Einleitung: Anlässlich des 'kürzlich' erwähnten Geburtstages von Marina Sirtis habe ich meiner alte Filmkiste gewühlt und eine weitere Perlen aus den Jugendtagen eines Star-Trek-Darstellers aus dem Meer des Vergessens gefischt. "The Wicked Lady" heißt der Streifen auf englisch, und tatsächlich trifft der deutsche Titel "Die verruchte Lady" den Sachverhalt mal ausnahmsweise etwas besser.
Der Film und diverse Ausschnitte daraus kursieren nicht von ungefähr in den unendlichen weiten des Internets. Sowohl in "The Wicked Lady" als auch in "Blind Date" (bzw. "Deadly Seduction") gibt es Nacktszenen mit Sirtis, die ja erst später durch ihre Rolle als Deanna Troi in "Star Trek: The Next Generation" Berühmtheit erlangte. Aus diesem Grund soll der Film auch in diesem Rahmen einmal näher betrachtet werden. Allerdings mit einer Einschränkung. Wer hier Aktbilder oder Filmszenen erwartet, soll Google benutzen - aus Pietät und Respekt vor der Schauspielerin verzichtet die Tafelrunde jedenfalls auf derlei Material.
Story: England im
siebzehnten Jahrhundert: Auf den Landstraßen des Königreiches
treibt sich der Schrecken aller Kutschfahrer, Reisender und
Transportbeauftragter herum. Jerry Jackson heißt der Übeltäter,
der die Adeligen der Umgebung zur Weißglut treibt und unschuldige
Passagiere um ihre Habseligkeiten erleichtert.
Doch eines Nachts findet er bei einem
Raubzug einen Nachahmer an, der direkt vor seinen Augen eine Kutsche
und deren Insassen ausraubt. Der Nachahmer entpuppt sich bei näherem
Hinsehen als attraktive adelige Frau, für die Jackson seine
Gespielin (Marina Sirtis) verlässt um von nun an als Teil eines
Verbrecherduos die Gegend unsicher zu machen.
Doch Barbara, wie seine neue Komplizin
heißt, entpuppt sich schnell als Risiko. Sie seht sich nämlich nach
aufregenderen, und damit gefährlicheren Beutezügen, scheut nicht
vor Mord zurück um ihre Ziele zu erreichen und ist dumm genug,
Beweismittel an Tatorten zurückzulassen. Ehe sich Jackson versieht,
findet er sich vor einem Galgen wieder, der extra für ihn geknüpft
ist...
Lobenswerte Aspekte:
Der beste Grund, sich den Film anzusehen ist - ohne lange darum
umherzureden - Marina Sirtis. Vor allem deswegen, weil es ein sehr
früher Film mit einer sehr jungen Sirtis ist. Das Werk ist in der
Tat so früh, dass die Darstellerin auch unbekleidete Auftritte
absolviert (um ehrlich zu sein, ist sie öfter ohne als mit
Textilummantelung zu sehen).
Marina Sirtis (zweite von vorn)
Marina Sirtis (zweite von vorn)
Desweiteren ist auch der Soundtrack
hervorzuheben, denn er stammt von niemand geringerem als Tony Banks.
Für all jene Banausen, die den Mann nicht kennen:
Der Keyborder und Pianist der
Jahrhundertband Genesis lieferte für "The Wicked
Lady" einen stabilen, wenngleich recht
unaufdringlichen Soundtrack (also im Gegensatz zur der Untermalung,
die Queen 1980 dem Film 'Flash Gordon' zugute kommen ließ), der durchaus
geeignet ist, als Argument für eine Beschäftigung verdienter
Popmusiker als Filmmusikanten herzuhalten.
Kritikwürdige Aspekte:
Die Literaturverfilmung (nach einem Roman von Magdalen King-Hall) und
Neuauflage eines bereits 1945 erschienenen Vorgängers lässt sich
mit 'Kabale und Sex' ganz gut umschreiben. Ergänzt wird das Ganze
noch durch so eine Art weibliche Robin-Hood-Geschichte, nur, dass
hier die Armen leer ausgehen und die Eitelkeiten einer gelangweilten,
biestig-zickigen und liebestollen Hausfrau gestillt werden. Eine
magere Handlung, die in den Wegwerfheften von Bastei besser
aufgehoben wäre als auf Zelluloid, denn "The Wicked Lady"
ist vom Potential her eher Groschenroman denn großes Kino.
Nicht von ungefähr wurde daher Faye Dunaway - unbestreitbarer 'Star' des Werkes - völlig verdient für die "Razzie" in der Kategorie 'Schlechteste
Schauspielerin' nominiert und es verwundert kaum, dass dieses Werk auf den
Filmfestspielen in Cannes 'außer Konkurrenz' lief. Als letzter
Beweis für die Qualität kann wohl auch das asymetrische Verhältnis
der knapp acht Millionen Dollar Entstehungskosten gegenüber einem
Einspielergebnis von knapp 800.000 Dollar geltend gemacht werden.
The wicked Actress
The wicked Actress
Einer der wenigen Höhepunkte in der
Besetzung war da tatsächlich noch Denholm Elliott als Sir Ralph
Skelton, den man vielleicht besser als Marcus Brody aus "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" kennen könnte.
Geht auch hier etwas verloren: Denholm Elliott
Geht auch hier etwas verloren: Denholm Elliott
Wenig überzeugend ist auch der
historische Rahmen, in dem die Handlung eingebettet ist. An der
Tatsache, dass König Charles II. zu sehen ist und die London Gazette
gelesen wird, kann man schließen, dass die Geschichte
(Ersterscheinung der London Gazette) zwischen 1665 und 1685
(Todesjahr Charles' II.) spielen müsste. Dumm nur, dass das
eigentliche Vorbild der Geschichte, Lady Katherine Ferrers bereits
1660 das Zeitliche segnete.
Oder nehmen wir das Schloss: Die als
Filmkulisse genutzte Anlage Compton Wynyates wurde im 19. Jahrhundert
renoviert und dem englischen Landhausstil wiedererrichtet. Für eine
Handlung im 17. Jahrhundert wirkt diese Drehortwahl da natürlich
etwas fehl am Platz.
Ein Schloss, das so sehr 17. Jahrhundert ist wie Cecilienhof
Ein Schloss, das so sehr 17. Jahrhundert ist wie Cecilienhof
Auch der extensive Gebrauch von damals
teurem Kerzenlicht sowohl beim vergleichsweise bescheidenen Landadel
und sogar bei der einfachen Landbevölkerung gibt ebenso Rätsel auf,
wie die Kuhherde im (damals sehr teuren) Tulpenbeet. Die Akkurarität,
mit der die Kleidung der Hauptdarstellerin ausgewählt wurde, hätte
dem Setting jedenfalls nicht unbedingt geschadet.
Was dem Film also an Handlungstiefe,
Besetzung oder historischer Glaubwürdigkeit fehlt, versucht er durch
Schockeffekte via nackter Haut und herumhängender Leichen, denen
Krähen das Hirn auspicken, herauszuholen.
Sinnlos abhängende Straßenräuber oder eine Vorgängerversion der Halmark-Weihnachtsdeko?
Sinnlos abhängende Straßenräuber oder eine Vorgängerversion der Halmark-Weihnachtsdeko?
In der Verfilmung von 1945, die
Regisseur Michael Winner bereits als Kind gesehen hatte und zu
verbessern wünschte, musste für die Freigabe auf dem US-Kinomarkt
Szenen neu abgedreht werden. Den amerikanischen Zensoren waren die
tiefen Einblicke in die Ausschnitte der Blusen einiger weiblicher
Darsteller zu weitgehend.
Als hätte Winner nun späte Genugtuung
dafür erhalten wollen, sind allenthalben nackte Menschen -
vornehmlich Frauen - zu sehen. Für die Handlung ist das bei Lichte
besehen völlig unnötig und wirkt in jeder Szene reichlich bemüht.
Nicht dass ich falsch verstanden werde:
Ich teile keineswegs die amerikanische Prüderie und Angst vor
nackter Haut. Seit Anbeginn der Zeit bin ich genauso wie andere
Landsmänner und -frauen durch Serien wie "Es war einmal der Mensch", durch koivo-Werbung im hiesigen Kaufland (die Kenner
wissen, was ich meine) oder die Doktor-Sommer-Seiten in der Bravo an
den Anblick unverhüllter Frauenbrüste gewöhnt und finden daran
nichts verwerfliches oder unanständiges. Nacktheit ist Bestandteil
des täglichen Lebens und damit auch künstlerischem Schaffens.
Bei "The Wicked Lady"
hingegen spürt man jedoch nur den Drang nach Provokation, zumal
schon damals die Szene, in der sich Faye Dunaway und Marina Sirtis
gegenseitig auspeitschen und miteinander ringen für heftige
Kontroversen sorgten.
Dass dabei allerdings mit zweierlei Maß
gemessen wurde, kann ,man an der Tatsache erkennen, dass zwar so
ziemlich jede jüngere Darstellerin unter vierzig die Hüllen fallen
lassen musste, die Hauptdarstellerin Faye Dunaway hingegen trotz
passender Gelegenheiten davon verschont blieb (so blieb Sirtis im
Zweikampf die Einzige 'oben ohne'). Merkwürdigerweise empfindet man
als Zuschauer dafür aber eher Dankbarkeit, als dass irgendein
Ungerechtigkeitsbewusstsein aufkeimen könnte.
So richtig traurig ist dabei jedoch,
dass somit eine spannende Chance vergeben wird. Denn mal ehrlich,
eine weibliche Robin Hood klingt doch nach selbstbewusster, tougher
Frau, die sich gegen die verkrusteten Gesellschaftsverhältnisse in
einer von Männern dominierten Welt wehrt.
Doch solcherlei Erwartungen an den Film
sind völlig unangebracht, denn Winner schaffte es, aus der
aufmüpfigen Hauptfigur ein Sinnbild noch heute geltender Vorurteile
gegenüber Frauen zu zementieren. Lady Skelton jedenfalls ist
intrigant, launisch und nutzt Sex vor allem für den eigenen Vorteil.
Daher bleibt der Film, gerade wegen der Aktszene Marina Sirtis' bis
heute ein schwacher Film von Männern für Männer.
Fazit: Wicked Lady
ist ein Film, der William Shatners Wohlwollen finden könnte:
Unbekleidete Frauen, eine Menge Pferde und ein piekfeines Englisch,
dass in Nordamerika höchstens noch in Kanada gesprochen wird.
Doch erst Marina Sirtis und Tony Banks
bringen überhaupt einen Hauch von Belang in dieses Werk, der
allerding bereits im Keim durch die schwache Besetzung, die
schmierige Handlung und die historischen Ungenauigkeiten erstickt
wird. Als wäre das noch nicht genug Frevel, den man einer filmischen
Vorlage antun kann, würzte Regisseur Michael Winner den Streifen
noch mit so vielen unnötigen wie stillosen Sex- und Aktszenen, dass
man den Film früher wohl im wochenendlichen Spätabendprogramm von
Sat1 hätte laufen lassen.
Denkwürdiges Zitat:
This wench, as cheap she
looks, will cost you dear.:
Dunaways Rolle über Sirtis' Rolle
Bewertung:
Historienschmunzette mit Softpornocharakter.
Schlussworte: Jupp,
man kann Marina Sirtis nackt sehen.
Na und?
Wahrscheinlich wahr sie jung und das
ambitionierte, wenn auch gnadenlos gescheiterte Projekt musste anno
dazumal sicherlich als guter Schritt in einer beginnende
Schauspielkarriere wirken.
Außerdem ist sie nicht das einzige
TNG-Crewmitglied, die nach dem Motto "Ich war jung und
brauchte das Geld" auf das Tragen von Kleidung
verzichtete:
Auch Denise Crosby hat bekanntermaßen
Fotos für den Playboy gemacht.
Zudem sollte man ihre Rolle auch nicht
überbewerten, denn Sirtis wird nicht mal separat in den Credits
geführt und hat darüber hinaus so wenig Screentime, dass man den
Film eigentlich getrost vernachlässigen könnte.
Aber die Faszination für die
sekundären Geschlechtsmerkmale einer Frau sind wohl (vor allem bei
den männlichen Internetnutzern) zu ausgeprägt, um dagegen
anzureden. Wer also Lust auf auf Holz vor der Hütte hat, mag sich
den Film ansehen, wer gepflegte filmische Unterhaltung sucht, die
Finger davon lassen.
Marina Sirtis: Nur dabei, statt mittendrin
Marina Sirtis: Nur dabei, statt mittendrin
Weiterführende Leseliste.
LeVar Burton: The Supernatural
DeForest Kelley: Night of the Lepus
Walter Koenig: Moontrap
Colm Meaney: Parked
Colm Meaney: The Damned United
Nichelle Nichols: The Supernatural
Leonard Nimoy: Die Körperfresser kommen
Leonard Nimoy: Zombies of the Stratosphere
William Shatner: Mörderspinnen
Marina Sirtis: Blind Date
Marina Sirtis: The Wicked Lady