Internationale Bedeutung erfährt das heutige Datum aber vor allem durch die Tatsache, dass es laut katholischem Kirchenkalender als Gedenktag für den irischen Nationalheiligen
Sankt Patrick reserviert ist.
Der Namenspatron von Personen wie
Patrick Stewart,
Patrick Merriweather oder
Patrick dem Augment führte der Legende nach nicht nur das Christentum auf der Grünen Insel ein, sondern etablierte auch das (dreiblättrige!) Kleeblatt als bis heute gültiges Nationalsymbol
Irlands. Nur die mit ihm verbundene Farbe blau wurde im Laufe der Jahrhunderte durch das sanfte grün der Atlantikinsel ersetzt.
Mit der Kolonisation und Besiedelung Amerikas, in deren Verlauf sich insgesamt mehr als sieben Millionen keltischstämmige Insulaner in der Neuen Welt ansiedelten und somit bis heute mehr Iren in der USA als in der alten Heimat leben, verbreitete sich auch der Feiertag über den großen Teich hinweg und gewann dort immer mehr an Popularität. Paraden wurden abgehalten,
Flüsse und Getränke grün eingefärbt und Menschen, deren einzige Verbindung zum Thema manchmal in kaum mehr als der Haltung eines
Irish Setters oder dem gelegentlichen Verzehr von
Kerry Gold besteht, werfen sich von heute auf morgen in fantasievolle Kostüme, die ohne Rücksicht auf Verluste alle gängigen Klischees über irische Kultur bedienen. Dazu wird traditionell
Guiness-Bier gereicht, das zwar wie abgestandenes Abwaschwasser schmeckt, aber unabdingbar zum Erlebnis dazuzugehören scheint.
Längst ist der Saint Patrick's Day ein Festtag
von weltweiter Tragweite geworden, der nicht nur in den traditionellen Zentren irischer Einwanderung wie Großbritannien, Nordamerika oder
Australien und Neuseeland das Tagesgeschehen beherrscht, sondern längst auch in andere Staaten wie
Ägypten,
Rumänien und Deutschland geschwappt ist.
Und selbst wenn das deutsch-irische Verhältnis in letzter Zeit merkelich abgekühlt ist, wird dieser Umstand zumindest auf dem europäischen Festland an diesem Tag geflissentlich ausgeklammert. Man gibt sich dem längst zu Popkultur mutierten Phänomen hin, genießt die ausdrücklich erlaubte Auszeit vom Fasten und selbst die hiesige Kunstszene reicht mit der
Joseph-Beuys-Ausstellung unter dem vielsagenden Titel "
The Secret Block for a Secret Person in Ireland" (Berlin, Hamburger Bahnhof, 14€ Eintritt, bis zum 31. August 2014) einen Ölzweig in Richtung des wirtschaftlich angeschlagenen keltischen Tigers.
Während wir also an diesem Tag ohnehin unsere Aufmerksamkeit für einen kurzen Moment in Richtung Irland lenken, bietet es sich in diesem Zusammenhang auch an, einen genaueren Blick auf die mehr oder weniger deutlichen irischen Einflüsse in Star Trek zu werfen.
Tatsächlich verfügt jede der fünf Serien über ihren ganz speziellen irischen Moment und wir wollen den Anlass daher einmal nutzen, um die denkwürdigsten Szenen noch einmal Revue passieren zu lassen.
1. In der chronologisch ersten Star-Trek-Serie "
Enterprise" ist es die
Jeremy-Worley-Grundschule aus dem irischen
Kenmare, die der Besatzung der
NX-01 in der Folge "
Das Eis bricht" ein wenig Saint-Patrick's-Day-Feeling beschert. Zusätzlich zu den kindlich neugierigen Fragen zu Ernährung, zum Liebesleben und zum Stuhlgang im All übereigneten die ABC-Schützen den tapferen Weltraumpionieren auch selbst erstellte Zeichnungen. Irland wurde damit zu Beginn der Serie ganz bewusst als ganz normales Gebiet auf der Erde dargestellt, dessen Bewohner sich nicht wesentlich von anderen Einwohnern anderer Erdteile unterscheiden. Die Schule und ihre Schüler wurden Mittel zum Zweck, um zu beweisen, dass die Erde näher zusammengerückt ist und nunmehr über die nötige Reife verfügt, sich dem nächsten großen Abenteuer, der Erforschung des Weltalls, zu widmen.
Die spontan angedichtete Herkunft und die damit einhergehenden Implementationen (besonders im Hinblick auf Trunkenheit) waren in Gänze auf Komik ausgerichtet und nur bedingt realitätsnah.
Das Lied ist nämlich tatsächlich erst im späten neunzehnten Jahrhundert auf amerikanischem Boden komponiert worden, auch wenn es sich bis heute besonders bei Iren und ihren Nachfahren anhaltender Beliebtheit erfreut. Neben Riley hatten auch
The Platters,
Elvis Presley und sogar Johnny Cash den populären Gassenhauer bereits in den Mund genommen.
3. Als in der
Next-Generation-Folge "
Terror auf Rutia IV" allen aktuellen Tendenzen zum Trotz die
irische Wiedervereinigung für 2024 prognostiziert wurde (woraufhin sich die britische Fernsehanstalt
BBC über Jahre weigerte, die Episode auszustrahlen), zementierte man die Grundlagen für einen höchst zweifelhaften Umgang mit den Bewohnern der Grünen Insel. Der tragische Höhepunkt in dieser Entwicklung war zweifelsohne die Folge "
Planet der Klone", in der nicht nur ein Feuerwerk an Klischees über bäuerlich-primitive Iren abgefeuert, sondern auch der angesächsische Name Odell zu einem pseudo-irischen
O'Dell verklärt wurde (ein Fehler, der bei
Voyager mit dem
Castle O'Dell eine unrühmliche Fortführung fand).
4. Am differenziertesten ging tatsächlich
Deep Space Nine mit der Thematik um, was nicht zuletzt am irischen Schauspieler
Colm Meaney lag, der hier den Chefingenieur
Miles Edward O'Brien verkörperte. Zwar spielte dieser bereits bei TNG eine größere Rolle, doch erst mit dem Aufstieg in die Hauptdarstellerriege gelang es ihm auch, nennenswerten Einfluss auf das Bild der Iren innerhalb der Franchise auszuüben. Einerseits setzte er sich gegen Stereotypen wie die Verwendung eines
Leprechauns in "
Die Macht der Phantasie" zur Wehr (aus dem irischen Kobold wurde schließlich ein deutsches
Rumpelstilzchen); andererseits brachte er den Zuschauern zentrale Figuren der irischen Geschichte wie
Brian Boru näher und ließ sie beispielsweise in "
Das Schiff" wissen, dass es in seiner Heimat keine Berge, sondern eher kleine Hügel gibt. In "
Die Front" gelingt es ihm sogar für einen kleinen Moment, den ständigen Fokus der Folge von Amerika wegzurücken, indem er auf die eigene Verwandtschaft in
Dublin hinweist, die
den Anschlägen in Antwerpen ohne Frage näher waren, als
Siskos störrische Sippschaft in
New Orleans.
Pädagogisch sehr wertvoll!
5. In der chronologisch letzten Star-Trek-Serie, an der kein irischer Schauspieler mehr beteiligt war, gingen die zuvor erkämpften Errungenschaften allesamt wieder verloren. Stattdessen kehrte man zum klischeebehafteten bäuerlich-primitiven Irlandbild zurück. Ausdruck fand dies vor allem in
dem von Rok kürzlich erst im Zuge seines Artikels zum holografischen Prinzip erwähnten Holo-Programm "
Fair Haven", das in seiner Anlage ein wahres Kuriositäten-Kabinett für Vorurteile und Verklärungen bildete. Iren wurden – wie in TOS und TNG zuvor – zu einer Karikatur herabgestuft, die in erster Linie komödiantischen Zwecken diente, aber nur wenig Schnittmenge mit der sorgfältig bei DS9 eingeführten Betrachtungsweise bot.
Das Irlandbild bei Star Trek ist also größtenteils vom Umstand bestimmt, dass es als Projektionsfläche für Klischees und Stereotypen herhalten musste. Nur bei Deep Space Nine, wo Colm Meaney aktiv den gängigen Fehlwahrnehmungen entgegenwirkte und bei Enterprise, wo der Einsatz irischer Kinder einem bestimmten Ziel untergeordnet war, brach diese Traditionslinie gelegentlich auf.
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Ein ständiges Star-Trek-Thema: Grenzen überwinden: Ein Schotte mit Neigung zu grün |
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Vielleicht sollte man diesen Tag daher einmal nutzen, um eben nicht in einem der vielen Irish Pubs dieses Landes die Pflege der – auch durch Star Trek – erworbenen Vorurteile zu betreiben, sondern einfach mal einen irischen Film ansehen, der die dortige Bevölkerung mal ohne den Filter eines voreingenommenen Geistes betrachtet.
Empfehlen kann ich in diesem Zusammenhang die Tragikkomödie "
Parked", in der nicht nur Colm Meaney die Hauptrolle innehat, sondern auch ohne Beschönigung das moderne Irland und die aktuelle Wirtschaftskrise aufgezeigt werden.
Abseits von Fair Haven, dem Saint-Patrick's-Day oder Guiness gibt es nämlich noch ein Irland, das nicht unbedingt weniger spannend ist, als die ausgetretenen Klischees von Science-Fiction-Drehbuchautoren.