Logbuch: Beitrag 14 von 15
Dieses 'Tribute' ist etwas ganz Besonderes, denn es dreht sich nicht um einen Film, sondern ein Spiel. Am Ende werde ich kurz darauf eingehen, was Star Trek mit neuen Serien von diesem Titel lernen könnte.
Was macht Mass Effect für mich so besonders? Jeder kennt es, der mal ein Buch in der Hand hatte und es nicht sofort wieder weg legen konnte oder einen Film gesehen hat, von dem er oder sie noch nie etwas vorher gehört hatte und bei jenem nicht in der Lage ist wieder umzuschalten. Mass Effect macht genau das. Dabei zieht es nicht, sondern drückt dich langsam vorwärts ohne wirklich zu stoßen. Es gibt wirklich äußerst wenige Spiele, die mich in ihren Bann gezogen habe. Ich kann sie an einer Hand abzählen. Dieses gehört definitiv dazu.
Die Mass Effect-Reihe besticht durch viele kleine Besonderheiten, die sie in ihrem Genre einzigartig machen. Das gilt sowohl für die Spieler als auch für Science fiction-Fans generell. Der Entwickler Bioware hat es geschafft eine typische Ein-Mann-rettet-die-Welt-Story zu einem umfassenden Epos auszuarbeiten, bei dem man hin und wieder sogar vergisst, worum es eigentlich geht, denn die schiere Größe des Universums und seine eigenen, sehr speziellen Völker suchen ihresgleichen im Science fiction-Bereich. Damit nicht genug pendelt das Gameplay zwischen Rollenspiel und Action hin und her und wird sich nie so wirklich klar darüber, welchen Bereich es eigentlich ausfüllen möchte und hierbei liegt die große Stärke der bisherigen Trilogie. Jeder spielt Mass Effect auf seine Weise. Hinzu kommen die Entscheidungen, die einen großen Einfluss auf die eigene Spielweise haben. Fangen wir aber mit dem Universum an. Ich werde kurz auf einige Völker eingehen.
Das Universum
Da wären zunächst die Asari. Eine matriarchalische Kultur, die sich durch Parthenogenese, einer Art eingeschlechtlichen Fortpflanzung, vermehrt. Asari sind sehr langlebige Humanoide, die bis zu 1000 Jahre alt werden können und daher einen sehr reichen Kulturschatz und eine eigene Mythologie aufweisen. Die Hanar sind eine Art Quallenvolk und zudem wirbellose Wesen, die von einem Wasserplaneten namens Kahje kommen. Sie sind nicht sehr robust und reden von sich meist in der dritten Person. Die Turianer sind die militärisch größte Streitmacht in der Milchstraße. Trotz ihres überwiegend autokratischen Staates haben sie mit den anderen Völkern hauptsächlich diplomatisch Beziehungen aufgenommen. Ein Turianer ordnet seine persönlichen Wünsche sehr stark dem Gemeinwohl unter. Dies hängt wohl vor allem mit den militärischen Strukturen ihrer Spezies zusammen.
Das war nur ein kleiner Auszug aus dem Spezies-Allmanach. Auf der Wiki-Seite, die ich hier hin und wieder verlinkt habe, kann der geneigte Leser noch mehr finden. Der Großteil der auftretenden Völker hat sich zu einem Citadel-Rat zusammengeschlossen, der aus vier Ratsmitgliedern besteht, zu denen die Menschen nicht gehören. Anders als im Star Trek-Universum sind sie keine Gründungsmitglieder, sondern müssen sich im Laufe der Reihe erst als würdig erweisen.
Die Story
In allen drei Teilen geht es vorrangig um eine Bedrohung von außen, auch wenn sich der erste Teil hier dezidiert mit dem Thema Verrat beschäftigt bzw. mit der Wandlung des Paulus zum Saulus. Im ersten Teil greifen die Geth als Hintergrundbedrohung ein. Angeführt werden sie dabei von einem irregeleiteten Spectre, welcher eine Art Wächter des Citadel-Rates darstellt, quasi ein Super-Soldat, der die Völker schützen soll. Saren Arterius wandelt sich jedoch immer mehr zum Bösewicht und euer Protagonist Commander Shepard soll ihn aufhalten. Der Name ist Programm. Ihr seid der sinnbildliche Schafshirte, der immer wieder die Erde rettet nur eben ohne Stab, sondern mit der Waffe. Der Zweite Teil bedient sich der Kollektoren als Antagonisten, einer alten von Mythen getragenen Spezies, die ihre wahren Absichten verhüllt. Zu guter Letzt greifen in Mass Effect 3 die Reaper die Erde an und zerstören sie fast vollständig. Diese alte Rasse kehrt in Zyklen von 50.000 Jahren in die Galaxie zurück um sämtliches Leben zu eliminieren und seine neue Form zu begünstigen. All zuweit will ich hierbei nicht vorgreifen, denn alle drei Teile verzweigen ineinander und der Hauptstrang, hervorgerufen durch die immanente Bedrohung der verschiedenen Antagonisten, wird am Ende aufgelöst.
Bei genauerer Betrachtung hat die Mass Effect-Reihe ihre Stärken nicht in der Haupthandlung, sondern spielt sie bravourös in Nebensträngen aus. Die Hintergrundgeschichten der einzelnen Mitglieder eurer Crew sollen vor allem deren Motivation euch gegenüber aufdecken und ihren Charakterzügen Tiefe verleihen. In zahlreichen Zwischensequenzen lernt man seine Kollegen kennen und vor allem schätzen, denn jeder, wirklich jeder ist ein Unikum. Da wäre der Kroganer Urdnot Wrex, der gegen die Genophage(die Sterilisierung) seines Volkes durch die Salarianer kämpft und einen sehr schwarzen, teilweise derben Humor besitzt. Liara T'Soni, eine Asari-Wissenschaftlerin und promovierte Archäologin, die durch ihr Wissen die Mission voran bringt und sich hoffnungslos in den Protagonisten verliebt. Ashley Williams wiederum ist eine menschliche Allianz-Soldatin, die vor allem durch ihre xenophobe Meinung auffällt und dadurch(abhängig vom Spieler) immer wieder in Konflikt mit Shepard gerät.
Was Star Trek von Mass Effect lernen kann
Mass Effect wäre vermutlich die Art Film gewesen, die J.J. Abrams gedreht hätte, wenn er versucht hätte Star Wars mit Star Trek zu kreuzen. Tatsächlich nimmt Mass Effect eine Art Zwischenposition bei beiden Franchises ein ohne sie wirklich zu kopieren. Es erschafft etwas komplett Neues und lädt den Spieler dazu ein sich persönlich zahlreichen Konflikten zu stellen. Dazu gehören natürlich auch ethische Auseinandersetzungen zu den Themen Existenz, Xenophobie, Exodus und Religion. Und vor allem die Endgültigkeit der Entscheidungen ist es, die Spielern ein Gefühl der Immersion vermittelt. Damit ist natürlich auch das berühmt berüchtigte Ende gemeint, auf dass ich hier allerdings nicht eingehen möchte. Wer die Reihe noch nicht gespielt hat, sollte sich von dem meiner Meinung nach unberechtigten Shitstorm des Jahres 2012 im Netz fernhalten. Die Ereignisse dieses Jahres bezüglich Mass Effect zeigen sehr deutlich wie geradlinig manche Spieler denken. Ich werde diesem Abschnitt, den ich hier später einfügen werde, noch eine gesonderte Spoilerwarnung zukommen lassen, belasse den Artikel aber erst einmal so, damit ihr spoilerfrei lesen könnt.
Star Trek besticht wie Mass Effect durch seine Charakterentwicklung, aber die Computerspielereihe, das muss klar gesagt werden, hat hier meiner Meinung nach die Nase vorn. Während in DS9 z. B. Konflikte nur benannt und sich zwei Personen wie im Falle von Kira Nerys und Cmdr. Sisko im Streit darüber austauschen, wird der Konflikt der Genophage im Umkreis um Urdnot Wrex fast zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung bei der Leben auf dem Spiel stehen. Philosophisch gesehen versucht sich Mass Effect sogar an einer Definition zum Thema Leben und erweitert das ganze in den späteren Teilen durch die Abgrenzung bzw. Nichtabgrenzung zu künstlichem Leben. Zudem sind die Weltraumschlachten in Mass Effect nicht so wackelig inszeniert wie in den Abramsverse-Filmchen. Mass Effect vermittelt eher den Eindruck als hätte Peter Jackson Hand an gelegt. So vermitteln schwere Schiffe die nötige Langsamkeit, während schnelle Jäger im Geschwader ihre Wendigkeit zur Schau stellen. Es gibt zudem eine schöne Szene, in der Shepard über Trümmerteile durch den Weltraum läuft. Nicht ein Ton ist zu hören. Die Stille wird nur durch das regelmäßige Atmen Shepards durchbrochen. Allein diese kleinen Dinge sind es, die diese Reihe für mich als Science-fiction und Spiele-Fan zu etwas ganz Besonderem machen.
Es folgt nun der Spoilerteil, in dem ich darauf eingehe, warum ich das Ende der Reihe für ein durchaus gelungenes halte. Die Computerspielfachzeitschriften und -medien sind damals zusammen mit vielen Spielern Sturm gelaufen. Grund dafür war ein zu pessimistischer Abschluss. Zudem wurden wohl viele Fragen, die sich über Jahre innerhalb der Trilogie angesammelt haben, nicht beantwortet. Ok, das Ende von Lost hat mir auch nicht gefallen, aber ich finde es bei Mass Effect ein wenig viel verlangt, sämtliche Entscheidungen des Spielers sinnvoll in das Ende einzubauen. Es ist schlichtweg unmöglich, diese Forderung der Spieler zu erfüllen..
Christian Gürnth, der damals noch bei der Game One-Redaktion gearbeitet hatte, forderte sogar, dass das Spiel ihm sagen soll, was den Menschen im Innersten zusammen hält. Als Philosoph störe ich mich massiv an solchen Fragen. Seit über 2000 Jahren beschäftigt sich die Philosphie mal mehr und mal weniger stark mit dieser Frage und sie hat bis heute keine passende, dafür aber sehr viele unpassende Antworten gefunden. Damit meine ich, dass mich persönlich so wirklich keine Theorie befriedigt, die versucht mir mein Sein zu erklären. Und jetzt soll Bioware diese 2000-Jahre alte Aufgabe mit einem Videospiel erfüllen? Computerspieler weisen manchmal ein etwas merkwürdiges Verhältnis zur Realität auf. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass meine Entscheidungen durchaus entscheidendes Gewicht am Ende des Spiels aufweisen. Etwa dann, wenn man zwischen Geth und Quarianern entscheiden muss.
Es ist das alte Roger Ebert-Phänomen. Wir sind zu verwöhnt von den vielen positiven Film-Enden, dass uns ein solch negatives Ende dermaßen verstört zurücklässt. Bioware hat mit seinem Spiel etwas gewagt, dass vielen Hollywood-Produzenten nicht mal im Traum einfallen würde. Wie wäre es bitte schön, wenn die Transformers im nächsten Michael Bay-Streifen unterliegen und es dann hieße: Das wars, aus und vorbei. Es gibt keinen weiteren Film. Wie groß wäre da wohl der Aufschrei? Jeder, der Game of Thrones guckt, weiß, wie es ist einen lieb gewonnen Charakter zu verlieren. Vergesst Game of Thrones! Was diesen Aspekt anbelangt, tritt euch Mass Effect 3 regelrecht in die Weichteile, denn ihr habt diese Entscheidungen getroffen. Ihr seid Schuld, wenn ein Crewmitglied aufgrund eurer Entscheidung stirbt. Als Spieler beeinflusst einen das noch mehr als den Zuschauer, der zusehen muss, wie der Lord of Winterfell hingerichtet wird. Du arbeitest die ganze Zeit daran die Erde zu retten und dann kommst du wahrhaftig an einem Punkt, an dem sich nicht nur spieltechnisch zwei Wege aufmachen. Meines Erachtens gibt es kein Spiel, das soweit geht, den Spieler nah heran zu holen und ihn mit dem Gesicht direkt drauf zu stossen. Das ist die Stärke dieses Spiels.
Das Ende vermittelt das Gefühl von Machtlosigkeit. Der entwickelte Charakter schnetztelt sich im Laufe der drei Teile immer wieder durch riesige Gegnerhorden. So entsteht nach und nach eine überdimensionale Hybris bis der Spieler seinen ersten Nebencharakter verliert. Der Prozess ist schleichend, aber immer wieder setzen sich Freunde ab oder sterben auf dem Weg zum Ziel. Sinnbildlich dafür steht der kleine Junge am Anfang des dritten Teils, den Shepherd nicht retten kann. Ein Dilemma, dass sich am Ende wiederholt. Diese Machtlosigkeit trifft vermutlich viele Spieler ins Mark, weil sie eben eines in Computerspielen nie sein wollen: Machtlos!
Christian Gürnth, der damals noch bei der Game One-Redaktion gearbeitet hatte, forderte sogar, dass das Spiel ihm sagen soll, was den Menschen im Innersten zusammen hält. Als Philosoph störe ich mich massiv an solchen Fragen. Seit über 2000 Jahren beschäftigt sich die Philosphie mal mehr und mal weniger stark mit dieser Frage und sie hat bis heute keine passende, dafür aber sehr viele unpassende Antworten gefunden. Damit meine ich, dass mich persönlich so wirklich keine Theorie befriedigt, die versucht mir mein Sein zu erklären. Und jetzt soll Bioware diese 2000-Jahre alte Aufgabe mit einem Videospiel erfüllen? Computerspieler weisen manchmal ein etwas merkwürdiges Verhältnis zur Realität auf. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass meine Entscheidungen durchaus entscheidendes Gewicht am Ende des Spiels aufweisen. Etwa dann, wenn man zwischen Geth und Quarianern entscheiden muss.
Es ist das alte Roger Ebert-Phänomen. Wir sind zu verwöhnt von den vielen positiven Film-Enden, dass uns ein solch negatives Ende dermaßen verstört zurücklässt. Bioware hat mit seinem Spiel etwas gewagt, dass vielen Hollywood-Produzenten nicht mal im Traum einfallen würde. Wie wäre es bitte schön, wenn die Transformers im nächsten Michael Bay-Streifen unterliegen und es dann hieße: Das wars, aus und vorbei. Es gibt keinen weiteren Film. Wie groß wäre da wohl der Aufschrei? Jeder, der Game of Thrones guckt, weiß, wie es ist einen lieb gewonnen Charakter zu verlieren. Vergesst Game of Thrones! Was diesen Aspekt anbelangt, tritt euch Mass Effect 3 regelrecht in die Weichteile, denn ihr habt diese Entscheidungen getroffen. Ihr seid Schuld, wenn ein Crewmitglied aufgrund eurer Entscheidung stirbt. Als Spieler beeinflusst einen das noch mehr als den Zuschauer, der zusehen muss, wie der Lord of Winterfell hingerichtet wird. Du arbeitest die ganze Zeit daran die Erde zu retten und dann kommst du wahrhaftig an einem Punkt, an dem sich nicht nur spieltechnisch zwei Wege aufmachen. Meines Erachtens gibt es kein Spiel, das soweit geht, den Spieler nah heran zu holen und ihn mit dem Gesicht direkt drauf zu stossen. Das ist die Stärke dieses Spiels.
Das Ende vermittelt das Gefühl von Machtlosigkeit. Der entwickelte Charakter schnetztelt sich im Laufe der drei Teile immer wieder durch riesige Gegnerhorden. So entsteht nach und nach eine überdimensionale Hybris bis der Spieler seinen ersten Nebencharakter verliert. Der Prozess ist schleichend, aber immer wieder setzen sich Freunde ab oder sterben auf dem Weg zum Ziel. Sinnbildlich dafür steht der kleine Junge am Anfang des dritten Teils, den Shepherd nicht retten kann. Ein Dilemma, dass sich am Ende wiederholt. Diese Machtlosigkeit trifft vermutlich viele Spieler ins Mark, weil sie eben eines in Computerspielen nie sein wollen: Machtlos!
Interesse an einer kompletten Games Review. Hätte da einen Artikel von mir auf Lager bezüglich des ersten Teils.
AntwortenLöschenGrüße von der Euderion!
Immer her damit. Link in die Kommentare oder einfach ne Mail an hrrisan@gmail.com
AntwortenLöschenIst unterwegs. Zwei Artikel. Eine Star Trek Comic-Review und eine Game-Review zu Mass Effect 1. Ich hoffe ihr könnt was mit anfangen.
LöschenSuper Artikel Strifes!! Ich habe den ersten Teil von Mass Effect in einem Rutsch durchgespielt, so gefesselt war ich von der Atmosphäre des Settings und den glaubwürdigen Charakteren. Den zweiten Teil habe ich angefangen, dann aber leider nicht mehr so richtig reingefunden in die ganze Thematik, ihn auch nicht durchgespielt. Vielleicht sollte ich das tuen, jetzt, so ein paar Jahre später,wo mir auch auch die nötige Hardware zur Verfügung steht... Vielen Dank fürs Erinnern, tolles Spiel!
AntwortenLöschenDer zweite Teil lohnt sich auf jeden Fall durchzuspielen. Bleib dran :-)
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