Samstag, 2. November 2019

Star Trek, Deine Deutschen, Teil 10: Susan Denberg

Einleitung.
In Deutschland werden 2019 dreißig Jahre Mauerfall gefeiert und auch die Star Trek Tafelrunde "Hermann Darnell" aus Potsdam Babelsberg möchte diesem Ereignis mit einer ganz besonderen Reihe Tribut zollen, in der - inspieriert vom Leben des kürzlich verstorbenen David Hurst - Deutsche bei Star Trek näher beleuchtet werden. Dabei geht es weniger um Personen wie Levar Burton oder Jeri Ryan, die im Zuge von Militärstationierungen im amerikanischen Sektor Deutschlands das Licht der Welt erblickten. Oder Schauspieler wie Mark Allen Shephard oder Nancy Kovack, die mittlerweile in Deutschland eine neue Heimat gefunden haben. Selbst deutsche Charaktere wie Keyla Detmer oder Carl Jaeger finden hier keine Erwähnung.
Stattdessen erzählen wir zwischen dem 3. Oktober und dem 9. November 2019 zwölf Geschichten über zu Unrecht hierzulande weniger bekannte Darsteller, Regisseure und anderweitig mit Film und Fernsehen verbundene Personen und deren Beziehung zu Deutschland und Star Trek. Dabei wollen wir zeigen, dass Deutsche stets entscheidend dabei halfen, Star Trek zu dem Kultobjekt zu formen, das es heute ist.


Einleitung.
Auf den ersten Blick offenbart die Biografie von Susan Denberg vor allen in jungen Jahren einige augenscheinliche Parallelen zu der Barbara Bouchets. Beide flüchteten in jungen Jahren aus ihren Geburtsorten, beide feierten als Playmates Erfolge und beide sind eher unter ihren Künstlernamen bekannt. Doch im Leben Susan Denbergs gab es die ein oder andere Wendung, die verhinderte, dass sie zurück in Europa zu einem Filmstar eigenen Kalibers werden konnte.


Susan Denberg.
Noch heute ist Połczyn Zdrój ein verschlafenes kleines Städtchen inmitten des polnischen Pommerns. Das war auch vor fünfundsiebzig Jahren so, als der Ort noch Bad Polzin hieß und in dem lag, was vom Dritten Reich noch übriggeblieben war. Doch die Front rückte näher und näher, als dort am 2. August 1944 Dientlinde Zechner das Licht der Welt erblickte. Spätestens, als die Rote Armee am 5. März 1945 in den Ort einmarschierte, begann auch die deutsche Bevölkerung der Kleinstadt ihre Heimat - zumeist gegen ihren Willen - verlassen.
Dietlinde Zechner fand eine neue Heimat, allerdings nicht irgendwo in der späteren DDR oder der westdeutschen Bundesrepublik, sondern in Österreich, wo sich die Familie in kärntischen Klagenfurt ansiedelte. Doch das Leben im provinziellen Nachkriegsösterreich war der jungen Frau nicht genug, sodass sie sobald sie volljährig wurde als Aupair-Mädchen nach London ging. Im Anschluss schlug sie sich als Tänzerin in der Millionenstadt durch.


Alles sollte sich ändern, als ihre Tanztruppe "Bluebell Girls" für Auftritte in Las Vegas rekrutiert wurde und die junge Frau schließlich ihren Wohnsitz nach Los Angeles verlegte. Sie begann nach einem Workshop in den Desilu-Studios erste Einblicke ins Schauspielgeschäft zu bekommen, aber machte sich vor allem einen Namen als Playboy-Modell.
Kleinere Film- und Fernsehauftritte folgten unmittelbar darauf. Bei einem Preisausschreiben von Warner Bros., bei dem ein passender Künstlername für die hoffnungsvolle Darstellerin gesucht wurde, gewann ein Name, der der jungen Frau nicht zusagte. So entschloss sich Zechner, stattdessen ihre eigene Kreation Susan Denberg zu verwenden.

Susan Denberg mit Peter Cushing
Einer ihrer größten Erfolge war auch gleichzeitig ein Rückschlag. Zwar gelang es ihr, eine Rolle im britischen Horrorfilm "Frankenstein schuf ein Weib" (1967) an der Seite Peter Cushings zu ergattern, doch aufgrund ihres zu starken deutschen Akzents musste ihre Rolle durch Jane Hands synchronisiert werden. So blieb einer ihrer bekanntesten Auftritte bis heute jener in der Star-Trek-Episode "Die Frauen des Mr. Mudd".


Zwischen dem 24. Mai und dem 1. Juni 1966 liefen die Dreharbeiten zu der Folge, in der Denberg Magda Kovacs, eine der drei heiratswillige Frauen spielte, die vom Tagedieb Harcourt Fenton Mudd mit der Venus-Droge aufgepäppelt wurden. Dabei gelang es ihr, bei dem ein oder anderen Darsteller Eindruck zu schinden. So erinnerte sich der Scotty-Darsteller James Doohan ausgesprochen gern an den Dreh zurück:
"Susan Denberg war zuvor als Mädchen auf dem Titelblatt des Playboys erschienen. Als wir schließlich jene Szenen spielten, in denen wir verrückt nach den Frauen sein sollten, empfand ich diese Vorgabe jedenfalls nicht als sonderlich große schauspielerische Herausforderung. Hui!"
Die Folge selbst war allerdings von vielen Beteiligten kritisch gesehen. Der Fernsehsender NBC zeigte sich nur wenig begeistert von der Idee und selbst der Produzent Herbert F. Solow sprach offen von "[…] drei hübsche Nutten, die galaxisweit ihre Körper verkauften." Unter den Fans aber erfreute sich die Folge großer Popularität, nicht zuletzt, weil die drei Frauen einen der beliebtesten Star-Trek-Bösewichte im Schlepptau hatten: Den charmanten Taugenichts Harry Mudd.


Denberg hinterließ also einen bleibenden Eindruck und es ging das Gerücht um, dass das "It-Girl" mit vielen Männern in Hollywood ausging, unter ihnen Hugh Hefner, Sammy Davis Jr. Oder Stuart Whitman. Zum Ärger Frank Sinatras strippte sie angeblich auch ungefragt bei einer seiner Partys. Sie experimentierte mit Drogen und war für drei Jahre mit dem Schauspieler Tony Scotti (den sie auf einer Party von Elvis Presley) verheiratet, doch es gelang ihr letztendlich nicht, in Hollywood Fuß zu fassen.


So kehrte sie in ihre österreichische Heimat zurück, ohne dass der Erfolg sie begleitete. Nach einigen Auftritten als Tänzerin folgten schwierige Jahre in denen sie in Nervenheilanstalten eingelieferte wurde, sich öffentlich mit ihrer Familie stritt und gar Selbstmordversuche unternahm. Doch Denberg schaffte es schließlich, wieder auf eigenen Füßen zu stehen. Dabei kehrte sie sich gänzlich von der Bühne, dem Rotlichtgeschäft oder der Aktfotografie ab und begann ein ganz normales Leben. So ist es mittlerweile still geworden um die frühere Star-Trek-Schauspielerin, die mittlerweile in der österreichischen Hauptstadt Wien lebt. Ihre Rolle in Star Trek aber blieb nicht nur James Doohan in Erinnerung. Noch heute ist ihr Auftritt in "Die Frauen des Mr. Mudd", der sie auf dem Höhepunkt ihrer viel zu kurzen Karriere zeigte, dem Großteil der Fans noch immer bestens bekannt. Der Auftritt ist besonders dann denkwürdig, wenn man sich vor Augen hält, dass im Moment, in dem Mudd das erste mal an Bord der Enterprise sein Unwesen trieb, eine Deutsche an seiner Seite stand...


Quellen.
Cushman, Marc; Osborn, Susan: These Are the Voyages. TOS Season One, San Diego 2013, S. 159f.
Glamour Girls of the Silver Screen (Hrsg.): Susan Denberg, Website hier. [2. November 2019]
Lisanti, Tom: Glamour Girls of the Sicties. Seventy-Five Profiles. Jefferson, 2008, S. 72ff.
Solow, Yvonne F.; Solow, Herbert F.: Star Trek Sketchbook. The Original Series, New York, 1997, S. 88.

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