"Im Weltraum sind alle Krieger kalte Krieger." Chang zu Kirk in Star Trek VI - Das unentdeckte Land, Quelle: memory alpha |
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Um den Hintergrund beider Serien zu beleuchten, ging Rüdiger Zill vor allem auf deren Produktionsgeschichten ein, was einen Großteil seines Vortrags ausmachte. Etliche dazugehörige Bilder ließen das Ganze etwas plastischer erscheinen. Kleine Einspieler bereiteten auf das Kommende vor. Der Vortrag wurde mit betonender Stimmlage gehalten, sodass man nicht sofort genötigt war auf Durchzug zu schalten.
Inhaltlich hatte der Vortragende die nötigen Grundlagen aufgearbeitet und man merkte ihm durchaus an, dass er einiges an Recherchearbeit investiert haben musste. Vieles davon floss offenbar in die Raumpatrouille Orion. Hin und wieder flammte der Bezug zum Thema auf, wenngleich dieser verhältnismäßig kurz aber dafür prägnant ausfiel.
Er sprach Themen wie die interkulturelle Vielfalt der Serien an und betonte, dass dies aus heutiger Sicht sicher mit der Normalität konform ginge, aber zu damaliger Zeit nicht der zeitlichen Prägung entsprach. Beide Serien profitierten, wie wir wissen von dieser Nonkonformität. Zill kam schließlich auf die Oberste Direktive zu sprechen, die wohl einer der wichtigsten Grundpfeiler der Föderation gilt. Als oberstes moralisches Prinzip bestimmt sie stets die Handlungsweisen der Crew, auch wenn diese sie gelegentlich nicht befolgt. Der Vortrag als solcher war durchaus unterhaltsam und versuchte seinen Ansprüchen gerecht zu werden.
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Er versuchte es, aber verfehlte sein eigentliches Thema. Es fehlten historische Bezüge, die sehr selten mal kurz angedeutet wurden. Der Vortrag, den Zill vorbereitet hatte, hatte jedoch mit der eigentlichen Thematik wenig zu tun. Es gab keine Hauptthese, die der Thematik voran gestellt wurde. Ich fühlte mich an diesem Abend an mein erstes Referat an der Universität Potsdam erinnert. Damals hatte ich das Thema komplett verfehlt, stammelte in meinem Vortrag und wirkte vor versammelter Mannschaft völlig unbeholfen, während ich ablas, was ich mir aufgeschrieben hatte. Es war einer dieser Urkatastrophen des Studiums, die sich gern ins Gedächtnis einbrennen und die mich in Albträumen noch heute heimsuchen.
Wenn man mich fragt, was mir Geschichte gebracht hat, dann antworte ich meistens, dass ich lernte frei zu sprechen. Das scheint an Rüdiger Zill an diesem Abend spurlos vorbei gegangen zu sein. Der Vortrag war komplett abgelesen und seine Hände feierten stets eine Party in den Hosentaschen. Die Powerpoint-Präsentation war eine lose Ansammlung nichtssagender Bilder, die zwar mühelos den Vortrag im Allgemeinen unterstrichen, es aber nicht schafften die Worte des Vortragenden zu unterstützen. Eine absolute Beleidigung fürs Auge waren die grauen Test-Bilder und die schwarze Schrift auf dunklem Grund.
Inhaltlich gesehen sträubten sich mir das eine oder andere Mal die Haare. Einige Aspekte, die Zill nannte, sind nämlich mehr als fragwürdig gewesen. Er sieht den Erfolg der Serien im Wettlauf der beiden Supermächte um den Weltraum von dem wir wissen, dass hier die Sowjetunion mit Projekten wie Laika, Sputnik und dem Herrn Gagarin einen großen Vorsprung hatte, bis die USA auf den Trichter kamen ein Filmstudio in den Mond zu verwandeln und eine Mondlandung zu inszenieren. Nein, im Ernst, ich glaube nicht an Verschwörungstheorien und die Mondlandung hat statt gefunden, aber Zill ging auf diesen Wettlauf nicht weiter ein, denn er fiel nur im Nebensatz. Dieses Weltraumrennen hat meines Erachtens, wenn überhaupt, einen eher kleineren Einfluss auf den kommerziellen Erfolg der Serien gehabt. Die Fans tragen bis heute einen großen Teil der Verantwortung für die Fortsetzung der Franchises.
Star Trek so Zill, sei innerhalb der TOS-Staffeln vom Wagentrek-Gedanken durchdrungen gewesen. Unglücklicherweise zeigte Zill dann auch den Ausschnitt, in dem Gene Roddenberry sagte, dass dies nur ein Vehikel gewesen sei um die Serie zu verkaufen. Tatsächlich ist Star Trek von einem explorativen Gedanken durchdrungen, aber Kirk & Co sind nicht gekommen um zu bleiben, sondern um freundschaftliche Bande mit anderen Spezies des Universums zu knüpfen. Mit dem Wagentrek der amerikanischen Kolonisation hat das recht wenig zu tun.
Zill ging auf einige Andeutungen, die er machte nicht ein und liess sie komplett bedeutungsschwanger im Raum verklingen. Dazu gehörte die Anspielungen auf die Amazonenkönigin Penthesilea und des "Prinzen von Homburg". Erst in der Diskussion wurde zumindest der Genderaspekt beider Serien betont, wenngleich ich mich frage, was die Gender-Diskussion mit dem Kalten Krieg als Thema zu tun hat. Diese Bezüge aussen vor zu lassen und sie nur am Rande zu erwähnen machte es für den Laien etwas schwer zu folgen. Wenn der Vortrag schon für ein Publikum außerhalb der Geisteswissenschaften geschrieben worden ist, hätte ich mir gewünscht, dass auf diese Vergleiche genauer eingegangen wird.
Genderdebatten in Star Trek wären schon eine eigene Lesung wert. |
Die nachfolgende Diskussion glich einer Altherrenrunde, die alte Geschichten miteinander austauschte und so dem lauschenden Publikum das Gefühl zu vermitteln, nicht teilhaben zu können. Zudem wurde mir das Thema von der Moderatorin zu sehr in die Genderdebatte gelenkt. Wir sind uns sicher einig, dass das Frauenbild bei beiden Serien eher unterirdisch repräsentiert zu sein scheint und sie im Zweifelsfall eher Stichwortgeberinnen waren. Uhura jedoch als Telefonistin unter Kirk abstempeln zu wollen, wird ihrer Rolle nicht gerecht. Unter Star Trek-Fans ist der erste Fernseh-Kuss zwischen einer schwarzen Schauspielerin und einem weißen Darsteller mittlerweile berühmt. Die Frauen in RPO wirken wie die abgebrühten Versionen ihrer männlichen Pendants. Beiden Serien ist allerdings zu eigen, dass sie versuchen eigene Wege zu gehen, sich aber nicht wirklich in ihren Geschlechterbilden unterscheiden. Die Frau ist in beiden Serien immer noch Anschauungsobjekt und dient dem männlichen Begehren als "Love interest". Hier wirklich eine Serie mit ihren vorhandenen Rollenklischees als führend in der Geschlechterbildebatte hervorheben zu wollen, zeugt meiner Meinung nach von einer Fehlinterpretation.
Meine Frage, ob sich das zukünftige Bild der Menschheit bei Star Trek eher aufhellt, wurde übrigens damit beantwortet das RPO nur 7 Folgen Zeit hatte, seine Geschichten zu erzählen. Das mag sicher sein, aber das ist keine Begründung für den anderen Weg der Verständigung, den die Crew der Enterprise im Laufe ihrer drei Staffeln ging. Ebenso hätte es auch hier Mord und Totschlag geben können sowie beständige Kriege mit einem ewigen Feind im Hintergrund. Ich verweise damit auf die Sichtweise unseres Interviewpartners Prof. Dr. Pröve, der in Star Trek immer die diplomatischen Wege der Serie hervorgehoben hat. So wirkte das Ganze leider wie ein Schlagabtausch und anstatt einer der beiden Serien zu unterminieren, denn gelegentlich neigte Zill dazu einer der beiden Serien abzuwerten, hätte er besser daran getan, sich die Bezüge zum Kalten Krieg genauer anzusehen. Diese waren ins einem Vortrag äußerst spärlich ausgefallen.
Fazit
Ich hatte mehr erwartet und wurde leider maßlos enttäuscht, denn auch die anschließende Diskussion der Teilnehmer, die gewiss einen teil des Kalten Krieges miterlebt hatten, führte für mich leider in die falsche Richtung. In unserer Runde nach der Lesung kamen wir dann schließlich zum dem eindeutigen Ergebnis: Thema verfehlt. Ich hätte jetzt noch stärker auf die philosophischen Bezüge eingehen können, aber ich habe weder ethische noch metaphysische Ansätze im Vortrag finden können und wenn dann waren es sicher kurze Erwähnungen, die kein Gewicht im Vortrag fanden. Die literarischen Bezüge sind sicher interessant, jedoch fehlte mir hier die Einbettung in das Thema weswegen der Prinz von Homburg-Bezug spekulativ bleiben muss, auch wenn es für Zill hier sicher offensichtliche Deutungen gibt. Der sechste Teil der Filmreihe gibt sehr deutliche Bezüge auf den Kalten Krieg mit teilweise direkten Zitaten wieder, sodass ich mir gewünscht hätte, Zill wäre darauf zumindest kurz eingegangen, aber so blieb der Vortrag leider hinter den Erwartungen zurück.