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Freitag, 9. Mai 2014

Star Trek Jumps the Shark 02: TOS



Einleitung
. Wenn man versucht, die Star-Trek-Originalserie mit der im Vorgängertext beschriebenen "Jumping the Shark"-Theorie zu diskutieren, stößt man meist auf die zwei üblichen Extreme:
Auf der einen Seite finden sich die Personen, die standhaft behaupten werden, dass es bei dem Ursprung für die diversen Filme und Nachfolgeserien niemals einen Punkt gab, ab dem die Serie in puncto Qualität und Kreativität nachließ ("Früher wusste man halt noch, wie man Anspruch in eine Fernsehserie einbaut!").
Auf der anderen Seite gibt es jene Stimmen, die mit ähnlicher Eloquenz darauf bestehen, dass TOS bereits mit seiner ersten Folge mit Anlauf weit über den Knorpelfisch hinausgeschossen wäre. Erst mit den späteren Serien sei Star Trek zu dem geworden, was es schließlich zu einem Kulturphänomen machte ("Diesen altmodischen Schrott kann doch heutzutage niemand mehr ansehen!").

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Fakt ist, dass die Serie nach lediglich drei Staffeln abgesetzt wurde und das es dafür tatsächlich gute Gründe gab. Ebenso Fakt ist allerdings auch, dass Kirk, Spock und Co. immerhin 78 Folgen vergönnt waren, die nicht nur eine ganze Generation von Fernsehzuschauern prägte, sondern auch von anerkannten Science-Fiction-Autoren mit prämierten Drehbüchern ausgestattet wurde.
Schon allein zur Lösung dieser "Gretchenfrage unter den Star-Trek-Fans" wollen wir im Folgenden einmal näher betrachten, welche Anzeichen des Niedergangs bei TOS sichtbar waren und zu welchem Punkt der berühmt-berüchtigte Sprung über den Hai tatsächlich stattfand. Diese Anzeichen sind an die Auflistung angelehnt, die im ersten Teil dieser Serie präsentiert wurde. Sie folgt den vier Themenfeldern "Besetzungswechsel", "Charakterentwicklung", "Handlungsentwicklung" und "Kunstgriffe"; allerdings kann die Reihenfolge der einzelnen Symptome variieren. Zudem entspricht die Zählung der Anzahl der tatsächlich beobachtbaren Haisichtungen bei TOS (so kann z.B. ein Punkt wie "Das zweite Gesicht" mehrere Schauspieler betreffen und dementsprechend auch mehrere Finnen beisteuern).

1. Besetzungswechsel


Das zweite Gesicht. Die Originalserie weist eine Besonderheit auf, die sie gleich zu Beginn vom Einheitsbrei anderer Sendungen abhob: Es gab insgesamt zwei Pilotfilme. In "Der Käfig" spielte der bereits verstorbene Jeffrey Hunter die Rolle des Captain Pike und bis auf Spock wichen auch die anderen Hauptcharaktere stark von dem ab, was man in "Die Spitze des Eisbergs" zu sehen bekam. Dennoch wurde dem geneigten Fan spätestens ab dem Zweiteiler "Talos IV – Tabu", in dem der Pilotfilm als Lückenfüller verbraten wurde, klar, dass in der Anlage des legendären Captain Kirks eigentlich eine unverhohlene Kopie Christopher Pikes steckte und auch das unschuldige Yeo-Woman Colt in Janice Rand eine nahtlose Fortführung fand. Da die besonderen Situation, für den Start der Serie gleich zwei Pilotfilme drehen zu dürfen, unvorhersehbare Wendungen begünstigte (wie etwa den Unwillen Hunters, die Serie fortzuführen), sollte man in diesem Punkt allerdings Nachsicht walten lassen.



Rauswurf eines Hauptcharakters. Wer glaubt, dass es in der ersten Star-Trek-Serie kein tragender Charakter dauerhaft entfernt wurde, hat sicherlich die ersten Folgen der ersten Staffel in einer verstaubte Ecke seines Unterbewusstseins geparkt, denn tatsächlich gab es gleich zwei Schauspieler, deren Arbeitszeiten ein jähes Ende fanden. Beim ersteren, Paul Fix, wird sich wohl vor allem deshalb niemand sonderlich lebhaft erinnern, weil sein Nachfolger DeForest Kelley dem Part des Schiffsdoktors einen stilprängenden Anstrich verpasste. Der Tausch von Dr. Mark Piper (der seinerseits den von John Hoyt verkörperten Phillip Boyce aus "Der Käfig" ersetzte) zu Leonard "Pille" McCoy mag zwar als Anzeichen für einen Haisprung interpretiert werden, doch tatsächlich erwies sich dieser Besetzungsumschwung als Glücksgriff für Star Trek.
Ein gänzlich anderes Bild zeichnet sich hingegen bei Grace Lee Whitney, die den Fans als Yeoman Janice Rand bekannt sein dürfte. Die Bedeutung ihrer Rolle schwand immer mehr, bis sie schließlich ab "Notlandung auf Galileo 7" gar nicht mehr auf der Lohnliste der Serie zu finden war. Die offizielle Begründung lautete übrigens, dass Whitney mit Alkohol- und Medikamentenmissbrauch zu kämpfen hatte; andere Erklärungen reichen von Budgetkürzungen bis hin zu sexueller Belästigung.


New Kid. Ab der zweiten Staffel mussten sich die Fans an ein neues Gesicht inmitten der altbekannten Enterprise-Crew gewöhnen: Der von Walter Koenig verkörperte Pavel Chekov stieß zur Besetzung. Allerdings lagen die Ursachen für diesen plötzlichen Zuwachs weniger in der von Gene Roddenberry (fälschlich) propagierten Beschwerde der damals sozialistisch-sowjetischen Tageszeitung Prawda begründet, sondern vielmehr darin, ein attraktives, männliches Besatzungsmitglied für das Zielpublikum junger Teenager-Zuschauerinnen zu gewinnen. Nicht von ungefähr wurde seine Frisur an die Mitglieder der Musik-Gruppe "The Monkees" angelegt, deren TV-Show damals erfolgreich Quoten einfuhr (vgl. Justman, Robert H.; Solow, Herbert F.: Star Trek – Die wahre Geschichte. München, 1998, S: 365ff.)


3. Charakterentwicklung


Schema F. Machen wir uns nichts vor: Einen Teil des Kults um die Originalserie macht vor allem seine Vorhersehbarkeit aus, die längst zu einem Bestandteil der allgemeinen Popkultur geworden sind, Egal, ob der absehbare Tod von Redshirts auf Außenmissionen, Phrasen wie "Er ist tot, Jim." oder "Ich bin Arzt, kein [hier bitte beliebigen Berufsstand einfügen]." oder die Tatsache, dass beinahe alle Planeten erdgleiche Bedingungen und humanoides Leben beherbergten – die beruhigende Regelmäßigkeit birgt noch immer einen gewissen Charme.



Daneben bediente sich die Serie aber auch anderer konstanter Wiederholungen. So war ein Ende, an dem jeder auf der Brücke außer Spock in spontanes Lachen ausbricht ebenso wenig eine Seltenheit wie Kirks triumphale Logiksiege gegen überforderte Computer oder die ständigen Brüche der Obersten Direktive.



Messlattenhoch. Wann immer es Erhebungen gibt, welche Folgen Star Treks zum allgemeinen Kanon aller Zuschauer gehört, führt "Griff in die Geschichte" die Trek-Delegation zumeist mit Abstand an. Nicht von ungefähr, hat doch diese Folge dem ursprünglichen Autor Harlan Ellison eine Auszeichnung der "Writers Guild of America" eingebracht (vgl. Justman, Solow: Ebd., S. 310f.). Auch unter Fans gilt die Episode bis heute als eine der besten, und auch wenn es auch danach einige außergewöhnliche Folgen gab, mussten sie sich an diesem Höhepunkt messen lassen, ohne jemals deren Qualität zu erreichen.


Jumping the Shark. "Unglaubwürdigkeit" innerhalb einer Science-Fiction-Serie ist eigentlich per se eine gewagte Begrifflichkeit. Doch wenn man sich als Fan auf die Rahmenbedingungen einer Weltraumerzählung einlässt, stoßen Ungereimtheiten abseits von Transporter, Warpantrieb oder Diliziumkristallen oft auf den Ärger der Fans.
Besondere Anfälligkeit für immer neue, überraschende Wendungen bot der Charakter Spock. Immer wieder rettete er durch neue abstruse – zuvor nie erwähnte - Fähigkeiten den Tag. Zwar sind Eigenarten wie die Gedankenverschmelzung, Pon Farr oder telepathische Suggestion längst Science-Fiction-Klassiker, doch warum Vulkanier zusätzlich zu diesen Übervorteilungen auch noch ein zweites Augelid besitzen ("Spock außer Kontrolle"), Wunden durch eine Heiltrance überwinden ("Der erste Krieg") oder durch ihr kupferhaltiges Blut unverhältnismäßige Immunkräfte entwickelten ("Implosion der Spirale") entzog sich spätestens ab der dritten Staffel dem Verständnis vieler Zuschauer.


Erhobener Zeigefinger. Star-Trek-Erfinder Gene Roddenberry nutzte seine Kreation nicht nur, um damit Geld zu verdienen, sondern auch, um seinen Vorstellungen einer positiven Zukunft Ausdruck zu verleihen. Daneben sind auch die Multiethnizität an Bord des Schiffes, der latent durchklingende Atheismus einiger Folgen sowie die offensichtliche Opposition zum damaligen Vietnamkrieg in "Der erste Krieg" deutliche Anzeichen dafür, inwiefern Roddenberry 'seine' Serie nutze, um auch seine politischen Ansichten unter das vor der Mattscheibe gebannte Volk zu mischen.

4. Kunstgriffe


Faule Eier. Bis heute können sich Star-Trek-Fans noch immer damit brüsten, dass unter den 724 Folgen nur eine einzige Clip-Show lief. Obgleich dieser Moment der Schande nicht TOS betraf, muss man bei aller Ehrlichkeit der Doppelfolge "Talos IV – Tabu" vorwerfen können, dass auch sie im Prinzip nichts anderes als Resteverwertung vorangegangener Inhalte bot. Immerhin gaben sich die Autoren Mühe, eine Rahmenhandlung um diesen Einschub zu stricken und wenn man bedenkt, dass "Der Käfig" erst 1988 in den USA und erst 1993 in Deutschland ausgestrahlt wurde, sollte man diesen Umstand vielleicht aufführen, aber als "nicht allzu ernsthaft" auch schnell wieder abtun.



Überstürzter Abschied. Nachdem "Der Käfig" vom Sender abgelehnt worden war, glich es beinahe einem Wunder, dass Star Trek in Form des zweiten Pilotfilmes "Die Spitze des Eisbergs" (siehe "Das zweite Gesicht") eine zweite Chance erhielt. Dennoch hätte die Serie ganz anders aussehen können, als wir sie heutzutage in Erinnerung haben, denn die schriftlich festgehaltenen Rückbesinnungen der Produktionsverantwortlichen Robert Justman und Herb Solow legen nahe, dass Hunters Weigerung, für einen zweiten Pilotfilm zur Verfügung zu stehen, in erster Linie in seiner damaligen Ehefrau Joan 'Sandy' Bartlett begründet lag (vgl. Justman, Solow: Ebd., S. 85). Nicht auszudenken, wie die Serie verlaufen wäre, wenn Hunter Entscheidungen für sich selbst getroffen hätte!


Vitamin B. Während Hunter sich von Star Trek abkehrte, blieb eine Person der Franchise bis zu deren Tod erhalten: Majel Barrett, "Star Treks First Lady". Böse Zungen behaupten bis heute, dass ihr Engagement im ursprünglichen Pilotfilm als "Nummer Eins" und ihre Rückkehr als "Christine Chapel" allen Widerständen des Fernsehsenders zum Trotz vor allem deshalb stattfand, weil sie zum damaligen Zeitpunkt das Bettlager mit einem anderweitig verheirateten Produzenten namens Gene Roddenberry teilte (vgl. Justman, Solow: Ebd., S. 179). Allerdings sollte an dieser Stelle ebenso erwähnt werden, dass ohne diese Günstlingswirtschaft die Computerstimme aller Star-Trek-Serien und der Charakter Lwaxana Trois niemals entstanden wären und damit ein echtes Erkennungsmerkmal fehlen würde.


Urlaub. In einigen Serien (z.B. "Alle lieben Raymond") kann sich auch ein Urlaub negativ auf den Serienverlauf auswirken. Tatsächlich ist die Episode "Land(e)urlaub", die bereits in der ersten Staffel untergebracht wurde, bis heute ein zweifelhafter Höhepunkt Star Treks. Zum Glück gelang es anderen Folgen, noch zweifelhaftere Inhalte zu bieten, weswegen dieser Urlaub zwar entnervtes Augenrollen auslösen kann, aber noch lange nicht zu den absoluten Tiefpunkten der Serie gezählt werden sollte.



Musikalischer Neustart. Vielen Menschen fällt es wahrscheinlich gar nicht mehr auf, doch der Wechsel von der ersten zur zweiten Staffel TOS markierte auch den Wechsel des Intros von einem rein instrumentalen Titel zu einem gesanglich unterstützen Einstieg, dessen Auführung der Sopranistin Loulie Jean Norman überlassen blieb. Tatsächlich hatte Gene Roddenberry übrigens sogar eine Text-Version des Titelsongs in petto, die zum Glück allerdings in einer dunklen Schublade verstaubte.




Augenwischerei. Seit Anbeginn der Serie spielte Sexismus eine gewichtige Rolle am Set. Egal, ob durch die Ergänzung der Brückenbesatzung um attraktive Schauspieler wie Nichelle Nichols oder Grace Lee Whitney – die weiblichen Crewmitglieder, bzw. deren äußerst knappe Bekleidung wurde zu einem zweifelhaften Markenzeichen der Serie. Roddenberry selbst hoffte, durch diesen Schachzug zusätzliche Zuschauerschichten akquirieren zu können und ging alsbald dazu über, auch Gaststars und Nebencharaktere durch den Kostümdesigner William 'Bill' Ware Theiss in auffallend reizvolle Kostüme zu stecken, was sogar in eine gängige Bezeichnung "Theiss Tilliation Theory" mündete.



Haarteil. Aber auch mit weniger Aufwand kann man die niederen Instinkte von Fernsehzuschauern ansprechen. Wie bereits unter "New Kid" angesprochen, trug auch Walter Koenig ein Haarteil, da seine Rolle innerhalb der Serie weniger von seinem mäßig treffenden russischen Akzent, sondern viel mehr von seiner an die "Monkees" erinnernden Perücke getragen wurde, die Sympathien vor allem aus den Reihen junger weiblicher Zuschauer einfahren sollte (davon ab trugen aber auch Schauspieler wie Nichelle Nichols, Grace Lee Whitney und vor allem William Shatner attraktivitätsunterstreichende Haarteile).


Schoßtierchen. Und wo wie gerade bei Haaren sind: Auch die Tribbles und ihr bis heute anhaltender Niedlichkeitsfaktor waren reines Kalkül, um der Serie weiteren Auftrieb zu verleihen. Kein Wunder also, dass die kleinen Tierchen auch in der TAS-Episode "Mehr Trouble mit Tribbles" einen weiteren Auftritt fanden.



Kreativer Burnout. Wie Justman und Solow in ihrem bereits erwähnten Buch beschrieben, erlag Roddenberry mit dem Drehstart für die dritte Staffel einer gewissen Amtsmüdigkeit und zog sich immer mehr aus der Verantwortung. Die Quittung kam in Form einer sinkenden Folgenqualität, da das wachsame Auge Roddenberrys vielen Episoden plötzlich nicht mehr zur Verfügung stand. Die Gründe für diesen Motivationsabfall waren vielfältig und reichten von einem absehbaren Ende der Serie bis hin zu einer allgemeinen Lustlosigkeit. (vgl. Justman, Solow: Ebd., S. 410ff.)


Abkehr von der Nischenunterhaltung. Mit dem Einstieg Fred Freibergers in den Produktionsstab verflog die anfängliche Euphorie weiter. Star Trek wandte sich von einem Programm ab, dass von namhaften Sci-Fi-Autoren begleitet wurde und beschränkte sich – auch aufgrund von massiven Budgetkürzungen – auf mittelmäßige Drehbücher, die einem vermeintlichen Massengeschmack genügen sollten.


Sendeunzeit. Von zentraler Bedeutung war allerdings auch, dass die Sendezeiten Star Treks von Staffel zu Staffel wechselten und die Serie zuletzt auf den undankbaren Sendeplatz im freitäglichen Spätabendprogramm endgelagert wurde. Diese undankbare Platzierung (u.a. geriet "V – Die außerirdischen Besucher kommen" beim gleichen Sender und auf dem gleichen Sendeplatz nach nur einer Staffel ebenfalls in den Strudel der vorzeitigen Absetzung). Allgemein wird dieser Verschiebung der Hauptgrund für die Absetzung Star Trek in die Schuhe geschoben.



Charlie-Sheen-Syndrom. Auch die kleinen Skandälchen taten zu diesem Zeitpunkt der Serie nicht unbedingt gut. Der legendäre erste Kuss zwischen schwarz und weiß innerhalb der US-amerikanischen Fernsehgeschichte, den es in der Star-Trek-Episode "Platons Stiefkinder" zu bewundern gibt, führte eher dazu, dass vor allem im konservativen Süden der USA die Fernsehstationen bis hin zu einem Boykott gingen, um die Ausstrahlung dieser vermeintlich anstößigen Szene zu verhindern. Dass der ohnehin kränkelnden Serie trotz des moralischen Sieges damit nicht unbedingt ein Gefallen getan wurde, zeigte die endgültige Absetzung der Serie nur zwölf Folgen später.




Endstand. Gesamtanzahl der Haisichtungen: 

Zusammenfassend bleibt anzumerken, dass innerhalb der Originalserie keinerlei Anzeichen für eine Haisichtung bei der Charakterentwicklung auszumachen waren. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Erklärungen und Abmilderungen bei verschiedenen Punkten, weswegen das endgültige Urteil in meinen Augen vergleichsweise eindeutig ausfällt.

Der Moment des Hai-Sprungs: Staffel 3, Episode 01 "Spocks Gehirn"





Nicht von ungefähr wird die erste Episode der dritten Staffel als die allgemein schlechteste Star-Trek-Folge überhaupt angesehen. Die hanebüchene Story bot einen denkbar unwürdigen Startpunkt für das letzte TOS-Ausstrahlungsjahr und nebenbei fielen auf die Folge gleich mehrere schlechte Vorzeichen. Mit Fred Freibergers Engagement ab dieser Episode verlor die Serie einiges an ihrer ursprünglichen Ausrichtung ("Abkehr von der Nischenunterhaltung"), Gene Roddenberry ließ mit Beginn dieser Season sein anfängliches Engagement spürbar vermissen ("Kreativer Burnout") und zu allem Überfluss war dies die erste Folge, die auf dem undankbaren Sendeplatz am Freitag um 22Uhr ausgestrahlt wurde ("Sendeunzeit"). Doch damit nicht genug: Dass der Vulkanier Spock die Entfernung seines Gehirns über einen so langen Zeitraum so schadlos überstand, strapazierte ebenfalls die Gutgläubigkeit der Fans ("Jumping the Shark"). Mit "Spocks Gehirn" war somit bereits zu erahnen, dass die Serie nicht mehr in die Verlängerung gehen würde.


Alternative Haisprünge. Natürlich sind auch andere Auslegungen denkbar. Allerdings lassen sich auch die Alternativen in unmittelbarer Umgebung von "Spocks Gehirn" verorten.


"Ein Planet genannt Erde". Die letzte Folge der zweiten Staffel kann ebenfalls als Anhaltspunkt für den beginnenden Abstieg Star Treks herhalten, denn es handelte sich dabei weniger um eine Star-Trek-Episode im klassischen Sinne, als viel eher um einen missglückten Spin-Off-Versuch für eine potentielle Ableger-Serie, in dem unter anderem auch Crew-Mitglieder der USS Enterprise anhielten, um dem aussichtsarmen Projekt Starthilfe zu geben. Die Episode wurde inhaltlich und qualitativ zu einem Fiasko und es verwundert nicht weiter, dass keine Fernsehstation bereit war, diesem absehbaren Flop Unterstützung in Form von Interesse zukommen zu lassen. Die Tatsache, dass "Ein Planet genannt Erde" unmittelbar vor "Spocks Gehirn" angesiedelt ist, bildet einen triftigen Grund, den Moment des Haisprungs direkt hier anzusetzen.


"Die Reise nach Eden". Die zwanzigste Episode scheint beinahe etwas spät, um noch als geeigneter Ansatzpunkt geltend gemacht zu werden. Tatsächlich waren die Messen zum Zeitpunkt der Ausstrahlung längst gelesen und die Absetzung der Serie bereits beschlossene Sache. Die Folge verdient dennoch Erwähnung, weil Jon Hein, der Miterfinder der "Jumping the Shark"-Theorie, seinerseits diese Folge für den Moment hält, an dem Star Trek seinen Zenit überschritt. Als Hauptgrund benannte Hein den Umstand, dass Spock zusammen mit den Weltraum-Hippies musiziert.
Wie man an der doch recht einseitigen Begründung sehen kann, war Heins Verortung vorrangig auf eingängige Bilder in "Die Reise nach Eden" ausgelegt und weniger auf die tatsächlichen Begleitumstände der Serie.

Soviel zu meinen Ansichten zum Thema, die ich nach bestem Wissen und Gewissen dargeboten habe. Doch bevor wir in der kommenden Woche die Frage erörtern werden, wann bzw. ob die Erfolgsserie TNG jemals den legendären Hai übersprang, will ich von Euch wissen, was Ihr für den Moment haltet, an dem TOS sich selbst überholte. Vielleicht fällt Euch ja auch noch etwas ein, was ich vergessen haben könnte oder ihr findet den ein oder anderen Punkt weniger treffend als ich. Lasst es mich wissen!

Weiterführende Leseliste:

Star Trek Jumps the Shark 01: Star Trek 
Star Trek Jumps the Shark 02: TOS 
Star Trek Jumps the Shark 03: TNG
Star Trek Jumps the Shark 04: DS9
Star Trek Jumps the Shark 05: Voyager
Star Trek Jumps the Shark 06: Enterprise

Donnerstag, 24. April 2014

Star Trek Jumps the Shark 01: Star Trek

Teil 1 einer wöchentlichen, sechsteiligen Kolumne


Unter amerikanischen Serienliebhabern kursiert eines der schrecklichsten Schimpfwörter, die ein Serienproduzent sich vorstellen kann. Es heißt "Jumping the Shark" und beschreibt den Moment, in der eine Serie den Zenit ihrer Kreativität überschreitet und beginnt, sein Publikum immer zu weniger zu interessieren, so dass es allmählich das Interesse daran verliert, ihr weiter zu folgen.

Der Ausdruck stammt ursprünglich aus einer der erfolgreichsten Fernsehproduktionen überhaupt. Sie hieß "Happy Days" und glorifizierte das Leben in der USA um die Fünfziger und Sechziger Jahre. Die älteren Leser unseres Blogs werden sich eventuell erinnern, dass "Happy Days" 1985 auch auf dem damals noch jungen Sender Sat.1 lief; den jüngeren könnte das Format aus der ein oder anderen Wiederholungswelle auf Kabel Eins bekannt sein.
Zuerst als heimlicher Antiheld, mit weiterem Verlauf der Serie immer mehr als Hauptstar der Serie gefeiert wurde der von Henry Winkler verkörperte Arthur Herbert "Fonzie" Fonzarelli. Als der populäre und unglaublich coole Charakter mit Lederjackenfetisch in Staffel fünf (von insgesamt elf) auf Wasserski den todesmutigen Sprung über einen eingesperrten Hai sprang, kreierte er damit, ohne es zu wissen, einen eingängigen Fachterminus. Der Internetkolumnist Jon Hein prägte mit einem Studienfreund die Phrase "Jumping the Shark" in Bezug auf den langsam einsetzenden Niedergang einer Fernsehserie und eröffneten eine gleichnamige Website, die verschiedene Serie unter diesem Aspekt betrachtete und dem Begriff daraufhin eine weite Verbreitung bescherte. Nachdem der Betreiber jedoch die erfolgreiche Seite verkaufte, geriet sie ihrerseits ebenfalls auf einen absteigenden Ast. Mittlerweile wird der Begriff nicht nur auf Fernsehserien, sondern auch auf Websites, Personen, Computerspiele, technische Geräte oder Marken übertragen.


Doch bei aller Eingänglichkeit des Begriffs zieht er auch einige Kritik auf sich. Die Episode "Fonzie in Hollywood, Teil III" ("Hollywood: Part 3") war mit knapp 30 Millionen Zuschauern nicht nur eine der erfolgreichsten Shows bis dato, sondern "Happy Days" büßte auch bis weit über die Folge hinaus nichts an seiner Popularität ein. Fred Fox Junior, der Autor von "Fonzie in Hollywood" wehrte sich entschieden dagegen, dass ausgerechnet das von ihm verfasste Script zum Ausgangspunkt einer solchen Einteilung herangezogen wurde.


Aus diesem Grund hatten bereits Jon Hein und andere Autoren mehrere augenscheinliche Merkmale zusammengefasst, an denen sich punktuell festmachen lässt, wann eine Serie erste Symptome dafür zeigt, diesen knorpelfischverseuchten Rubikon zu überschreiten. Nach einer Auflistung der zu dieser Thematik besonders empfehlenswerten Webpräsenz von "TV Tropes" (und natürlich aus der in Jon Heins Buch "Jumping the Shark") wollen wir an dieser Stelle einmal einen genaueren Blick auf diese Kennzeichen werfen, die nach Besetzungswechsel, Charakterentwicklung, Handlungsentwicklung, Kunstgriffe und Produktionsentwicklungen sortiert werden können (die genauen Bezeichnungen für jeden Punkt sind allerdings von mir persönlich frei erfunden, um damit in den kommenden Wochen besser arbeiten zu können).


1. Besetzungswechsel

Rauswurf eines Hauptcharakters. Ein beliebter Charakter wird aus der Serie entfernt. Besonders, wenn es zu einem herzlosen, unbefriedigenden oder kaum nachvollziehbaren Ausstieg kommt, fehlt dem Zuschauer dafür zuweilen der Zugang. Häufig wird dabei ein ruhiger, friedvoller und introvertierter Frauen-Charakter abgesäbelt, den die Produzenten durch eine attraktivere Person mit mehr Sex-Appeal austauschen wollen. Manchmal liegen die Gründe auch darin, einen Charakter mit besseren Erzählmöglichkeiten auszustatten oder durch jemanden zu ersetzen, dessen schauspielerisches Potential höher ist.

Die große Lücke. Die Produzenten haben einen Charakter als Nachfolger installiert, der dem Anspruch, der Qualität oder den Leistungen seines Vorgängers hinterherhinkt.

New Kid. Ein neuer Charakter wird in der Serie untergebracht, der – aus welchen Gründen auch immer – den Hass der Fans auf sich zieht. Manchmal wird aber auch einfach nur auf Biegen und Brechen versucht, einen weiteren Darsteller in der Schauspielerriege unterzubringen, ohne dass allzu viel Rücksicht auf Glaubwürdigkeit, bestehende Figurenkonstellationen oder gar Notwendigkeit für diesen Schritt geübt wird.


Pubertät. Einer der jungen Hauptdarsteller, beginnt plötzlich erwachsen zu werden. Symptome für diese Entwicklung sind u. a. Stimmbruch, plötzliches Absinken des Niedlichkeitsfaktors oder Installation eines neuen, jüngeren Darstellers, der das entsprechende Zielpublikum bei der Stange halten soll.

Zuwachs. Die Geburt eines Kindes stellt die Chemie einer Serie auf den Kopf und führt mitunter in eine völlig neue Richtung. Nicht selten gelangt der Nachwuchs auch ohne die unmittelbare Kenntnisse der Erzeuger in die Serie oder stößt erst dann zur Hauptbesetzung, wenn keiner mehr mit ihm rechnet.


Richtungswechsel. Ein Charakter, der für die Chemie der Serie eine zentrale Rolle spielt, wird entfernt, woraufhin sich der Fokus der Serie verlagert.

Das zweite Gesicht. Obwohl der Darsteller wechselt, bleibt die Rolle allen Unähnlichkeiten zum Trotz die selbe. Zuweilen wird dieses Thema aber auch aufgeweicht, indem es zwar unterschiedliche Darsteller und Charaktere gibt, aber die Anlage der Charaktere auffällige Ähnlichkeiten birgt.




2. Charakterentwicklung

Autorenliebling. Verhasste Charaktere bekommen zusätzliche Aufmerksamkeit und auch wenn es zuweilen hilfreich scheint, die ein oder andere Facette zur Rolle hinzuzufügen, enden die Versuche meist damit, das er nur umso mehr zu einem Spielzeug der Drehbuchschreiber mutiert.

Substanzverlust. Die Tiefe eines bereits etablierten Charakters verflacht zusehends, so dass alle zuvor gewonnenen Errungenschaften des selben hinfällig erscheinen. Die kann zur Folge haben, dass sich die Fans von diesem abwenden.

Beziehungsschwierigkeiten. Das offizielle Pärchen der Serie löst die vorhandenen sexuellen Spannungen zu früh auf und vergrault damit Zuschauer, die eigentlich durch dieses Spannungselement bei Laune gehalten wurden.



3. Handlungsentwicklung


Plötzlicher Richtungswechsel. Die Rahmenbedingungen einer Serie werden urplötzlich durch einen Umzug oder einen Berufswechsel radikal geändert.

Durststrecken. Eine Serie läuft zu lange vor sich hin, ohne irgend eine Form von Fortschritt, Entwicklung oder Auflösung gibt. Das kann darin liegen, dass die Serien Lückenfüller einfügt oder zu offensichtlich wird, dass zu große Schritte in der Handlung dem Ende der Serie zu weit vorgreifen würden. Es kann beim Zuschauer zunehmend das frustrierende Gefühl entstehen, dass die Drehbuchautoren hier eine unabsehbar lange Hinhaltetaktik betreiben, so dass sie das Interesse verlieren und einfach umschalten.

Achterbahn. Die Show wird von einer unheimlichen Bandbreite der Gefühle beherrscht, die meist aus dem Eingreifen von Geldgebern resultieren, die Serie kantiger und dunkler oder weicher und positiver zu gestalten. Das Resultat ist eine wilde Achterbahnfahrt auf der emotionalen Skala und unterschiedlichsten Schattierungen von Antagonisten.

Erhobener Zeigefinger. Einige der Schreiber bringen zu viel aus ihrer eigenen Persönlichkeit innerhalb der Serie unter. So können Episoden missbraucht werden, um die eigenen religiösen, politischen oder philosophischen Ansichten breitzutreten, ohne dass die Haupthandlung daraus irgendwelche Vorteile ziehen kann.


Wildwuchs. Die Handlung wird mit zu vielen unerwarteten Wendungen versalzen, die der Hauptstory widersprechen, schlecht umgesetzt wurden und/ oder schlichtweg dämlich sind.

Messlattenhoch. Die Serie erlebt einen so außergewöhnlich ikonografischen Moment, so dass alles was folgt, darin scheitert, diesem Qualitätszustand zu genügen.

Hochzeit. Die endgültige Zementierung einer Beziehung entfernt die Spannung unwiederbringlich aus der Serie oder verbaut anderen (attraktiveren) Kombinationen den Weg.


Trennungsschwierigkeiten. Das offizielle Pärchen (oder das Nebenpärchen) trennt sich ständig voneinander, nur um schon bald wieder zusammen zu kommen. Das verschärft nicht nur bei dem Paar auf unnötige Weise die Konflikte, sondern auch beim Zuschauer.

Schema F. Die Haupt- und/ oder Nebenhandlungen beginnen immer mehr vorhersehbar und berechenbar zu werden. 

Jumping the Shark. Die Handlungsstränge und Charakterentwicklungen beginnen soweit hergeholt zu wirken, dass sie den Zuschauer über dessen Grenzen der Akzeptanz für Außergewöhnliches beanspruchen und daher unglaubwürdig wirken.

Schwarzmalerei. Die Überdosis an dunklen Elementen und nur wenigen Lichtblicken kann dem Zuschauer die Identifikationsbasis mit den Hauptcharakteren genommen werden, wodurch sie ebenfalls die Lust an einer Serie verlieren können.


4. Kunstgriffe

Gaststarinflation. Die Serie beginnt zu sehr, auf attraktive Gastauftritte zu setzen, die jedoch an der Plausibilität der Serie zerren.

Michael-Bay-Syndrom. Grafische Spielereien (etwa der extensive Einsatz von 3D, Action und Explosionen) werden vermehrt genutzt, um von anderen Probleme (etwa bei der Charakterentwicklung) abzulenken.


Verfrühter Filmeinschub. Der Film zur Serie wird veröffentlicht, wodurch das Kreativlevel der Serie ins Wanken gerät. Da clevere Führungskräfte überwachen die Beliebtheit einer Serie oder Franchise und lassen den Film just in dem Moment einsetzen, zu dem die Serie ihren absoluten Höhepunkt erreicht. Dadurch kann man ihn häufig als sicheres Zeichen dafür werten, dass es von nun an bergab geht.

Jojo-Gefühl. Ein Haupthandlungsstrang wird aufgelöst, nur um unmittelbar danach wieder aufgemacht zu werden. Der Zuschauer verliert das Interesse und die Übersicht – ganz besonders, wenn es wieder und wieder geschieht.

Urlaub. Manchmal genügt schon eine Ferienreise, um eine Fernsehproduktion umzukrempeln. Entweder sind sie das Armutszeugnis einer Drehbuchautorenriege, die keine Ideen mehr hat oder ein Wendepunkt für den ein oder anderen Charakter.

Heiße Kartoffeln. Eine bestimmte Idee oder ein ständig wieder aufgegriffener Witz, die sich beim Publikum großer Beliebtheit erfreuen, werden zuweilen ohne Erklärung aufgegeben.

Fragwürdige Beförderung. In der Serie wird ständig betont, wie großartig etwas ist, wobei dann schließlich nicht deutlich wird, warum dies eigentlich der Fall sein soll. Zum Beispiel können Charaktere in höhere Ränge befördert werden, nur um anschließend weniger Spezialausrüstung zu erhalten und gegen schwächere Gegner zu kämpfen.

Faule Eier. Man produziert einen Musical-Episode, oder noch schlimmer, eine Clip-Show.


Unangemessener Aktualitätseifer. Die Serie versucht auf Biegen und Brechen tagesaktuell zu bleiben, obgleich es offensichtlich ist, dass die Drehbuchautoren ihrer Zeit mindestens zwei Jahrzehnte hinterherhinken.

Haarteil. Mit einer grundlegenden Veränderung im Aussehen eines Hauptdarstellers oder einer Hauptdarstellerin wird versucht, neue Zuschauerschichten (üblicherweise im Segment der 14- bis 20-Jährigen) zu erschließen.

Abkehr von der Nischenunterhaltung. Eine Serie versucht, massenkompatibler zu werden oder verliert ihren Fokus dadurch, zu viele Zuschauerschichten gleichzeitig glücklich zu machen.

Augenwischerei. Eine Show verlässt sich zu sehr auf vermeintlich quotenbringende Elemente, die allerdings für jeden erkennbar dazu dienen sollen, die offensichtlichen Defizite der Serie zu übertünchen. So häufen sich spärlich bekleidete Hauptcharaktere, um dafür Belohnungszuschauer zu erhalten, oder die Intensität von Vulgärhumor steigt rapide an. 

Schoßtierchen. Um Defizite in der Hauptbesetzung auszugleichen oder die Abwesenheit von sympathietragenden Kindern zu übertünchen, müssen zuweilen Haustiere herhalten, um den Zuschauer bei der Stange zu halten. Besonders deutliches Anzeichen für den Niedergang einer Serie war der Einsatz eines Schimpansen. 



5. Produktionsentwicklungen


Charlie-Sheen-Syndrom. Einer der Hauptdarsteller wird in einen handfesten Skandal verwickelt, was mit der Zeit interessanter wird, als die Serie in der er mitspielt.

Zeitumstellung. Die Serie wird im amerikanischen Fernsehen auf eine traditionelle Familienfernsehzeit gelegt, was zur Folge hat, dass umfangreiche Zensurmaßnahmen die Handlung beschränken.

Erschöpfter Schöpfer. Der Urheber einer Serie wird befördert oder verkauft sich zu sehr, was zur Folge hat, dass er nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Schöpfung angemessen zu beaufsichtigen. Häufig wird dieser Zeitpunkt von anderen genutzt, um ihre eigenen Visionen zu verwirklichen.

Absolutismus. Ein Hauptdarsteller wird entweder zum ausführenden Produzenten der Serie oder gar zum Produzenten selbst. Zum Leidwesen der restlichen Darsteller wird es dadurch häufig zu "seiner Serie", was man auf der Mattscheibe auch gut erkennen kann.


Vitamin B. Eine wichtige Rolle wird mit einem Verwandten, Bekannten oder Bettgefährten eines Strippenziehers hinter der Kamera besetzt, ohne darauf zu achten, wie geeignet oder ungeeignet die Person für diese Rolle eigentlich ist

Kreativer Burn-Out. Der Schöpfer einer Serie ist mit seiner Situation so unzufrieden, dass er absichtlich beginnt, sein Werk zu sabotieren. Dies kann am ausufernden Fantum, dem zu starken Eingriff von außen oder privaten Sphären begründet sein.

Sendeunzeit. Die Serie wird im US-TV-Programm auf eine Zeit gelegt, die weitaus weniger attraktiv für die Zuschauer ist und somit weitere Quoteneinbußen vorprogrammiert sind. Manchmal wird eine Show sogar auf einen anderen, weniger beliebten Sender verschoben.

Musikalischer Neustart. Um einen dynamischeren Eindruck zu hinterlassen, wird auch gern das Intro einer Serie überarbeitet, um peppiger, aufregender oder gefälliger zu wirken.


Anhand dieser Kriterien wollen wir in der Folge jeden Donnerstag einmal gemeinsam untersuchen, welche Anzeichen bereits sichtbar waren und ab welchem Zeitpunkt die einzelnen Star-Trek-Serien den legendären Hai übersprungen haben. Allerdings wollen wir den Moment des Hai-Sprungs lieber an einer Folge festmachen, denn wie Hein in seinem Buch "Jumping the Shark" deutlich beweist, wirkt die alternativlose Suche nach einem ikonografischen Moment meist zu bemüht um glaubwürdig zu bleiben.

Den Anfang machen wir nächste Woche mit der Originalserie. Die einzige Serie, die aus den Betrachtungen ausgeklammert wird, ist allerdings die animierte Serie (TAS), obwohl sie bis dato die einzige ist, die jemals einen der begehrten Emmys ergattern konnte. Dennoch habe ich mich aufgrund des abweichenden Formats und der fehlenden Qualität für einen Totalverzicht entschieden – zumal Auszeichnungen wie Emmys oder Oscars bekanntermaßen nichts mit der Qualität von Serien, Filmen oder Schauspielern zu tun haben.

Doch bevor wir uns Kirk, Spock und Pille widmen, sollten wir vielleicht einleitend erst einmal eine Frage klären, die immer wieder aufs Neue die Fanseele beschäftigt:

Wann begann das allgemeine Zuschauerinteresse an der Franchise selbst zu schwinden? 

Niemand wird schließlich bestreiten können, dass die Goldenen Jahre Star Treks mittlerweile der Vergangenheit angehören und dass es irgendwo einen Punkt gab, ab dem die immense Popularität abzuflauen begann. Doch wann genau dies geschah, ist ein allgemeiner Gegenstand einer anhaltenden Diskussion unter Trekkies.

Der Moment des Hai-Sprungs: "Star Trek VIII: Der Erste Kontakt".
Nach meiner Ansicht war das entscheidende Jahr in der Star-Trek-Geschichte 1996. In diesem Jahr liefen zwei verschiedene Star-Trek-Serien über den Bildschirm, doch während der überaus erfolgreiche Reboot "The Next Generation" bereits ausgelaufen war, kämpften "Deep Space Nine" und "Voyager" gleichzeitig und in Konkurrenz zueinander gegen sinkende Quoten. Während "Deep Space Nine" mit der Integration Michael Dorns, einer überarbeiteten Titelmelodie und der Konzentration auf den telegenen Dominion-Krieg die Kurve kriegte, dümpelte Voyager in seiner zweiten Staffel antriebslos vor sich hin und durchlebte eine längere Durststrecke, in der ansprechende Drehbücher die Ausnahme bildeten und statt dessen Folgen wie "Prototyp", "Die Schwelle" oder "Das Ultimatum" die Sympathien der Zuschauer auf eine harte Probe stellten.
Und als wäre diese Belastungsprobe nicht bereits genug, markierte 1996 auch das Jahr, in dem der erfolgreichste TNG-Kinofilm überhaupt seine Premiere feierte. Der von Kritikern wie Fans gepriesene Streifen "Der Erste Kontakt" ließ nicht nur sämtliche folgenden TNG-Kinofilme alt aussehen, sondern grub als dritte treibende Kraft innerhalb der Franchise auch den beiden aktuell laufenden Serien das Wasser ab. Im Zuge dieser Dreifachbeanspruchung stellte es eine ziemlich Herausforderung dar, weiterhin den Überblick zu behalten und das Überangebot begann zusammen mit der sinkenden Qualität vieler Episoden den schleichenden Niedergang einzuleiten.



Alternative Hai-Sprünge. Allerdings kann man auch andere Fixpunkte ins Rennen schicken. Anhand eigener Überlegungen, externen Forenbeiträgen zum Thema und Befragungen von Mitgliedern der Tafelrunde kämen auch folgende Episoden als Hai-Sprung-Momente in Frage.

"Die Suche, Teil I"/ "Der Fürsorger". Nach sieben erfolgreichen Staffeln wurde die Erfolgsserie TNG 1994 eingestellt. Dennoch bedeutete dies mitnichten das Ende von Star Trek, denn mit der ersten Folge der dritten Staffel "Deep Space Nine" stand bereits längst ein Nachfolger in den Startlöchern. Doch quotentechnisch konnte der Ableger mit dem gefeierten Vorgänger nicht mithalten (sie sanken von knapp elf Millionen in der ersten Staffel auf unter fünf Millionen in der siebenten).
Deep Space Nine begann auch umgehend, mit den zuvor zart geknüpften Banden zur "Next Generation" (z.B. die Auftritte Picards, der Duras-Schwestern oder Qs) radikal zu brechen und seinen eigenen Weg zu finden. Doch der führte über einen Krieg, die Thematisierung von Religion und die unablässige Zentrierung auf eine Raumstation in Sphären hinab, die mehr und mehr der Leitidee des Star-Trek-Patrons Gene Roddenberrys widersprachen. Auch der zunehmend folgenübergreifende Erzählstil bildete einen radikalen Bruch mit den vorherigen Star-Trek-Sehgewohnheiten, die auf allein stehende Einzelepisoden ausgerichtet waren und trug ebenfalls dazu bei, dass viele Zuschauer den Anschluss verloren und sich von der Franchise und ihrer Entwicklung abwendeten.
Ein völlig anderes Bild bot sich mit dem Voyager-Pilotfilm "Der Fürsorger". Die Produzenten setzten deutlich auf Kontinuität, die sich in Themen, Handlungselementen und Mitarbeiterstab niederschlugen. Den Episodencharakter behielten sie ebenso bei wie die den beweglichen Handlungsort eines umherfliegenden Raumschiffes. Als TNG abgesetzt wurde, empfanden viele Fans Voyager als nahtlosen Übergang und bezeichneten die Serie daher zuweilen scherzhalft als "TNG, Staffel acht bis vierzehn".
Doch auch Voyager kämpfte verzweifelt gegen den Quotenteufel an. Dem Pilotfilm folgte eine lange Durststrecke an wenig kreativen oder aufgewärmten Inhalten, die Glaubwürdigkeit litt mit jeder weiteren Episode (keine Verluste innerhalb des Main Casts, kaum Versorgungsprobleme, drastisch verkürzte Reisezeit) und im direkten Vergleich zu DS9 war Voyager beinahe steril und konfliktarm.
Das Überangebot und der Mangel an wirklich frischen Ideen führte zu einer zunehmenden Ermüdung bei der Zuschauerschaft. Zusammen mit der einsetzenden TNG-Kinofilmreihe begann eine Abwärtsspirale, deren Quittung schließlich der letzten Star-Trek-Serie "Enterprise" ausgestellt wurde.
Keiner der beiden Nachfolger schaffte es also, einen adäquaten Ersatz für TNG zu bieten und Star Trek war ab diesem Punkt vielleicht noch lebendig, doch bereits auf einem absteigendem Ast.


"Zurück in die Gegenwart". Der vierte Star-Trek-Kinofilm aus dem Jahr 1986 war insbesondere für eine Reihe älterer Trekkies der Moment, an dem Star Trek unwiederbringlich kippte. Nie zuvor begleitete Merchandise in diesem Umfang einen Star-Trek-Streifen und nie zuvor war ein Film von Beginn an auf ein Massenpublikum ausgerichtet.
Anschließend sollte nichts mehr sein wie es war. Auf den Höhepunkt des Erfolges folgte bereits ein Jahr später der Fernsehstart von TNG, der Star Trek komplett umkrempeln sollte. Von nun an musste sich die liebgewonnene Originalcrew den Platz an der Sonne mit einer weiteren Besatzung teilen und die erste Staffel der neuen Serie "The Next Generation" war auch nicht unbedingt in der Lage, höheren Qualitätsansprüchen zu genügen. Danach folgte eine neue Serie auf Serie, die sich insbesondere nach dem Tod des Star-Trek-Urvaters mehr und mehr von den Idealen der ursprünglichen Serie entfernten.
Das Star Trek, wie Fans es bis dahin kannten, war mit der Reise "Zurück in die Gegenwart" endgültig zu Grabe getragen worden und für all jene, die mit der Neuauflage nichts anfagen konnten, war die Franchise damit gestorben. Allerdings müsste man das Ganze in diesem Fall wohl eher "Star Trek Jumped the Whale" nennen... 



Wie man an diesem scheinbar harmlosen Einleitungsbeispiel sehen kann, kann man dieses Thema durchaus kontrovers diskutieren. Wer also meine Sichtweise teilt, ihr widersprechen möchte oder gar ein viel besseres Beispiel parat hat, kann dies gern in den Kommentaren kundtun. Vielleicht hat bereits jetzt schon jemand konkrete Vorstellungen, wann welche Star-Trek-Serie ihren Zenit überschritten hat.
In einer Woche gibt es jedenfalls meine Gedanken darüber zu lesen, wann die Originalserie über den legendären Hai sprang. Und keine Angst: Die kommenden Artikel werden etwas umfangärmer...

Weiterführende Leseliste:

Star Trek Jumps the Shark 01: Star Trek 
Star Trek Jumps the Shark 02: TOS 
Star Trek Jumps the Shark 03: TNG
Star Trek Jumps the Shark 04: DS9
Star Trek Jumps the Shark 05: Voyager
Star Trek Jumps the Shark 06: Enterprise