Sonntag, 5. Februar 2017

Der große Tafelrunden-Check zum Super Bowl LI


Einleitung
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Auch in diesem Jahr pflegen wir natürlich die wunderschöne Tafelrunden-Tradition, der mittlerweile einundfünfzigsten Auflage der US-amerikanischen American Football Meisterschaft – dem sogenannten 'Super Bowl' mit einer augenzwinkernden Analyse zu bedenken.
Doch warum eigentlich?
Nun, Football ist genauso wie Star Trek ein wesentlicher Bestandteil der US-amerikanischen Kultur. Daher kann man innerhalb der verschiedenen Serien unterschiedliche Referenzen auf diesen Sport ausmachen, Schauspieler wie William Shatner, Connor Trinneer oder J.G. Hertzler übten in ihren jungen Jahren diese Sportart aus und sogar sprachlich fanden Begriffe wie "End Run" Eingang in Folgen wie "Best of Both Worlds" (leider ist dieser Begriff in der deutschen Übersetzung von "In den Händen der Borg" der deutschen Synchronisation zum Opfer gefallen).
Doch damit nicht genug der Querverbindungen!
Bereits beim ersten Super Bowl im Jahre 1967 war mit Fred "the Hammer" Williamson ein späterer Star-Trek-Darsteller mit von der Partie, die Halbzeitpause ist ein beliebter Austragungsort für Trailer anlaufender Star-Trek-Filme und im 1991 veröffentlichten Football-Film "Necessary Roughness" (auf Deutsch lautete der Filmtitel "Armadillo Bears – ein total chaotischer Haufen") spielte mit Scott Bakula sogar der erste Captain einer Enterprise die Hauptrolle.



Genau wegen dieser Überschneidungen, den Traditionen unseres Blogs und unserer Sympathie für die in Europa noch immer recht unterrepräsentierte Sportart versuchen wir in der Folge anhand von zwanzig geografischen, kulturellen und sportlichen Fakten zu klären, ob dieses Jahr die Atlanta Falcons oder eher die New England Patriots aus Boston die Vince-Lombardi-Trophy erringen können. So wollen wir den hiesigen Lesern ermöglichen, seine Sympathien dadurch auf eine Mannschaft zu verteilen, dass man beim Lesen Informationen erhält, die zwar einem Großteil der Amerikaner, nicht aber dem durchschnittlichen Mitteleuropäer vertraut sind.
Wenn Ihr wollt, könnt Ihr uns gern in den Kommentaren auf unserem Blog, auf Facebook oder über Twitter wissen lassen, wo ihr uns widersprechen würdet, wen ihr für den aussichtsreichsten Sieges-Kandidaten haltet oder für wie doof ihr Leute haltet, die in einer Sonntagsnacht zugunsten einer Übersee-Sportart auf Schlaf verzichten…


Teilgebiet A

In diesem Teil werden vor allem die Herkunftsorte der Falcons (Atlanta) und der Patriots (Boston, auch wenn die Mannschaft im Vorort Foxborough spielt) miteinander verglichen.

Die größere Stadt.
Gleich der erste Punkt stellt uns vor ein kleines Problem. Zwar ist das verwaltungstechnische Stadtgebiet von Atlanta mit 420.000 Einwohnern deutlich kleiner als das Bostons mit 617.000 Einwohnern, doch da dies vor allem einer recht willkürlichen Grenzziehung geschuldet ist, die nur wenig über die Stadt verrät, lohnt es sich an dieser Stelle einmal die Metropolregion (also das eigentliche Siedlungsareal inklusive Speckgürtel) in die Betrachtungen miteinzubeziehen: Diesen Vergleich kann die Gegend um Atlanta mit etwa 5,7 Millionen Einwohnern deutlich vor Boston mit ca. 4,5 Millionen für sich entscheiden. Für ein endgültiges Ergebnis bietet sich schließlich an die Einwohnerzahlen jener US-Bundesstaaten heranzuziehen, denen beide Städte als Hauptstädte dienen. Während Massachusetts (Boston) auf 6,7 Millionen Bürger kommt, gibt es in Georgia mit 9,7 Millionen Steuerzahlern deutlich mehr Fanpotential.
Vorteil: Falcons.



Die ältere Stadt.
Wie jedes Jahr lässt uns Europäer diese Kategorie immer ein wenig schmunzeln, denn mit Städten wie Trier (2033 Jahre), Potsdam (1024 Jahre) oder Berlin (773 Jahre) haben deutsche Städte im Regelfall ein deutliche höheres und geschichtsträchtigeres Alter inne als die recht jungen Metropolen der USA. Doch bei Lichte betrachtet ist das 1630 gegründete Boston älter als Karlsruhe, Neustrelitz oder Bremerhaven und selbst das zweihundert Jahre 'jüngere' Atlanta (1847 gegründet) ist betagter als beispielsweise Leverkusen, Eisenhüttenstadt oder Wolfsburg.
Vorteil: Patriots.


Die größere Nummer im Sport.
Die sportliche Bedeutung einer Stadt wird in der ergebnisorientierten Gesellschaft der USA darin gemessen, wer die meisten Mitglieder in den 'Big Four', also den vier großen Sportligen des Landes innehat (und nicht etwa daran, dass Atlanta 1996 die olympischen Sommerspiele ausrichtete). Mitunter wird dieser Kreis aus Football, Basketball, Baseball oder Hockey noch um das aufstrebenden Fußball (bzw. "Soccer" wie die Amerikaner zur Unterscheidung vom "Football" sagen) ergänzt.
Diese Aufstellung wird von Boston mit fünf Teams in allen fünf Sportarten deutlich angeführt (Neben den Patriots sind das die Red Sox, Celtics, die Bruins und New England Revolution).
Atlanta hat hingegen neben seinem Footballteam mit den Braves (Baseball) und den Hawks (Basketball) nur noch zwei weitere Spitzenteams im Angebot, auch wenn ab 2017 mit dem Atlanta United FC ein erstklassiger Fußballverein aus dem Boden gestampft werden soll.
Vorteil: Patriots.


Entfernung zum Austragungsort.
Nicht unerheblich für einen Sieg kann auch die Umgebung sein. Während Boston mit 2584km etwa dreieinhalb Flugstunden vom Austragungsort im texanischen Houston entfernt liegt, sind es für die Spieler aus Atlanta lediglich 1130km und ein knapp zweistündiger Flug.
Dennoch haben die Patriots einen entscheidenden Vorteil: Im NRG-Stadium konnten sie im Jahr 2004 den Super Bowl XXXVIII für sich entscheiden. Zudem spielen die hier ansässigen Houston Texans in ihrer Liga, der AFC. In diesem Zusammenhang gelang es den 'Pats', drei der vier Spiele in diesem Stadion für sich zu entscheiden. Besser stehen allerdings die AtlantaFalcons da, denn sie konnten ohne Niederlage beide Spiele gegen die Texans für sich entscheiden.
Vorteil: Falcons.


Größere Trump-Wählerschaft.
Weil man im 'alten Europa' Sympathien für US-amerikanische Angelegenheiten nicht wegen, sondern eher trotz des seit kurzem amtierenden Präsidenten Donald Trump verteilt, lohnt es sich an dieser Stelle ob der Punktgleichheit einmal zu schauen, wie das Abstimmungsverhalten in beiden Städte bei der US-Präsidentenwahl aussah.
Dabei ist überraschend, dass die Stadt Atlanta so etwas wie eine liberale Insel in dem Republikaner-treuen Südstaat Georgia (51,3% für Trump) ist und lediglich 27,35% der Einwohner für den polternden Mauerverfechter stimmten.
Aber in den USA ist kaum eine Stadt in seiner Liberalität mit Boston zu vergleichen, denn hier waren es mit 16,49% noch einmal deutlich weniger Protestwähler (im gesamten Bundesstaat Massachusetts waren es übrigens 33,5%).
Vorteil: Patriots.




Teilgebiet B

In diesem Teil der Betrachtungen geht es eher um die kulturelle Bedeutung beider Heimstätten, vor allem für Personen, die mit amerikanischer Musik, amerikanischen Fernsehen und amerikanischen Kinofilmen groß geworden sind.

Berühmte Einwohner.
Der fraglos bedeutendste Sohn der Stadt Atlanta ist der Prediger Martin Luther King Jr., dessen Kampf gegen die Rassendiskriminierung in den USA die gesamte Gesellschaft des Landes veränderte und der laut Nichelle Nichols dafür sorgte, dass sie nicht aus der Serie ausstieg. Darüber hinaus hat die Stadt mit der Schauspielerin Julia Roberts, dem Community-Star Donald Glover (den sich LeVar Burton laut eigener Aussage als möglichen Geordi La Forge bei einem möglichen TNG-Reboot wünscht) oder dem letztjährigen Super-Bowl-Finalisten Cam Newton eine Reihe bedeutender Persönlichkeiten hervorgebracht. Schließlich gelang der Stadt mit Jimmy Carter sogar die Platzierung eines demokratischen (!) Präsidenten (1977-1981).


Was kann Boston dem schon entgegenhalten?
Nun, bedeutend mehr natürlich!
Aus Boston entstammten nicht einer, sondern gleich vier US-Präsidenten (John Adams, John Quincy Adams, John F. Kennedy und George Bush Senior) und mit Benjamin Franklin auch einer der bekanntesten Persönlichkeiten der frühen Unabhängigkeitsjahre. Darüber hinaus wurden in der Hauptstadt Massachusetts und ihren Vororten auch Persönlichkeiten wie Leonard Bernstein, Matt Damon, Edgar Allan Poe oder Jack Lemmon geboren. Mit Schauspielern wie Chris Evans, Ben Affleck oder Edward Norton kamen darüber hinaus auch drei zentrale Superheldendarsteller aus der Stadt – und wer kann es schon mit Captain America, Batman und dem Hulk aufnehmen?
Vorteil: Patriots.

 

Berühmte Musiker.
Immerhin kann Atlanta mit einigen Megastars der Musikszene aufwarten, denn Stars wie die Orhwurmfabrikantin Whitney Houston, der R'n'B-Künstler Usher oder der extrovertierte Kanye West sind eng mit der Stadt verbunden und prägen deren künstlerische Wahrnehmung. Weil es sportlich an dieser Stelle passt, soll einmal Whitney-Houstons Hymne für die olympischen Sommerspiele 1988 in Seoul an dieser Stelle die Stadt Atlanta repräsentieren.



Doch die Hauptstadt Georgias kann es beim besten Willen nicht mit der großen Bandbreite unterschiedlichster Musikstile in Boston aufnehmen, denn der Hauptstadt Massachusetts entstammen Acts wie Aerosmith, Boston, Dick Dale, die Dresden Dolls, Dropkick Murphys, Godsmack, die Pixies, die New Kids on the Block, die Mighty Mighty Bosstones, Staind, Donna Summer oder Rob Zombie. Stellvertretend für diese Musik-Szene und weil es inhaltlich zum Siegeswillen der Patriots passt, soll an hier Aerosmiths erster großer Superhit stehen.



Eine Erwähnung ehrenhalber sollte auch die Bostoner Metall-Band Deathamphetamine erhalten, die Songs auf Grundlage von TOS-Episoden wie "Bele jagt Lokai" oder "Seit es Menschen gibt"
Vorteil: Patriots.

Verbindungen zu Star Trek.
Und wo wir gerade bei Star Trek gelandet sind: Boston ist auch ein Wallfahrtsort für Trekkies, denn der Stadt entstammen nicht nur berühmte Nebendarsteller wie Martha Hackett, Richard Herd oder John Schuck, sondern auch der legendäre Spock-Darsteller Leonard Nimoy.


Was könnte Atlanta diesem Autoritätsargument entgegensetzen?
Ganz einfach, seinen eigenen berühmten Star-Trek-Darsteller: DeForest Kelley!


Der nicht minder legendäre Darsteller Leonard 'Pille' McCoys ist nicht nur in Atlanta geboren, sondern gab durch diesen Umstand auch Grund zur Annahme (in vielen Sekundärwerken), dass auch sein Charakter hier das Licht der Welt erblickte.
Während sich beide Städte also im Hinblick auf Star Trek die Waage zu halten scheinen und auch die Erwähnungen beider Orte innerhalb der verschiedenen Serien mit dem Prädikat 'vernachlässigungswürdig' noch sehr wohlwollend umschrieben sind, bleibt nur noch, sich beide Teams innerhalb der Star-Trek-Historie anzusehen. Denn tatsächlich hat es nur ein Football-Team in der mehr als fünfzig Jahre zählenden Geschichte der Franchise jemals in Bild geschafft:
Unter den Besuchern des Meeresmuseums im vierten Kinofilm "Zurück in die Gegenwart" trägt ein Mitglied der Gruppe um Spock und Kirk nämlich ein Base-Cap des Teams. So unbedeutend es auch erscheinen mag – dieser Moment markierte tatsächlich den nennenswertesten Auftritt eines namentlich bekannten Erstliga-Teams.
Vorteil: Falcons.

Der Falcons-Basecap-Träger (3.v.r.)

Berühmte fiktive Einwohner.
Während Atlanta in mehreren Serien wie "Futurama", "The Walking Dead" oder "Profiler" entweder in Atlanta spielen oder zumindest denkwürdige Exkursionen dorthin unternehmen, wird die Stadt zusätzlich in Filmen wie "Miss Daisy und ihr Chaffeur", "Outbreak" oder "Vom Winde verweht" prominent platziert.
Besondere Bedeutung aber hat die Stadt durch einen älteren Anwalt erhalten, der mit seinem Südstaatenflair vor allem das Zuschauersegment im Rentenalter in seinen Bann zog:
Ben Matlock.


Aus gänzlich anderem Holz ist hingegen Boston geschnitzt. Während die Stadt als Handlungsort für eine ungleich größere Zahl an Serien wie "Spenser" (mit einem jungen Avery Brooks), "Cheers" (mit einer jungen Kirstey Alley), "Fringe" (mit einem älteren Leonard Nimoy), "Crossing Jordan" (mit Miguel Ferrer) oder "Leverage" oder Filmen wie "Good Will Hunting", "Shutter Island" oder "X-Men" (mit Patrick Stewart) aufwarten kann, ist sie darüber hinaus auch der Lieblingshandlungsort der Serien von David E. Kelley, der in seiner Heimatstadt nicht nur Serien wie "The Practice", "Ally McBeal" oder "Boston Public", sondern auch die Kult-Serie "Boston Legal" ansetzte.
Neben dem gebürtigen Bostoner James Spader brilliert die Serie vor allem durch William Shatner und die vielen Star-Trek-Darsteller, die in den fünf Staffeln Auftritte absolvieren.
Vorteil: Denny. Crane.



Fiktive Fans.
Der berühmteste fiktionale Fan der Atlanta Falcons offenbart sich eher beiläufig in einem Dialog der Simpsons: Ausgerechnet Homers Stammbarkeeper Moe Szyslak gibt in "Nur für Spieler und Prominente" zu Protokoll, dass er das Team aus Georgia seit Kindestagen lieben würde.
Allerdings halten sich während des Gespräches alle Teilnehmer ein Bierglas vor den Mund, um im Bedarfsfall noch einmal nachsynchronisiert werden zu können.



Deutlicher fällt der Liebesbeweis pro Patriots hingegen beim Simpsons-Konkurrenten "Family Guy" aus. Hier bekennt sich nicht nur Hauptcharakter Peter Griffin mehrfach als absoluter Fan, sondern besucht häufiger das Stadion, spielt für das Team und sucht sogar Gott auf, um eine Pechsträhne des Teams zu beenden. Der Patriots-Quarterback Tom Brady nahm sich für diesen ganz besonderen Edelfan sogar die Zeit, sich selbst für eine Episode einzusprechen.
Vorteil: Patriots.



Berühmte Fans.
Atlanta hat den ein oder anderen bekannten Anhänger. Neben Söhnen der Stadt wie Usher oder Jimmy Carter oder zählen auch andernorts geborene Personen wie Evander Holyfield, Ludacris oder gar Justin Bieber zum erweiterten Sympathisanten-Kreis. Vorzeige-Anhänger ist jedoch Samuel L. Jackson, den der ein oder andere Science-Fiction-Fan noch als Mace Windu in den Star-Wars-Prequel-Filmen oder Nick Fury aus den Marvel-Comicverfilmungen kennen könnte.


Auf der anderen Seite hingegen wären neben Jon Bon Jovi, Mark Wahlberg oder Conan O’Brien vor allem der Marsianer Matt Damon und der Captain America Chris Evans als treue Anhänger der Patriots zu nennen. Besonders Evans tat sich in der Vergangenheit als öffentlichkeitswirksamer Fan heraus, der schon beim Super Bowl XLIX im Jahr 2015 sein Team erfolgreich gegen die Schmähungen des Star-Lords und Seahawks-Fan Chris Pratt verteidigte.
Vorteil: Patriots.




Maskottchen.
Als Teil der amerikanischen Fan-Kultur der in unseren Breiten nicht selten müde belächelt wird sind Maskottchen dennoch ein Aushängeschild eines jeden Football-Teams. Dabei bleibt festzuhalten, dass im Angesicht des Umstandes, dass Pat Patriot irgendwie aussieht wie Gaston aus "Die Schöne und das Biest" nachdem er Uncle Sam die Klamotten von der Wäscheleine geklaut hat, scheint der Hornbrille tragende Freddie Falcon aus Atlanta das eindeutig kleinere Übel zu sein.
Vorteil: Falcons.


Teilgebiet C
In diesem Teil geht es vor allem um die sportliche Seite, die Wahrscheinlichkeiten eines Sieges und natürlich um blanke Mathematik.

Statistik.
Auf den ersten Blick scheint die Statistik durchaus für die Falcons zu sprechen, denn in der Super-Bowl-Historie konnten sich bislang sechsundzwanzig Mal Teams durchsetzen, die wie die Mannschaft aus Atlanta der NFC angehören. Für AFC-Mitglieder wie die Patriots reichte es hingegen lediglich vierundzwanzig Mal für einen Titelgewinn.
Auf den zweiten Blick hingegen muss man den Falcons allerdings ankreiden, bislang erst einmal überhaupt den Weg ins Finale geschafft zu haben: 1999 unterlag das Team aus Atlanta dabei den Denver Broncos.
Die Patriots hingegen haben es bereits acht Mal in die Endrunde geschafft, wobei es ihnen vier Mal gelang, ihren Weg mit einem Titelgewinn zu krönen.
Darüber hinaus spricht auch die direkte Bilanz beider Teams leicht für die Pats: Zwar konnten die Falcons z.B. 1998 ihr Spiel gegen New England deutllich mit 41:10 für sich entscheiden, doch mit insgesamt sechs Siegen für Atlanta und sieben für die Patriots fällt auch diese Bilanz für die Südstaatler negativ aus.
Vorteil: Patriots.


Die Trainer.
Die Bilanz könnte für den langjährigen Patriots-Trainer Bill Belichick nicht besser lauten: Seit seinem Amtsantritt gelang es ihm, sein Team stolze sieben Mal zum Finalspiel zu schleifen, wobei ihm vier Titelgewinne gelangen. Er gilt als gewiefter Taktikfuchs und einer der besten Trainer überhaupt.
Sein Problem ist allerdings sein Image.
Sein Weg ist mit Skandalen gepflastert, die in typischer amerikanischer Manier dem Begriff 'Watergate' nachempfunden sind: Im "Spygate" wurde er dabei erwischt, wie er Videoaufnahmen der Defense-Abteilung seiner Gegner anfertigen ließ. Im "Deflate-Gate" waren die Bälle während eines Spieles plötzlich mit weniger Luftdruck versehen, was dem Star-Quarterback Tom Brady besser lag. Kurz zuvor legte Belichick bei einem Spiel die Regeln so strikt aus, dass es dem gegnerischen Trainer unmöglich war, auf seine taktischen Veränderungen zu reagieren – ein Manöver, das kurze Zeit später im offiziellen Regelwerk als illegal eingestuft wurde.
Seither hat Belichick seinen Ruf weg:
Star-Wars-Author Drew Karpyshyn verglich ihn mit einem Sith, George R.R. Martin bestätigte Ähnlichkeiten zu den Lannisters seiner "Game of Thrones"-Reihe und das Verhalten des Trainers verleitete Eric Cartman in "South Park" zu folgender Erkenntnis:

"Das ist Bill Belichick, Trainer der New England Patriots. Er hat schon drei Superbowls gewonnen. Wie? Er hat betrogen! Der Mann wurde sogar dabei erwischt, aber keinen hat es interessiert. Bill Belichick hat bewiesen, dass es in Amerika in Ordnung ist zu betrügen, solange Du mit dem Betrügen erfolgreich bist."


Sein Gegenüber Dan Quinn ist im Vergleich dazu ein ruhiger Zeitgenosse, der sich seinen Weg an die Spitze mühsam erarbeitet hat. Die Falcons sind seine erste Station als Chefcoach, wobei er jedoch bereits einige Super-Bowl-Erfahrungen als Assistenz-Trainer sammeln konnte. Ähnlich wie Belichicks Einfluss bei den Patriots wird auch ihm der Verdienst zugeschrieben, aus den Falcons ein Top-Team geformt zu haben – nur das Quinn Skandalen bislang aus dem Weg ging.
Vorteil: Falcons.


Die Quarterbacks.
Beim Football neigt man gelegentlich dazu, ganze Spiele auf die sich gegenüber stehenden Quarterbacks zu reduzieren. Das wird zwar dem Spiel nicht unbedingt gerecht, doch trotzdem bleibt festzuhalten, dass dieser Position eine zentrale Rolle zukommt.
Mit dem 31jährigen Matt Ryan verfügen die Falcons über einen Spieler, der die bislang beste Saison seiner bisherigen Karriere nun mit einem Super-Bowl-Sieg krönen könnte. Er hat nicht nur in den letzten Jahren an Flexibilität gewonnen, sondern auch ein schlagkräftiges Team zur Verfügung.
Für Tom Brady (der auf der NFL-Seite übrigens mit dem Reboot-Kirk gleichgesetzt wird) spricht hingegen seine immense Erfahrung und der damit verbundene Umstand, dass er seine Karriere um den fünften Super-Bowl-Sieg bereichern könnte. Er dirigiert sein Team und versteht es, die taktischen Vorgaben seines Coaches umzusetzen. Darüber hinaus verpasste er die ersten vier Spiele wegen einer Sperre für das Deflate-Gate und steht nun in der Beweispflicht.
Dabei ist der 39jährige Spieler längst eine Legende – ein Status, den sich Ryan erst noch verdienen muss.
Vorteil: Patriots.


Die Offense.
Zugegeben, eigentlich spielen beide Mannschaften so ziemlich auf Augenhöhe. Während die Patriots im Angriff aber vor allem durch ihre Durchschlagskraft und ihrer körperbetonten Spielweise ihre Stärken haben, verfügt Atlanta über große Flexibilität und individuell herausragende Spieler wie Julio Jones, die die Falcons zum Top Scoring Team der zurückliegenden Saison gemacht haben.
Vorteil: Falcons.


Defense.
Der Vorteil der Patriots liegt in ihrer taktischen Disziplin. Sie sind darüber hinaus genau das, was Sportreporter gern als Kollektiv bezeichnen.
Die Falcons hingegen haben auch hier ihre Stärken eher im individuellen Bereich und auch wenn die Defense das Spezialgebiet des Trainers Dan Quinn ist, liegen dessen Stärken scheinbar eher in der Offensive.
Vorteil: Patriots.


Das meinen die Experten.
Der allgemeine Tenor lautet, dass es zwischen beiden Teams ziemlich eng zugehen könnte, wobei (besonders in den US-amerikanischen Medien) ein leichtes (beinahe hauchdünnes) Übergewicht für die Patriots zu verbuchen ist. Diesem Trend kann sich auch Dennis Rösner, der Defense-Captain der Potsdam Royals in unserem Experten-Kommentar nicht verschließen:

Dennis Rösner fängt eine Interception gegen Bonn. Quelle: @potsdam_royals auf Instagram

Wie auch die Jahre zuvor wurde ich gebeten hier meine Meinung über das anstehende Finale am Sonntag abzugeben.
Bevor ich damit beginne muss ich zugeben, dass ich dieses Jahr nicht ganz objektiv sein kann, da "meine" Patriots einer der Finalisten sind und damit natürlich meine Prognose feststeht.
Dennoch möchte ich beide Teams wie jedes Jahr beurteilen und deren Stärken sowie Schwächen kurz zusammenfassen.
Die Atlanta Falcons haben in den letzten Jahren ein erstaunlich schlagkräftiges und vor allem ein sehr solide spielendes Team auf die Beine gestellt. Die richtige Mischung aus jungen, hungrigen Rookies und Second-Year-Spielern sowie den sogenannten "Veteran-Players" hat sie dorthin gebracht wo sie heute stehen. Vor allem die Defense besteht zu einem großen Teil aus den eben angesprochenen jungen Spielern, die den Superbowl das erste Mal erleben und natürlich besonders motiviert sind, die Trophäe nach vier gespielten Vierteln auch in die Höhe zu recken.
Anders sieht es auf der Seite der Offense aus. Dort bestimmt der Quarterback mit der Nummer 2 die Geschicke. Matt Ryan spielt wie ich finde eine seiner besten (wenn nicht sogar die beste) Saison die ich von ihm bisher gesehen habe. Mit präzisen Pässen, einem guten Auge für die gegnerische Defense sowie enormer Unterstützung von seinen Mitspielern WR Julio Jones und den beiden RBs Coleman und Freeman wurde der Weg zum Superbowl geebnet. Diese sogenannte "High-Scoring Offense" rollte quasi im Halbfinale über die Greenbay Packers hinweg (Zur Halbzeit gab es bereits eine Führung von 31:0 (!)).
Ich denke, dass wir aus diesem Grund auch im Superbowl einige Touchdowns auf Seiten der Falcons sehen werden. Den einzigen Schwachpunkt, wenn man ihn so nennen möchte, sehe ich in der noch unerfahrenen Defense in Bezug auf wirklich große und wichtige Spiele. Oft gab es schon Spieler, die aufgrund fehlender Erfahrung oder auch Nervosität nicht ihr ganzes Potenzial abrufen konnten. Hier gilt es also für die Patriots möglichst schnell und viel Druck aufzubauen, um vielleicht die sonst sehr solide spielende Defense wackeln zu lassen.
Auch die Patriots sind einmal mehr im Superbowl vertreten. Angeführt vom hoch gehandelten GOAT (Greatest Of All Time) spielen sie ein weiteres Mal um die begehrte Lombardi-Trophäe. Die Rede ist natürlich von der Nummer 12 QB Tom Brady, der dieses Jahr um seinen fünften Ring spielt und damit - sollte er tatsächlich gewinnen - einer der wenigen Spieler wäre, denen dies in der Geschichte der NFL gelungen ist. Dass die Patriots überhaupt im Superbowl stehen war am Anfang der Saison noch alles andere als in Stein gemeißelt. Brady musste nämlich eine, (aus meiner Sicht) lächerliche Sperre von vier Spielen absitzen. Von diesen vier Spielen konnten die Patriots jedoch drei gewinnen; nicht zuletzt durch eine stark aufspielende Defense, die den Gegnern oft schon früh im Spiel zeigte, dass gegen sie nicht viel zu holen ist.
Auch in den Playoffs selbst behielten die Patriots aus New England ihre weiße Weste und kamen mehr oder weniger ungefährdet abermals ins Finale. Besonders stark ist der Passangriff der "Pats", in dem ein bis vor kurzem noch unbekannter Spieler seine Qualitäten unter Beweis stellen konnte: WR Chris Hogan, der neben seinem Partner Julian Edelman die Lieblingsanspielstation von Brady ist. Beide werden auch wieder im Superbowl für große Raumgewinne sorgen. Die Verletzung vom besten Passempfänger Bradys (Rob Gronkowski fehlt aufgrund eines Bandscheibenvorfalls nahezu die ganze Saison) ließ die Offense bisher nicht wirklich straucheln. Ersatzmann Bennett zeigt ebenso seine Qualitäten und wird ebenfalls gern von Brady angeworfen.
Doch der Hauptgrund, weshalb es dieses Jahr den fünften Ring für Brady und die Patriots geben wird, ist die Patriots Defense.
So konstant, so aggressiv und effizient wie sie diese Saison spielen, haben sie bewiesen, dass sie sich nach dem letzten Titelgewinn gegen die Seahawks noch einmal steigern konnten. Vor allem das Defensive Backfield ist fehlerfrei aufeinander abgestimmt und die Spieler haben die Möglichkeit, sich blind aufeinander verlassen zu können. Hier wird der sonst starke Passangriff der Falcons einiges zu tun bekommen. Noch dazu können die "Schweren Jungs" in der Defensive Line enormen Druck auf den gegnerischen Quarterback ausüben, weshalb ich glaube, dass Matt Ryan einige Fehlentscheidungen oder riskante Bälle werfen wird. Diese Bälle gilt es abzufangen und dadurch die  eigenen Offense wieder aufs Feld zu holen. Sollte ihnen das gelingen, steht einem Sieg im Finale nichts mehr im Wege.
Abschließend lässt sich sagen, dass sich hier zwei Mannschaften auf Augenhöhe begegnen. Wir können uns auf einen Schlagabtausch mit vielen Punkten einstellen, mit dem (hoffentlich) besseren Ende für die New England Patriots.
Mein Tipp: Atlanta Falcons 24- 31 New England Patriots.

Vorteil: Patriots.


Mein Tipp.
Nach einer Vorhersagehistorie, die in die Mitte der Nuller-Jahre zurückreicht ist dem Autor das Kunststück gelungen, bei elf Super Bowls ganze neun Mal daneben zu liegen, wenn es darum ging, den späteren Sieger vorherzusagen.
So ist es auf dieser Seite und innerhalb der Tafelrunde längst zur Tradition geworden, meinen eigenen Tipp pauschal gegen jene Mannschaft auszulegen, der er gilt.
Mein Vorhersage lautet übrigens – nachdem ich mit eigenen Augen miterleben musste, wie Matt Ryan 'meine' Packers auseinandergenommen hat - dass diese verdammt gut aufgelegten Falcons auch vor New England nicht haltmachen werden.
Vorteil: Patriots.


Tierorakel.
Großer Beliebtheit erfreuen sich bei größeren Sportereignissen heutzutage vor allem jene Vorhersagen, die durch unbescholtene Tiere getroffen werden. Und das scheinbar nicht zu Unrecht, denn viele dieser Wesen haben eine bessere Quote vorzuweisen als der Autor dieser Zeilen. So ist Teddy das Stachelschwein genauso wie Wilson der Goldfisch der Überzeugung, dass die Patriots gewinnen. Jim Fallons Vorhersage, bei der Hundewelpen als Entscheidungshilfe genutzt werden, sieht hingegen die Falcons vorn. Dieser Ansicht schließt sich auch Fred der hellsehende Hase an. So muss – aufgrund der Gesetzmäßigkeiten des Internets – eine Katze das Zünglein an der Waage spielen:
In einem dramatischen Endspurt entscheidet auch der tiefsinnige Tiger Tibet diese letzte Kategorie pro Falcons.
Vorteil: Falcons.




Endergebnis.
Nach dieser detaillierten Analyse bleibt als Endergebnis festzuhalten, dass auch bei uns das Pendel in Richtung Patriots ausschlägt. Natürlich hoffen wir dabei, dass unser finales Resultat von 7:13 nicht der Endspielstand sein wird und vor allem drücken wir die Daumen, dass es kein so langweiliger Super Bowl wie im letzten Jahr wird.

Nachspielzeit.
Natürlich ist der Super Bowl viel mehr als bloß ein Sportereignis. Es geht auch um die Halbzeitshow, deren künstlerische Ausgestaltung dieses Mal Lady Gaga überlassen wurde. Doof nur, dass die bekennende Clinton-Unterstützerin auf Druck der NFL auf politische Statements verzichten soll. Ob die provozierfreudige Sängerin dieser Forderung nachkommen wird, ist wohl ähnlich spannend wie der Ausgang des Spieles.
Schließlich sind auch die Werbeeinspieler, die während dieses Spieles für bis zu fünf Millionen Dollar verhökert werden, in den USA so bedeutsam, dass knapp ein Viertel der Zuschauer in einer Umfrage angab, der Übertragung vor allem deswegen zu folgen.
Für besonders viel Gesprächsstoff sorgt dabei der Clip von Anheuser-Busch, deren Werbung den Tenor einer Flüchtlingssituation heraufbeschwört und damit dieser Tage ein deutliches Ausrufezeichen gegen die Politik Donald Trumps aussendet. Direkt schade, dass ausgerechnet ein 'Getränk' wie (das amerikanische) Budweiser zum Gegenstand dieses Filmchens gerät, denn das eine rigide Einwanderungspolitik eine Flüssigkeit wie Bud Light verhindert hätte, ist zumindest Bier auf die Mühlen alteuropäischer Genusstrinker.
Mir bleibt an dieser Stelle nur noch Dank an jene auszusprechen, die sich das hier bis zum Ende durchgelesen haben und nochmals alle zu ermutigen, mir meinen Falcons-Tipp in den Kommentaren unter die Nase zu reiben. So wünsche ich allen eine spannende Super-Bowl-Nacht und wer weiß, vielleicht treffen wir uns ja in irgendeiner Berliner Kneipe auf ein (hoffentlich tschechisches) Budweiser, um auf dieses Spiel anzustoßen…


3 Kommentare:

  1. Das Tigerorakel ist wirklich sehr beeindruckend, allerdings könnte man das auch so auslegen, dass die Falcons zu schwach sind und sich fangen lassen. Das stärkere Team wären demnach die Patriots...

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  2. Ich mag den Tiger auch sehr...besser als Tintenfische oder Gürteltiere oder so was. Und ja, ich hoffe auch, dass unser Turon dieses mal wirklich richtig liegt mit seiner Prognose...die letzten Jahre klappte das ja nicht so ganz ;)

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  3. Bin über eine Google-Suche auf den Blog gekommen, und obwohl ich mich bisher nicht für den Super Bowl interessiert habe, finde ich den Vergleich der beiden Städte wirklich interessant! Ich habe viel gelernt!
    Dass tatsächlich im ST Kinofilm eine Baseballmütze "Werbung" gemacht hat - bisher war mir das gar nicht aufgefallen. Unglaublich! :D

    DW
    ~ buchvogel.blogspot.com ~

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