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Freitag, 18. Juli 2014

Star Trek und die Philosophie: Habeas Corpus

"Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt. Wenn die Freiheit irgendeines Menschen zum ersten mal beschnitten wird, ist das ein Schaden für alle." Aaron Satie

Dieses Zitat lässt sich in keinem philosophischem oder einem juristischem Werk finden. Star Trek hat es hervorgebracht und bezieht sich damit auf das Recht des Einzelnen sich gegen willkürliche Herrschaft, Gefangennahme, Festsetzung aller Art zu wehren. Das meint in diesem Fall, dass man nicht ohne Grund verhaftet werden kann. Der Betroffene hat das Recht zu erfahren, weswegen man ihn in Haft nimmt. Wir müssen dafür einen Blick in die Geschichte werfen und schließlich in unsere Gegenwart um zu erkennen, was die TNG-Folge: Das Standgericht für die Rechtsphilosophie bedeutet. Damit ihr warm werdet, gibt es wie immer ein passendes Intro zu unserem Thema.


Wir haben uns wieder einmal auf dem Holodeck versammelt um einen kleinen Blick in die Geschichte zu werfen. Im 17. Jahrhundert herrscht in England die königliche Willkür. Dessen Einwohner werden zum Teil ohne Grund vor den Kadi gezerrt. Das Parlament kämpft verzweifelt dagegen an und verankert 1679 die Habeas Corpus-Akte in den Gesetzen des Königreiches. Was bedeutet Habeas Corpus? Frei übersetzt, bedeutet es, dass der Mensch das Recht auf seinen eigenen Körper hat. Das kennen wir schon: Im Naturrecht ist dieses Recht jedem Menschen gegeben. Das Gesetz hingegen geht jedoch weiter, als im Naturrecht vorgesehen. Kurz gesagt: Jeder Mensch hat ein Anrecht auf die Prüfung seiner Anklage und das Wissen darum. So gesehen war dieses Gesetz, das auch in die Bill of Rights Eingang fand, wesentlicher Bestandteil eines Widerstands gegen jedwede juristische Willkür. Dazu gehört auch die später stattfindende Trennung von Jurisprudenz und exekutiver Gewaltausübung. Simpel gesprochen: Der König oder Herrscher eines Landes darf nicht zugleich Richter sein oder juristische Macht ausüben. Diese juristische Macht wurde im Mittelalter bis in die späte Frühe Neuzeit in Form von Standgerichten ausgeübt. Ob sich die Generäle oder Kriegsherren dabei auf ihre Trommeln oder Vergleichbares setzten, wie es Picard in der heute thematisierten Folge anspricht, ist dabei völlig nebensächlich. Die Art und die Durchführung dieser Schnellgerichte ist dabei entscheidend.

Der Angeklagte hat kein Recht auf Widerspruch. Die Strafe wird sofort vollzogen und beinhaltete größtenteils die niedere Gerichtsbarkeit, führte aber zur Willkür. Ich will hier gar keine Beispiele nennen, sondern gleich auf unsere heutige Folge eingehen.

Simon Tarses' Großvater war Romulaner. Ein Fakt, den der junge Sternenflottenoffizier bei seiner Bewerbung an der Akademie verschwieg. Macht ihn das zu einem potenziellen Verräter? Wir kommen darauf zurück. Als auf der Enterprise ein Klingone, der als Austauschoffizier fungiert, bei einem Diebstahl erwischt wird, schlägt das große Wellen. Norah Satie wird im Auftrag der Sternenflotte zur Enterprise geschickt um den Vorfall einer Explosion und den begangenen Diebstahl des Klingonen zu untersuchen. Der Klingone verneint zwar einen Gehilfen gehabt zu haben und will mit dem Vorfall im Maschinenraum nichts zu tun haben, doch die steife Lady von der Gerichtsbarkeit der Sternenflotte sieht einen Zusammenhang zwischen beiden Vorfällen. Später stellt sich heraus, dass Vorfall im Maschinenraum ein technisches Wartungsproblem war und mit dem Diebstahl des Klingonen nichts zu tun hatte. Dennoch will die Richterin ihre Suche nicht aufgeben. Simon Tarses ist für sie der Komplize. Tarses gab dem Klingonen Injektionen und hin und wieder sollen sich die beiden mit anderen Crewmitgliedern in Zehn Vorne unterhalten haben. Ist Tarses schuldig. Hier beginnt mein philosophisches Problem.

Wenn ich zunächst annehme, dass es einen Komplizen gegeben haben muss, aber die (späteren) Fakten darauf hindeuten, dass der Klingone sich die Informationen allein beschafft hat, sehe ich keinen Sinn und keine Logik dahinter Indizien oder eher Vermutungen als Fakten zu präsentieren nur um eine Wahrheit zu erschaffen, in der Simon Tarses schuldig ist. Der Fehler liegt in der menschlichen Irrationalität und in dem was man Paranoia nennt. Die Verschwörung wird am Anfang der Folge zugrunde gelegt und Norah Satie bleibt bei ihrem Standpunkt und zwar aus folgendem Grund, den ich kurz mit einem Zitat belegen möchte:

Norah Satie: "Er war ein außergewöhnlicher Mann. Jedes Mal stellte er beim Abendessen eine Frage zur Diskussion. Meine Brüder und ich, wir stritten dann immer über diesen Punkt und über jenen. Vater spielte den Schiedsrichter und er hat immer die Zeit gestoppt, damit wir lernen uns kurz zu fassen. Aber wir durften nicht aufstehen bis wir das Thema nicht vollständig ausdiskutiert hatten."
Jean-Luc Picard: "Ich wette, sie behielten bei diesen Debatten die Oberhand über ihre Brüder."
Norah Satie: "Mehr als einmal."

Hier lassen sich mehrere Dinge feststellen. Die rüstige Dame verliert nicht gern und ist es gewohnt sich durchzusetzen. Ein gewisser Hang zur Manie ist dieser rüstigen Lady ebenfalls nicht abzusprechen und sie strahlt Selbstsicherheit aus. Sie betont weiterhin, dass sie gern allein arbeitet um leichter auf Fehler in einem Verfahren aufmerksam zu werden. In dieser Folge muss sie mit Picard arbeiten, der für sie in der Sternenflotte scheinbar ein Fehler auf zwei Beinen zu sein scheint. Wie wir später erfahren, will sie die Kontroverse um die Verschwörung nutzen um einen der größten Captains der Sternenflotte karrieretechnisch den Garaus zu machen. Ihre Machtbesessenheit scheint ihr jedoch im Weg zu stehen.

Was ist Macht? Für Michel Foucault ist es ein komplexes Beziehungsgeflecht aus vielerlei Richtungen. Macht ist eine Verhandlungsbasis auf deren Ebene sich meist mehr als zwei Seiten tummeln, so der französische Philosoph. Ist das wirklich so? Macht ist in ihrem Kern zumeist darauf ausgerichtet ein einseitiges Produkt zu sein. Ansonsten könnte man nicht von einem Machtverhältnis sprechen. Es muss einseitig sein. Genauso könnte man behaupten, dass Äpfel beim herunterfallen die Eigenschaft besitzen nach oben gezogen zu werden. Das kann sicher aufgrund äußerer Umstände passieren, aber das tut es eher selten. Ich hingegen finde, dass Foucault bei seinen Beschreibungen dieser Struktur und des Wortes gern über seine eigenen Füße stolpert und genau das macht, was Norah Satie aucht tut. Beide würfeln sich die Dinge so zurecht, bis sie passen. Foucault machte das mit den historischen Strukturen und Satie mit den Umständen der angeblichen Verschwörung.

Setzen wir einen Punkt: Habeas Corpus soll uns noch heute vor der Willkür einer Verhaftung und dem anschließenden Prozess schützen. Im Grundgesetz, Art. 104 ist dieses Recht verankert, wird aber gern bei Telefonüberwachungen übergangen. Hier können sich vor allem Richter strafbar machen, die eine solche Überwachung richterlich gestatten. Sollte ein solcher Vorfall an das Tageslicht kommen, so kann der Prozess bereits vor Beginn platzen. Dieser Fall trifft auf Simon Tarses nicht zu. Er hat keine Möglichkeit sich dem Prozess zu entziehen aber wir müssen uns die Frage stellen, warum dem so ist.
Es sind vorrangig Indizien, die gegen Simon Tarses sprechen. Seine Lüge bei der Bewerbung zum Beispiel. Der Fakt, dass sein Großvater Romulaner war, macht ihn zwar nicht zum sofortigen Saboteur, aber gibt der Anklage die Möglichkeit sich auf ein Traditionsargument zu berufen: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Dieses Argument ist meist wenig stichhaltig und zudem unlogisch, soll aber den Richter bzw. die Geschworenen beeinflussen. Da merkt man wieder einmal mit welchen windelweichen und kindlichen Argumentationsstrukturen die Juristen auch heute noch arbeiten. Es setzt voraus, dass wir nach der ersten Lüge immer lügen. Das funktioniert aber nicht, denn demnach wären alle Menschen verdächtig, weil jeder schon einmal gelogen hat, bei irgendeiner Tätigkeit. Dies reicht nicht um Simon Tarses einzusperren. Es sind sicher Indizien, die gegen Tarses sprechen, aber sie machen ihn keinesfalls verdächtig. Nun ist die Reaktion Worfs interessant, der jetzt Tarses' Leben durchleuchten möchte. Wie wir wissen, wird er nichts finden und Picard fragt zurecht, worauf sich diese Untersuchung stützen soll.

Es gibt einen ähnlichen Fall aus den Geschichtsbüchern. Dieser historische Justizskandal hat ein ganzes Land tief gespalten. 1894 wird Alfred Dreyfus in Frankreich von einem Gericht angeklagt dem deutschen Botschafter Schwartzkopf Militärgeheimnisse verraten zu haben. Das einzige Argument auf das sich die Anklage damals stützte und mit dem sie in der Öffentlichkeit für extreme Unruhe sorgte, war die Tatsache, dass Dreyfus als einziger Jude im Generalstab diente. Alle anderen Beweise wurden manipuliert und Dreyfus wurde vier Jahre lang auf einer Insel in Festungshaft gesetzt, aufgrund von Paranoia und Judenhass. Der Fall wurde danach aufgeklärt. Bei der Rehabilitierung von Dreyfus war übrigens auch ein gewisser Major Marie-Georges Picquart die Schlüsselfigur. Lassen wir seinem Nachfahren im 24. Jahrhundert die letzten Worte sprechen, um die es in diesem Artikel noch gehen soll:




Zatie versucht Picard zu provozieren, denn sie hat keinerlei Argumente, also dreht sie zurückliegende Geschehnisse verbal um und münzt sie zum Nachteil Picards in dessen Fehlleistungen, ohne dabei wirklich etwas Falsches zu sagen. Als Zuschauer weiß man jedoch, wie diese Aussagen zu behandeln sind. Hier spielt die Folge ihre ganze Stärke aus. In der Zuspitzung dieser Verhandlung. Picard macht etwas Ähnliches. Er zitiert Zaties Vater und weist sie somit in ihre Schranken, denn sie hat dessen Ideale verraten, als sich dazu verleiten liess, Tarses ohne Beweise vor Gericht zu stellen und schließlich Picard als ihren Gegner vor Gericht verbal anzugreifen.

Erschreckend an dieser Szene ist ihre Aktualität und ihre gleichzeitige Verträglichkeit mit vergangenen Ereignissen. Einerseits haben wir hier die moderne Paranoia einer Gesellschaft, die sich einer zunehmenden Bedrohung von außen stellen muss und dabei fast ihre eigenen Ideale gefährdet. Im Gegensatz zur moralisch nahezu intakten Sternenflotte haben die derzeitigen USA aber das Problem, dass sie bereits ihre Ideale verraten haben, indem sie Menschen ohne Anklage weggesperrt haben(Guantanmo) und hinter jedem Menschen eine potenzielle Bedrohung für ihr Land ansehen(Überwachung).
Andererseits ergeht der Hinweis in Richtung der McCarthy-Ära, an der wir sehen, dass Guantanamo kein trauriger Einzelfall zu sein scheint. Allein aufgrund dieser historischen Bezüge und der moralischen Aufgabe, der sich diese Folge mit Bravur gestellt hat, ist sie es wert nochmal gesehen zu werden.

Beim nächsten Mal wird es wieder um Menschenrechte gehen, wir werfen einen philosophischen Blick in die Folge "Author, Author".

Freitag, 30. Mai 2014

Star Trek und die Philosophie: Menschenrechte

"Menschenrechte, allein das Wort ist rassistisch. Die Föderation ist nichts weiter als ein Homo Sapiens-Club."

Ja, das könnte man den Föderatten wohl vorwerfen, denn ihre sogenannten Menschenrechte haben in ihrer derzeitigen Ausprägung nur Wirkung auf Menschen. Doch Star Trek geht hier einfach einen Schritt weiter und deswegen gibt es für mich als Philosoph im Nebenfach mehr als genug Folgen, die sich mit der Metaphysik auseinandersetzen. Und damit wir richtig loslegen können, verpasse ich der Leserschaft erstmal eine Gänsehaut:



Auf ins Holodeck!
Jetzt seid ihr in der richtigen Stimmung für Philosophie. Wir wollen uns heute mit dem Thema der Menschenrechte befassen. Und dazu müssen wir zurück in die Vergangenheit, genauer gesagt nach England. Es ist eine Zeit der politischen Verfolgung und der Earl of Shaftsbury und dessen Leibarzt sind auf dem Weg nach Holland um dort Schutz vor den Klauen der restaurativen Mächte unter Jakob II. zu finden. Dieser Leibarzt war John Locke, der zusammen mit Thomas Hobbes das Bild des Menschen im 17. Jahrhundert prägte. Beide sprachen von einem Souverän, welcher die Menschen aus ihrem Naturzustand erlösen sollte. Hobbes und Locke hatten jedoch unterschiedliche Vorstellungen, wie sich dies abspielen sollte. Während Hobbes das menschliche Dasein im Urzustand als Babywindel begreift ("Kurz und beschissen"), in dem sich der Mensch gegenüber anderen Menschen wie ein Wolf verhält, hellt sich dieser Zustand bei Locke gewaltig auf. Der Mensch ist von Natur aus frei und gleich und er besitzt unveräußerliche Menschenrechte. Seinen Boden und alles was ihm Gott gegeben hat, kann er kultivieren und es zum besseren Nutzen der Menschheit zur Verfügung zu stellen oder zu seinem Besitz machen. Er darf sich im Naturzustand nur so viel aneignen, wie er auch verbraucht. Lockes Personenbegriff ist also an Eigentum geknüpft. Sein Souverän, der Staat muss diese angeborenen Rechte (im folgenden als natürliches oder Naturrecht bezeichnet) und das erworbene Eigentum seiner Untertanen schützen. Tut er dies nicht oder entwendet dieses Eigentum sogar, hat das Volk ein Recht auf Revolution. 

Lockes Menschenbild und seine staatstheoretischen Entwürfe sind teilweise 1:1 in der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und in der Erklärung der Menschenrechte im Zuge der Französischen Revolution vorzufinden. Die Menschenrechtscharta der Uno ist ebenso wenig frei von Lockes Gedanken:

Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen 
Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, 
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet, (...) verkündet die Generalversammlung (...)
diese Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als das von allen Völkern und 
Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal, damit jeder einzelne und alle Organe der 
Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten und sich bemühen, durch 
Unterricht und Erziehung die Achtung vor diesen Rechten und Freiheiten zu fördern und 
durch fortschreitende nationale und internationale Maßnahmen ihre allgemeine und 
tatsächliche Anerkennung und Einhaltung durch die Bevölkerung der Mitgliedstaaten selbst 
wie auch durch die Bevölkerung der ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Gebiete zu 
gewährleisten. 

Und nun lassen wir Chekov und Azetbur in Star Trek VI - Das unentdeckte Land zu Wort kommen:
Chekov: "Es ist unsere Überzeugung, dass alle Planeten uneingeschränkten Einspruch auf unveräußerliche Menschenrechte haben."
Azetbur: "Unveräußerliche...! Es ist jammerschade, dass sie sich nicht selbst hören können. Menschenrechte...! Schon allein das Wort ist rassistisch. Die Föderation ist nichts weiter als ein Homo sapiens-Club."

Azetbur  (Rechts),  Gorkon  (Mitte),  Spock  (Links)
Lockes Gedankenwelt hat Einfluss auf die Charta der Vereinten Föderation der Planeten, aber unzweifelhaft ist der Ausdruck 'Menschenrecht' ein wenig einseitig und daher ist die Kritik Azetburs durchaus berechtigt. Was sollen Klingonen mit Menschenrechten? Sprechen wir daher lieber von Personenrechten und lassen den Kalten Krieg hinter uns. 

Was ist Leben?
Diese Frage hat bisher wohl niemand so eindeutig klären können, denn das Leben tritt in den unterschiedlichsten Varianten auf. Sprechen wir vom menschlichen Leben auf der Erde ist der Fall sicher eindeutig, aber wie sieht es in der Pflanzen- und Tierwelt aus? Sind Pflanzen lebendig? Würde man darüber eine Umfrage erheben, kämen wohl die unterschiedlichsten Antworten heraus, also müssen wir fragen, ob sie empfindungsfähig sind. Diese Antwort ist nicht hinreichend mit Thesen aus der Biologie gesichert und heutige Philosophen hauen sich darüber die Köpfe ein. Was sagen ältere Generationen dazu? Hegel hält Pflanzen für bewusstlose Wesen. Er sagt, die Natur sei zwar von Gott geschaffen, jedoch fehle ihr der göttliche Funken oder genauer gesagt, das was man Geist nennt. Hegel meint das Bewusstsein. Der Mensch ist in der Lage sich selbst in der Welt zu empfinden, sich in ihr zu verorten. Schopenhauer widerspricht dem gern und sagt hingegen die Welt existiere nur in seiner Vorstellung. Ihr seht schon, es gibt die unterschiedlichsten Ansichten in Bezug auf Leben und Lebendigkeit. 
Auch wenn es um Tiere geht, erhitzen sich die Gemüter gern mal. Meine persönliche Meinung drücke ich gern mit dem Experiment der Bochumer Universität bezüglich des Raben aus. Die Wissenschaftler klebten einem Raben einen roten Punkt auf die Brust und setzten ihm dann einen Spiegel vor den Schnabel. Der Rabe betrachtete sich im Spiegel, blickte an sich herunter, sah wieder zum Spiegel und begann anschließend den roten Punkt von seiner Brust zu entfernen. Commander Bruce Maddox setzt in "Wem gehört Data?" drei Kriterien für das Leben fest: Intelligenz, Selbstbewusstsein und Bewusstsein. Der Rabe erfüllt alle drei. Hat er deswegen die selben Rechte wie ein Mensch oder eine Person? 



Nehmen wir uns einen zugegebenermaßen einfacheren Fall und sehen uns die TNG-Episode: Wem gehört Data? an. Ich will hier gar nicht groß auf den Inhalt eingehen. Es soll hier schlussendlich nur um die Ergebnisse gehen und welche Schlussfolgerungen wir aus dem Gerichtsurteil ziehen können. Data soll einem Wissenschaftler namens Bruce Maddox unterstellt werden, der ihn in seine Einzelteile zerlegen will um eine große Anzahl an Datas zu produzieren. Datas erste Antwort liess mich zwar schmunzeln, aber stimmte mich auch nachdenklich. Er sagt: "Das ist faszinierend." mit hörbar gesteigerter Euphorie in der Stimme.  Jeder Mensch hingegen wäre wenig begeistert, wenn sein Körper zu einem Experiment gemacht werden würde und man ihn zwecks Untersuchung auseinander nehmen würde. Wahrscheinlich dachte Data an Androiden, die ihm ähnlich wären und die seine Faszination für die Menschen teilen würden. Als er erfährt, dass Maddox mit seiner Forschung noch in den Kinderschuhen steckt, ist er allerdings weniger davon begeistert auseinander genommen zu werden. Ich vergleiche das gern mit einem Zahnarzt, dessen Patient man ist und der an einem lernen soll, wie man den Bohrer richtig benutzt. Data weigert sich in aller Form an dem Experiment teilzunehmen und es kommt zur Gerichtsverhandlung.

Um Data das Recht auf Selbstbestimmung zukommen zu lassen, muss er als Person angesehen werden. Locke sagt, dass der Mensch ein Recht darauf hat, sich zu erhalten. Wäre die Verhandlung schlecht für Data ausgegangen, hätte er sich entweder fügen können oder er würde tatsächlich eigenmächtig agieren. Das schließt auch Gewalt mit ein und wir wissen wozu Data imstande sein kann. In der Verhandlung biegt er eine Stange Parstahl um seine Kräfte zu demonstrieren. 
Das Recht auf Selbsterhaltung ist von der Natur gegeben und Locke betont es durchgängig in der zweiten Abhandlung über die Regierung. Data nimmt dieses Recht, wenn auch eingeschränkt, wahr, denn er ist in der Episode kurz davor seinen Dienst bei der Sternenflotte zu quittieren um ihrer Gerichtsbarkeit zu entgehen. Streiken in den Wolfsburger VW-Werken statt der Mechaniker, die Maschinen, würde man wohl beschließen sie abzuschalten und neu zu programmieren. Warum macht man das nicht bei Data? 

Verfolgen wir die Gerichtsverhandlung ein Stück weiter. Riker muss die Anklage führen. Er nimmt Data den Arm ab um die Schaltkreise zu zeigen. Schließlich schaltet er den Androiden einfach ab. Hat Data in diesem Zustand noch Bewusstsein? Was erlebt ein Mensch unter Hypnose? Sind sich diese beiden Zustände so unähnlich? Ist Data mehr Maschine oder schon empfindendes Lebewesen? Er kann sich selbst verorten, er ist intelligent und er ist sich über die geführte Verhandlung im Klaren. Diese Punkte hätten schon ausgereicht, um deutlich zu machen, wie sehr Data eine Person ist. Ein weiterer Schritt in Richtung Anerkennung als Person ist die Tatsache, dass für seinen Abschied eine Party organisiert wird und die Besatzungsmitglieder ihn rührend verabschieden. In den VW-Werken werden die Maschinen einfach ausgetauscht, wenn sie nicht ordnungsgemäß funktionieren. Ich muss hier gar nicht so sehr auf die Gerichtsverhandlung eingehen um zeigen, wie sehr Data als Person gilt und wie sehr er in die sozialen Gefüge der Besatzung integriert ist. 



Der Kulminationspunkt der Folge ist der Schluss der Gerichtsverhandlung, denn gerade eben beim nochmaligen Ansehen ist mir eine wichtige Sache aufgefallen. Data besitzt Eigentum. Er hat nicht nur Eigentum an sich selbst, sondern er hat durch seiner Hände Arbeit Eigentum erworben. Picard schenkte ihm eine Ausgabe mit Sonetten des in Star Trek vielzitierten Shakespeare. Er besitzt zudem eine Holographie von Tasha Yar und er behielt die Auszeichnungen, die ihm von der Sternenflotte verliehen worden sind. Damit hätte er auch Lockes Kriterium als Person erfüllt. Picard schöpft aus der Definition von Maddox, wenn er versucht zu verdeutlichen wie schwammig unser Verständnis von Intelligenz, Selbstwahrnehmung und Bewusstsein ist. Es ist wie die Frage nach der Zeit, von der Augustinus so eindrucksvoll gesagt hat: 

"Was ist die Zeit? Wenn mich niemand danach fragt, weiss ich es. Soll ich es einem Fragenden erklären, weiss ich es nicht."

Es würde zuviel Platz verschlingen, die von Picard verwendeten Begriffe alle in sinnvolle Erklärungen zu pressen und das soll auch hier nicht das Thema sein. Deswegen kann ich ebenso wie die Richterin Louvouis feststellen, dass die Antwort auf die Definition des Wortes Seele eine Frage ist, mit der sich die Philosophen noch auseinandersetzen müssen. 

Fazit
Menschenrechte enden nicht einfach bei der Spezies Mensch. Sie sind allgemein gültig und das wichtigste Dokument der Selbstverortung des Menschen innerhalb seiner Welt. Diese Rechte zeigen, dass wir unsere innere Natur anerkannt haben und das wir uns Rechte auferlegen müssen um das zu schützen, was für uns am wichtigsten ist. Dabei muss der Mensch nach mehr als der Selbsterhaltung streben. Wenn mich jemand fragt, was der Sinn des Lebens ist, dann sage ich meistens, dass es keinen allgemeingültigen Sinn für jedermann gibt, sondern, dass wir geboren wurden, um genau diesen Sinn für uns selbst zu finden. Vielleicht ist es das was Thomas Jefferson mit dem 'Streben nach Glück' meinte, als er es 1776 in die Unabhängigkeitserklärung schrieb. 

Datas Streben ist es menschlicher zu werden oder zumindest menschliches Verhalten zu verstehen. Deswegen habe ich dieses Thema an den Anfang gestellt. Sein Verlangen nach diesen Erfahrungen führt uns wieder zurück zu John Locke, dessen These vom Menschen auf Data sicher am ehesten zutrifft, als er in seiner Abhandlung "Über den menschlichen Verstand" schrieb, dass der Mensch qua Geburt ein unbeschriebenes Blatt sei, gleichsam tabula rasa. Dieses Blatt wird erst durch die Erfahrungen zu einem vollständig ausgebildeten Individuum. Wir können diesen Prozess gerade bei Data mit jeder Episode weiter verfolgen und genau das macht auch den Reiz an seiner Figur aus. 


Bilder:

Quellen:

Sonntag, 27. Oktober 2013

Star Trek und Meinungsfreiheit

Die politischen Themen von heute finden sich auch in Star Trek wieder. Meinungsfreiheit und der Umgang mit neuen Ideen spielt dabei eine tragende Rolle. Die Episode „Herkunft aus der Ferne“ aus Star Trek Voyager geht auf diese Thematik ein.


Eine neue Idee ist wie der Aufbruch ins Unbekannte, 
Quelle: Star Trek: Voyager (VOY) S1 Nr 01. „Der Fürsorger“

Betrachten wir Meinungsfreiheit heute als selbstverständlich? Darüber kann und wird auch in Zukunft diskutiert werden. Doch auch im 24. Jahrhundert spielt dieses Thema eine Rolle. Daher möchte ich die Episode „Herkunft aus der Ferne“ aus Star Trek: Voyager vorstellen, die das Thema Meinungsfreiheit und die Akzeptanz neuer Ideen betrachtet:
Die Episode handelt von einer außerirdischen Zivilisation, die über Jahrmillionen eine überholte Theorie vertritt, die den Ursprung ihrer Kultur beschreibt. Diese Aliens sind eine Art Saurierwesen, die sich die Voth nennen, und in einem entfernten Teil der Galaxie beheimatet sind – im Delta-Quadrant. Nun entdeckt ein Wissenschaftler der Voth, Forra Gegen, dass Ihr Ursprung auf der Erde liegt. Diese Theorie wird die „Herkunft aus der Ferne“ genannt und stellt die komplette Geschichte der Voth auf den Kopf. Sie bringt den Glauben an die Doktrin ins Wancken, die besagt, dass die Voth ihren Ursprung im Delta-Quadranten hätten. Dadurch sieht die Obrigkeit ihre Macht gefährdet und nutzt sogar politische Mittel, um Alternativmeinungen und gerade die Theorie der „Herkunft aus der Ferne“ zu unterdrücken.

Voth und Menschen sprechen über ihre gemeinsame Herkunft, 
Quelle: Star Trek: Voyager (VOY) S3 Nr 23. „Herkunft aus der Ferne“

Während dieser Zeit gelangt die Besatzung des Raumschiffes U.S.S. Voyager in den Voth-Raum. Dabei lernt die Voyager-Crew Professor Gegen kennen. Sie ermitteln zusammen, dass Menschen und Voth 47 genetische Übereinstimmungen haben. Das kann kein Zufall sein. Sie finden heraus, dass die Voth ursprünglich von der Erde stammen und sie die Katastrophe, die die Dinosaurier auf der Erde vor 65 Million Jahren auslöschte, überlebten. Nachdem die Voth über die Technologie des interstellaren Reisens verfügten, verließen sie die Erde in der Hoffnung eine neue Heimat zu finden. Ihre weite Reise durch die Galaxie führte sie schließlich bis in den Delta-Quadranten, den sie von da an ihre Heimat nannten.
Über die Jahr Millionen verfestigte sich die Meinung, dass die Voth die erste Rasse im Raumsektor gewesen seien. Die Tatsache, dass die Voth von einem Immigrantenvolk abstammen, sei somit inakzeptabel. Die Theorie der „Herkunft aus der Ferne“ würde somit das gesamte Konstrukt der Macht durcheinander rütteln. Aus diesem Grund sind alle Meinungen, die die Doktrin anzweifeln, verpönt und werden sogar strafrechtlich verfolgt. Auf die Gefahr hin die Meinungsfreiheit in einer Gesellschaft einzuschränken hat Jean Luc Picard, einst mal gesagt:

Aus Star Trek: Das Nächste Jahrhundert  (TNG) S4 Nr 21. „Das Standgericht“
In diesem Geflecht der Macht findet Wissenschaftler Gegen den Mut, die Doktrin in Frage zu stellen, zumindest anzustoßen diese zu überdenken. Aus diesem Grund muss er sich vor einem Gericht verantworten und wird wegen Ketzerei angeklagt. Er wird erpresst, all seine Aussagen und wissenschaftlichen Ergebnisse zurückzuziehen. Zusammen mit Commander Chakotay von der Voyager argumentiert er für eine Akzeptanz seiner Ergebnisse. Nachdem er, auch durch aussagekräftige Beweise, die Richterin nicht von seiner Theorie überzeugen kann, spricht Chakotay  über die Geschichte der Menschheit und deren Bewältigung neuer Ideen.

„Ich weiß aus der Geschichte meines Planeten, wie schwierig Veränderungen sind. Neue Ideen werden oft mit Skepsis, sogar mit Angst betrachtet. Aber manchmal werden diese Ideen akzeptiert. Und wenn das geschieht, beginnt der Fortschritt. Die Augen sind geöffnet.“
Commander Chakotay, U.S.S. Voyager


Da das Urteil schon im Vornherein beschlossene Sache war, kann auch Chakotays Rede die Richterin der Voth nicht umstimmen und Gegen muss seine Theorie zurückziehen, um der Voyager und ihrer Crew den sicheren Weiterflug zu ermöglichen.

Die gesamte Rede von Chakotay (In Englisch):


Meinungsfreiheit in unserer Zeit und in unserer Welt ist keineswegs selbstverständlich. In nahezu der Hälfte aller Erd-Staaten werden (teilweise) politische Strömungen und Andersdenkende unterdrückt. Zu diesem Schluss kommt die jährliche Studie der regierungsunabhängigen Organisation „Freedom House“ und untersucht die Lage der Freiheitsrechte in der Welt. Auf deren Website bietet sich übrigens eine Suchoption, mit der man den Stand der Presse- und Internetfreiheit von Nationen erfragen kann.

Weltkarte Freiheit, Quelle: www.welt.de

Ein gemeinsamer Artikel mit der Initative Grundeinkommen Potsdam

Links:

Grundeinkommen Potsdam
http://grundeinkommen-potsdam.blogspot.de/2013/10/eine-neue-idee-ist-wie-der-aufbruch-in.html
Website Freedom House
www.freedomhouse.org
Artikel zum Thema Meinungsfreiheit auf Welt.de
http://www.welt.de/politik/ausland/article113791435/Die-Meinungsfreiheit-ist-weltweit-unter-Beschuss.html