Insgesamt fünf Mal fand das
kostenfreie Open-Air-Event "Klassik am Weberplatz" nunmehr
bereits mitten in Potsdams Szene-Kiez Babelsberg statt. Dieses Mal unter dem
vielversprechenden Titel "Zu den Sternen", in dessen Zuge
neben "Die Planeten" von Gustav Holst auch bekannte
Filmsoundtracks aus Star Wars, E.T. und vor allem auch Star Trek
vorgeführt werden sollten. Kein Wunder also, dass das
Tafelrundenmitglied Kwasar hier bereits einen vielbeachteten Aufruf startete, der Vorführung gemeinsam beizuwohnen.
Manche Mitglieder, wie etwa unser
Hundehalter Antigraph konnten als Anwohner die Proben des
Symphonieorchesters Collegium Musicum Potsdam sogar aus nächster
Nähe miterleben.
Doch aufgrund der unsicheren Wetterlage
mussten die Veranstalter kurzfristig umdisponieren und so kam es,
dass die Vorführung ungefähr so viel mit dem Weberplatz zu tun
hatte, wie Star Trek V mit dem Rand des Universums. Stattdessen
wurde kurzfristig bekannt, dass das Konzert ins Studio 4 des
Filmstudios Babelsberg verlegt würde, wo das ebenfalls in Potsdam
ansässige Filmorchester den Kollegen freundlicherweise einen
wetterfesten Ersatzspielort zur Verfügung stellte. Doch der in
Aussicht gestellte Regen ließ während der gesamten Veranstaltung
vergeblich auf sich warten und es mutet schon ein wenig tragisch an,
dass der Umzug an diesen vergleichsweise flairfreien
Veranstaltungsort am äußersten Ende des Studiogeländes im Grunde
genommen ohne zwingende Notwendigkeit stattfand.
Anstelle einer geschichtsträchtigen
Grünfläche in S-Bahnhof-Nähe mussten die Besucher nun mit einer
dunklen Halle weit ab von S- und Straßenbahnhaltestellen Vorlieb
nehmen, in der notdürftig Orchester und Publikum zusammengepfercht
wurden. In der "gemütlichen" Atmosphäre von Bierbänken
(freundlicherweise von der Firma Frey gesponsort), unverkleideten
Belüftungsrohren und einem nackten Betonfußboden fanden sich um
19:45Uhr wahre Menschenmassen ein, um dem angekündigten
Open-Air-Spektakel beiwohnen zu können. Immerhin hatten einige Leute
eigene Sitzgelegenheiten dabei, was allerdings nicht wesentlich zur
Entspannung der Situation beitrug.
Schnell war abzusehen, dass "Zu
den Sternen" an diesem räumlich begrenzten Veranstaltungsort
völlig überlaufen werden würde. Etwa dreißig Angehörigen von der
Tafelrunde "Hermann Darnell" Potsdam-Babelsberg, der USS K'Ehleyr und der Euderion waren Kwasars Ankündigung gefolgt, so dass
es unmöglich war, zu dritt ausreichend Platz für alle Interessenten
freizuhalten.
So war es in der Tat bedauerlich, dass
an diesem Abend eben kein Deutschlandfußballländerspiel stattfand
und sich stattdessen mehr und mehr Besucher in der beengten Halle
einfanden, die sowohl Sorgenfalten als auch Schweißperlen auf die
Stirn der anwesenden Feuerwehrmänner trieben, die vor Ort den
Brandschutz überwachen sollten. Die Veranstalter hatten die Wirkung
einer Gratis-Veranstaltung unterschätzt, wie einer meiner
Sitznachbarn wahrheitsgetreu zu berichten wusste.
Schnell wurde das enge Miteinander zu
einer wahren Belastungsprobe, denn schnell erwärmte sich der Raum
auf wahrhaft vulkanische Temperaturen wie in "Weltraumfieber",
während der nicht enden wollende Nachstrom an Menschen an die
Situation auf Gideon in "Fast unsterblich" erinnern ließ.
Auch jene Frau, die in unserer unmittelbaren Nähe mit einem
Kleinstkind auf dem Fußboden saß, zerrte an unserem immer dünner
werdenden Nervenkostüm, denn das Kind heulte absehbarerweise sowohl
vor als auch während der Veranstaltung. Wenn also tatsächlich Leser
mit entsprechenden Kindern im Alter bis zu einem Jahr auf die Idee
kommen sollten, ihren Nachwuchs auf ähnliche Events mitzunehmen:
Tut es nicht.
So etwas ist nicht nur den anderen
Besuchern gegenüber unfair, sondern auch dem Baby selbst.
Nach einer Verspätung von letztendlich
fünfundzwanzig Minuten betrat das Orchester schließlich endlich die
Bühne. Das semi-professionelle Ensemble trat in seiner bislang
umfangreichsten Besetzung von zirka siebzig Personen auf, doch wer
sich bereits freute, dass es nun endlich losgehen würde, sah sich
einer weiteren Belastungsprobe ausgesetzt, denn dem eigentlichen
Konzert gingen noch eine Reihe von Geleitworten voraus. So etwa das der Pastorin, die auf erschreckende Art und Weise den Sprachstil
William Shatners imitierte.
Oder den Willkommensworten Jann Jakobs,
des Potsdamer Oberbürgermeisters, der sich vor der Vielzahl
potentieller Wähler zu schwammigen Versprechungen hinreißen ließ.
"N' bisschen viel Erzählen!"
kommentierte K'olbasa nicht ganz ohne Berechtigung. Um kurz nach neun
(um halb neun sollte es eigentlich losgehen) ergriff endlich der
Dirigent Knut Andreas das Mikrofon und stimmte seine Zuhörer auf den
Abend ein.
Den gelungenen Einstieg in den
Konzertabend bot endlich die Titelmelodie der deutschen
Science-Fiction-Erfolgsserie "Raumpatrouille Orion". Für
das geübte Ohr des geneigten Fans gut erkennbar improvisierte das
Orchester dieses Thema ein wenig, was den Genuss des
Peter-Thomas-Titels jedoch nur verstärkte.
Das zweite Stück des nicht mehr ganz
so jungen Abends bildete ein Werk der Filmusiker-Ikone John Williams.
Bei der Suite aus "E.T. - Der Extraterrestrische" mussten
einige Tafelrundenmitglieder in der unmittelbaren Umgebung wie ich an
das grandiose Youtube-Video "John Williams Is the Man"
denken.
Als drittes und viertes Thema waren das
"Star-Wars-Intro" und der "Imperial March" zu
hören, obwohl die Star-Wars-Anhänger zahlenmäßig vergleichsweise
spärlich gesät waren. Spätestens ab diesem Punkt merkte man dem
Saal die mangelhafte Akustik deutlich an, da vor allem die
Blechbläser von unserer Position aus mitunter etwas unsauber
klangen, während man die Streicher und Schlagzeuger vor allen
anderen deutlichst hören konnte.
Unmittelbar darauf folgte der
unbestreitbare Höhepunkt des Abends – jedenfalls für alle, die
dem Aufruf der Tafelrunde gefolgt waren:
Ein Medley aus verschiedenen
Star-Trek-Melodien. Vor dem Abspielen wurden einige Uniformträger
wie Jens, Adriana oder Frank auf die Bühne gebeten und legten dort
ein Zeugnis darüber ab, dass die Franchise längst nicht so tot ist,
wie hin und wieder behauptet wird. Nur K'olbasa und Miri zeigen
plötzlich unbekannte Schüchternheit und kehrten auf halbem Weg zur
Bühne unverrichteter Dinge wieder um.
Das Medley selbst wurde vom klassischen
TOS-Thema eingeleitet, ging in einem Mix aus Voyager und Deep Space Nine über und mündete schließlich in einer Orchestralversion des Flötenstückes aus "Das zweite Leben". Anschließend
folgte die Overtüre aus dem siebenten Kinofilm "Treffen der Generationen" und eine Wiederaufnahme des Voyager-Intros,
während die TNG-Titelmelodie (beziehungsweise Star Trek: Der Film)
den krönenden Abschluss der gelungenen Vorführung bildete (siehe Video!).
Im Großen und Ganzen war diese
Interpretation in Zusammenstellung und Darbietung äußerst
gelungen, dennoch individuell und sehr
ansprechend für die vielen andächtig lauschenden Fans vor Ort. Vor
allem war bemerkenswert, dass Andreas nicht auf die musikalischen
Impulse Michael Giachinos einging, der für die Untermalung der
letzten beiden Abrams-Filme verantwortlich war. Damit blieb die
Einbindung Star Treks in Gänze eine Hommage auf jene Serien und
Filme, die Star Trek tatsächlich ausmachen.
Unmittelbar im Anschluss wurde um
21:40Uhr der erste Teil des Konzertabends mit einer
fünfundzwanzigminütigen Pause abgeschlossen, in der den Besuchern
die Gelegenheit gegeben wurde, frische Luft zu schnappen, Getränke
und Speisen zu ordern oder Spenden an das Orchesterprojekt zu
leisten. Die Abgabebereitschaft für dieses kostenfreie Event war
dabei nicht nur in unserem direkten Umfeld recht hoch, denn trotz der
widrigen Umstände hatte das Orchester sein Publikum erfolgreich in
seinen Bann schlagen können.
Leider wurden aus den ursprünglich
angedachten fünfundzwanzig Minuten Pause rasch fünfundvierzig, was
nicht zuletzt an den übereifrigen Feuerwehrrepräsentanten lag, die
die veränderte Situation ausnutzte, um die überfüllten Fluchtwege
freizumachen. Dabei nahmen sie allerdings nur wenig Rücksicht auf
die Gegebenheiten und so kam es, dass etwa Kwasar trotz eines frei
gehaltenen Platzes im Eingangsbereich verbleiben musste, um den
zweiten Teil des Abends von dort aus mitzuerleben.
Im zweiten Part ging es in Auszügen
um Gustav Holsts "Die Planeten", die von Andreas bereits im
Vorfeld als ein Urahn für nachfolgende Science-Fiction-Soundtracks
angepriesen wurden. Zur Untermalung gab es dazu eine Slideshow mit
Planetendarstellungen, die allerdings eher den Charakter von "Random
Space Stuff" (Baldavez) innehatten und mehr ablenkend als
hilfreich waren. Unter der Leitung der brasilianischen Gastdirigentin
Cinthia Alireti gelang es dem Orchester eindrucksvoll, diese
Traditionslinien aufzuzeigen, so dass sich tatsächlich an einigen
Stellen deutliche Parallelen zu diversen Soundtracks selbst für den
Laien offenbarten.
Während "Mars", "Venus",
"Uranus", "Saturn" und "Jupiter" zu
hören waren, begleitete aber auch das unablässige Geräusch auf den
Betonboden stürzender Bier- und Weingläser die Vorstellung. Immer
häufiger waren zudem Besucher auszumachen, die das Konzert vorzeitig
verließen und den spielenden Musikern zum Trotz das Weite suchten.
Um 23:13Uhr wurde schließlich das
unausweichliche Ende eingeläutet. Doch während immer mehr Besucher
aufbrachen, ließ sich Knut Andreas zu einer Zugabe bewegen, obwohl
die Blechbläser seiner eigenen Aussage nach bereits völlig außer
Puste waren. So folgte er dem vielfachen Wunsch des Publikums (vor
allem aus unserer Ecke) und wiederholte einen Teil des
Star-Trek-Medleys. Nach weiteren knapp zehn Minuten war das Konzert
endgültig beendet und die Musiker wurden nicht nur von uns mit
Standing Ovations bedacht.
Im Anschluss gelang es Miri und Kalami,
ein kurzes Gespräch mit dem Dirigenten Knut Andreas zu führen, in
dessen Verlauf er zu Protokoll gab, selbst ein großer
Star-Trek-Anhänger zu sein, der pro Tag mindestens eine Folge sieht.
Ursprünglich hatte er sogar vor, in einer entsprechenden Uniform
aufzutreten.
Als Fan hatte er laut eigener Aussage
bereits lange auf die passende Gelegenheit gewartet,
Sci-Fi-Soundtracks mit einem Orchester aufführen zu können und nun
gelang es ihm endlich, diesen lang gehegten Traum zu verwirklichen.
Seinen Enthusiasmus und seine
Leidenschaft war der Veranstaltungen jedenfalls deutlich
anzumerken...
Auch wenn Akustik, Veranstaltungsort,
Temperaturen, Besucheransturm, zeitliche Verzögerungen und
Besucherverhalten das Konzerterlebnis des Öfteren trübten, war der
Besuch des Klassikabends "Zu den Sternen" überaus
lohnenswert. Den Musikern und Dirigenten gelang es eindrucksvoll,
Klassik und Filmmusik in einem kohärenten Programm zusammenzuführen
und somit die Hörerschaft aus gleich zwei unterschiedlichen
Universen zufrieden zu stellen. Doch auch wenn alle Stücke ihre
Daseinsberechtigung hatten, bewies die Zusammenstellung des Medleys,
die Zugabe, die anwesenden Fans und die Passion des Dirigenten
lebhaft, dass "Zu den Sternen" eine Veranstaltung war, bei
der Star Trek unabstreitbar den Mittelpunkt des Geschehens bildete.
Vielen Dank an Kalami und Long für die Bilder. Wer Longs Dropbox-Fotos noch einmal durchsehen möchte, kann dies hier tun.