Einleitung. Es ist fast schon ein wenig so, als würde man einem Wettlauf zusehen: Auf der einen Seite diejenigen, die sehnsüchtig (und mitunter recht gleichgültig) auf die Erstausstrahlung von 'Star Trek: Discovery' als einzig legitimen Ableger der Franchise warten, während die andere Gruppe (die sich deutlich lauter durch das Internet bewegt) die kommende Star-Trek-Serie anhand jedes Trailers, jedes Set-Fotos und jedes vermeintlich dem Kanon widersprechenden Informationsschnipsels kritisiert. Obgleich die neue Serie nur noch wenige Tage auf sich warten lässt, scheint die Fanszene gespalten wie seit frühen Abrams-Tagen nicht mehr.
Passend zu diesem internen Dilemma mischte nun auch noch eine andere Fernsehserie mit einem überaus deutlichen Star-Trek-Ton das Fernsehgeschehen des spannenden Jahres 2017 auf – Seth MacFarlanes "The Orville".
Ebenjener MacFarlane ist in puncto Star Trek kein unbekannter Name, denn er ist nicht nur mit Denise Crosby verwandt und spielte in den Enterprise-Episoden "Die Vergessenen" sowie "Die Heimsuchung“ eine Kleinstrolle, sondern brachte als Erfinder des "Family Guy" unzählige Anspielungen auf Star Trek in seinen eigenen Serien unter und warf seinen illustren Namen dereinst ins Rennen, als es darum ging, eine neue Star-Trek-Serie zu produzieren.
Nun ging dieser Posten aber bekanntermaßen an den inzwischen bereits geschassten Bryan Fuller, so dass man also getrost "Orville" als Was-wäre-wenn-Bewerbung betrachten kann, die den Fernsehzuschauern ausgerechnet kurz vor der Premiere des neuesten Star-Trek-Ablegers zeigt, in was für eine Richtung sich MacFarlanes eigene Serien-Idee entwickelt hätte.
Kein Wunder also, dass nach den ersten Trailern für Discovery und Orville viele Fans in MacFarlanes sehr vertraut wirkenden Trailer-Einblicken all jene Dinge sahen, die der radikal auf neu getrimmten Discovery-Serie zu fehlen scheinen.
Nun, nachdem vor etwa einer Woche der Pilotfilm von "The Orville" im amerikanischen Fernsehen lief, ist es vielleicht an der Zeit, einmal einen Blick auf diese Serie zu werfen und zu überprüfen, ob sie wirklich solchen hohen Ansprüchen gerecht werden kann.
Lobenswerte Aspekte.
Star Trek durch und durch. Der Grund, warum der Serie vor allem aus dem Star-Trek-Lager so große Sympathien entgegenschlagen, liegt vor allem in der Optik begründet. Schon mit den ersten Szenen wird dies deutlich: Die Schriftart der Serie erinnert stark an TNG, die Uniformen, Raumstationen und auch Alien-Masken wirken erschreckend vertraut und mit Schauspielern wie Seth MacFarlane, Penny Johnson oder Brian George findet man das ein oder andere bekannte Gesicht wieder.
Doch damit hören die Anleihen beileibe nicht auf! Es gibt eine Organisation wie die Sternenflotte mit ähnlichen Hierarchien, Strukturen und Aufgaben; es finden sich mit den kriegerischen Krill (so eine Art Mischung aus Krall in "Star Trek Beyond", den Silurians bei "Doctor Who" und General Sarris aus "Galaxy Quest") eine Art Ersatz-Klingonen und selbst die musikalische Untermalung steht in einer deutlichen Traditionslinie zu TNG, DS9 oder Voyager.
Am beeindruckendsten bleibt jedoch, dass sich ganze Szenen offen und unverhohlen an ihre Star-Trek-Vorbilder anlehnen. So gibt es ein Holodeck-Programm, dass eindeutig Worfs kalisthenisches Programm persifliert, die Mannschaftsbegrüßung durch den Captain stammt beinahe eins zu eins aus "Gestern, Heute, Morgen" und die Shuttle-Lande-Szene gegen Ende des Pilotfilms weist viel zu starke Parallelen zum fünften Star-Trek-Kinofilm auf, um sie als 'zufällig' zu deklarieren. Am deutlichsten wird dies allerdings, als die Orville das Dock verlässt und man als Zuschauer förmlich nur noch darauf wartet, dass die Dockarbeiter in ihren Raumanzügen zu winken beginnen.
Die Liste ließe sich endlos weiterführen (z.B. mit dem Shuttleflug zur Orville, dem Warp-Effekt oder dem Brückendesign) und auch wenn es noch einige Anleihen aus anderen Sci-Fi-Bereichen gibt (z.B. erinnert der Roboter Isaac wohl nicht nur aus Zufall an den Erfinder der Gesetze der Robotik, Isaac Asimov) so muss man festhalten, dass es sich mit wenigen Modifizierungen auch um eine Fortsetzung von TNG hätte handeln können, zumal auch Jonathan Frakes, Brannon Braga und Robert Duncan McNeill als Regisseure kommender Episoden verpflichtet wurden.
und noch ein bekannter Name |
Kritikwürdige Aspekte.
Seth MacFarlane. Auch wenn ich persönlich Seth MacFarlanes TV-Schöpfungen von "Family Guy" bis "Blunt Talk" eigentlich sehr mag, muss ich immer wieder sagen, dass ihm eine gewisse schauspielerische Bandbreite fehlt.
Oder anders ausgedrückt: Er spielt wie ein Brett.
Der Captains-Stuhl, der gerade bei Star Trek zuvor von schauspielerischen Schwergewichten wie Patrick Stewart, Avery Brooks und selbst William Shatner ausgefüllt wurde, ist am Ende dann doch eine Nummer zu groß für den zweifellos als Sprecher begabten Serien-Produzenten. In "The Orville" wirkt MacFarlane oft zu blass, farblos und uninspiriert, was zwar seinem On-Screen-Konflikt mit Adrianne Palicki zugutekommt und auch sicherlich unterstreicht, dass seine Figur der absolute Gegenentwurf zu Captain James T. Kirk ist, aber im Endeffekt erweisen sich die Fußstapfen in die er tritt als zu groß, denn tatsächlich kann ein guter Schauspieler sogar dem sympathischen Loser, dem verzweifelten Underdog oder dem unglücklichen Pechvogel mehr Leben einhauchen, als es MacFarlane hier gelingt.
Schema F. Wenn man sich den Pilotfilm ansieht, merkt man schnell, dass nichts ohne Grund geschieht. Die Mammutbaumsamen haben ebenso einen tieferen Sinn für die spätere Handlung wie die Einleitungsszene in der Mercer seine Frau inflagranti erwischt. Der Versorgungstrip zur Wissenschaftsstation ist ebenso voraussehbar problematisch wie es absehbar ist, dass sich die beiden Scheidungsopfer am Ende doch die Hand reichen.
Es gibt eine Reihe an Plot Devices, Handlungsmustern und typischen Serien-Charakteren, die es schon seit Jahren in verschiedensten Serien gibt.
Das muss allerdings nicht zwangsläufig von Nachteil sein.
Seth MacFarlanes selbst verfasstes Pilotfolgen-Drehbuch weist dadurch eine gewisse Stabilität auf, wie man sie aus Serien der Achtziger, Neunziger und frühen Zweitausender kennt. Es glänzt mit großartigen Szenenbildern, tollen Effekten sowie spannenden Nebencharakteren und kommt ohne größere Handlungslöcher aus.
Was fehlt sind allerdings frische, neue oder außergewöhnliche Ideen, die dem Zuschauer Abwechslung bieten und die Science Fiction um etwas noch nie Dagewesenes bereichern. Die "Orville" bleibt eine episodenhaft erzählte Serie in der Tradition früherer Science-Fiction-Ableger.
Und doch fehlt jenes statische Moment, das schon das große Vorbild Star Trek so vehement ausgemacht hatte:
Die Moralität und philosophische Grundlage einer jeden Folge greift – zumindest im Pilotfilm – nicht, weil der Fokus der Story eher darauf liegt, möglichst spaßige Dialoge, Entwicklungen und Problemlösungen in den Mittelpunkt zu stellen. Das ist sicherlich unterhaltsam, am Ende dann aber doch arg belanglos.
Nischendasein. Das Einzige, was die "Orville" von anderen Science-Fiction-Serien abhebt, ist der Versuch, Humor miteinzubeziehen. Das klappt – sofern man nicht bereits alle Gags im Trailer gesehen hat – recht gut, zumal hier einige 'heiße Eisen' wie Klo-Besuche, Scheidungskonflikte oder Klischees angerissen werden, um die Star Trek zuvor einen großen Bogen gemacht hat.
Allerdings ist das Humor-Niveau mitnichten auf dem Niveau von MacFarlanes Hit-Serie "Family Guy", obgleich man dies gleichermaßen als positiv wie negativ bewerten könnte. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass "The Orville" im gleichen Atemzug aber auch weder an das Niveau von Serien wie "Rick and Morty", "Futurama" oder "Red Dwarf"; geschweige denn an Filme wie "Galaxy Quest", "Spaceballs" oder "Mars Attacks" heranreicht.
Und auch wenn sich die Serie laut Wikipedia selbst als Comedy-Drama-SciFi labelt, blieb sie den Beweis dafür auf dem Fernsehbildschirm bislang noch schuldig, denn abseits des fraglos vorhandenen (wenn vielleicht auch nicht immer umwerfenden) Humors war von Drama bislang wenig zu sehen.
Fazit. "The Orville" erfindet das Rad nicht neu und knüpft offen an die Sehgewohnheiten von Star-Trek-Fans an. Auf der einen Seite ist es Science Fiction, die sich nicht so bierernst nimmt (und damit im Umkehrschluss auch das große Vorbild Star Trek ein wenig auflockert) aber auf der anderen Seite auch verpasst, moderne Science Fiction mit frischen Ideen zu liefern. Stattdessen füllt man das Vakuum aus, dass frühere Folgen hinterlassen haben, ohne dass man den Blick nach vorn lenkt und legt das eigene Hauptaugenmerk völlig auf eine komödiantische Ebene.
Das ist durchaus unterhaltsam und ergänzend, doch zu einer wirklichen Alternative zu Star Trek wird "The Orville" nicht.
Bewertung.
Nette Hommage, aber kaum mehr.
Da ist also noch ordentlich Luft nach oben?
AntwortenLöschenNe Menge. Aber man sollte ja vielleicht TNG auch nicht unbedingt in Gänze nach seinem Pilotfilm beurteilen...
Löschenbei family guy schalte ich immer schnell um. jemand, der monty python, die marx brothers oder auch loriot und heinz erhardt erlebt hat, wird sich kaum die blöße geben, family guy als humor zu bezeichnen.
AntwortenLöschenund bei grabthars hammer,können wir bitte ein für alle mal aufhören, spaceballs in einem atemzug mit galaxy quest oder mars attacks zu nennen (ACK! ACK! ACK!) der einzige einigermaßen lustige film von mel brooks, den ich kenne, ist sowieso mel brooks verrückte geschichte der welt.
Da ja nun seit gestern die Serie "The Orville" nun offiziell auf ProSieben anlief, mit gleich zwei Folgen am Stück, wurden meine Erwartungen mehr als erfüllt. Sie zeigt das Seth McFarlane ein echter STAR TREK Fan ist und somit auch ungeklärte Fragen, hier einfach auf die Schippe nimmt. Die Story ist einfach, aber gut umgesetzt und der Humor ist längst nicht so extrem wie es manche vermutet hatten. Außerdem verfällt die Serie nicht im völligen Slapstick oder ähnliches, die bisherigen Gags sind gut eingebaut auch wenn Sie mal im Hintergrund oder bei den Dialogen vorkommen. Selbst die Uniformen, das Raumschiffdesign der Orville und sogar die Warpsequenzen sind gut gemacht, keine Raumschiffe die sich wild herumdrehen oder mit Phasern schießen, die wie Blitzeinschläge aussehen. "The Orville" gibt uns die alten Sehgewohnheiten wieder, keine dauerhaft dunklen Sequenzen o.ä. und zeigt uns auch das man wirklich Geschichten erzählen kann, die einen Anfang und auch ein Ende haben nach knapp 45 Minuten. Auch wenn es mal zusammenhängende Folgen gab, waren diese besser inszeniert.
AntwortenLöschenFür eine Serie à la Galaxy Quest ist die Serie zumindest in den ersten beiden Folgen m.E. nicht konsequent genug. Im Kern ist es nämlich durchaus eine ernstzunehmende SciFi-Serie, die sich durch Blödelhumor ein Stück selbst torpediert. Wobei die zweite Folge für mich schon besser funktioniert hat, da man sich etwas mit Peniswitzen etc. zurücknahm und es mit der kleinen Zoo-Moralgeschichte durchaus einige schöne Szenen gab.
AntwortenLöschenDa die Werbung auf Pro 7 allerdings extrem nervt, werde ich die Serie erst auf Datenträger weiterschauen.
Ich habe gerade den Pilotfilm gesehen und fand's eigentlich ganz cool. War alles sehr schön star-trekkig. Mit nem Data und nem Worf an Bord. Nur bei diesem Fanta trinkenden Navigator weiß ich noch nicht so recht.
AntwortenLöschenIch hoffe, die Serie schafft den Spagat zwischen SciFi und der Satire von SciFi, dann fänd ich es auch auf Dauer recht erfrischend. So wie vielleicht damals "Remington Steele", eine Serie, die das Krimi-Genre zwar auf den Arm nahm, aber trotzdem anspruchsvolle Kriminalfälle behandelte.
Schön, wie da mit typischen Serienklischees gespielt wird, z.B. dass in einem Pilotfilm ständig die Namen der Hauptakteure genannt werden, damit der Zuschauer sie sich merkt.
Oder dass der Forschungsleiter, obwohl ja eigentlich Gefahr im Verzug ist, erstmal den Gästen stolz seine wissenschaftlichen Errungenschaften zeigt.
Oder dass die Bösen ständig danebenschießen, selbst wenn der Gegner durch Wasser watet.
Der Kniff mit dem Baum war auch ganz nett.
Die Zahl an Genital-/Fäkalwitzen könnte aber für mein Empfinden in Zukunft ein wenig runtergefahren werden.
Hallo,
AntwortenLöschenich habe mir gestern "The Orville" in der Mediathek angeschaut und kann sagen, das mir die Serie echt gut gefällt. Selbst meine Frau, die nun (leider) wirklich kein Fan von Science-Fiction ist, fand insbesondere die erste Folge recht anschaulich, weil humorvoll.
Und genau darin sehe ich den großen Vorteil der Serie. Sie schafft es (bzw. könnte es schaffen) andere Zuschauerklienteles für SciFi zu begeistern, was ich ausdrücklich begrüße.
Allerdings kann "The Orville" aus meiner Sicht - zumindest nach den ersten beiden Folgen - nicht an "Star Trek Discovery" heranreichen.
Jedoch werde ich auch diese Serie weiter regelmäßig verfolgen und mich auf die neuen Folgen freuen.
LLAP
ich hab die zweite folge nicht mal zuende geschaut. zu viel fremdschämen. ich hab gerade sarah silverman (war auch in einer voyager doppelfolge) auf netflix geschaut und die zieht wirklich zum teil derbe vom leder, aber sie macht das perfekt, sowohl was pointe als auch timig angeht. trotz durchfallwitzen und sperma für mich kein fremdschämen. das kriegt seth mc farlane bei mir nicht hin.
AntwortenLöschenAlso die neue Folge von "The Orville" schafft es auch ernste Themen in einer witzigen Serie einzubauen und zu thematisieren, was mir sehr gefällt. Der humoristische Teil muss manchmal nicht immer eine Folge überwiegen, was vollkommen in Ordnung ist und das hat "The Orville" bewiesen. Obwohl es bisher nur drei Folgen waren hat die Serie für mich schon Kultstatus erreicht und zählt auch schon zu meinen Lieblingsserien, ich freue mich schon auf die nächste Folge!!! ;-D
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