Während gerade in Brasilien die
Fußballweltmeisterschaft lebendig unter Beweis stellt, von welch
riesigem gesamtplanetarischen Interesse dieses sportliche
Großereignis tatsächlich ist, bleibt es auf unserem Blog
erstaunlich ruhig um dieses alles beherrschende Thema. Und das,
obwohl erklärte Fußballfans die Reihen der Tafelrunde füllen, der
Aufstieg eines britischen Drittligisten auf unserem Block frenetisch zelebriert wurde und bei einigen Fußballspielen eines lokalen Clubs
sogar ein Banner mit der klingonischen Triskel zu sehen ist!
Während sich also heute Abend
Brasilien und die Niederlande um die Bronzemedaille balgen und morgen
Deutschland gegen Argentinien versuchen wird, den vierten WM-Titel
seiner Verbandshistorie perfekt zu machen, ist es vielleicht an der
Zeit, einmal einen genaueren Blick auf die überschaubare Menge an
Fußballreferenzen im Star-Trek-Universum zu werfen. Tatsächlich kam
selbst die amerikanische Franchise nämlich nicht umhin, die mit
Abstand beliebteste Sportart der Erde hin und wieder mit einer
Erwähnung zu segnen, auch wenn sie immer wieder auf die in unseren
Breiten so unübliche wie unbeliebte Bezeichnung "Soccer"
zurückgriffen. Die besten drei Aussagen zur Zukunft dieses
Breitensports hat die Star-Trek-Tafelrunde "Hermann Darnell"
Potsdam-Babelsberg an dieser Stelle einmal zusammengetragen, um auch
einen Ausblick bieten zu können, inwiefern die Sportart in dem
(fiktiven) Universum Gene Roddenberrys verwurzelt sein könnte.
#3. Golanga. Gleich die erste Frage,
die Benjamin Sisko einer vermeintlich unfreiwillig abgestürzten und
jahrelang isolierten Kolonistengruppe in "Das Paradiesexperiment" beantworten muss, gilt dem aktuellen
Fußballweltmeister. Er wird außerdem nach einem der größten
Spieler der damaligen Zeit gefragt, der auf den Namen "Golanga"
hört. Wir erfahren im Zuge der Ausführungen Siskos, dass der
Spieler nach einer Knieverletzung im Jahr 2366 ein Bio-Implantat
eingesetzt bekam, jedoch nicht wieder an seine vorherigen Leistungen
anknüpfen konnte.
Bereits dieser Umstand verrät uns,
dass Fußball noch immer einen so hohen Stellenwert einnehmen muss,
wenn selbst jemand wie der Baseball-Fan Benjamin Sisko dazu einige
detaillierte Auskünfte geben kann (allerdings kann er zwar genau
sagen, wann Golanga sein künstliches Knie erhielt, aber nicht, wer
die Weltmeisterschaft im Vorjahr gewann).
Auch die Verwendung des Namens
"Golanga" impliziert, dass es noch immer so etwas wie
Fußball-Superstars gibt und diese noch immer für sich allein
stehende Künstlernamen wie Pelé, Hulk oder Zico verwenden.
Allerdings klingt das Wort recht afrikanisch, während die Tradition
der Verwendung von Pseudonymen heutzutage vor allem eine
brasilianische Eigenart darstellt. Doch auch darin kann man den
pluralistischen und positiven Ansatz wiedererkennen, mit dem Star
Trek die menschliche Zukunft zeichnet und in der die Bewohner aller
Kontinente die gleichen Chancen haben. Bedenkt man nun, dass die
letzten beiden afrikanischen Mannschaften bereits im Achtelfinale die
Segel streichen mussten, merkt man, wie weit wir von einer solch
utopischen Vorstellung noch immer entfernt sind.
#2. Jugendspieler Worf. In "Die Reise nach Risa" stimmt der klingonische Sternenflottenoffizier
Worf vergleichsweise traurige Töne an, als er seiner späteren
Ehefrau Jadzia Dax gesteht, wie seine verkorkste Spielerkarriere
verlief.
Irgendwo in den Schulwettbewerben der
Farmerwelt Gault war der Adoptivsohn der Rozhenkos Mitglied einer
Schülermannschaft, die kurz vor dem Gewinn der Meisterschaft stand.
Als sich ein Unentschieden abzeichnete und gegen Ende der zweiten
Halbzeit zur Ecke gepfiffen wurde, stieg der junge Worf so überzogen
in das Kopfballduell mit einem Gegner namens Mikel ein, dass dieser
auf dem Spielfeld liegen blieb, während dem Klingonen das
entscheidende Tor gelang. Der gegnerische Spieler erlag einer
Genickverletzungen, was den späteren Sicherheitsoffizier der
Enterprise noch Jahre später belasten sollte.
Der Vorfall verrät uns vor allem zwei
Dinge über die Bedeutung des Fußballs in der Zukunft.
Zum einen scheint Fußball selbst auf
abgelegenen und vermeintlich rückständigen Föderationswelten wie
Gault fest etabliert zu sein und von den Kolonisten gepflegt zu
werden.
Zum anderen gibt es scheinbar keine
Berührungsängste mit anderen Spezies, die am Freizeitsport der
Menschen ohne Einschränkungen teilnehmen können. Bedenkt man
nämlich, dass andere Völker wie Klingonen, Vulkanier oder gar Horta
den Menschen körperlich deutlich überlegen sind, ist es nicht
unbedingt selbstverständlich, dass sie an diesem doch sehr
körperbetonten Spiel teilnehmen dürfen. Doch scheinbar hat die
Menschheit in der Zukunft nur wenig Vorbehalte gegen die
Veränderungen zu haben, die der Sport im Zuge dieser Öffnung
sicherlich erleben würde. Bedenkt man, wie sehr sich der Weltverband
FIFA lange Zeit gegen Frauenfußball, Torlinientechnik oder den
Videobeweis sträubte, erscheint dies nicht minder utopisch als ein
afrikanischer Fußballweltmeister.
#1. Football's coming Home. In der
Enterprise-Episode "Minenfeld" gibt Captain Jonathan Archer
einen Einblick in die Fußballwelt der Zukunft, als er sich nach
Reeds Meinung erkundigt:
Archer: "Ich habe gehört, England
ist im Finale der Weltmeisterschaft."
Reed: "Was meinen Sie bitte?"
Reed: "Was meinen Sie bitte?"
Archer: "Die Weltmeisterschaft!
Soccer!"
Reed: "Oh, ich bin nicht sehr an
Fußball interessiert, Sir."
Dieser Dialogausschnitt bietet nicht
nur den chronologisch frühesten Beleg einer noch immer ausgetragenen
Weltmeisterschaft, sondern verrät uns auch, dass entgegen heutiger
Gewohnheiten England für das globale Endspiel planen kann. Doch
leider hat uns die deutsche Synchronisation hier ein Schnippchen
geschlagen, denn im englischsprachigen Original heißt es lediglich:
"I heard that England made it to the Finals of World Cup!"
Das könnte genauso gut bedeuten, dass
sich "Three Lions" für die Ausscheidungsspiele an sich
qualifizieren konnte und nun z.B. an der Gruppenphase der WM
teilnehmen könnte.
Allerdings wirkt der Rahmen
befremdlich, denn die genannte Enterprise-Folge spielt im Jahr 2152.
Geht man davon aus, dass Weltmeisterschaften wie heute auch alle vier
Jahre ausgetragen werden, so ergibt dies vom aktuellen Turnier in
Brasilien aus gerechnet jeweils eine Weltmeisterschaft im Jahr 2150
und eine im Jahr 2154, jedoch keines zu jenem Zeitraum, in dem die
NX-01 zum ersten Mal auf die Romulaner trifft (an dieser Stelle
sollte man vielleicht erwähnen, dass dies nicht der einzige
Anachronismus innerhalb dieser in Fankreisen höchst umstrittenen
Episode ist).
Doch findige Editoren des
Online-Nachschlagewerkes Memory Alpha sind auch für diesen Fall
nicht um eine Ausrede verlegen. So könnte es ja beispielsweise sein,
dass die Kriege auf der Erde (Eugenische Kriege/ Dritter Weltkrieg)
eine Aussetzung des Wettbewerbes erforderten.
Tatsächlich gibt es für eine solche
Auszeit ein historisches Vorbild, denn die Turniere 1942 und 1946
waren im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges bereits an Deutschland und
Brasilien vergeben worden. Doch der Kriegsausbruch am 1. September
1939 machte den Veranstaltern einen dicken Strich durch die Rechnung
und an eine Austragung dachte damals niemand mehr.
Allerdings wirkte sich diese Pause
nicht auf den Vierjahresintervall aus, da nach dem Ende der
kriegerischen Auseinandersetzungen unter Beibehaltung des bisherigen
Rhythmus' 1950 in Brasilien der Ball wieder zum Laufen gebracht wurde
(die Olympischen Spiele behielten gar über den Verlauf zweier
Weltkriege den Vierjahresabstand unverändert bei).
Doch für die Erklärungsversuche der
Beitragsfabrikanten bedeutet dieses Argument nur einen unbedeutenden
Rückschlag, denn es könnte ja sein, dass sich die Mannschaft
bereits vorzeitig qualifizieren konnte.
Doch auch dieser Umstand erscheint sehr
unwahrscheinlich, da "Minenfeld" zu einer Zeit spielt
(zwischen 12. April 2152 laut "Carbon Creek" und 14. August
2152 laut "Eigenarten"), die in etwa der Austragung der
Fußballeuropameisterschaft entsprechen dürfte. Erst im Anschluss an
diesen Wettbewerb wird eine Qualifikation für die anstehende WM
überhaupt erst begonnen; dass sich eine Mannschaft zu diesem
Zeitpunkt bereits qualifiziert hat, erscheint höchst unglaubwürdig,
Aber gibt es gar keine Möglichkeit,
Archers Aussage noch ins rechte Licht zu rücken?
Das wird schwierig, aber meiner Meinung
nach wäre die wahrscheinlichste Variante, dass der amerikanische
Wasserball-Anhänger Archer, der ohnehin nur Hörensagen als Quelle
für seine Informationen geltend machen kann, schlichtweg die
Fußballweltmeisterschaft mit der Fußballeuropameisterschaft
verwechselt hat...
Die traurige Wahrheit ist aber wohl
viel eher, dass die Verantwortlichen schlichtweg keine Ahnung vom in
Amerika eher exotischen Nischensport Fußball hatten und die deutsche
Übersetzung dem Chaos schließlich seine endgültige Gestalt
verlieh. Schon in der angesprochenen DS9-Episode "Das
Paradiesexperiment" lautete die Frage im Original lediglich
(grob übersetzt), wer denn im Fußball gewonnen hätte. Erst die
deutsche Synchronisation rückte dieses Interesse in die Nähe der
Weltmeisterschaft, obgleich die ebenso mutige wie in dieser Form nie
gestellte Frage Siskos an O'Brien, wer dieses Ereignis im letzten
Jahr gewonnen hätte, genauso aus der Luft gegriffen wäre.
Eine WM im Jahre 2369 wäre nämlich nicht nur nach aktuellem
Intervall ausgeschlossen, sondern auch nach dem in Enterprise
angeregten Abstand.
Bildquelle: Pinterest.com |
Mit diesen drei Einblicken könnte
dieser Beitrag auch schon beendet sein, wenn sich nicht der
umstrittene FIFA-Präsident Joseph Blatter im Vorfeld der
Weltmeisterschaft zu Gedankenspielen hätte hinreißen lassen, die
die Beteiligung von Außerirdischen am Krönungswettkampf der Sportart beinhaltete. Anstatt sich zu den Korruptionsvorwürfen zur
WM-Vergabe nach Katar zu stellen, beantwortete
er lieber diese sinnvolle Reporterfrage:
"We shall wonder if one day our game is played on another planet? Why not? Then we will have not only a World Cup we will have inter-planetary competitions. Why not?”
Meine
(wie gewohnt) sehr freie Übersetzung dazu:
"Ob
wir uns fragen, ob eines Tages unsere Sportart auch auf anderen
Planeten gespielt wird? Warum nicht? Dann würden wir nicht nur eine
Weltmeisterschaft haben, sondern auch interplanetare Wettkämpfe.
Warum nicht?"
Diese
Aussage lässt uns nun mit der recht interessanten Frage zurück,
welche Entfaltungsmöglichkeiten Fußball in der Star-Trek-Zukunft
noch offenstehen. Daher wollen wir anhand der gewonnenen Erkenntnisse
den Stand der Dinge noch einmal zusammenfassen.
Wie wir anhand des
Beispiels Gaults sehen können, ist Fußball noch immer ein weit
verbreiteter und auch populärer Sport. Es gibt noch immer eine
Weltmeisterschaft auf dem Planeten Erde.
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Allerdings
war noch nichts darüber zu hören, ob es ein Turnier der
verschiedenen Erdkolonien gibt, obgleich die Verbreitung des Sports
diesen Umstand immerhin nicht ausschließt.
Noch
schwieriger ist es zu sagen, ob es sogar Turniere zwischen den
verschiedenen Völkern der Föderation oder sogar darüber hinaus
gibt. Zwar wurde der Klingone Worf auf einer Erdenkolonie Fußballspieler, aber ob auch auf
anderen Welten der Siegeszug der Sportart wirklich so sehr um sich
greift wie bei uns, darf zumindest bezweifelt werden. Da es bei den
ohnehin wenigen Hinweisen zu keinerlei Referenzen zur Verbreitung
von Erdsportarten auf anderen Planeten gibt, bleiben Spekulationen
Tür und Tor geöffnet.
Da
aber Science Fiction auch immer ein Spiegel der Gegenwart ist, kann
man sich leicht ausmalen, wie ein großes Turnier aller Bewohner der
Milchstraße aussehen könnte, wenn man einfach die aktuelle
Weltmeisterschaft als Blaupause als Grundlage nimmt.
Der
Führungsspieler einer Bolz- und Tretermannschaft beißt den
gegnerischen Verteidiger?
Klingt
nach Klingone.
Eine
Mannschaft setzt den Führungsspieler durch ein grausames Taktikfoul
außer Gefecht?
Ganz
klar die Romulaner.
Die
Gastgeber werden durch eine kühl-rationale und logische Spielweise
sieben zu eins abgefertigt?
Eindeutig
die Vulkanier.
Und
die Menschen?
Ihnen winkt wohl im sportlichen Vergleich mit
körperlich weit überlegenen Spezies das gleiche Schicksal wie den
Engländern: Obwohl sie das Spiel, wie wir es heute kennen erfunden
und kultiviert haben, müssen sie bereits in der Vorrunde sang- und
klanglos ausscheiden.
Bildquelle: Cheezburger.com |
In
diesem Sinne: Viel Vergnügen bei den letzten beiden Spielen der
Weltmeisterschaft. Genießt das Kräftemessen zwischen halbwegs
ebenbürtigen Menschen...
...solange es in dieser Form noch möglich ist.