Mittwoch, 23. Januar 2013

Der ohne Sünde werfe das erste Lego

Bildquelle: Focus.de



Unser kleiner Nachbarstaat Österreich sieht dem wahrscheinlich aufsehenerregendsten Justizverfahren der Nachkriegsgeschichte entgegen:
Wie der Focus heute in seiner Onlineausgabe berichtete, wirft die türkische Gemeinde des Alpenstaates der dänischen Spielzeugfirma LEGO Volksverhetzung vor und zieht sogar eine entsprechende Klage in Betracht. Der Grund für den Aufruhr liegt dabei in einem unscheinbaren Spartenprodukt der Star-Wars-Serie des Konzerns, das eigentlich den Wüstenpalast von Jabba the Hutt darstellen soll. (Bau-) Stein des Anstoßes sind diese drei erstaunlichen Erkenntnisse, die von den eifrigen Kulturwächtern aus der Lizenzproduktion gezogen wurden.

1. Das Plastikbauwerk erinnert stark an die Moscheen Hagia Sophia in Istanbul und Jami al-Kabir in Beirut.

2. Die zur Schau gestellte Waffenmenge im 'Tempel/ Palast' sei bedenklich für "[...] ein friedliches Zusammenleben verschiedener Kulturen in Europa."

3. Zudem verbirgt sich hinter Jabba the Hutt nichts weiter als ein rassistisches Zerrbild von Asiaten und orientalischen Völkern, durch das gängige Vorurteile wie Sklavenhalter, Verbrecherbosse, Terroristen usw. propagiert werden.

Begonnen hatte der Skandal übrigens mit einer leichtsinnigen Tante, die ihrem Neffen dieses Präsent zu Weihnachten besorgt hatte. Der gläubige Vater, vom Inhalt entsetzt, tauschte es daraufhin im Geschäft um.
Nun mögen Kritiker sagen, dass es bei muslimischen Familien, die das christlich-heidnische Fest der Weihnacht begehen, etwas schizophren wirkt, wenn sie dann einem Kinderspielzeug solcherlei Gotteslästerung unterstellen.

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Man könnte ferner sagen, dass die Lego-Adaption tatsächlich dem im Film gezeigten Original recht nahe kommt, der Vergleich mit einer Moschee reichlich bemüht ist und man ja ebenso gut behaupten könne, R2D2 würde dem Innenleben der Washingtoner Kirche "Shrine of the Sacred Heart" ähneln.


Außerdem liegt es nahe, darauf hinzuweisen, dass auch die Hagia Sophia ursprünglich einmal eine christlich-orthodoxe Kirche war (daher ja auch der Name). Man könnte sich auch wundern, inwiefern Jabba einem Asiaten entsprechen soll, wie man Paläste mit Tempeln verwechseln kann oder ob die türkische Gemeinde da unten keine ernsthaften Probleme zu bekämpfen hat.
Doch ganz andere Fragen sollten in diesem Augenblick Vorrang haben.
Werden jetzt überall in der islamischen Welt von jubelnden Hausfrauen in Burkas Legosteine kamerawirksam verbrannt?
Muss man sich, um den Pluralismus in Deutschland zu schützen, von sich selbst distanzieren, wenn man als Kind mit Lego gespielt hat?
Und was hat das für Auswirkungen für alle anderen Science-Fiction-Franchises, denen ebenfalls eventuell religiös-anstößige Elemente innewohnen?

Die Tafelrunde hat dieses Ereignis jedenfalls einmal zum Anlass genommen, die Ärmel hochzukrempeln und exklusiv die Top-Drei der politisch-unkorrektesten Bauwerke des Star-Trek-Universums zusammenzustellen.

Platz 3. Holberg 917G

Die Nobelunterkunft des Eremiten Flint in der TOS-Folge "Planet der Unsterblichen" sieht sowohl im Original, als auch der Remastered-Version der Hagia Sophia noch viel ähnlicher, als der Wüstenpalast von Jabba es je tat. Darüber hinaus weist er erschreckende Parallelen zum Felsendom in Jerusalem und vielen anderen Kuppelgebäuden wie der Potsdamer Nikolaikirche, dem Reichstag oder dem Louisiana Superdome auf und beschmutzt damit auch das Andenken anderer Glaubensrichtungen.

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2. Borgkubus

Viel offensichtlicher als der Wüstenpalast Jabbas verhöhnt der Borgkubus einen der heiligsten Orte des Islam. Der Kubus erinnert in seiner Form nämlich 1:1 an die Kaaba in Mekka, dem Hauptpilgerort vieler Millionen Muslime. Kurz, das Schiff ähnelt würfelförmigen Gebilden, egal ob Kaaba, Bundeskanzleramt oder 1d6.
Die Kombination aus Gebetshaus und Raumschiff, aus dem geschossen wird, kann für Kinder zwischen 9 und 14 Jahren sicher nicht geeignet sein, vor allem in Hinblick auf ein friedliches Zusammenleben verschiedener Kulturen in der Milchstraße.

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1. Die Erde

Der größte Affront ist jedoch die wiederholte bildliche Darstellung des Planeten, auf dem der Prophet Mohammed selbst wirkte. Gleich mehrmals sind Arabien und die Gegend um Mekka explizit und unverhüllt zu sehen - diese Ansicht enthält natürlich ebenfalls pädagogischen Sprengstoff.

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Allerdings muss Star Trek wohl keine ernsthaften Konsequenzen fürchten, denn laut Birol Kiliç, des Obmannes der türkischen Gemeinde, plant er nicht, Lucas Arts ob der filmischen Vorlage zu verklagen. "Ich muss mit meinem Nachbarn beginnen." heißt die Parole des Mannes, der sich den vermeintlich schwächeren Gegner Lego als Feindbild herausgepickt hat (Spielzeugfirmen sind halt etwas sensibler, wenn sie befürchten, dass ihre Absätze bei der muslimischen Kundschaft wegbrechen könnten).
Da kann man 'dem anderen Star-' trotz gelegentlicher Rivalität nur nachbarschaftliche Solidarität zusichern und sich eine Welt herbeisehnen, wie sie in meinen Augen von John Lennon, Bobby Henderson oder Star Trek propagiert wird:

Fortschrittlich, intelligent und ohne Religionen.

Sonntag, 20. Januar 2013

Ein einfacher Landarzt hat Geburtstag

Quelle: startrek.com
Ein wirklich Großer der Star Trek Classic Serie hat heute vor 93 Jahren das Licht der Welt erblickt: 

DeForrest Kelley
Quelle: sf-radio.net
Ohne ihn wäre das Dreigestirn Kirk, Spock und Pille (Bones) sicher nicht so erfolgreich in Erinnerung geblieben. McCoy war das menschliche Gewissen und und die gute Seele der Serie. Außerdem verkörperte er ein humanes Antlitz der Medizin. Bei Pille stand im Gegensatz zu den ihm folgenden Ärzten der Sternenflotte noch der Patient im Mittelpunkt. In späteren ST Serien wurde die Medizin immer futuristischer und abhängiger von Technologie. Beispiele: Dr. Russel in TNG, die den Tod Worfs in "Die Operation" in Kauf nimmt, um ihre Methode der Heilung zu testen,  der genetisch aufgepeppte Dr. Bashir in DS9, der Holodock in VOY) Pille war wirklich der "simple country Doctor"- ein Landarzt eben, von dem er selbst immer sprach. Der etwas schrullige Kauz hat stets das Wohl der Patienten über sein eigenes gestellt.
DeForrest Kelley war aber auch mehr als "nur" ein Teil des Triumvirats der Classicserie. Man beachte hierzu den Blogeintrag unseres Turon.
Beim Start von Star Trek: The Next Generation kam ihm dann auch die Ehre zu Teil, den Staffelstab an die Besatzung des neuen Raumschiffs Enterprise zu übergeben. (Mission Farpoint).
Quelle: liquid-love.de
Nach TOS und seiner Rolle in Mission Farpoint wird er wohl immer auch in seiner Rolle als Dr. Leonard McCoy in den Star Trek Kinofilmen 1 bis 6 in Erinnerung bleiben.
Denkwürdig:
Sein Auftritt in ST IV "Zurück in die Gegenwart" im Krankenhaus in San Francisco.
McCoy: Dialyse? Mein Gott, das ist ja finsterstes Mittelalter 
McCoy: Chemotherapie? Das sind ja Methoden aus der Steinzeit! 
Zu Recht hat er einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame erhalten.
Quelle: wikipedia
DeForest Kelley starb am 11.Juni 1999.

Spock und McCoy - zwei Seiten einer Medaille

A tribute to Blade Runner







Es war im Jahr 2008 an einem verregneten Tag im Oktober. Auf meiner Etage wohnten Physikstudenten, die sich von mir an jenem Tag den Film "Blade Runner liehen. Als sie ihn nach zwei Stunden wieder zurückbrachten sagten sie, dass der Film unverständlich sei und sie bis zum Ende nicht wussten, worum es überhaupt ging.

Los Angeles im Jahre 2020


Blade Runner ist ein Film von Ridley Scott mit dystopischem Setting und stellt eine weitere Vorlage des allseits bekannten Autors Phillip Kindred Dick dar, dessen Werk durch diverse Verfilmungen bekannt geworden ist( A scanner darkly, Minority Report, Total Recall). Die Geschichte dreht sich um sogenannte Replikanten, die sich vom Menschen nur durch das Fehlen innerer Organe unterscheiden. Ich will jetzt nicht ins Detail gehen, aber der bestimmende Faktor ist ihre Haltwertszeit. Sie beträgt vier Jahre. Replikanten sind auf der Erde nicht erwünscht. Um sie "aus dem Verkehr zu ziehen", gibt es "Blade Runner" wie Rick Deckard, die anhand von Empathie-Tests herausfinden können, ob ihr Verdächtiger Mensch oder Replikant ist.


Von links: Rick Deckard(Harrison Ford), Dr. Elden Tyrell(Joe Turkel), Rachel  (Sean Young)


"Und wenn die Maschine nicht funktioniert?" Deckard zu Bryant über die V.K.-Maschine
Sechs Replikanten fliehen von der Marskolonie und versuchen auf der Erde(Los Angeles) in die Firma ihres Erbauers Tyrell einzudringen um ihre Haltwertszeit zu verlängern. Nachdem dieser Einbruchsversuch missglückte, wird Deckard angeheuert. In der Tyrell-Corporation trifft er auf Rachel,Tyrells Sekretärin, die nicht weiß, dass sie eine Replikantin ist. Sie wurde mit implementierten Erinnerungen ausgestattet. Deckard fragt Tyrell zurecht: "Wie kann es nicht wissen, was es ist?" Hier beginnt der ethische Fragenkomplex an Fahrt aufzunehmen. Ich könnte jetzt alle Fragen aufzählen, die im Film aufgeworfen werden, aber das würde in Spoilern enden. Es sei nur gesagt, das Deckard seinen Auftrag erfüllen kann.



"Das Licht das doppelt so hell brennt, brennt eben nur halb so lang." Tyrell zu Batty
Der Film besticht zunächst einmal durch sein einfallsreiches Setting. Die Straßen von Los Angeles werden durch Neonreklamen erleuchtet. Gigantische Bauwerke bestimmen die Skyline und es regnet unablässig. Man fühlt sich ein bisschen wie im Film Noir. Es scheint ewig Nacht zu sein. Anfangs erblickt der Zuschauer einen bräunlich-gelben Himmel, sehr wahrscheinlich der industriellen Luftverschmutzung zuzuschreiben.  Im filmischen Science-Fiction-Genre gab es vor Blade Runner kaum vergleichbare Settings. In späteren Science-fiction-Filmen wie Matrix, Das Fünfte Element oder Minority Report sieht man ästhetische Bezüge zum Blade-Runner-Setting. Einige Autoren wie wie William Gibson(Newromancer) geben den Film als stilprägend an.

Von Links: Roy Batty(Rutger Hauer) und  Leon Kowalski(Brion James)

"Menschlicher als der Mensch" Dr. Elden Tyrell im Gespräch mit Rick Deckard
Die Figuren, besonders die Replikanten, bestechen durch ihre kühle Vorgehensweise. Jedoch bemerkt der Zuschauer die Unerfahrenheit der Replikanten mit Emotionen. Als Roy Batty Pris von Leons Tod berichtet  sieht man deutlich, den emotionalen Kampf, den er führt. Harrison Ford mimt den Protagonisten, einen versifften Kopfgeldjäger, der im Laufe des Films an seinem Auftrag zu zweifeln beginnt.

Reminiszenz an einen Science-Fiction-Autor

Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet.
Gigantische Schiffe, die brannten, draußen auf der Schulter des Orion.
Und ich habe C-Beams gesehen, glitzernd im Dunkeln nahe dem Tannhauser Tor.
All diese Momente werden verloren sein in der Zeit so wie Tränen im Regen. Batty zu Deckard
Dem Film wird vielfach vorgeworfen, kein klares Handlungsmuster zu besitzen. Der Plot sei verwirrend angelegt und der Protagonist ließe sich nicht richtig zuordnen. Tatsächlich ist Fords Charakter eher der düstere Einzelgänger mit Dreck am Stecken, aber auch kein klassischer Anti-Held, da er im Film eine Wandlung in seiner Haltung gegenüber Replikanten vollzieht. Harrison Ford soll sich von dem Film distanziert haben, da er keinen leuchtenden Held wie in Indiana Jones oder Star Wars zeigt. Mit dieser Meinung war Ford nicht allein. Namhafte Kritiker wie Roger Ebert verrissen den Film. Die Special-Effects würden den Film überladen(!), die Figuren wären blass und der Zuschauer könne sich nicht ausreichend mit den Figuren beschäftigen. Ich brauche wohl nicht zu sagen, dass seine damalige Rezension in meinen Augen purer Schwachsinn war. Er revidierte seine Ansichten erst 2007. Es war eben die Meinung eines verwöhnten Auges, dass von Hollywood damals nur eins zu wollen schien: ein garantiertes Popcorn-Ende. Blade Runner erspart uns dieses Ende und lässt den Zuschauer mit den ethischen Fragen allein. Wann ist der Mensch ein Mensch? Machen ihn implementierte Erinnerungen weniger menschlich oder kommt es nur darauf an, wie man diese Erinnerungen und Erfahrungen nutzt? Wie entwickeln Replikanten ihre eigene Intelligenz? Diese letzte Frage dürfte allen Star Trek-Fans bekannt sein, denn ein gewisser Commander hat sich mit ihr in 7 Staffeln TNG und über vier abendfüllende Filme hinweg auseinandergesetzt. Dieser Bezug macht den Film so wertvoll für Star Trek Fans und deswegen muss man ihn gesehen haben. Vielleicht auch um sich ein Bild von dem Mann zu machen, der für die Rolle des Captain Picard vorgesehen war und sie dann abgelehnt hatte um sich auf seine Filmkarriere zu konzentrieren: Edward James Olmos in der Rolle des Gaff, der Deckard wie einen Schatten begleitet. Ich empfehle den Directors Cut oder den 2007 erschienenen Final Cut, der in einer Sonderedition erschienen ist und eine unheimliche Fülle an Zusatzmaterial enthält. Für mich persönlich war der Film eine Offenbarung und hat viele mediale Lücken geschlossen. Filme wie "Ghost in the shell" lassen sich leichter verstehen, wenn man Blade Runner gesehen hat.

"Ein Jammer, dass sie nicht leben wird. Aber wer tut das schon."

Liebe Grüße an die Physikstudenten von damals, die sich den Film hoffentlich nochmal angesehen haben. Tobi, falls du das lesen solltest, fühl dich gegrüßt.