Da fiel mir doch letztens ein, "da war noch was...."
Für den ein oder anderen der den Artikel nicht gelesen hat, hier mal konserviert. Oder wenn die Aufräumwut bei der Märkischen Allgemeinen ausbricht und nix mehr zu finden ist :-D
Update 25.09.2015
Vielen Dank Kwasar für den Hinweis! Da der Artikel erschienen ist als ich im Urlaub war, habe ich ihn nun total vergessen. Ich bin aber voll Deiner Meinung, dass der Artikel einfach inhaltlich so gut ist, dass er nicht in Vergessenheit geraten sollte. Deshalb habe ich mich nun kurzerhand mit dem Autor in Verbindung gesetzt und von ihm persönlich die Erlaubnis erhalten, den Artikel auf unseren Blog zu veröffentlichen, natürlich nur unter dem Hinweis, dass Marcel Kirf (nicht Kirk) der Autor ist und der Artikel in der Märkischen Allgemeinen Zeitung am 4.09.2015 erschienen ist. Alle Fotos sind Eigentum der MAZ.
Vielen Dank an dieser Stelle auch noch mal an
Marcel (Text) und
Sasse für die Fotos!
Link zum Original
Die Trekkies am Stammtisch in Potsdam
Die Jungs und Mädels rund um den „Captain“ sind
Science-Fiction-Fans. Doch sie mögen nicht irgendwas, sie lieben Star Trek.
Gemeinsam treffen sie sich einmal im Monat in Potsdam zum Stammtisch „Hermann
Darnell“. Die Liebe geht noch weiter, erst kürzlich drehten sie einen
89-Minuten-Fanmovie. Nun glauben Sie, die Stammtischler hätten eine Macke?
Klar!
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Devotionalien aus dem „Raumschiff Enterprise“-Universum sind gern gesehen.
Quelle:
MAZ
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Potsdam. Als der „Captain“ kommt, gehen alle Köpfe hoch. An einer langen
Tischreihe im Nebenraum des Lokals „Albers“, direkt am Bahnhof Griebnitzsee,
sitzt sie zusammen: die Star-Trek-Tafelrunde „Hermann Darnell“.
Science-Fiction-Fans sind sie. Doch ihre Liebe für die Welt von Kirk, Spock,
Picard, Janeway und Uhura geht über die Fiktion hinaus.
„Viele glauben, wir haben ne Macke. Haben wir ja auch
manchmal. Aber unsere Macke ist gesund“, sagt „Captain“ Micha lachend, nachdem
er einen plastenen Klingonen-Kopf auf die Tafel gestellt, jeden begrüßt und
sich selbst gesetzt hat. Wie alle anderen auch möchte er nur seinen Vornamen
nennen. „Star Trek ist unser Hobby, und unser Hobby ist privat“, sagt er zur
Begründung.
Ein Thema
verbindet sie alle
Vor sechs Jahren hat Micha die Tafelrunde ins Leben
gerufen, zusammen mit dem ebenfalls Star-Trek-verrückten Sepp. Sieben Personen
kamen zum ersten Treffen im Jahre 2009. „Heute sind über 60 Leute im
E-Mail-Verteiler und um die 30 kommen jedes Mal vorbei“, resümiert Micha.
Einmal im Monat tagt die Tafelrunde. Was sie zusammenführt, ist das gemeinsame
Gesprächsthema: Studenten sind dabei, Angestellte, Ingenieure, ein Professor,
Arbeiter, Handwerker und Freiberufler.
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Rund 30 „Trekkies“ kommen regelmäßig zur Tafelrunde Quelle: MAZ |
Maler Frank und Uni-Angestellte Adriana sind in Uniform da.
Dazu besteht aber keine Verpflichtung. Die beiden haben sich auf einer
Convention kennengelernt. So werden die großen Trekkie-Treffen genannt, zu
denen besonders in den 90er Jahren Zehntausende strömten. Nach mehreren Jahren
Fernbeziehung zog der gebürtige Kölner schließlich zu seiner Freundin nach
Potsdam.
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Frank und Adriana haben sich auf einer Convention kennengelernt.
Quelle:
MAZ
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Die Tafelrunde versteht sich aber nicht als exklusiver
Club. Jeder ist willkommen, ohne Vorbedingungen. Das wollte Micha bereits im
Namen ausdrücken. In Deutschland gab es zur Hochphase des Star-Trek-Booms in
den 90er Jahren in vielen Städten sogenannte „Trek Dinner“, erzählt Micha.
Allein in Berlin habe es drei davon gegeben. Aber das ist lange vorbei. „Wir
haben uns bewusst nicht so genannt“, erzählt der Tafelrunden-Gründer. „Wir
wollen ein Stammtisch sein, wo man Spaß hat – und unser liebstes Hobby
pflegen.“ Elitäre Nerd-Veranstaltungen finden alle am Tisch abstoßend. Die
Tafelrunde versteht sich als Sammelbecken für Star-Trek-Fans in der Region.
Auch Mitglieder anderer Fanclubs sind willkommen, mit vielen sind die Potsdamer
vernetzt.
Wer war
„Hermann Darnell“?
Der Name „Hermann Darnell“ übrigens ehrt augenzwinkernd
das erste „Redshirt“. So werden Figuren genannt, die kurz nach ihrem ersten
Auftritt sterben. Im Star Trek-Universum tragen sie traditionell rote Uniform.
Darnell ist der erste Charakter, der in „Raumschiff Enterprise“ auf einer
Außenmission stirbt.
Außenmissionen
für die Potsdamer Trekkies
Außenmissionen nennen die Potsdamer Trekkies auch
gemeinsame Aktionen außerhalb der Kneipe. Dazu gehören unter anderem
Kinobesuche, Spieleabende, das Treffen mit Darstellern und Feste. Auf der
Langen Nacht der Wissenschaften haben Tafelrunden-Mitglieder verschiedene
Vorträge zu Themen wie Warp-Geschwindigkeit oder Universalübersetzer gehalten.
Zusammen mit einem anderen Fanprojekt entstand zudem ein abendfüllender
Spielfilm: „Star Trek: Dark Horizon“ ist 89 Minuten lang und wurde Mitte August
uraufgeführt. Seit Ende letzten Jahres wurde das Drehbuch geschrieben, seit
Februar gedreht. Der 29-jährige Potsdamer Ronald hat die Filmmusik dazu
beigesteuert, unter den insgesamt 25 Darstellern sind einige Mitglieder der
Tafelrunde. Das Werk findet sich auf der Internetplattform YouTube.
Im „Albers“ treffen sich die Trekkies von Anfang an. Das
Lokal liegt direkt am Bahnhof. So kommen auch die zahlreichen
Tafelrunden-Mitglieder aus Berlin gut zu den Treffen. Und die Gastronomen mögen
ihre etwas schrägen Gäste. Im Nebenraum, der jedes Mal voll besetzt ist, wenn
sie kommen, durften die SciFi-Fans anlässlich des 5-jährigen Bestehens ein
Portrait von Hermann Darnell aufhängen.
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Einen festen Platz haben die Science-Fiction-Fans im Lokal „Albers“.
Quelle:
MAZ
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„In letzter
Zeit wurde es oft ganz schön eng da drin“, berichtet Kellnerin Conni Kilpert.
Nach ihrem Eindruck kämen immer mehr. „Die sind alle sehr sympathisch,
entspannte Leute.“ Manchmal würden sie auch einen Film gucken, hat die
Kellnerin beobachtet. „Was genau die da machen, weiß ich aber nicht.“
„Wir möchten mehr als Fans sein“
Dabei sind
alle Tafelrunden-Aktivitäten öffentlich. Der aufwendig gestaltete
Blog derStar-Trek-Tafelrunde „Hermann Darnell“ informiert nicht nur über
aktuelle Termine, sondern hat sich zu einem renommierten Fachforum für
Science-Fiction-Fans entwickelt. Neben spezifischen Motiven der Serie und des
Genres werden dort auch gesellschaftspolitische, technische und philosophische
Fragen erörtert.
„Wir möchten
mehr als Fans sein“, erklärt Micha. „Für mich steckt da eine Lebensphilosophie
drin, eine Perspektive für die Menschheit.“ Er persönlich sei auch sehr
politisch, bekennt er. „Wir positionieren uns klar gegen Rechts.“ Das sei im
Kontext ihrer Lieblingsserie auch gar nicht anders möglich: „Wer an die Zukunft
der Menschheit im All glaubt, tritt für ein Menschenbild ein, in dem Hass und
Gewalt keinen Platz haben.“
Von Marcel
Kirf