Die Star-Trek-Fangemeinde mag ob
des letzten Kinofilms zutiefst gespalten sein, doch in einem Punkt sind sich wohl alle einig: Star Trek gehört zurück auf den Fernsehbildschirm, denn nur als Serie vermochte die Franchise bislang all jene Trümpfe richtig auszuspielen, die sie einst so unverwechselbar machte: Philosophische Fragestellungen, Moralische Zwickmühlen, wissenschaftliche Zurechnungsfähigkeit oder eine ernsthafte Herangehensweise an relevante Science-Fiction-Themen.
Dementsprechend empfänglich ist die Anhängerschaft auch für sämtliche Gerüchte, die vermeintlich neue Anläufe betreffen, eine Star-Trek-Serie im Fahrwasser der jüngsten Kinofilme aufzuziehen. Fans fordern immer wieder die Wiederauferstehung der Roddenberry-Idee als Fernsehserie und längst haben sich potentielle Verantwortliche wie
Robert Orci,
Michael Dorn oder
Seth MacFarlane in Position gebracht. Allerorten herrscht eine gespannte Erwartungshaltung, die mit jedem verstrichenen Jahr und jedem neuen Kinofilm ungeahnte Euphoriehöhen erklimmt.
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Seth Mac Farlane interessiert sich wirklich für Star Trek |
Daher finden Berichte, wie der des Online-Portals "
Call the Cops", in denen davon die Rede ist, dass
CBS im Moment sogar gleich zwei Serien auf einmal planen würde, ein erstaunlich großes Echo. In
Foren, der
Facebookvertretung von Trekzone oder selbst
bei der letzten Tafelrunde wird diese spezielle Meldung immer mal wieder hervorgekramt und im Stile von "Stille Post" mehr und mehr aufgebauscht.
Doch was ist wirklich dran an dieser Information aus den unendlichen Weiten des Internets?
Worum geht es überhaupt?
Ist es ein Fake?
Und: Kann das vorgeschlagene Konzept überhaupt funktionieren?
Doch der Reihe nach.
Bereits am 27. November 2013 veröffentlichte die Seite
callthecops.net einen Beitrag unter dem Titel "
CBS new CSI and EMS related Star Trek television series". Unter Berufung auf eine anonyme Quelle beim amerikanischen Fernsehsender CBS vermeldete das eigentlich auf Kriminalmeldungen spezialisierte Portal dort, dass im Moment die Planungen der Anstalt auf gleich zwei Star-Trek-Fernsehserien ausgerichtet seien.
Die erste soll sich rund um ein Raumschiff namens "
USS Locard" drehen, dass in CSI-Manier das Universum bereist, um unter Verwendung modernster forensischer Zukunftstechnologie Verbrechen aufzuklären.
In der zweiten soll es um ein medizinisches Schiff namens "
Pierce" gehen, die sich ihrerseits – mit einem künstlichen Wurmlochgenerator versehen - dem Ziel verschrieben hat, einem galaktischen Krankenwagen gleich Notfälle zu behandeln.
Bereits 2014 sollen beide Pilotfilme ausgestrahlt werden um den Siegeszug der Franchise wieder anzutreten.
Doch wer gleich Jubelarien anstimmt, sollte einmal das "
About Us" der (US-amerikanischen) Seite lesen:
"
This site is a satire of the current state of Law Enforcement, Fire Fighting and Emergency Medical work. Stories posted here are not real and you should not assume them to have any basis in any real fact. [...]"
Auf gut deutsch also (sehr frei übersetzt):
"
Diese Seite ist eine Satire auf den momentanen Stand der Strafverfolgung, Feuerbekämpfung und medizinische Notfalldienste. Hier veröffentlichte Geschichten entsprechen nicht der Realität und Sie sollten nicht davon ausgehen, dass sie irgendeinen Bezug zu reellen Fakten hätten. [...]"
Sprich: Alles nur ausgedacht, um das Überangebot an CSI-Serien im US-Fernsehen und die einfallslose Lage im Großteil des Programms zu persiflieren (vgl. Z. 44ff.). Ein solches Vorgehen ist nicht unbedingt neu, immerhin verunsichert der
Postillon auf
ähnliche Art und Weise schon seit Jahren die deutsche Medienlandschaft.
Doch auch anhand anderer Auffälligkeiten im Text hätte man die Fälschung leicht erkennen können. So weiß der geneigte Fan,
dass CBS Orci und Abrams bereits vor diesem Bericht abgekanzelt hat, der mysteriöse "
CBS-Insider" (vgl. Z. 1) geht kaum als glaubwürdige Quelle durch, aber vor allem der Name des medizinischen Schiffes sorgt bei Fehsehjunkies eher für Belustigung, als für Glaubwürdigkeit. Denn der Name "
Pierce" geht wohl nicht, wie vorgeschoben (vgl. Z. 28f.), auf
Francis Junior Pierce oder
Pierce-Arrow zurück, sondern auf den berühmten zynischen Chirurgen
Benjamin Franklin "Hawkeye" Pierce (
Alan Alda) aus der Kultserie "
M*A*S*H".
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Benjamin Franklin "Hawkeye" Pierce |
Nicht zuletzt verleiht ausgerechnet die Kombination aus medizinischem Notfalldiensts- und Strafverfolgungskonzept mit den Informationen, die die Seiten selbst gibt, jeglichen Spekulationen den ultimativen Todesstoß. In anderen Worten:
Pustekuchen! Diese beiden Sendungen wird es nie geben.
Nichtsdestotrotz kann man als Fan an dieser Stelle – aller Unwahrscheinlichkeit zum Trotz – die Möglichkeiten einmal durchspielen.
Die Idee des medizinischen Spezialeinsatzschiffes
USS Pierce wirkt vergleichsweise abwegig. Zum einen ist es lediglich eine schwache Variation des ungleich umfangreicher beschriebenen ersten Themas und zum anderen bietet es nur wenig erzählerischen Spielraum. Außerdem benötigt die Welt nicht noch eine
House-,
Emergency Room oder
Grey's Anatomy Serie – nicht einmal im Star-Trek-Schlafrock.
Der Grundgedanke des anderen Serienkonzeptes ist an sich genommen gleichermaßen 'innovativ'. Es gibt eine ähnlich große Anzahl von CSI-Varianten und anderen Krimiserien. Die damit einhergehende Übersättigung des Marktes disqualifiziert ein solche Serie bereits im Vorfeld.
Und dennoch: Die Idee einer Star-Trek-Krimiserie muss nicht zwangsläufig eine Totgeburt sein. Immerhin zeigten Episoden wie "
Kirk unter Anklage" (TOS), "
Riker unter Verdacht" (TNG) oder "
Gewalt" (VOY) zumindest das Potential, dass in der Kreuzung von Science Fiction und Kriminilogie stecken kann. Einige Star-Trek-Bücher wie "
Kontamination" oder "
Mord an der Vulkan-Akademie" schlagen ansatzweise in eine ähnliche Kerbe.
Nicht zuletzt die Science-Fiction-Ikone
Nathan Fillion beweist im Moment mit der in der sechsten Staffel angelaufenen Krimi-Serie "
Castle", dass das Genre noch lange nicht so unpopulär ist, wie es der satirische Ansatz des Artikels den Leser glauben machen will.
Denn immerhin weist die Idee eine erschreckende innere Logik auf. Das Schiff ist nach einem
bahnbrechenden Forensiker benannt, kleiner als die
Defiant und speziell für seine Funktion ausgestattet.
Noch spannender allerdings bleibt das Potential der Idee, denn im Gegensatz zu einem Kriegsschiff, einem Forschungsschiff oder gar einer Raumstation bieten sich solch einem kleinen, vergleichsweise unbedeutendem Schiff ganz andere Möglichkeiten. Der wechselnde Rahmen macht die Idee so spannend, denn wie angedeutet, kann so ein zu lösender Mordfall auf Raumschiffen, Sternenbasen oder Kolonien genauso passieren, wie auf den Heimatwelten von
Romulanern,
Klingonen oder gar
Tholianern. Ganz zu schweigen davon, dass man bei dieser Gelegenheit vernachlässigte oder nie gezeigte Föderationsmitgliedswelten wie
Tellar,
Sauria oder
Delta IV einmal näher beleuchten könnte. Hinzu kommt eine große Bandbreite an Verbrechen wie Erpressung, Verschwörung, Schmuggel, Befehlsverweigerung oder Sexualdelikte die ins Repertoire mitaufgenommen werden könnten, auch wenn der klassische Mord wohl unweigerlich im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen müsste. Wenn die Autoren es schaffen würden, die positiven Eigenschaften Star Treks mit den Spannungselementen von Krimiserien geschickt zu kombinieren, würde sich ein solcher Sci-Fi-Krimi-Hybrid deutlich vom CSI-Einheitsbrei abheben.
Im Großen und Ganzen lässt sich also zusammenfassen, dass die Idee nicht den Hauch einer Chance hat, Fernsehrealität zu werden. Dennoch ist sie trotz aller Satire nicht von schlechten Eltern, denn sie birgt in der Tat eine Menge Potential. Es wird dem gemeinen Star-Trek-Fan allerdings kaum mehr bleiben, als aus diesem guten Ansatz ein spannendes Pen-and-Paper-Rollenspiel zu basteln, denn wenn alle guten Ideen auch zu Fernsehserien werden würden, hätten wir mehr Star-Trek-Serien, und weniger Dschungelcamps, Forsthäuser Falkenaus oder Beverly Hills 90210.