Aus gegebenem Anlass präsentiert die Tafelrunde heute ein ganz besonderes Video. Wissenschaftlern der schottischen
Saint-Andrews-Universität (an der unter anderem
Prinz William und seine spätere Frau
Kate studierten) ist es
nämlich erstmals gelungen, einen funktionsfähigen Traktorstrahl einzusetzen. Genau das kann man in diesem Video sehen:
Viele Leser unseres Star-Trek-Blogs werden beim Wort
Traktorstrahl sicherlich etwas ganz anderes erwartet haben. Vielleicht ein Gerät, das in etwa über diese Form und diese Fähigkeiten verfügt:
Da heutige Wissenschaftler allerdings kleinere Brötchen backen müssen als das
Next-Generation-Wunderkind
Wesley Crusher und die Traktorstrahltechnologie ja erst einmal erfunden werden muss, begnügten sich die potentiellen Ahnen
Montgomery Scotts damit, mikroskopisch kleine Teilchen mittels eines konzentrierten Lichtstrahls zu ziehen.
Unmittelbar nach der Meldung überschlugen sich die Internetpublikationen und überboten sich gegenseitig mit Star-Trek-Vergleichen. Angefangen
beim Focus, über das
renommierte Smithonian-Institute bis hin zu 'hippen' Videobeiträgen wie diesem:
Doch ist die wissenschaftliche Sensation, die hier beschrieben wird, wirklich mit Star Trek vergleichbar?
Der Focus schreibt, dass die Technologie auf größere Objekte gar nicht anwendbar wäre, da durch den unausweichlichen Energietransfer die zur Bewegung bestimmten Objekte in Flammen aufgehen würden. Zudem liegen die Einsatzgebiete der Entdeckung wohl eher im medizinischen Bereich.
Die "
Technik der USS Enterprise", von
Rick Sternbach und
Michael Okuda als Standardwerk für technische Star-Trek-Fragen und als eine Art Technobabbel-Bibel für TNG konzipiert, beschreibt die Wirkungsweise eines Traktorstrahlgenerators auf Seite 101 wiefolgt:
"
Traktorenemitter benutzen übereinanderliegende Subraum/ Graviton-Kraftstrahlen, deren Interferenzmuster auf ein entferntes Ziel fokussiert werden, wodurch eine deutliche räumliche Belastung auf das Ziel ausgeübt wird. Durch eine Kontrolle des Fokuspunktes und der Interferenzmuster kann man dieses Belastungsmuster nutzen, um ein Objekt auf das Schiff zuzuziehen. Es ist ebenfalls möglich, die Interferenzmuster umzukehren und den Fokuspunkt so zu bewegen, daß ein Objekt geschoben wird."
Kein Wort von Lichtstrahlen und ebensowenig von einem potentiellen Hitzeausgleich. Schnell wird deutlich, dass dem bei Star Trek propagierten System ein völlig anderes Wirkungsprinzip zugrunde liegen muss, als bei der schottischen Studie. Der Vergleich mit der berühmten Serie ist nichts als weiter ein Marketingmittel, um mediale Aufmerksamkeit zu erlangen.
Aber ist das wirklich verwerflich?
Funktionieren Telefone, die TOS-Kommunikatoren ähnlich sehen, nicht auch völlig anders? Wenn
man Lichtteilchen beamt, ist das nicht trotzdem ein Vorgeschmack auf die
Transportertechnologie? Sind
PADDs nicht doch irgendwo mit den
iPads verwandt?
Vielleicht sollte man bei einer fiktiven Star-Trek-Technologie, zu der es so viel interne Hintergrundmaterialien gibt wie bei Traktorstrahlen, nicht unbedingt die Besserwisserbrille eines allwissenden Nerds aufsetzen, denn immerhin hat die Menschheit es geschafft, etwas auf die Beine zu stellen, das dem so oft Gesehenen wenigstens entfernt ähnelt. Das hieße nämlich, nicht mehr zu erkennen, dass es da ein Wort namens 'Fiction' deutlich hinter dem 'Science' steht und solcherlei Serien bestenfalls eine gelungene Inspiration für die Forscher von heute sein können.
Man sollte sich statt dessen also eher dem allgemeinen Jubel anschließen, die eigene Franchise ob ihrer beeindruckenden Weitsichtigkeit hochleben lassen, die es in die TV- und Film-Landschaft einführte und
Beiträge verurteilen, die diese eindeutig zuerst bei Star Trek gezeigte Errungenschaft mit '
Star Wars' in
Verbindung bringen.