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Mittwoch, 5. Juni 2013

Turons Senf zu "Per Anhalter durch die musikalische Galaxis" [Updated]

Einleitung. Wenn eine Chorproduktion heutzutage noch herausstechen will, muss sie mehr bieten, als die "Ode an die Freude", "O Fortuna" oder "Halleluja aus dem Oratorium Messias". Selbst die Neuinterpretation bekannter Rock- und Pop-Stücke sind seit Scala und ähnlichen Projekten ein ebenso alter wie abgetragener Hut.
Wie soll man die träge Meute potentieller Veranstaltungsbesucher heute noch hinter dem Ofen vorlocken?


Tatsächlich gelang dem Chor der Fachhochschule Potsdam "Fettes Halleluja" genau das mit ihrem Programm "Per Anhalter durch die musikalische Galaxis" (wir berichteten). Insgesamt zehn Abgesandte der Tafelrunde haben sich sowohl das gut besuchte Konzert am Donnerstag, den 30. als auch am 31. Mai 2013 angesehen und geben nun kurz darüber Auskunft, was die daheimgebliebenen Stubenhocker so alles verpasst haben.

Lobenswerte Aspekte



Das Star-Trek-Feeling. Stimmungsvoll begann das Programm bereits mit der summgewaltigen Interpretation des Titelstücks der ersten Star-Trek-Serie. Die Treppe hinuntergleitend präsentierte sich der knapp zwanzigköpfige Sangesverein dem seit einer Viertelstunde wartenden Publikum auf musikalisch äußerst ansprechende Art und Weise. Dem gemeinen Star-Trek-Fan musste der theatralische Auftakt einfach das Herz schmelzen lassen, auch wenn dies das einzige Stück bleiben sollte, dass mit 'Star Trek' zu tun hatte. Das 'andere Star' erhielt ein wenig mehr Raum, doch dafür hatte sich der größte Teil des FH-Chors für die richtige Kampfbemalung und Ausstattung entschieden: Neben andorianischen Fühlern und selbstgebastelten Sternenflottendeltas gab es auch Seven of Nines Okularimplantat oder Chakotays Tattoo zu sehen. Als Star-Trek-Anhänger hat man sich also pudelwohl gefühlt. Nur das Salutieren am Ende des TV-Intros hat man im Verlauf der verschiedenen Serien weniger häufig gesehen als an diesen beiden Abenden.


Die Musikauswahl. Abgesehen von Star Trek gab es so ziemlich aus jedem großen Science-Fiction-Teich einen dicken Fisch. So gab ebenso etwas aus "Star Wars", "Per Anhalter durch die Galaxis" oder der "Rocky Horror Picture Show" zu hören, aber auch geläufige Radiomelodien wie "Sternenhimmel" (Hubert Kah), "Don't Stop me now" (Queen) oder "Starlight" (Muse) boten eine Menge Wiedererkennungspotential beim aufmerksamen Zuhörer. Natürlich war das Programm primär auf deutsch- ("Major Tom") und englischsprachige ("Space Oddity") Inhalte zugeschnitten, doch es bot darüber hinaus auch hörenswerte Exkurse ins Russische oder Tschechische. Immer wieder gaben sich Soli und Chorstücke die Klinke in die Hand und die einzelnen Lieder waren nicht nur an den Stimmen und Neigungen der Interpreten orientiert, sondern auch noch unterhaltsam choreografiert.


Instrumentalisierung. Schließlich sollte man noch einmal die musikalische Untermalung hervorheben. Christoph Oleschinski, der Pianist der Abends, untermalte die Stimmen der Chormitglieder so ausdauernd wie abwechslungsreich und hatte sich den finalen Sonderapplaus an jedem Abend redlich verdient. Aber auch der E-Gitarrist und vor allem die drei attraktiven sowie talentierten Streicherinnen sollten in der Aufzählung nicht übergangen werden. Gerade ob der stimmungsvoll-dezent gehaltenen Untermalung blieb das Erlebnis so stark im Hirn haften, dass man sich noch Tage später dabei erwischte, Melodien zu pfeifen, Refrainzeilen zu singen oder das Star-Trek-Intro zu summen.


Kritikwürdige Aspekte


Neue Männer braucht das Land. Es gibt einige Bereiche, da fehlen die Herren der Schöpfung einfach. Jeder, der schon einmal eine Hofpause im Lehrerzimmer einer Grundschule zugebracht hat, weiß so ziemlich genau, wovon ich spreche. Ebenso mangelhaft ist die männliche Beteiligung in Krankenhäusern, Friseurstuben und Flugzeuggängen. Doch auch im Privatsektor setzt sich die Abwesenheit des 'starken Geschlechtes' in vielen Bereichen fort. Kaum ein XY-Chromosom-Träger besucht Klöppelkurse, Tupperparties oder Zumba-Kurse. Leider ist auch der Chorbereich ein klassisches Beispiel für akuten Herrenmangel.
Das ist schade, denn viel zu oft mussten die vier männlichen Chormitglieder gegen die geballte (dunkle) Frauenmacht (ca. sechzehn) ansingen und leider zogen sie dort schon allein quantitativ den Kürzeren.
Das kann auch anders gehen!
Vielleicht fühlt sich ja der ein oder andere Leser aus Potsdam oder dem Umland angesprochen und ist bereit, dem Chor, der gern neue Mitglieder in seine Reihen aufnimmt, beizutreten. Informationen dazu lassen sich jedenfalls hier finden.
Das kann man übrigens auch ohne Bariton oder Y-Chromosom tun, denn "Fettes Halleluja" ist beständig auf der Suche nach frischem Blut...



Räumlichkeiten. Auch wenn nicht zuletzt die Nutzung des 'Schaufensters' der FH die kostenlose Veranstaltung erst ermöglichte, bot es nicht unbedingt die Idealvoraussetzungen für ein solches Chorspektakel. Riesige Stützträger, die säulenartig den Blick verstellten, behinderten die Sicht auf den Chor, die Musikanten oder die engagierte Chorleiterin Ulrike Jahn.
Hinzu kam die knarrende Bühne, die bei der vielen Bewegung auf ihrer Oberfläche mehrfach den Gesang durch laute Nebengeräusche beeinträchtigte. Zudem wäre es vielleicht günstiger gewesen, einen Ort zu nutzen, an dem man eventuell über den Verlauf von Getränken Spenden einsammeln könnte. In den aufgeheizten Hallen wäre ein kühles Bierchen für 2€ jedenfalls ein gern gesehener Gast gewesen und etwaige Bestellungen hätten den Ablauf auch nicht mehr gestört als die ständigen Wortwechsel im Publikum.


Akzentuierung. Nur für einem einzigen (weniger schwer wiegenden) Kritikpunkt kann man die Schuld beim Chor und seinen Mitgliedern selbst suchen. Gerade denjenigen, die Stücke wie beispielsweise "Space Oddity" von David Bowie sehr gut kennen, musste auffallen, wie stark der deutsche Akzent der Sänger durchschimmerte; ganz besonders bei Vokabeln wie "proteine pills" oder "capsule".


Don't Stop Me Now. Die Choreografie zum Queen-Klassiker war ja in Ordnung, aber das nächste Mal muss sie sich damit messen lassen:




Fazit. Die Reise "Per Anhalter durch die musikalische Galaxis" war jedenfalls äußerst lohnenswert und viel zu schnell vorbei. Vor allem wenn man sich vor Augen hält, dass es sich bei "Fettes Halleluja" um einen kleinen Chor aus Studenten handelt muss man den Hut, respektive Helm vor dieser beeindruckenden Leistung ziehen.
Leider wird es so schnell nicht noch einmal zu einer so ausführlichen Vorstellungen kommen. Wer aber eine abgespeckte Variante des Programms miterleben möchte, kann dies im Rahmen des Potsdamer Tags der Wissenschaften am 8. Juni 2013 auf dem Gelände der Fachhochschule nachholen. Dort wird "Fettes Halleluja" um 14.15Uhr noch einmal Auszüge aus diesen Vorstellungen zum Besten geben.