Unser kleiner Nachbarstaat
Österreich sieht dem wahrscheinlich aufsehenerregendsten Justizverfahren der Nachkriegsgeschichte entgegen:
Wie der
Focus heute in seiner Onlineausgabe berichtete, wirft die
türkische Gemeinde des Alpenstaates der dänischen Spielzeugfirma
LEGO Volksverhetzung vor und zieht sogar eine entsprechende Klage in Betracht. Der Grund für den Aufruhr liegt dabei in einem unscheinbaren Spartenprodukt der Star-Wars-Serie des Konzerns, das eigentlich den
Wüstenpalast von
Jabba the Hutt darstellen soll. (Bau-) Stein des Anstoßes sind diese drei erstaunlichen Erkenntnisse, die von den eifrigen Kulturwächtern aus der Lizenzproduktion gezogen wurden.
1. Das Plastikbauwerk erinnert stark an die Moscheen
Hagia Sophia in
Istanbul und
Jami al-Kabir in
Beirut.
2. Die zur Schau gestellte Waffenmenge im 'Tempel/ Palast' sei bedenklich für "[...]
ein friedliches Zusammenleben verschiedener Kulturen in Europa."
3. Zudem verbirgt sich hinter Jabba the Hutt nichts weiter als ein rassistisches Zerrbild von Asiaten und orientalischen Völkern, durch das gängige Vorurteile wie Sklavenhalter, Verbrecherbosse, Terroristen usw. propagiert werden.
Begonnen hatte der Skandal übrigens mit einer leichtsinnigen Tante, die ihrem Neffen dieses Präsent zu
Weihnachten besorgt hatte. Der gläubige Vater, vom Inhalt entsetzt, tauschte es daraufhin im Geschäft um.
Nun mögen Kritiker sagen, dass es bei muslimischen Familien, die das christlich-heidnische Fest der Weihnacht begehen, etwas schizophren wirkt, wenn sie dann einem Kinderspielzeug solcherlei Gotteslästerung unterstellen.
Man könnte ferner sagen, dass die Lego-Adaption tatsächlich dem im Film gezeigten Original recht nahe kommt, der Vergleich mit einer Moschee reichlich bemüht ist und man ja ebenso gut behaupten könne,
R2D2 würde dem Innenleben der Washingtoner Kirche "
Shrine of the Sacred Heart" ähneln.
Außerdem liegt es nahe, darauf hinzuweisen, dass auch die Hagia Sophia ursprünglich einmal eine christlich-orthodoxe Kirche war (daher ja auch der Name). Man könnte sich auch wundern, inwiefern Jabba einem Asiaten entsprechen soll, wie man Paläste mit Tempeln verwechseln kann oder ob die türkische Gemeinde da unten keine ernsthaften Probleme zu bekämpfen hat.
Doch ganz andere Fragen sollten in diesem Augenblick Vorrang haben.
Werden jetzt überall in der islamischen Welt von jubelnden Hausfrauen in Burkas Legosteine kamerawirksam verbrannt?
Muss man sich, um den Pluralismus in Deutschland zu schützen, von sich selbst distanzieren, wenn man als Kind mit Lego gespielt hat?
Und was hat das für Auswirkungen für alle anderen Science-Fiction-Franchises, denen ebenfalls eventuell religiös-anstößige Elemente innewohnen?
Die Tafelrunde hat dieses Ereignis jedenfalls einmal zum Anlass genommen, die Ärmel hochzukrempeln und exklusiv die Top-Drei der politisch-unkorrektesten Bauwerke des Star-Trek-Universums zusammenzustellen.
Platz 3.
Holberg 917G
Die Nobelunterkunft des Eremiten
Flint in der TOS-Folge "
Planet der Unsterblichen" sieht sowohl im Original, als auch der Remastered-Version der Hagia Sophia noch viel ähnlicher, als der Wüstenpalast von Jabba es je tat. Darüber hinaus weist er erschreckende Parallelen zum
Felsendom in
Jerusalem und vielen anderen Kuppelgebäuden wie der
Potsdamer Nikolaikirche, dem
Reichstag oder dem
Louisiana Superdome auf und beschmutzt damit auch das Andenken
anderer Glaubensrichtungen.
2.
Borgkubus
Viel offensichtlicher als der Wüstenpalast Jabbas verhöhnt der Borgkubus einen der heiligsten Orte des Islam. Der Kubus erinnert in seiner Form nämlich 1:1 an die
Kaaba in Mekka, dem Hauptpilgerort vieler Millionen Muslime. Kurz, das Schiff ähnelt würfelförmigen Gebilden, egal ob Kaaba,
Bundeskanzleramt oder
1d6.
Die Kombination aus Gebetshaus und Raumschiff, aus dem geschossen wird, kann für Kinder zwischen 9 und 14 Jahren sicher nicht geeignet sein, vor allem in Hinblick auf ein friedliches Zusammenleben verschiedener Kulturen in der
Milchstraße.
1. Die Erde
Der größte Affront ist jedoch die wiederholte bildliche Darstellung des Planeten, auf dem der Prophet
Mohammed selbst wirkte. Gleich mehrmals sind
Arabien und die Gegend um
Mekka explizit und unverhüllt zu sehen - diese Ansicht enthält natürlich ebenfalls pädagogischen Sprengstoff.
Allerdings muss Star Trek wohl keine ernsthaften Konsequenzen fürchten, denn laut
Birol Kiliç, des Obmannes der türkischen Gemeinde, plant er nicht,
Lucas Arts ob der filmischen Vorlage zu verklagen. "
Ich muss mit meinem Nachbarn beginnen." heißt die Parole des Mannes, der sich den vermeintlich schwächeren Gegner Lego als Feindbild herausgepickt hat (Spielzeugfirmen sind halt etwas sensibler, wenn sie befürchten, dass ihre Absätze bei der muslimischen Kundschaft wegbrechen könnten).
Da kann man 'dem anderen Star-' trotz gelegentlicher Rivalität nur nachbarschaftliche Solidarität zusichern und sich eine Welt herbeisehnen, wie sie in meinen Augen von
John Lennon,
Bobby Henderson oder Star Trek propagiert wird:
Fortschrittlich, intelligent und ohne Religionen.