Sonntag, 20. Januar 2013

A tribute to Blade Runner







Es war im Jahr 2008 an einem verregneten Tag im Oktober. Auf meiner Etage wohnten Physikstudenten, die sich von mir an jenem Tag den Film "Blade Runner liehen. Als sie ihn nach zwei Stunden wieder zurückbrachten sagten sie, dass der Film unverständlich sei und sie bis zum Ende nicht wussten, worum es überhaupt ging.

Los Angeles im Jahre 2020


Blade Runner ist ein Film von Ridley Scott mit dystopischem Setting und stellt eine weitere Vorlage des allseits bekannten Autors Phillip Kindred Dick dar, dessen Werk durch diverse Verfilmungen bekannt geworden ist( A scanner darkly, Minority Report, Total Recall). Die Geschichte dreht sich um sogenannte Replikanten, die sich vom Menschen nur durch das Fehlen innerer Organe unterscheiden. Ich will jetzt nicht ins Detail gehen, aber der bestimmende Faktor ist ihre Haltwertszeit. Sie beträgt vier Jahre. Replikanten sind auf der Erde nicht erwünscht. Um sie "aus dem Verkehr zu ziehen", gibt es "Blade Runner" wie Rick Deckard, die anhand von Empathie-Tests herausfinden können, ob ihr Verdächtiger Mensch oder Replikant ist.


Von links: Rick Deckard(Harrison Ford), Dr. Elden Tyrell(Joe Turkel), Rachel  (Sean Young)


"Und wenn die Maschine nicht funktioniert?" Deckard zu Bryant über die V.K.-Maschine
Sechs Replikanten fliehen von der Marskolonie und versuchen auf der Erde(Los Angeles) in die Firma ihres Erbauers Tyrell einzudringen um ihre Haltwertszeit zu verlängern. Nachdem dieser Einbruchsversuch missglückte, wird Deckard angeheuert. In der Tyrell-Corporation trifft er auf Rachel,Tyrells Sekretärin, die nicht weiß, dass sie eine Replikantin ist. Sie wurde mit implementierten Erinnerungen ausgestattet. Deckard fragt Tyrell zurecht: "Wie kann es nicht wissen, was es ist?" Hier beginnt der ethische Fragenkomplex an Fahrt aufzunehmen. Ich könnte jetzt alle Fragen aufzählen, die im Film aufgeworfen werden, aber das würde in Spoilern enden. Es sei nur gesagt, das Deckard seinen Auftrag erfüllen kann.



"Das Licht das doppelt so hell brennt, brennt eben nur halb so lang." Tyrell zu Batty
Der Film besticht zunächst einmal durch sein einfallsreiches Setting. Die Straßen von Los Angeles werden durch Neonreklamen erleuchtet. Gigantische Bauwerke bestimmen die Skyline und es regnet unablässig. Man fühlt sich ein bisschen wie im Film Noir. Es scheint ewig Nacht zu sein. Anfangs erblickt der Zuschauer einen bräunlich-gelben Himmel, sehr wahrscheinlich der industriellen Luftverschmutzung zuzuschreiben.  Im filmischen Science-Fiction-Genre gab es vor Blade Runner kaum vergleichbare Settings. In späteren Science-fiction-Filmen wie Matrix, Das Fünfte Element oder Minority Report sieht man ästhetische Bezüge zum Blade-Runner-Setting. Einige Autoren wie wie William Gibson(Newromancer) geben den Film als stilprägend an.

Von Links: Roy Batty(Rutger Hauer) und  Leon Kowalski(Brion James)

"Menschlicher als der Mensch" Dr. Elden Tyrell im Gespräch mit Rick Deckard
Die Figuren, besonders die Replikanten, bestechen durch ihre kühle Vorgehensweise. Jedoch bemerkt der Zuschauer die Unerfahrenheit der Replikanten mit Emotionen. Als Roy Batty Pris von Leons Tod berichtet  sieht man deutlich, den emotionalen Kampf, den er führt. Harrison Ford mimt den Protagonisten, einen versifften Kopfgeldjäger, der im Laufe des Films an seinem Auftrag zu zweifeln beginnt.

Reminiszenz an einen Science-Fiction-Autor

Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet.
Gigantische Schiffe, die brannten, draußen auf der Schulter des Orion.
Und ich habe C-Beams gesehen, glitzernd im Dunkeln nahe dem Tannhauser Tor.
All diese Momente werden verloren sein in der Zeit so wie Tränen im Regen. Batty zu Deckard
Dem Film wird vielfach vorgeworfen, kein klares Handlungsmuster zu besitzen. Der Plot sei verwirrend angelegt und der Protagonist ließe sich nicht richtig zuordnen. Tatsächlich ist Fords Charakter eher der düstere Einzelgänger mit Dreck am Stecken, aber auch kein klassischer Anti-Held, da er im Film eine Wandlung in seiner Haltung gegenüber Replikanten vollzieht. Harrison Ford soll sich von dem Film distanziert haben, da er keinen leuchtenden Held wie in Indiana Jones oder Star Wars zeigt. Mit dieser Meinung war Ford nicht allein. Namhafte Kritiker wie Roger Ebert verrissen den Film. Die Special-Effects würden den Film überladen(!), die Figuren wären blass und der Zuschauer könne sich nicht ausreichend mit den Figuren beschäftigen. Ich brauche wohl nicht zu sagen, dass seine damalige Rezension in meinen Augen purer Schwachsinn war. Er revidierte seine Ansichten erst 2007. Es war eben die Meinung eines verwöhnten Auges, dass von Hollywood damals nur eins zu wollen schien: ein garantiertes Popcorn-Ende. Blade Runner erspart uns dieses Ende und lässt den Zuschauer mit den ethischen Fragen allein. Wann ist der Mensch ein Mensch? Machen ihn implementierte Erinnerungen weniger menschlich oder kommt es nur darauf an, wie man diese Erinnerungen und Erfahrungen nutzt? Wie entwickeln Replikanten ihre eigene Intelligenz? Diese letzte Frage dürfte allen Star Trek-Fans bekannt sein, denn ein gewisser Commander hat sich mit ihr in 7 Staffeln TNG und über vier abendfüllende Filme hinweg auseinandergesetzt. Dieser Bezug macht den Film so wertvoll für Star Trek Fans und deswegen muss man ihn gesehen haben. Vielleicht auch um sich ein Bild von dem Mann zu machen, der für die Rolle des Captain Picard vorgesehen war und sie dann abgelehnt hatte um sich auf seine Filmkarriere zu konzentrieren: Edward James Olmos in der Rolle des Gaff, der Deckard wie einen Schatten begleitet. Ich empfehle den Directors Cut oder den 2007 erschienenen Final Cut, der in einer Sonderedition erschienen ist und eine unheimliche Fülle an Zusatzmaterial enthält. Für mich persönlich war der Film eine Offenbarung und hat viele mediale Lücken geschlossen. Filme wie "Ghost in the shell" lassen sich leichter verstehen, wenn man Blade Runner gesehen hat.

"Ein Jammer, dass sie nicht leben wird. Aber wer tut das schon."

Liebe Grüße an die Physikstudenten von damals, die sich den Film hoffentlich nochmal angesehen haben. Tobi, falls du das lesen solltest, fühl dich gegrüßt.



4 Kommentare:

  1. Ein großartiger Film, den ich leider bisher nur in der Erstfassung (also mit Deckard als Off-Sprecher und dem Ende, in dem man eine schnelle Kamerafahrt über ein Waldgebiet sieht) angeschaut habe. "Director's Cut" und "Final Cut" muß ich mir irgendwann nochmal geben!

    P.S.: Die Hommage an Ray Bradbury ist mir damals gar nicht aufgefallen. Cool! :)

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  2. Phillip K.Dick gehört sicher zu den Visionären des modernen SciFi. Ich muss mir tatsächlich diesen Film nochmals anschauen...ist schon ne Weile her. Ich kann mich irgendwie nur noch an die Düsternis des films erinnern.

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  3. Milch und Kekse habe dich wach gehalten, was?

    Ich bin so alt, daß ich die Originalfassung im Kino sehen konnte und der film hat meine sehgewohnheiten ein ganzes stück mitgeprägt.

    ich muß allerdings zugeben, daß mir der directors cut nicht gefällt, zum einen verliert der film dadurch einen teil seines noir flairs und und ein geiles zitat: "sushi, kalter fisch, so hatte mich meine exfrau immer genannt" ,zum anderen ist die deutsche synchro des dc weniger gut gelungen, was nicht bedeutet, daß sie so schlecht ist, wie die neusynch vom weißen hai.

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  4. Ich stimme "Mister Mot" voll und ganz zu, die allerste Kinofassung von 1982, ist immer noch die Beste!!! Ich fand schon immer das der innere Monolog von Rick Deckard alias Harrison Ford, den Film ordentlich abrundete und dadurch viele Informationen für den Zuschauer einige Dinge im Film erklärt haben. Ein Beispiel dafür das der Monolog niemals hätte gestrichen werden sollen, siehe Director´s Cut & Final Cut, ist die Szene, wo sich Harrison Ford und Rutger Hauer am Ende des Films gegenüber sitzen. Genauer gesagt die Stelle in der Rutger Hauer stirbt und die Gedanken von Harrison Ford über Ihn erzählt werden, ebenso die Frage nach dem Warum bin ich hier? Was ist mein Sinn und Zweck? Wie viel Zeit bleibt mir?, das sind eben diese Momente im Film, die Ihn so einzigartig machen. Ich finde das der Film, ohne diesen inneren Monolog, zu viele Fragen offen läßt und dadurch geheimnisvoll bleibt, außerdem wurde ab dem Director´s Cut auch eine Neu Synchronisation gemacht was man besonders bei Rutger Hauer merkt.

    Ach ja, mir gefällt auch nicht die Neu Synchronisation vom "Weißen Hai", ebenso wie bei "Jäger des verlorenen Schatzes"!!! Hab aber, Gott sei Dank, noch alle Orginalfassungen auf DVD!!!!!

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