Donnerstag, 20. November 2014

Rezension: Interstellar – SciFi fürs Auge mit Anspruch

Der Film Interstellar von Christopher Nolan weckte schon im Vorfeld hohe Erwartungen. Hat Nolan doch bewiesen, höchst ästhetisches Kino mit einer anspruchsvollen Geschichte und Charakteren zu schaffen. Sein Reboot von Batman aber auch Inception sind mittlerweile Meilensteine der Filmgeschichte und haben Nolan in die Riege Hollywoods Starregisseure katapultiert. Sein neuer Film Interstellar möchte diesen Anspruch auch gerecht werden.

Quelle: Interstellar Trailer

Vorwort zur Situation des SciFi Kinos


Kurzum: Interstellar ist ein klasse Film! Warum, möchte ich in dieser Rezension aus Sicht eines Star Trek Fans erläutern, muss aber zuvor auf die derzeitige Situation des Science Fiction Kinos eingehen:
In den letzten Jahren wurden Fans des guten alten SciFis wie Star Trek, Odyssee 2001 oder auch Enemy Mine vernachlässigt. Die Sehgewohnheiten des Massenpublikums haben sich stark verändert, vieles wurde schneller und gewaltiger. SciFi definiert sich an den heutigen Kinokassen mittlerweile fast ausschließlich an Actionblockbustern à la Transformers, in denen Materialschlachten einen hohen Fokus genießen und die Handlung selbst beinahe auf der Strecke bleibt. Nach meinem Empfinden schaffen es heutige SciFi Filme nicht mehr dem Zuschauer eine wirklich visionäre Geschichte zu erzählen. Ich nutze dazu mal Worte aus einen meiner älteren Blogbeiträge: "Vom Erzählerischen präsentiert der (SciFi) Film eine fast konservative Geschichte (Gute gegen Böse, die Welt geht unter, Ein Held, um sie alle zu retten), nichts im Sinne von wahrnehmungsveränderndes, wie es sich für das Science Fiction Genre doch anbiete."
Letztendlich ist das Kino ein demokratisches Instrument und Korrektiv, würden die Kinobesucher nicht in Massen in solche Filme strömen, gäbe es auch weniger davon. Dieser Trend hat auch Star Trek erreicht, deshalb stellten wir vor einigen Wochen auf unseren Blog die Frage, wohin zukünftige Star Trek Filme, aber auch eine eventuelle neue Star Trek Serie steuern sollte?
Mittlerweile sind wir an einem Punkt des Kinos angelangt, an dem sich Filmemacher anscheinend nicht mehr trauen Filme mit nachhaltiger Wirkung zu schaffen, obwohl das Geld und auch die Nachfrage da wäre – siehe Kickstarter Kampagnen wie Star Trek: Axanar. Ich meine, SciFi Kino hat seine progressive Eigenschaft verloren und erinnert im regelmäßigen Maße an ein Kriegs- oder Katastrophendrama.
Was aber wäre mit dem heutigen Stand der Filmtechnik möglich, um Geschichten von fremden Welten zu erzählen, die noch kein Mensch zuvor gesehen hat? Christopher Nolan versucht diesen Weg mit Interstellar zu gehen.

Quelle: Interstellar Trailer

Inhalt von Interstellar


Keine Spoilergefahr: Wer den Film Interstellar noch nicht gesehen hat, kann beruhigt weiterlesen. Hier wird nichts vom Plot und Finale des Films verraten:
Wir befinden uns auf der Erde. Durch klimatische Veränderungen überziehen Sandstürme das Land. Die Versorgungslage ist knapp und das Ende der Menschheit naht. Selbst Ingenieure werden zu Farmern, um ihre Familien zu versorgen. Für die Ernährung der Gesamtbevölkerung sieht es desolat aus. Technische Errungenschaften und der Forscherdrang der Menschheit verblassen, es gilt das blanke Überleben. Aus diesem Grund entschließt sich die NASA den Pilot Cooper – gespielt von Matthew McConaughey – auf eine Mission ohne Wiederkehr zu schicken. Cooper soll eine zweite Erde finden, damit sich Menschen dort anzusiedeln können – die TV-Serie Earth Two lässt grüßen. Durch eine Entdeckung haben Forscher herausgefunden, dass sich in der Nähe des Saturns ein solches Tor zur einer neuen bewohnbaren Welt, in Form eines Wurmloches, aufgetan hat. Diese neue Welt befindet sich in einer weit entfernten Galaxie, tausend von Lichtjahren von unserem Sonnensystem entfernt. Cooper soll mit einer Expedition durch dieses reisen und eine neue Zukunft für die Menschheit einleiten. Hier beginnt der Film Interstellar.

Quelle: Interstellar Trailer

Meinung zu Interstellar


Interstellar ist wohl einer der visuell schönsten Filme des Jahres. Nolan schafft es mithilfe einer unkomplizierten, aber treibenden Story über weite Strecken für Aha-Momente, inhaltlicher, als auch visueller Art zu sorgen. Der Film ist nicht effektüberladenen, er setzt diese nur viel kreativer und akzentuierter als gegenwärtige Genrevertreter ein. Ich als Zuschauer wurde visuell und akustisch nicht überreizt, im Gegenteil, was dort an einigen Stellen über die Kinoleinwand flimmert, ist überragend inszeniert. Hier fühlte ich mich wie lange nicht mehr auf einer Reise zu fremden Welten entführt.
Die Handlung kommt anfangs dabei nur langsam in Fahrt und zündet erst ab dem Moment, an dem die eigentliche Mission beginnt. Im Laufe des Films werden metaphysische Fragen aufgeworfen: Wie lange trägt die Erde unser Verhalten und was erwartet uns hinter dem Tellerand? Das hebt Interstellar vom Anspruch doch sehr vom aktuellen Popcorn-Kino ab.
Am Ende des Films fügen sich alle Puzzlefragmente, die mühsam auf das Unerklärliche hinarbeiteten, zu einem Gesamtbild zusammen. Allerdings wäre es interessanter gewesen einige dieser Aspekte unbeantwortet für sich stehen zu lassen, statt diese zwingend beantworten zu müssen. Dadurch verliert Interstellar ein Stück weit seine rätselhafte Eigenschaft, dass, worüber im Nachhinein nachgedacht und geredet werden kann.
Der Film nimmt sich anfangs sehr viel Zeit die Beziehungen unter den Hauptprotagonisten des Film zu darzustellen, dennoch fehlt es an einer Erklärung, wie es zu der beschriebenen desolaten Situation auf der Erde gekommen ist. Der starke Fokus auf die USA zeigt zudem nicht, wie es im Rest der Welt aussieht - Europa oder Asien. Dadurch wirkt Interstellar sehr amerikanisch, was mit dem Wehen der Flagge an wichtigen Handlungspunkten im Film deutlich wird.

Herausstechend ist der Soundtrack von Interstellar: Dieser wurde von Hans Zimmer geschrieben, der bereits für Nolans Batman-Reihe und Inception die Musik beisteuerte. Dadurch ist Interstellar nicht nur ein Schmaus für die Augen, sondern auch ein Leckerbissen für die Gehörgänge.

Zusammenfassend betrachtet ist Interstellar Balsam für die geschundene SciFi Seele und traut sich ein Stück weit - nicht komplett - über den Tellerand des Kinos hinauszusehen. Die Zusammenstellung zwischen treibender Handlung ab Mitte des Films, klasse Soundtrack, visueller Ästhetik und philosophischer Fragestellung, machen Interstellar dennoch für mich zum besten SciFi Kinofilm seit langem und ist trotz einiger Abstriche ein sehr zu empfehlendes Gesamtkunstwerk.

Filmtrailer: Interstellar



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