Samstag, 12. Juli 2014

Der Fußball der Zukunft

Während gerade in Brasilien die Fußballweltmeisterschaft lebendig unter Beweis stellt, von welch riesigem gesamtplanetarischen Interesse dieses sportliche Großereignis tatsächlich ist, bleibt es auf unserem Blog erstaunlich ruhig um dieses alles beherrschende Thema. Und das, obwohl erklärte Fußballfans die Reihen der Tafelrunde füllen, der Aufstieg eines britischen Drittligisten auf unserem Block frenetisch zelebriert wurde und bei einigen Fußballspielen eines lokalen Clubs sogar ein Banner mit der klingonischen Triskel zu sehen ist!
Während sich also heute Abend Brasilien und die Niederlande um die Bronzemedaille balgen und morgen Deutschland gegen Argentinien versuchen wird, den vierten WM-Titel seiner Verbandshistorie perfekt zu machen, ist es vielleicht an der Zeit, einmal einen genaueren Blick auf die überschaubare Menge an Fußballreferenzen im Star-Trek-Universum zu werfen. Tatsächlich kam selbst die amerikanische Franchise nämlich nicht umhin, die mit Abstand beliebteste Sportart der Erde hin und wieder mit einer Erwähnung zu segnen, auch wenn sie immer wieder auf die in unseren Breiten so unübliche wie unbeliebte Bezeichnung "Soccer" zurückgriffen. Die besten drei Aussagen zur Zukunft dieses Breitensports hat die Star-Trek-Tafelrunde "Hermann Darnell" Potsdam-Babelsberg an dieser Stelle einmal zusammengetragen, um auch einen Ausblick bieten zu können, inwiefern die Sportart in dem (fiktiven) Universum Gene Roddenberrys verwurzelt sein könnte.

#3. Golanga. Gleich die erste Frage, die Benjamin Sisko einer vermeintlich unfreiwillig abgestürzten und jahrelang isolierten Kolonistengruppe in "Das Paradiesexperiment" beantworten muss, gilt dem aktuellen Fußballweltmeister. Er wird außerdem nach einem der größten Spieler der damaligen Zeit gefragt, der auf den Namen "Golanga" hört. Wir erfahren im Zuge der Ausführungen Siskos, dass der Spieler nach einer Knieverletzung im Jahr 2366 ein Bio-Implantat eingesetzt bekam, jedoch nicht wieder an seine vorherigen Leistungen anknüpfen konnte.
Bereits dieser Umstand verrät uns, dass Fußball noch immer einen so hohen Stellenwert einnehmen muss, wenn selbst jemand wie der Baseball-Fan Benjamin Sisko dazu einige detaillierte Auskünfte geben kann (allerdings kann er zwar genau sagen, wann Golanga sein künstliches Knie erhielt, aber nicht, wer die Weltmeisterschaft im Vorjahr gewann).
Auch die Verwendung des Namens "Golanga" impliziert, dass es noch immer so etwas wie Fußball-Superstars gibt und diese noch immer für sich allein stehende Künstlernamen wie Pelé, Hulk oder Zico verwenden. Allerdings klingt das Wort recht afrikanisch, während die Tradition der Verwendung von Pseudonymen heutzutage vor allem eine brasilianische Eigenart darstellt. Doch auch darin kann man den pluralistischen und positiven Ansatz wiedererkennen, mit dem Star Trek die menschliche Zukunft zeichnet und in der die Bewohner aller Kontinente die gleichen Chancen haben. Bedenkt man nun, dass die letzten beiden afrikanischen Mannschaften bereits im Achtelfinale die Segel streichen mussten, merkt man, wie weit wir von einer solch utopischen Vorstellung noch immer entfernt sind.


#2. Jugendspieler Worf. In "Die Reise nach Risa" stimmt der klingonische Sternenflottenoffizier Worf vergleichsweise traurige Töne an, als er seiner späteren Ehefrau Jadzia Dax gesteht, wie seine verkorkste Spielerkarriere verlief.
Irgendwo in den Schulwettbewerben der Farmerwelt Gault war der Adoptivsohn der Rozhenkos Mitglied einer Schülermannschaft, die kurz vor dem Gewinn der Meisterschaft stand. Als sich ein Unentschieden abzeichnete und gegen Ende der zweiten Halbzeit zur Ecke gepfiffen wurde, stieg der junge Worf so überzogen in das Kopfballduell mit einem Gegner namens Mikel ein, dass dieser auf dem Spielfeld liegen blieb, während dem Klingonen das entscheidende Tor gelang. Der gegnerische Spieler erlag einer Genickverletzungen, was den späteren Sicherheitsoffizier der Enterprise noch Jahre später belasten sollte.
Der Vorfall verrät uns vor allem zwei Dinge über die Bedeutung des Fußballs in der Zukunft.
Zum einen scheint Fußball selbst auf abgelegenen und vermeintlich rückständigen Föderationswelten wie Gault fest etabliert zu sein und von den Kolonisten gepflegt zu werden.
Zum anderen gibt es scheinbar keine Berührungsängste mit anderen Spezies, die am Freizeitsport der Menschen ohne Einschränkungen teilnehmen können. Bedenkt man nämlich, dass andere Völker wie Klingonen, Vulkanier oder gar Horta den Menschen körperlich deutlich überlegen sind, ist es nicht unbedingt selbstverständlich, dass sie an diesem doch sehr körperbetonten Spiel teilnehmen dürfen. Doch scheinbar hat die Menschheit in der Zukunft nur wenig Vorbehalte gegen die Veränderungen zu haben, die der Sport im Zuge dieser Öffnung sicherlich erleben würde. Bedenkt man, wie sehr sich der Weltverband FIFA lange Zeit gegen Frauenfußball, Torlinientechnik oder den Videobeweis sträubte, erscheint dies nicht minder utopisch als ein afrikanischer Fußballweltmeister.



#1. Football's coming Home. In der Enterprise-Episode "Minenfeld" gibt Captain Jonathan Archer einen Einblick in die Fußballwelt der Zukunft, als er sich nach Reeds Meinung erkundigt:

Archer: "Ich habe gehört, England ist im Finale der Weltmeisterschaft."
Reed: "Was meinen Sie bitte?"
Archer: "Die Weltmeisterschaft! Soccer!"
Reed: "Oh, ich bin nicht sehr an Fußball interessiert, Sir."

Dieser Dialogausschnitt bietet nicht nur den chronologisch frühesten Beleg einer noch immer ausgetragenen Weltmeisterschaft, sondern verrät uns auch, dass entgegen heutiger Gewohnheiten England für das globale Endspiel planen kann. Doch leider hat uns die deutsche Synchronisation hier ein Schnippchen geschlagen, denn im englischsprachigen Original heißt es lediglich:

"I heard that England made it to the Finals of World Cup!"

Das könnte genauso gut bedeuten, dass sich "Three Lions" für die Ausscheidungsspiele an sich qualifizieren konnte und nun z.B. an der Gruppenphase der WM teilnehmen könnte.
Allerdings wirkt der Rahmen befremdlich, denn die genannte Enterprise-Folge spielt im Jahr 2152. Geht man davon aus, dass Weltmeisterschaften wie heute auch alle vier Jahre ausgetragen werden, so ergibt dies vom aktuellen Turnier in Brasilien aus gerechnet jeweils eine Weltmeisterschaft im Jahr 2150 und eine im Jahr 2154, jedoch keines zu jenem Zeitraum, in dem die NX-01 zum ersten Mal auf die Romulaner trifft (an dieser Stelle sollte man vielleicht erwähnen, dass dies nicht der einzige Anachronismus innerhalb dieser in Fankreisen höchst umstrittenen Episode ist).
Doch findige Editoren des Online-Nachschlagewerkes Memory Alpha sind auch für diesen Fall nicht um eine Ausrede verlegen. So könnte es ja beispielsweise sein, dass die Kriege auf der Erde (Eugenische Kriege/ Dritter Weltkrieg) eine Aussetzung des Wettbewerbes erforderten.
Tatsächlich gibt es für eine solche Auszeit ein historisches Vorbild, denn die Turniere 1942 und 1946 waren im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges bereits an Deutschland und Brasilien vergeben worden. Doch der Kriegsausbruch am 1. September 1939 machte den Veranstaltern einen dicken Strich durch die Rechnung und an eine Austragung dachte damals niemand mehr.
Allerdings wirkte sich diese Pause nicht auf den Vierjahresintervall aus, da nach dem Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen unter Beibehaltung des bisherigen Rhythmus' 1950 in Brasilien der Ball wieder zum Laufen gebracht wurde (die Olympischen Spiele behielten gar über den Verlauf zweier Weltkriege den Vierjahresabstand unverändert bei).
Doch für die Erklärungsversuche der Beitragsfabrikanten bedeutet dieses Argument nur einen unbedeutenden Rückschlag, denn es könnte ja sein, dass sich die Mannschaft bereits vorzeitig qualifizieren konnte.
Doch auch dieser Umstand erscheint sehr unwahrscheinlich, da "Minenfeld" zu einer Zeit spielt (zwischen 12. April 2152 laut "Carbon Creek" und 14. August 2152 laut "Eigenarten"), die in etwa der Austragung der Fußballeuropameisterschaft entsprechen dürfte. Erst im Anschluss an diesen Wettbewerb wird eine Qualifikation für die anstehende WM überhaupt erst begonnen; dass sich eine Mannschaft zu diesem Zeitpunkt bereits qualifiziert hat, erscheint höchst unglaubwürdig,
Aber gibt es gar keine Möglichkeit, Archers Aussage noch ins rechte Licht zu rücken?
Das wird schwierig, aber meiner Meinung nach wäre die wahrscheinlichste Variante, dass der amerikanische Wasserball-Anhänger Archer, der ohnehin nur Hörensagen als Quelle für seine Informationen geltend machen kann, schlichtweg die Fußballweltmeisterschaft mit der Fußballeuropameisterschaft verwechselt hat...


Die traurige Wahrheit ist aber wohl viel eher, dass die Verantwortlichen schlichtweg keine Ahnung vom in Amerika eher exotischen Nischensport Fußball hatten und die deutsche Übersetzung dem Chaos schließlich seine endgültige Gestalt verlieh. Schon in der angesprochenen DS9-Episode "Das Paradiesexperiment" lautete die Frage im Original lediglich (grob übersetzt), wer denn im Fußball gewonnen hätte. Erst die deutsche Synchronisation rückte dieses Interesse in die Nähe der Weltmeisterschaft, obgleich die ebenso mutige wie in dieser Form nie gestellte Frage Siskos an O'Brien, wer dieses Ereignis im letzten Jahr gewonnen hätte, genauso aus der Luft gegriffen wäre. Eine WM im Jahre 2369 wäre nämlich nicht nur nach aktuellem Intervall ausgeschlossen, sondern auch nach dem in Enterprise angeregten Abstand.

Bildquelle: Pinterest.com


Mit diesen drei Einblicken könnte dieser Beitrag auch schon beendet sein, wenn sich nicht der umstrittene FIFA-Präsident Joseph Blatter im Vorfeld der Weltmeisterschaft zu Gedankenspielen hätte hinreißen lassen, die die Beteiligung von Außerirdischen am Krönungswettkampf der Sportart beinhaltete. Anstatt sich zu den Korruptionsvorwürfen zur WM-Vergabe nach Katar zu stellen, beantwortete er lieber diese sinnvolle Reporterfrage:

"We shall wonder if one day our game is played on another planet? Why not? Then we will have not only a World Cup we will have inter-planetary competitions. Why not?

Meine (wie gewohnt) sehr freie Übersetzung dazu:

"Ob wir uns fragen, ob eines Tages unsere Sportart auch auf anderen Planeten gespielt wird? Warum nicht? Dann würden wir nicht nur eine Weltmeisterschaft haben, sondern auch interplanetare Wettkämpfe. Warum nicht?"

Diese Aussage lässt uns nun mit der recht interessanten Frage zurück, welche Entfaltungsmöglichkeiten Fußball in der Star-Trek-Zukunft noch offenstehen. Daher wollen wir anhand der gewonnenen Erkenntnisse den Stand der Dinge noch einmal zusammenfassen.


Wie wir anhand des Beispiels Gaults sehen können, ist Fußball noch immer ein weit verbreiteter und auch populärer Sport. Es gibt noch immer eine Weltmeisterschaft auf dem Planeten Erde.

Bildquelle: Cheezburger.com
Allerdings war noch nichts darüber zu hören, ob es ein Turnier der verschiedenen Erdkolonien gibt, obgleich die Verbreitung des Sports diesen Umstand immerhin nicht ausschließt.
Noch schwieriger ist es zu sagen, ob es sogar Turniere zwischen den verschiedenen Völkern der Föderation oder sogar darüber hinaus gibt. Zwar wurde der Klingone Worf auf einer Erdenkolonie Fußballspieler, aber ob auch auf anderen Welten der Siegeszug der Sportart wirklich so sehr um sich greift wie bei uns, darf zumindest bezweifelt werden. Da es bei den ohnehin wenigen Hinweisen zu keinerlei Referenzen zur Verbreitung von Erdsportarten auf anderen Planeten gibt, bleiben Spekulationen Tür und Tor geöffnet.

Da aber Science Fiction auch immer ein Spiegel der Gegenwart ist, kann man sich leicht ausmalen, wie ein großes Turnier aller Bewohner der Milchstraße aussehen könnte, wenn man einfach die aktuelle Weltmeisterschaft als Blaupause als Grundlage nimmt.
Der Führungsspieler einer Bolz- und Tretermannschaft beißt den gegnerischen Verteidiger?
Klingt nach Klingone.
Eine Mannschaft setzt den Führungsspieler durch ein grausames Taktikfoul außer Gefecht?
Ganz klar die Romulaner.
Die Gastgeber werden durch eine kühl-rationale und logische Spielweise sieben zu eins abgefertigt?
Eindeutig die Vulkanier.


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Und die Menschen?


Ihnen winkt wohl im sportlichen Vergleich mit körperlich weit überlegenen Spezies das gleiche Schicksal wie den Engländern: Obwohl sie das Spiel, wie wir es heute kennen erfunden und kultiviert haben, müssen sie bereits in der Vorrunde sang- und klanglos ausscheiden.

Bildquelle: Cheezburger.com
In diesem Sinne: Viel Vergnügen bei den letzten beiden Spielen der Weltmeisterschaft. Genießt das Kräftemessen zwischen halbwegs ebenbürtigen Menschen... 

...solange es in dieser Form noch möglich ist. 

4 Kommentare:

  1. Ferengi sind auch bekannt dafür, hin und wieder mal zuzubeissen. :D

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    1. ...was sollen sie mit diesen Zähnen auch sonst machen, zu irgendwas müssen die ja gut sein! Ahoi Don, wir haben Dich vermisst am Freitag! Hab ne Weile gebraucht um herraus zu finden, dass du Lucky Kai bist ;)

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    2. Allerdings muss ich zugeben, dass der Ferengi als solcher Schwierigkeiten mit dem irdischen Fußballsport haben wird. Kopfballstärke kann man ihnen wohl nicht zugestehen, ihre Torwärte sind zu klein und bei den Ohren würde ihnen sicherlich das ein oder andere Foul so wehtun, wie einst Vinnie Jones' Griff in die Familienplanung Paul Gascoignes [ http://blu.stb.s-msn.com/i/41/7783EA41C6E4EF98DAF17EFD54ECF.jpg ].

      Aber immerhin wären sie großartige Manager, Spielerberater oder Spielerfrauen.

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    3. Ja, Google meldet mich hier hin und wieder automatisch an. Manchmal merke ich es, manchmal nicht. :-/

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