit gelobt werden:
Es gab keinen Unsinn mit irgendwelchen Essen-Marken, keine lapprigen Con-Burger und keine unmotivierten Hotel-Angestellten, denen man bei jeder Frage nach Allergien merklich auf die Nerven ging.
Stattdessen bot sich in einer Ecke der Panel-Halle coole Auswahl an einzelnen Food-Trucks, die von asiatischem Essen, Pulled-Pork-Burgern, Burritos, Crepes, Hot-Dogs, Nachos, Nudelgerichten eine erstaunlich große Vielfalt, einen guten Service und eine gute Qualität boten.

Kritikwürdige Aspekte.


Facebook-Beitrag von Thunderchild (Euderion Infinity) zur Comic Con


Händlerische Vielfalt.
Diese Einschätzung auf Facebook trifft den Nagel auf den Kopf: Selten hat man so wenig Geld auf einer Convention gelassen. Vielleicht lag es ja daran, dass (vielleicht subjektiv gefühlt) weniger Händler vor Ort waren. Vielleicht war schlichtweg das Angebot zu breitgefächert, um speziellen Shopping-Bedürfnissen gerecht zu werden. Und vielleicht waren Stände wie Pauw Pauw, der Import-Süßigkeiten-Stand oder der Poster-und-Kunstdruck-Anbieter einfach nicht genug, um das selbe Publikum über zwei Tage hinweg bei der Stange zu halten.


Ganz besonders ärgerlich war in diesem Jahr der Mangel an Star-Trek-Merchandise – und das ausgerechnet in einer Zeit, in der die neueste Serie ausgestrahlt wird. Zwar hangen über den Buden übergroße Transparente, auf denen das dreißigjährige TNG-Jubiläum gefeiert wurde, doch auf den Fluren war davon kaum etwas zu spüren. Ganze drei (!) Star-Trek-T-Shirts waren im weiten Rund zu finden und andere (kleinere) Funde waren eher überschaubar, so dass der Stand mit den Star-Trek-Münzen, das einzige war, was in größerem Umfang auf die Franchise Bezug nahm.

Alle Star-Trek-Shirts der Berlin Comic Con auf einem Bild
Ambiente.
Bei aller organisatorischen Leistung bleibt zu bemerken, dass man dem Messecharakter bei einer Convention, die in einer Messehalle stattfindet beim besten Willen nicht entfliehen kann. Es ist laut, warm und man kann sich nirgendwo hinsetzen außer auf den Fußboden. Vielleicht ändert der angekündigte Standortwechsel im kommenden Jahr etwas an diesem Kritikpunkt, doch die zurückliegenden Tage bekamen vom Veranstaltungsort seinen Stempel aufgedrückt.
Immerhin war es nicht durchgehend erdrückend voll. Am Samstag Nachmittag und den gesamten Sonntag hindurch war der Publikumsverkehr vergleichsweise überschaubar, so dass man zwar genug Zeit hatte, den ein oder anderen Stand (vergebens), das ein oder andere Panel oder den ein oder anderen Comic-Zeichner genauer unter die Lupe zu nehmen, aber im Gegenzug gab es auch weniger Cosplay, weniger Fan-Begegnungen und weniger Stimmung, in die man eintauchen konnte.
Hinzu kommt, dass die Idee, Comic Stage und Panel Area offen zu halten zwar prinzipiell gut gemeint war, aber am Ende darunter litt, dass der Ton zu schlecht war, der Platz (zumindest bei den größeren Stars) hinten und vorn nicht reichte und die Dauer des Bühnengeschehens völlig unzureichend war.
Schließlich lag mir persönlich das Motiv 'Aus jedem Doerf ein Köter' nicht besonders. Natürlich hat so eine Veranstaltung mehr Chancen, wenn sie verschiedene Fangruppen anspricht, aber die die ganz große Dichte an (sehenswerten) Stars gab es in Berlin am Ende dann doch nicht. Sicherlich ist das subjektiv und die Veranstalter hatten mit John Hurt (leider verstorben), Charles Dance und Sean Gunn (beide mussten wegen anderweitiger Verpflichtungen absagen) auch etwas Pech, doch bei der Menge an Photoshoots ging es mir ähnlich wie Thunderchild mit der Auswahl an Star Trek-Merchandise: Noch nie hab ich auf einer Convention so wenig Geld gelassen.



Fazit.
Die Berlin Comic Con hat in ihrem zweiten Jahr aus ihren Anfängerfehlern gelernt und bot dem Berliner und Brandenburger Nerd-Publikum eine solide Veranstaltung. Die Kritikpunkte sind überschaubar und somit bleibt das Event eine Pflichtveranstaltung für die hungrigen Fans der Region.
Als Besucher war es zwar angenehm, sich nicht von der Menschenmasse mitreißen zu lassen, aber es bleibt für den Veranstalter zu hoffen, dass es eher an der Weite, als an den fehlenden Besuchern lag. Aber auch ich spiele mit dem Gedanken, das nächste Mal eher eine Tageskarte zu erwerben, um mich lediglich am eher überschaubaren Sonntag umzuschauen.


Denkwürdige Zitate.

"Hier bin ich doch mal richtiger Deutscher; hier kann ich noch Schlange stehen."
Im Vorbeigehen aufgeschnappt

"Wir kaufen hier nix was glitzert und auch im Kaugummiautomat zu finden ist."
ebenfalls im Vorbeigehen aufgeschnappt


Weiterführende Links.
Natürlich hat Sarah (Lwaxana) Ricarda zum Thema Berlin Comic Con auch einen Vlog-Beitrag auf ihrem Youtube-Channel veröffentlicht, den ich Euch an dieser Stelle nicht vorenthalten will…

xf